mehr
Haupt- und
Hilfsgeschwornen zusammen. Als
Hilfsgeschworne für den
Fall der Verhinderung von
Hauptgeschwornen sind
Personen zu
wählen, welche am Sitzungsort des Schwurgerichts
oder in dessen nächster Umgebung wohnen. Auf
Grund der Jahresliste der
Hauptgeschwornen werden für die Sitzungsperiode 30
Geschworne von dem
Präsidenten des
Landgerichts ausgelost. Auf diesem Weg
entsteht die sogen.
Spruchliste. Für die Aburteilung des einzelnen
Falles wird das S. alsdann durch
Auslosung
von zwölf
Geschwornen gebildet, wobei das Ablehnungsrecht der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten in der
Weise wirksam
wird, daß jeder von beiden Teilen die Hälfte der möglichen
Ablehnungen bewirken, d. h. die Hälfte der Gesamtzahl der
Geschwornen
abzüglich zwölf, ablehnen kann.
Bei ungleicher Anzahl der anwesenden
Geschwornen kann der Angeklagte einen mehr ablehnen als der
Staatsanwalt. Die zwölf
Geschwornen
bilden die Geschwornenbank. Der Schwurgeri
chtshof besteht aus drei
Richtern mit Einschluß des Vorsitzenden (Schwurgeri
chtspräsidenten).
Letzterer wird für jede Sitzungsperiode von dem
Präsidenten des zuständigen Oberlandesgerichts ernannt. Die
Beisitzer
bestimmt der
Präsident des
Landgerichts aus der Zahl der Mitglieder des letztern.
Die Geschwornen haben die ihnen am Schluß der Hauptverhandlung vorgelegten Fragen mit Ja oder Nein zu beantworten. Es ist ihnen aber auch gestattet, eine Frage teilweise zu bejahen und teilweise zu verneinen. Zur Leitung ihrer geheimen Beratung und Abstimmung wählen die Geschwornen einen Obmann. Dieser gibt dann im Sitzungszimmer den Wahrspruch kund und zwar in der Form, daß er die Worte spricht: »Auf Ehre und Gewissen bezeuge ich als den Spruch der Geschwornen«, hierauf aber die von dem Vorsitzenden gestellten Fragen samt den von den Geschwornen gegebenen Antworten verliest.
Zur
Verurteilung ist eine Stimmenmehrheit von zwei Dritteln erforderlich. Von den Eigentümlichkeiten des schwurgeri
chtlichen
Verfahrens sind endlich noch zu erwähnen das Eingreifen der sogen. notwendigen
Verteidigung und der nach dem
Abschluß des
Beweisverfahrens und der Parteivorträge stattfindende Schlußvortrag des Schwurgeri
chtspräsidenten (sogen.
Rechtsbelehrung) im
Sinn einer Belehrung über die rechtlichen
Gesichtspunkte, welche die
Geschwornen bei
Lösung der ihnen gestellten
Fragen in Betracht zu ziehen haben. In Gemäßheit des von ihnen gefällten
Wahrspruchs
(Verdikts)
ergeht dann entweder die
Freisprechung oder die Strafverhängung seitens des Schwurgeri
chtshofs, nachdem die
Parteien noch
einmal gehört worden sind.
Fast alle europäischen
Staaten, auch Rußland, haben sich nach und nach für
Schwurgerichte
entschieden; doch fehlt das S. noch in
Holland,
Spanien
[* 3] und in den skandinavischen
Ländern.
Vgl. Mittermaier, Die öffentliche mündliche Strafrechtspflege u. das Geschwornengericht (Landsh. 1819);
Derselbe,
Erfahrungen
über die Wirksamkeit der Schwurgerichte
(Erlang. 1865);
Gundermann, Über die Einstimmigkeit der Geschwornen (Münch. 1849);
Köstlin, Die Geschwornengerichte, für Nichtjuristen dargestellt (Leipz. 1851);
Biener, Das englische Geschwornengericht (das. 1852-55, 3 Bde.);
Brunner, Die Entstehung der Schwurgerichte
(Berl. 1872);
Hye, Über das S. (Wien [* 4] 1864);
Schwarze, Das deutsche S. (Erlang. 1868; die beiden letzten gegen das S.);
Heinze, Parallelen zwischen der englischen Jury u. dem deutsch-französischen Geschwornengericht (das. 1864);
Derselbe, Ein deutsches Geschwornengericht (das. 1865);
Glaser, Zur Juryfrage (Wien 1864);
Meyer, That- u. Rechtsfrage im Geschwornengericht (Berl. 1860);
v. Bar, Recht und Beweis im Geschwornengericht (Hann. 1865);
Pollwein, Hilfsbuch für den Geschwornendienst (Nördling. 1885);