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dieses Werkes durch den
Bund verlangte. Seine Vorschläge fanden Anklang, sodass die Schweiz
erische naturforschende Gesellschaft
als Aufsichts- und Kontrolorgan dieses neuen Unternehmens schon 1860 als ausführende und leitende Instanz eine geologische
Kommission ernennen konnte, welcher B. Studer als Präsident und P. Merian,
A.
Escher von der
Linth, Alph.
Favre und
Ed. Desor als Mitglieder angehörten. Dieser Kommission stand zuerst jährlich eine Summe von 3000 Fr. zur Verfügung, die
später auf 10000 Franken erhoht wurde und heute 20000 Fr. beträgt.
Schon 1864 und 1865 erschienen nun die von G. Theobald geologisch bearbeiteten Blätter X, XV und XX der Dufourkarte, den
östlichsten Abschnitt der Schweiz
umfassend, die sich trotz des ausserordentlich verwickelten Aufbaues
dieser alpinen Gebiete durch eine bemerkenswerte Genauigkeit auszeichnen. Die übrigen 18 Blätter folgten sich im Verlauf
der nächsten 25 Jahre. Als letztes erschien 1887
Blatt XIII, dem dann auf dem Fusse auch die 4 Eckblätter folgten, nämlich
Blatt I mit dem Titel,
Blatt V mit einem Verzeichnis von Ortsbenennungen in verschiedenen Sprachen,
Blatt
XXI mit Farben- und Zeichenerklärung und
Blatt XXV mit Höhenangabe der vorzüglichsten Punkte. An diesem hervorragend vollständigen
Werk, auf dessen vorzügliche technische Ausführung die schweiz
erischen lithographischen Anstalten und Druckereien mit Recht
stolz sein dürfen, haben folgende Geologen mitgearbeitet: A. Müller, J. B. Greppin, C. Moesch, U.
Stutz,
P. Merian, Vogelgesang, F.
Schalch, J. Schill, A. Gutzwiller, A. Jaccard, I. Bachmann, F. J. Kaufmann,
Alb.
Heim, G. Theobald,
E. Renevier, G.
Ischer, E.
Favre, E. von Fellenberg, H. Gerlach, F.
Rolle, Spreafico,
Negri, Stoppani, L. Rollier, E.
Kissling, und H.
Schardt.
Mehrere der Blätter sind auch schon in zweiter verbesserter Auflage erschienen, so
Blatt III, VII, XI und XVI. Die Darstellung
der ausserhalb der Grenzen der Schweiz
gelegenen Gebiete ist auf mehreren Blättern nach den französischen, deutschen, österreichischen
und italienischen Aufnahmen und Karten vervollständigt worden. Als beschreibender Text zu diesem Kartenwerk
dient eine Reihe von 30 Quartbänden, deren mehrere über 500
Seiten stark sind und die den Sammeltitel Beiträge zur geologischen
Karte der Schweiz
tragen.
Sie bieten einen unerschöpflichen Reichtum von Beobachtungen, Profilen und Spezialkarten, nebst zahlreichen paläontologischen
Beschreibungen. Diese Bände verbreiten sich sowohl über den geologischen Aufbau (Tektonik und Orographie)
unseres Landes, als auch über dessen stratigraphische und paläontologische Verhältnisse. Der aus 30 Bänden bestehenden
ersten Serie der Beiträge schliesst sich eine zur Zeit bereits aus 16 Lieferungen bestehende neue oder zweite Serie an,
die nicht wie die vorhergehenden Arbeiten einem bestimmten
Blatt der Karte als erklärender Text dienen,
sondern regionale und lokale Monographien bilden, da nach Ansicht der geologischen Kommission dieser letztere Weg am ehesten
zu einer eingehenden Kenntnis der Tektonik und Stratigraphie der Schweiz
zu führen geeignet ist.
Die Veröffentlichung einer allgemeinen geologischen Beschreibung der Schweiz
und einer 4blätterigen geologischen Uebersichtskarte
des gesamten Gebietes in 1:250000 bleibt noch der Zukunft überlassen. Einstweilen dient diesem Zweck
die 1894 erschienene Uebersichtskarte in 1:500000 von
Alb.
Heim und C. Schmidt. Heute zeigt sich die Spezialisierung der geologischen
Studien besonders in der Aufnahme und Veröffentlichung von lokalen Karten grossen Massstabes (1:25000 und 1:50000 nach den
Blättern des Siegfried-Atlas).
Die nach dem Tod oder dem Austritt verschiedener ihrer Glieder reorganisierte und ergänzte geologische Kommission besteht jetzt aus den Professoren Alb. Heim als Präsident und E. Renevier († U. Grubenmann, A. Baltzer und E. Favre als Mitglieder. Es stellen ihr zahlreiche Geologen bereitwillig und vielfach kostenlos ihre Dienste zur Verfügung, sodass sie trotz der ihr zu Gebote stehenden bescheidenen Geldmittel ihrer grossen Aufgabe gerecht zu werden vermag.
Die Fortschritte in der Erkenntnis der stratigraphischen Verhältnisse konnten nur mit Hilfe von paläontologischen Untersuchungen verwirklicht werden. Die ersten paläontologischen Arbeiten und Studien verdanken wir L. Agassiz und seinem Mitarbeiter E. Desor. Agassiz veröffentlichte allein seine Recherches sur les poissons fossiles (5 Bände; Neuenburg 1833 1843), in denen namentlich die in den Glarner Schiefern gefundenen Fische behandelt werden, und zusammen mit Desor Untersuchungen über fossile Mollusken und Echiniden.
Bald darauf begann auch der
Genfer Paläontologe F. J. Pictet (1809-1872) die Herausgabe seines monumentalen
Werkes Matériaux pour la Paléontologie Suisse, worin er besonders die Fossilien der Kreideformation, sowie einige eozäne
Säugetiergruppen und jurassische Reptilien und Fische monographisch beschrieb. Als Mitarbeiter standen ihm zahlreiche Gelehrte
zur
Seite, wie G. Campiche, Ph. Delaharpe, Gaudin, P. de Loriol, Renevier,
Roux etc. Zur nähern Kenntnis
der fossilen Lebewesen der Schweiz
haben ausserdem noch Gelehrte wie Fischer-Ooster, Ooster, Mayer-Eymar u. A. ihren grossen
Teil beigetragen.
Nach Pictet's Tod nahm sich die Schweiz
erische paläontologische Gesellschaft der Weiterführung seines Werkes an, das sie
durch alljährliche Veröffentlichung eines eine ganze Reihe von Monographien enthaltenden Bandes bis auf den heutigen
Tag (36 Bände) fortgesetzt hat. Damit und mit den grossen Werken von Oswald Heer über die Flora fossilis
Helvetiae und die
Flora tertiaria
Helvetiae, die uns die Kenntnis der vorweltlichen Flora des Schweiz
erbodens vermitteln, stellt sich die Schweiz
in die vorderste Reihe der Länder, deren Organismen der geologischen Vorzeit am besten bekannt sind.
Immerhin bleibt aber auch in dieser Hinsicht der Zukunft noch viel zu leisten übrig. Alle die heute vor sich gehenden Ereignisse
erscheinen im Vergleich zu den Umänderungen und Umwälzungen, denen die organische
Welt in der Vorzeit unterworfen gewesen
ist, recht kleinlich und unansehnlich. Vergl. darüber das Kapitel Paläogeographie.
Zur Zeit der ersten geologischen Untersuchungen begnügte man sich damit, die Gesteine als blosse am Aufbau der Erdrinde beteiligte Elemente zu beschreiben und sich ganz einseitig mit ihrer mineralogischen Zusammensetzung zu befassen. Eine besondere Bedeutung haben dann der Petrographie die Untersuchungen über den Ursprung und die Entstehungsart der Gesteine verliehen. Doch führten die mit Studien dieser Art notwendigerweise verknüpften subjektiven Anschauungen und Auffassungen lange Zeit zu nichts anderm als zu langwierigen und uferlosen Kontroversen und Diskussionen.
Klarheit über den Ursprung und die Entstehung der sedimentären Gesteine haben erst die Tiefseelotungen und die Heraufschaffung von Schlammproben vom Boden der Ozeane verschafft, wie auch für die Erkenntnis der Entstehung der krystallinen Gesteine sich die Anwendung von chemischen und physikalischen (besonders optischen) Untersuchungsmethoden als notwendig erwies. Mit Bezug auf die Sedimente sind schon von Gressly, Thurmann und A. sehr richtige Anschauungen vertreten worden, und die Einführung des Begriffes «Fazies» für die Bezeichnung der Variationen in der Struktur und der Zusammensetzung der Sedimente und ihrer fossilen Lebewesen durch Gressly zeigt deutlich, wie klare und richtige Ideen sich dieser Gelehrte über die Bedeutung der Gesteine als geologischer Elemente gebildet hatte.
Die Doktrinen und Arbeitsmethoden zur Erklärung des Ursprunges der krystallinen Felsarten, an denen ja unsere Alpen so reich sind und deren Stellung im petrographischen System so lange Zeit rätselhaft geblieben war, sind aber im Ausland, in Frankreich und Deutschland, zuerst aufgestellt und angewendet worden. Heute neigt man ganz allgemein dahin, in den aus vielfach massigen oder schiefrigen «krystallinen» Gesteinen (krystallinen Schiefern etc.) aufgebauten weiten Gebieten sowohl Bildungen vulkanischen Ursprunges (Granite, Diorite, Syenite etc.), als auch Erstarrungsprodukte der ursprünglich flüssigen Erdmassen (primitive oder Urgesteine, Gneise etc.) und endlich auch solche Gesteinsarten zu unterscheiden, die in ihrer Struktur und chemischen Beschaffenheit oft weitgehenden Modifikationen unterworfen gewesen sind. Diese letztern, sogenannten metamorphen Felsarten scheinen zum Teil ursprünglich Sedimente gewesen zu sein und zum Teil auch von vulkanischen ¶
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Massen herzustammen, die nachher noch ein zweitesmal umkrystallisiert worden wären. Die endgiltige Lösung aller dieser
Fragen ist aber noch eine umfassende und langwierige Aufgabe, an die sich neben vielen fremden Gelehrten auch mehrere schweiz
erische
Petrographen, wie U. Grubenmann, C. Schmidt, A. Baltzer, L. Duparc und andere herangewagt haben und die
ohne Zweifel noch sehr viele Untersuchungen und Forschungen notwendig machen wird.
[Prof. Dr. H. Schardt].
III. Klimatische Verhältnisse.
1. Meteorologische Beobachtungen in der Schweiz.
Regelmässige und auch strengeren wissenschaftlichen Anforderungen genügende Beobachtungen besitzen wir von einzelnen Orten unseres Landes schon aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts; es sind hier besonders zu nennen die langjährigen, guten Beobachtungsreihen von Basel, Genf und vom Grossen St. Bernhard. Eine die ganze Schweiz umfassende einheitliche Organisation ist aber jüngeren Datums. Im Jahre 1863 errichtete die Schweizerische Naturforschende Gesellschaft unter finanzieller Mitwirkung der Kantone und namentlich des Bundes ein Netz von 80 Stationen, an welchen nach einheitlichem Plane und mit uniformen Instrumenten meteorologische Beobachtungen angestellt wurden.
Diese Beobachtungen, die noch heute in allem wesentlichen dieselben sind, umfassen 3 tägliche Aufzeichnungen des Luftdruckes, der Temperatur, der relativen Feuchtigkeit, der Himmelsbewölkung, der Windrichtung und Windstärke, sowie der Niederschläge; die Beobachtungstermine waren von Anfang an 7h vormittags, 1h mittags und 9h abends nach Berner Ortszeit. Betreffend Instrumentarium und Art und Weise der Beobachtungen vergl. die Instruktionen für die Beobachter der meteorolog.
Stationen der Schweiz. Die ursprünglich unter dem Präsidenten der «Meteorologischen Kommission der Naturforschenden Gesellschaft» stehende Zentralstelle für Sichtung und Drucklegung der Beobachtungen wuchs sich im Laufe der Zeit zu dem heutigen Institut der «Meteorologischen Zentral-Anstalt» aus, die seit 1881 als Bundesinstitut einem eigenen Direktor unterstellt ist. Die Anstalt publiziert jährlich die Beobachtungsresultate aller Stationen in einem Jahrbuch, das 1864 bis 1880 unter dem Titel «Schweizerische meteorologische Beobachtungen» und seit 1881 als «Annalen der schweizerischen meteorologischen Anstalt» herausgegeben wird. Seit 1901 erscheinen daneben noch die «Ergebnisse der täglichen Niederschlagsmessungen auf den meteorologischen und Regenmess-Stationen der Schweiz», welche neue Publikation vorwiegend praktischen Zwecken ihre Entstehung verdankt.
Klimatologische Mittelwerte einiger langjährigen meteorologischen Stationen.
Station | Höhe in m über Meer | Mittlere Temperatur 1864-1900 Januar | Juli | Jahr | Mittlere jährl. Regenmenge in mm | Anzahl der Tage mit Niederschl. im Jahr | Mittlere Anzahl der heitern Tage | trüben Tage im Jahr | Jahresmittel der Bewölkung |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Aarau | 403 | -1,5 | 17.7 | 8.2 | 1051 | 149 | 55 | 141 | 6.2 |
Affoltern i/Emmenthal | 795 | -2,5 | 16.1 | 6.8 | 1183 | 164 | 72 | 148 | 6.1 |
Altdorf | 455 | 0.1 | 18.1 | 9.3 | 1236 | 152 | 62 | 151 | 6.2 |
Altstätten i/Rheinthal | 450 | -1,7 | 18.2 | 8.6 | 1279 | 156 | 69 | 138 | 6.0 |
Basel | 278 | -0,3 | 19.0 | 9.4 | 774 | 138 | 55 | 145 | 6.3 |
Beatenberg | 1150 | -1,9 | 14.6 | 6.0 | 1453 | 163 | 89 | 122 | 5.5 |
Bern | 572 | -2,0 | 18.0 | 8.1 | 927 | 145 | 49 | 150 | 6.4 |
Bernhardin (Pass) | 2073 | -6,9 | 9.3 | 0.6 | 2294 | 117 | 84 | 140 | 5.8 |
Bevers | 1712 | -9,9 | 11.8 | 1.2 | 838 | 127 | 89 | 88 | 5.0 |
Castasegna (Bergell) | 700 | 0.5 | 18.9 | 9.7 | 1438 | 116 | 102 | 105 | 5.1 |
Chaumont | 1128 | -2,3 | 14.4 | 5.6 | 999 | 140 | 74 | 140 | 5.9 |
Chur | 610 | -1,6 | 17.5 | 8.3 | 803 | 116 | 87 | 112 | 5.4 |
Davos Platz | 1560 | -7,4 | 12.1 | 2.7 | 930 | 143 | 97 | 102 | 5.0 |
Einsiedeln | 914 | -4,0 | 15.0 | 5.5 | 1596 | 152 | 83 | 139 | 5.8 |
Engelberg | 1018 | -3,9 | 14.2 | 5.1 | 1711 | 166 | 87 | 135 | 5.7 |
Genf | 405 | 0.0 | 19.3 | 9.5 | 867 | 128 | 60 | 157 | 6.6 |
Gersau | 443 | 0.2 | 18.3 | 9.3 | 1585 | 140 | 73 | 133 | 5.8 |
Glarus | 477 | -2,5 | 17.3 | 7.9 | 1402 | 162 | 77 | 144 | 5.9 |
Grächen (Wallis) | 1632 | -4,3 | 13.4 | 4.0 | 528 | 74 | 92 | 114 | 5.3 |
Guttannen | 1055 | -2,7 | 14.8 | 6.0 | 1583 | 156 | 87 | 129 | 5.5 |
Kreuzlingen | 425 | -1,4 | 18.3 | 8.5 | 856 | 140 | 86 | 131 | 6.4 |
Langenbruck | 718 | -3,0 | 15.6 | 6.3 | 1195 | 155 | 81 | 131 | 5.7 |
Lausanne | 553 | -0,5 | 18.4 | 8.9 | 980 | 141 | 43 | 140 | 5.4 |
Lohn | 635 | -2,4 | 17.3 | 7.6 | 830 | 136 | 71 | 118 | 5.8 |
Lugano | 275 | 1.3 | 21.5 | 11.4 | 1708 | 120 | 124 | 103 | 4.7 |
Luzern | 453 | -1,3 | 18.3 | 8.5 | 1153 | 160 | 59 | 153 | 6.3 |
Montreux-Clarens | 380 | 0.9 | 19.5 | 10.1 | 1095 | 126 | 89 | 129 | 5.6 |
Muri (Aargau) | 483 | -1,9 | 18.0 | 8.2 | 1049 | 153 | 41 | 178 | 6.9 |
Neuenburg | 488 | -1,0 | 18.8 | 8.9 | 936 | 143 | 52 | 167 | 6.6 |
Olten | 395 | -1,2 | 18.4 | 8.7 | 1006 | 145 | 47 | 167 | 6.6 |
Platta (Medels) | 1379 | -3,5 | 13.2 | 4.6 | 1229 | 140 | 81 | 128 | 5.6 |
Rigi Kulm | 1787 | -4,5 | 9.9 | 2.0 | 1730 | 144 | 83 | 142 | 5.8 |
Säntis | 2500 | -8,9 | 5.0 | -2,6 | 2500 | 193 | 68 | 148 | 6.3 |
Schaffhausen | 450 | -2,1 | 17.4 | 7.9 | 812 | 144 | 50 | 159 | 6.5 |
Sitten | 540 | -1,1 | 19.5 | 9.6 | 634 | 89 | 108 | 84 | 4.7 |
St. Bernhard | 2475 | -8,7 | 6.6 | -1,7 | 1278 | 107 | 99 | 115 | 5.3 |
St. Gallen | 703 | -2,2 | 16.6 | 7.2 | 1341 | 160 | 64 | 155 | 6.3 |
Zürich | 493 | -1,4 | 18.4 | 8.5 | 1139 | 157 | 53 | 148 | 6.3 |
2. Luftdruck.
Ehe wir auf die Schilderung der Elemente, welche den Begriff Klima bestimmen, eintreten, seien einige Angaben über Mittel, jährliche Periode und Extreme des Luftdruckes gegeben. Es geschieht dies nur der Vollständigkeit halber; denn so wichtig, ja geradezu unerlässlich die genaue Kenntnis der Luftdruckverhältnisse über grossen Gebieten ist, wenn es sich um die Erklärung aller andern klimatischen Faktoren handelt, so nichtssagend sind an und für sich Angaben über die Luftdruckverhältnisse einzelner Orte, ja sogar von Gebieten von der Grösse der Schweiz.
Das beiliegende Isobarenkärtchen von J. Hann soll eine Orientierung im Grossen geben; es zeigt die mittlere Verteilung des Luftdrucks im Jahre über Zentraleuropa im Niveau von 500 m. Von einem lokalen Druckmaximum über dem Alpengebiet und dessen nördlichem Vorlande sehen wir den Luftdruck nach Norden und Süden abnehmen; nach Norden gegen das tiefe atlantische Minimum im Nordwesten des Kontinentes, nach Süden gegen das mehr lokale Druckminimum über den warmen Mittelmeerländern.
Innerhalb des Gebietes der Schweiz sind die Luftdruckdifferenzen verschwindend, wenn man davon absieht, dass der Südfuss der Alpen im Jahresmittel einen um 0,6-0,7 mm niedrigeren Luftdruck als der Nordfuss hat. Diese Druckdifferenz scheint aber im Niveau von 1700 m schon nicht mehr zu bestehen; sie ist durch die stärkere Erwärmung der südlichen Alpenthäler und deren Abschluss nach Norden durch den Alpenwall zu erklären. Eine Bedeutung kommt ihr nicht zu, da der Alpenwall, der ihre Entstehung ermöglicht, ja auch den Gradienten nicht wirksam werden lässt. Die längste homogene Reihe von Luftdruckbeobachtungen besitzt Genf; die von E. Plantamour und ¶
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E. und R. Gautier berechneten Mittelwerte in mm betragen für die 60jährige Periode 1836-1895:
Luftdruckmittel von Genf 1836-1895; Seehöhe 405,0 m.
I. | II. | III. | IV. | V. | VI. | VII. | VIII. | IX. | X. | XI. | XII. | Jahr. | Auf Meer reduz. |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
727.7 | 727.1 | 725.0 | 724.2 | 725.3 | 727.1 | 727.6 | 727.6 | 727.7 | 726.5 | 726.3 | 727.9 | 726.7 | 763.0 |
Die absoluten Extreme dieses Zeitraumes sind Minimum 700,2 am 26. XII. 1856,
Maximum 748,7 am 17. I. 1882.
Die totale Schwankung beträgt somit: 48,5 mm.
So klein nun auch das Gebiet der Schweiz ist, bildet es klimatisch doch keine Einheit, auch wenn man absieht von den durch die starke vertikale Gliederung bedingten grossen Unterschieden. Bekannt, weil beim Ueberschreiten eines der zentralen Alpenpässe (wie Gotthard, Lukmanier, Bernhardin und Splügen) augenfällig durch den vollständigen Wechsel des Vegetationsbildes, ist die Tatsache, dass der Alpenwall eine scharfe Klimascheide zwischen dem mitteleuropäischen Klima des Nordfusses und dem mediterranen der Südseite darstellt. Aber auch auf der Nordwestabdachung der Alpen vollzieht sich dieser Uebergang; nur ist er hier entsprechend dem Fehlen einer Barriere, wie sie die Alpenkette bildet, weniger schroff. Wir werden sehen, dass das Klima der Südwestschweiz, des Gebietes des Genfersee's, schon deutliche Merkmale der Annäherung an dasjenige der nördlichen Mittelmeerländer zeigt.
3. Niederschlæge.
Die Betrachtung der Niederschläge sei vorausgestellt, nicht nur als eines der wichtigsten klimatischen Elemente, sondern weil sie gerade am besten die Richtigkeit der eben gemachten Abgrenzungen illustrieren. Fassen wir zu diesem Zwecke zunächst die prozentuale Verteilung der Niederschlagsmenge auf die einzelnen Monate und Jahreszeiten ins Auge.
Prozentuale Verteilung der Niederschlagsmenge auf die einzelnen Monate und Jahreszeiten.
1864-93. | I. | II. | III. | IV. | V. | VI. | VII. | VIII. | IX. | X. | XI. | XII. | Winter. | Frühjahr. | Sommer. | Herbst. |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Zürich | 4 | 5 | 6 | 8 | 10 | 12 | 12 | 12 | 10 | 9 | 6 | 6 | 15 | 24 | 36 | 25 |
Neuenburg | 5 | 6 | 7 | 7 | 9 | 11 | 10 | 10 | 9 | 11 | 8 | 7 | 18 | 23 | 31 | 28 |
Genf | 5 | 5 | 6 | 7 | 10 | 9 | 9 | 10 | 10 | 13 | 9 | 7 | 17 | 23 | 28 | 32 |
Lugano | 3 | 4 | 6 | 10 | 10 | 11 | 10 | 10 | 12 | 12 | 8 | 4 | 11 | 26 | 31 | 32 |
Ueberall fällt das Minimum der Niederschläge auf den Winter; das Sommerhalbjahr hat eine viel grössere Regenmenge, eine Niederschlagsverteilung, welche Mitteleuropa mit allen Kontinentalflächen der gemässigten Zone gemeinsam hat und welche für die Kulturen die günstigste ist. Dagegen ist der Monat mit grösster Regensumme nicht überall derselbe: Zürich die Nordabdachung der Alpen repräsentierend - hat die grössten Regenmengen vom Juni bis August;
im Tessin hat sich das Maximum auf den Herbst verschoben, welche Herbstregen weiter nach Süden in die Winterregen der Subtropenzone übergehen.
Auch die Südwestschweiz hat Herbstregen; Neuenburg hat zwei Maxima, ein erstes im Juni, ein zweites im Oktober; letzteres ist in Genf schon das Hauptmaximum.
Quantität der Niederschläge. Wo die Regenwinde auf Gebirge treffen, tritt rasche Zunahme der Regenmenge mit der Seehöhe ein, weil die aufsteigende Bewegung der Luftmassen in diesen Abkühlung und vermehrte Kondensation verursacht. So sehen wir die Regenmenge gegen das Alpengebiet rasch zunehmen und zwar auf beiden Seiten der Alpenkette, da die Streichrichtung derselben ungefähr parallel mit der Richtung der Regenwinde geht. Nach Bebber beträgt die mittlere Jahressumme der Niederschläge für Norddeutschland 61 cm, für die mitteldeutschen Berglandschaften 69 cm und für Süddeutschland 81 cm. Die beigegebene Regenkarte der Schweiz zeigt ein Anwachsen der Regenmenge im Jura auf 120 cm und mehr; auf der Südostseite dieses Gebirges geht die Jahressumme zurück bis auf 100 cm, am Neuenburger und Genfersee bis auf 90 cm und darunter, um dann mit dem erneuten Ansteigen des Terrains gegen die Voralpen rasch zu hohen Beträgen anzuwachsen; die Maximalsummen mit 200-300 cm fallen im Aar-, Gotthard- und Adulamassiv, soweit dies wenigstens die aus dem Hochgebirge sehr schwierig zu beschaffenden Daten erkennen lassen.
Auch die Tessiner Alpen und das Gebiet der oberitalienischen Seen haben noch sehr grosse Niederschlagsmengen (Lugano etwa 170 cm), die dann gegen die Poebene rasch abnehmen (Pogebiet 81 cm). Die beigegebene Regenkarte macht es überflüssig, dieser in grossen Zügen geschilderten Verteilung der Niederschlagsmengen im Detail nachzugehen; wir verweisen hiefür auf die in den Einzelschilderungen der Kantone gegebenen Daten. Dagegen sei noch aufmerksam gemacht auf die relative Niederschlagsarmut der Thäler, namentlich der Längsthäler, wo die allseitige Gebirgsumrahmung den Zutritt der feuchten Luftmassen verhindert; so fallen im mittleren Wallis, dem trockensten Gebiete der Schweiz, nur 60-70 cm und geht im Unter Engadin, trotz seiner Höhenlage, die ¶