Seewarte
,
deutsche
, Zentralanstalt zur
Förderung der maritimen
Meteorologie, hervorgegangen aus
der von v.
Freeden begründeten und bis 1874 geleiteten norddeutschen
S., welche in eine Reichsanstalt umgewandelt und dem
Chef der
Admiralität unterstellt wurde. Die S. verfolgt in erster
Linie
Förderung und Sicherheit des
Verkehrs. Sie besitzt vier
Abteilungen. Die erste bearbeitet die maritime
Meteorologie, sammelt die
Beobachtungen über die physikalischen
Verhältnisse des
Meers und über die meteorologischen
Erscheinungen auf hoher
See, verteilt an die
Schiffskapitäne, welche
sich mit der
S. in
Verbindung setzen wollen, die meteorologischen
Schiffsjournale (Wetterbücher), die nach einem gemeinsamen
internationalen
Schema angelegt sind, gibt Anleitung zur richtigen
Führung dieser Wetterbücher und sammelt und diskutiert
dieselben zum
Zweck der
Aufstellung allgemeiner und besonderer
Segelanweisungen sowie der einzuschlagenden
Reiserouten.
Die zweite Abteilung besorgt die Beschaffung und Prüfung der nautischen, meteorologischen und magnetischen Instrumente und Apparate. Sie prüft die Sextanten, Oktanten und Schiffskompasse, beschäftigt sich mit der praktischen Anwendung der Lehre [* 2] vom Magnetismus [* 3] in der Navigation und verwaltet die Modell- und Instrumentensammlung, welche vorzugsweise zur Beleuchtung [* 4] neuer Erfindungen auf dem Gebiet der Nautik und zur Belehrung des nautischen Publikums dienen soll.
Die dritte Abteilung hat die Küstenmeteorologie und das Sturmwarnungswesen in Deutschland [* 5] zu bearbeiten. Ihre Hauptaufgaben bestehen in der täglichen Einsammlung der telegraphischen Witterungsnachrichten, der darauf fußenden täglichen, größtenteils ebenfalls telegraphischen Berichterstattung und der Bildung von Prognosen. Hieran schließen sich unmittelbar an die Abfassung, Herstellung und Absendung von Hafentelegrammen, Wetterberichten und Wetterkarten an Zeitungen, Behörden und Privatabonnenten.
Die vierte Abteilung der S., das Chronometerprüfungsinstitut, soll die
Interessen der deutschen
Chronometerindustrie fördern
und bestimmt den
Gang
[* 6] der ihr zur
Beobachtung und
Prüfung übergebenen
Chronometer der
Handelsmarine in verschiedenen
Temperaturen. Auch werden von Zeit zu Zeit Konkurrenzprüfungen von
Chronometern abgehalten, bei welchen den
Lieferanten der
besten
Chronometer gegen die gewöhnlichen Ankaufspreise wesentlich erhöhte in Aussicht gestellt werden. Um die der S. hinsichtlich
der Küstenmeteorologie gestellten Aufgaben lösen zu können, bedurfte sie außer der Zentralstelle
in
Hamburg
[* 7] noch einer Anzahl von Nebenstellen, Agenturen
(Haupt- und Nebenagenturen), Normalbeobachtungs-Stationen und Signalstellen.
Die Agenturen haben die verschiedenen nautischen und meteorologischen Instrumente zu prüfen, Untersuchungen über die Deviation (Abweichung der Kompasse an Bord eiserner Schiffe) [* 8] anzustellen und Rat zu erteilen an Schiffsführer bezüglich der Schiffswege, wichtiger Werke und Karten sowie über alles, was zum Führen der meteorologischen Schiffsjournale (s. oben) eine Beziehung hat. Auf den neuen Normalbeobachtungsstationen, welche in Memel, [* 9] Neufahrwasser, Swinemünde, Kuxhaven, Kiel, [* 10] Hamburg, Keitum auf Sylt, Wilhelmshaven [* 11] (kaiserliches Observatorium) und Borkum errichtet und außer mit den gewöhnlichen meteorologischen Instrumenten mit selbstregistrierenden Barometern und Anemometern, in einzelnen Fällen auch mit registrierenden Thermometern ausgestattet sind, werden die Beobachtungen angestellt, welche der dritten Abteilung der S. einen Teil des Materials für ihre Untersuchungen und Publikationen (Sturmwarnungen etc.) liefern.
Außerdem werden auf ihnen regelmäßige Beobachtungen zu bestimmten Terminen wie auf jeder gewöhnlichen meteorologischen Station angestellt. Die Signalstellen bringen die von der S. ausgehenden Witterungsnachrichten und Sturmwarnungen ohne Verzug zur Kenntnis des Publikums. Ein großer Teil der Arbeiten der S. ist in den von dem hydrographischen Amte der kaiserlichen Marine herausgegebenen »Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie« veröffentlicht.
Außerdem gibt die
Direktion der S. noch heraus: die täglichen autographischen
Wetterberichte und
Wetterkarten,
die
»Monatliche Übersicht der
Witterung in
Nord- und Zentraleuropa«, endlich nach internationalem
Schema: »Meteorologische
Beobachtungen
in
Deutschland von 25
Stationen zweiter
Ordnung sowie stündliche Aufzeichnungen von drei Normalbeobachtungsstationen der
S.
und von
Kaiserslautern;
[* 12] die
Stürme nach den Signalstellen der S.« Die Gesamtthätigkeit der S. wird seit 1878 in dem
Sammelwerk und
Repertorium »Aus dem
Archiv der deutschen
S.« Stets mit Rücksicht auf die Geschichte der
Entwickelung der betreffenden
Disziplinen und der hierfür angewendeten
Methoden und
Apparate dargelegt.
Außerdem enthalten diese selbständige Abhandlungen von Beamten der S. über verschiedene Gebiete der nautisch-meteorologischen Wissenschaft.
Vgl.
Neumayer, Die Thätigkeit der
deutschen
S. (Hamb. 1887).