1) Hauptstadt des Großherzogtums
Mecklenburg-S., im
Kreis
[* 5]
Mecklenburg oder Herzogtum S., das bei 7270 qkm
(132 QM.)
Areal die größere Westhälfte des
Landes umfaßt, in schöner Gegend zwischen der Westseite
des
SchwerinerSees und andern kleinern
Seen,
Knotenpunkt der
LinienHagenow-Kleinen,
S.-Krivitz u.
S.-Ludwigslust-Dömitz der Mecklenburgischen
FriedrichFranz-Eisenbahn, 50 m ü. M., besteht aus der
Alt-,
Neu-,
Pauls- und Vorstadt, dem Stadtbinnenfeld, Stadtaußenfeld,
Schelffeld und dem Gebiet außerhalb des ehemaligen Wismarschen
Thors, hat schöne
Straßen, 9
Plätze (darunter
der Luisenplatz, der
Alt- und der Neustädtische Platz und der
AlteGarten,
[* 6] auf letzterm das von
Rauch modellierte kolossale
Erzstandbild des
GroßherzogsPaulFriedrich und das Kriegerdenkmal) und viele ansehnliche Gebäude, unter denen das auf einer
Insel zwischen demSchweriner und dem Burgsee gelegene prächtige großherzogliche Residenzschloß (1845-1858
nach den
PlänenDemmlers, mit teilweisen Änderungen von
Stüler, im Renaissancestil an der
Stelle einer alten Wendenfeste neuerbaut)
mit prächtigem
Garten das hervorragendste ist. An kirchlichen Gebäuden besitzt S. 4 evang.
Kirchen (darunter der 1365-1430
erbaute gotische
Dom mit vortrefflichen
Denkmälern, Glasmalereien und einer neuen, vorzüglichen
Orgel und
die gotische Paulskirche), eine kath.
Kirche und eine
Synagoge. Sonst sind noch nennenswert: der Kollegienpalast
(Ministerium),
das Prinzenpalais, der großherzogl.
Marstall, das
Arsenal, das
Theater,
[* 7] der neue Schlachthof etc. Die Zahl der Einwohner beläuft
sich (1885) mit der
Garnison (2 Grenadierbat. Nr. 89, ein Jägerbat. Nr. 14 und
eine Abteil.
Feldartillerie Nr. 24) auf 31,528 meist
Evangelische.
Industrie und
Handel sind nicht bedeutend. S. hat
Eisengießerei,
[* 8] Maschinenfabrikation,
Fabriken für musikalische
Instrumente,
Wagen,
Zement,
Farben, Lackfirnis, Bierbrauerei,
[* 9] Tischlerei,
Dampfschiff-
Die städtische Verwaltung setzt sich zusammen aus 7 Magistratsmitgliedern und 45 Stadtverordneten. In der
Nähe, mit S. durch Dampfschiffahrt verbunden, der Vergnügungsort Zippendorf mit 135 Einw. und auf einer Anhöhe
in lieblicher Lage am Ziegelsee das Dorf Sachsenberg mit einer großen Irrenanstalt und (1885) 633 Einw. -
2) Kreisstadt im preußischen Regierungsbezirk Posen,
[* 14] am Einfluß der Obra in die Warthe, hat eine evangelische und eine große
kath. Kirche, eine Synagoge, eine höhere Knabenschule, ein Amtsgericht, eine Oberförsterei, eine Dampfsägemühle, Stärkefabrikation,
Ziegelbrennerei, Pferdehandel, Schiffahrt und (1885) 6814 meist evang. Einwohner.
Ein schönes Denkmal an der Kaurimer Straße bei Stierlohol bezeichnet den Platz, wo der Held gefallen. Friedrich II. ließ
ihm eine Statue auf dem Wilhelmsplatz in Berlin
[* 34] errichten. S. ist einer der populärsten Helden der Schlesischen Kriege,
der mit Heldenmut und Feldherrntalent Menschlichkeit und Milde gegen Untergebene und echt religiösen Sinn verband. Auch besaß
er wissenschaftliche Bildung, schrieb ein Werk über Kriegskunst und verfaßte mehrere religiöse Lieder.
AnklamerKreises teil und schloß sich der freisinnigen Partei an. 1848 erhielt er im MinisteriumCamphausen19. März das Portefeuille
des Kultus, trat jedoch schon 13. Juni d. J. mit den übrigen Ministern wieder zurück. Als Mitglied der FrankfurterNationalversammlung
gehörte er zu der erbkaiserlichen Partei und trat mit dieser nach dem Scheitern der Reichsverfassung im
Mai 1849 aus. Von da an war er ununterbrochen Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses und während der beiden Legislaturperioden
von 1849-52 und 1852-55 Präsident der Versammlung. Im Juli 1859 trat er anFlottwellsStelle für das Innere in das Ministerium
der »neuen Ära« ein und verwaltete dasselbe mit Freisinn und Milde, doch ohne legislatorische Erfolge; nahm
er mit den liberalen Mitgliedern des Kabinetts seine Entlassung, worauf er 6. MaiAnklam wiederum in das Abgeordnetenhaus gewählt
ward, wo er in dem Verfassungskonflikt an der Spitze der Altliberalen energisch für die konstitutionellen Rechte eintrat
und Bismarck eine scharfe Opposition machte. 1866 schloß er sich den Nationalliberalen an und war auch Mitglied des norddeutschen
und des deutschen Reichstags sowie in den letzten JahrenStadtrat von Berlin. Er starb - Sein und seiner GattinHildegard,
einer Tochter Schleiermachers, einziger überlebender Sohn (ein andrer fiel 1870 bei Gravelotte), Heinrich,
geb. gest. in Berlin als Generallandschaftsdirektor in Pommern, war mit einer Tochter des Kultusministers
v. Mühler verheiratet und gehörte seit 1879 als streng konservativer Vertreter des ersten Stettiner Wahlkreises dem Abgeordnetenhaus
an.
4) Franziska, Gräfin von, Dichterin, geb. zu Tilsit,
[* 39] verbrachte ihre Jugend in kleinen ostpreußischen
Städten, erfuhr später in Danzig
[* 40] und Königsberg
[* 41] den Einfluß bedeutender Männer, welche die reifende Dichterin in ihrer eigentümlich
religiösen, durch schwere innere und äußere Erlebnisse hervorgerufenen Lebensrichtung noch bestärkten, und ließ diese
Grundstimmung auch in ihren Dichtungen vorwalten. Wir nennen von ihren Dichtungen: »Alphabet des Lebens«
(Bresl. 1854; 5. Aufl., Davos 1886),
Ihr letztes Werk war: »Lebensstufen in acht Bildern« (Norden
[* 42] 1881). Sie starb in Königsberg. - Auch
ihre SchwesternAgnes (geb. 1815) und Josephine (geb. 1836), mit denen Franziska bis an ihren Tod in Eintracht zusammenlebte,
haben sich auf dem Gebiet des Romans und der Novelle hervorgethan.
Amélie von, geborne Chrysander, Landschafts- und Tiermalerin, geb. in
Schonen (Schweden), gehört seit 1855 der Düsseldorfer Schule an, wo sie für ihre Fächer die bedeutendsten Meister zu
Lehrern hatte;
doch malte sie auch eine Zeitlang in München unter Friedr. Voltz.
Von ihren gewöhnlich nur «Tierstück» betitelten
landschaftlichen Bildern von realer Auffassung befinden sich die meisten im Privatbesitz oder im Kunstverein
zu Gotenburg.