mehr
und besteht aus einer Gneisvarietät, die von Gerlach als Arollagneis bezeichnet worden ist. Dieser von Gerlach in seiner wahren Lage sehr genau kartierte Gneis erscheint als wirkliche Decke, hängt mit einer von der Valpelline gegen die Dent d'Hérens ziehenden Gneiszone zusammen und reicht vom Mont Gelé (hinten über dem Bagnesthal) über den Mont Blanc de Seilon, die Roussette und die Dent du Perroc bis zu den aus weiten Eisrevieren sich erhebenden Gipfeln der Dent Blanche, des Weisshorns und des Zinal Rothorns. Diese Decke des Arollagneis überlagert nicht blos den Gneis des Monte Rosa, sondern sogar noch die auf den krystallinen Gesteinen der Zone des Grossen St. Bernhard liegenden mesozoischen Schichten. Die ganze Erscheinung zeigt sich namentlich prachtvoll am Westrand des Thalkessels von Zermatt. Auf dem Arollagneis liegen stellenweise, so z. B. am Mont Collon und an den Dents de Bertol, auch noch Serpentinmassen.
2. Gneiszone des Monte Rosa. Steht südlich vom eben beschriebenen Gebiet, bildet zunächst das Massiv des Monte Rosa und wendet sich dann südl. vom Zwischbergenpass ebenfalls gegen SO., um gleichfalls am Rand des Thales der Tosa auszustreichen und ebenfalls mit dem Tessinermassiv sich zu verbinden. Besteht aus schiefrigem Gneis.
3. Zone des Grossen
St. Bernhard. Besteht in der Hauptsache aus Glimmerschiefern und stark schieferigen
Gneisen, denen krystalline Grünschiefer beigesellt sind, und bildet beide Flanken des
Val d'Entremont, den
Mont Velan, den
Petit
Combin (der Gipfel des
Grand Combin besteht aus aufeinandergelagerten Kalkschiefern) und die Gruppe des
Mont Fort, um
dann dem Südrand des
Rhonethales zwischen
Nendaz und
Visp zu folgen. Auf dieser Strecke wird sie von den
untern Teilen aller südl. Seitenthäler des
Rhonethales quer durchschnitten und dadurch in eine Reihe von einzelnen Zwischengliedern
zerlegt. Solche sind die Gruppen des Mont
Thyon, des Mont Noble, der
Bella Tola, des
Schwarzhorns über
St. Niklaus und endlich
die mächtige Gruppe der
Mischabelhörner, von wo dieses krystalline Gebiet an die Gruppe des
Fletschhorns
anschliesst, um sich dann nach SO. zu wenden, die Schweiz
zu verlassen und über dem
Val Bognanco noch den
Monte Verosso aufzubauen.
Weiterhin steht dieses Massiv mit dem
Tessiner Gneisgebirge in Verbindung.
Im Monte Leone-Simplongebiet sieht man dank der tiefgehenden Erosion in den Thälern der Tosa und der Diveria und dank einer gleichzeitigen bedeutenden Erhöhung der Gneisfalten unter den eben genannten Massiven noch folgende andere Zonen auftauchen:
4. Die Gneisdecke des Monte Leone, die einen selbst wieder gefalteten, weitgespannten Ueberzug bildet. Ihr gehören der Kamm des Pizzo Pioltone, der Monte Leone und alle südl. über dem Binnenthal stehenden Gipfel bis zum Ofenhorn an, welch' letzteres die Auflagerung des Gneises auf die Glanzschiefer sehr deutlich zeigt.
5. Die Zone des Lebendungneises, schmal und rein lokal ausgebildet.
6. Die Zone des Antigoriogneises, die als ein im Zentrum des Simplonmassives aufragender Dom erscheint. Unter ihr taucht als tiefere Gneiskalotte.
7. die Zone des Grodogneises hervor, die vielleicht noch nicht die tiefst gelegene Decke darstellt.
Die in diese liegenden krystallinen Falten eingekeilten mesozoischen Sedimente sind in der Hauptsache triadischen und jurassischen Alters. Ob auch noch solche jüngern Alters vorhanden sind, ist nicht bekannt. Im Allgemeinen erscheinen diese Sedimente durch den Gebirgsdruck, d. h. durch die dynamometamorphen Kräfte stark ausgewalzt und verändert, so dass sie sich dem Typus der Glanzschiefer (oder Bündnerschiefer) nähern.
b. Tessiner Gneismassen. Auch diese bauen sich wie die domförmigen Massive der Walliser Alpen aus liegenden und übereinander geschobenen Falten auf. Wir haben bereits gesehen, dass alle Falten der Walliser Gneisdecken am Rand des Thales der Tosa zu verschmelzen scheinen, um das ausgedehnte Tessiner Gneisgebiet zu bilden. Es erscheint als selbstverständlich, dass sie sich östlich von diesem Einschnitt weiter fortsetzen, obwohl sie hier die geologische Karte nicht mehr genauer verzeichnet.
Ueber ihr Verhalten im einzelnen werden uns daher erst künftige Aufnahmen und Untersuchungen aufklären. Wir wissen heute blos, dass diese ganze breite Tessiner Gneiszone im Süden von einem aus grünen Felsarten (Gabbro, Dioriten, Hornblendegesteinen etc.) bestehenden Band gesäumt wird, das sich von Ivrea am Rand der piemontesischen Ebene ununterbrochen bis ins Veltlin fortsetzt, wo es sich mit einem den Pizzo della Disgrazia von den krystallinen Bündner Alpen trennenden andern Band grüner Felsen verknüpft.
Sicher ist, dass die Zölle des Antigoriogneises und die Gneiszone des Ofenhorns (Monte Leone) sich quer durch den ganzen Kanton Tessin bis zu dem ein sehr regelmässiges Gewölbe bildenden Adulamassiv fortsetzen. Das gleiche muss auch für die übrigen Walliser Gneiszonen der Fall sein. Der Dom des Adulamassives ist nichts anderes als der konvexe Rücken einer liegenden Falte, die auch noch eine durch dazwischen gelagerte Kalkzonen deutlich bezeichnete Zweiteilung aufweist.
Zwischen dem Valserberg und dem Piz Aul tauchen diese Gneise offenkundig unter die Bündnerschiefer ein. Oestlich vom Misoxerthal sieht man der Reihe nach noch mehrere aus dem südl. Abschnitt des Adulamassives kommende Gneiszonen (z. B. Tambohorngruppe) nach Norden abbiegen und gleich dem Adulagneis sich unter die Bündnerschiefer schieben. Die letzte, d. h. dem Band der Grünsteine oder der Amphibolitzone von Ivrea am meisten genäherte dieser Zonen verschwindet bei Andeer unter der Trias; es ist dies die Zone des Roffnagneises und des Surettahorns, die als granitische und porphyrische Eruptivgesteine aufgefasst werden und ein Gegenstück zu der Decke des ebenfalls eruptiven Arollagneises bilden dürften, gleichwie alle die ebengenannten Gneiszonen als Gegenstücke zu den Gneisfalten der Walliser Alpen aufgefasst werden müssen. Es ist daher festgestellt, dass alle Gneise der Tessiner Massive längs dem mittleren Abschnitt des Hinterrheinthales und dem Madriserthal bis nach Chiavenna hinüber endgiltig aussetzen und von anderen - sedimentären wie krystallinen - Gesteinsarten abgelöst werden.
c. Graubündner Gneismassen. Die krystallinen Bündner Massive unterscheiden sich von den Tessiner und Walliser Massiven hauptsächlich durch ihre Anordnung in Gestalt von einzelnen Fetzen, indem sie als ehemalige Glieder mehrerer langgezogener und übereinander gelagerter Decken von der Erosion zu isolierten Gebilden herausgearbeitet worden sind. Der Durchstich des Albulatunnels hat erwiesen, dass unter dem granitischen Albulamassiv eine Bank von tonigem Schiefer eingelagert ist, der ganz den ausserhalb des Tunnels zu Tage anstehenden Schiefern entspricht.
Die gleiche Sachlage hat auch für andere dieser Bündner Massive als sehr wahrscheinlich erkannt werden können. Es folgen sich von Südwesten nach Nordosten der Reihe nach die Massive des Piz Kesch, des Piz Ot (Albulamassiv), des Julier, des Pizzo della Disgrazia (Cima del Largo), der Cima di Campo und der Sesvenna (Maipitsch), die alle beträchtliche Granitmassen aufweisen und von Grünschiefern, Serpentin und sedimentären mesozoischen Gesteinsarten begleitet werden. Ebenso gehören auch alle einzelnen krystallinen Schiefermassive zwischen dem Inn und der Thalschaft Davos, sowie fernerhin das ganze weite krystalline Gebiet von der Silvretta nordostwärts bis zum Klosterthal einem mächtigen und wohl sehr komplizierten Deckensystem an.
Vorstehende Ausführungen über den geologischen Aufbau der Mehrzahl der krystallinen Gebirgsmassen - exkl. diejenigen der
Zone Mont
Blanc-St.
Gotthard - haben uns diese früher als die «Pfeiler» des Alpengebirges
betrachteten Massive in einem neuen Licht gezeigt, sodass uns die Tektonik der
Kalkalpen weniger verwickelt
erscheinen wird. Hervorzuheben ist in erster Linie die total verschiedenartige Struktur der krystallinen Gebiete in den verschiedenen
Zonen der Schweizer
Alpen.
Die Massive der Zone Mont
Blanc-St.
Gotthard bilden mit ihrer Fächerstruktur die Kerne von besonders hoch
aufgetürmten Falten der Erdrinde und verdienen, streng genommen, allein den Namen von «Massiven».
Die krystallinen Massen der
Walliser und der
Tessiner
Zonen bestehen im nördl. Abschnitt aus schuppenförmig übereinandergelegten
Decken oder aus konzentrischen Schalen (Kalotten), die nördlich der Amphibolit- und Grünsteinzone von Ivrea wurzeln. Wieder
andern Charakter tragen die südlich der Zone von Ivrea und zum grössten Teil ausserhalb der Schweiz
ergrenzen
zwischen dem
Luganer- und dem
¶
mehr
Ortasee gelegenen Massive, die batholithische Intrusivmassen enthalten und keine starken Dislokationen erlitten haben. Die krystallinen Felsmassen Graubündens endlich haben ausschliesslich fremden, «nomadischen» Ursprung, indem sie infolge von Dislokationen von weither, d. h. wahrscheinlich aus einem südlich der Zone von Ivrea gelegenen Gebiet her an ihre heutige Stelle transportiert worden sind. Wir werden bei der Besprechung der Graubündner Kalkalpen auf diesen Punkt noch näher zurückkommen.
II. Südliche Kalkalpen.
Theoretisch sollten die Alpen, als ein unter einem seitlichen Druck senkrecht in die Höhe getürmtes Faltenbündel betrachtet, symmetrischen Bau aufweisen, und zwar derart, dass sich der krystallinen Zentralzone beiderseits ein je gleich breiter Gürtel von Sedimenten anreihen würde. Diese Annahme wurde früher fast allgemein verfochten. Wir haben aber schon aus der tektonischen Natur der südlichen krystallinen Gebiete ersehen, dass dies nicht der Fall ist, indem im ganzen tektonischen Bild der Alpen eine in der Hauptsache von Süden nach Norden wirkende Druckbewegung vorherrscht. Es wurden dadurch ungeheure Sedimentmassen mit ebensovielen krystallinen Gesteinsschuppen gegen Norden geschleppt, während der eigentliche Alpenrand im Süden stark reduziert erscheint, und dies um so mehr, als ein grosser Teil dieses Randes unter den Alluvionen der lombardischen und der piemontesischen Ebene begraben liegt. Es geht aus diesen Ausführungen also hervor, dass die tektonische Struktur der Alpen keine symmetrische ist.
Immerhin schiebt sich eine ziemlich gut entwickelte mesozoische und tertiäre Randzone zwischen den Ortasee, wo sie nur sehr schmal ist, und den Gardasee, wo sie bereits über 40 km Breite misst, ein. Wie es die Formationstabelle zeigt, unterscheidet sich aber diese südliche Kalkalpenzone sehr stark von den nördlichen Kalkalpen. Auch die Dislokationserscheinungen sind hüben und drüben durchaus nicht die gleichen. Hier im Süden findet man verhältnismässig wenig intensive Faltung mit Brüchen und einigen Ueberschiebungen und erscheinen nahe den Sedimentschichten eruptive Decken und Tuffe von Quarzporphyr und Porphyriten vortriadischen, d. h. wahrscheinlich permischen oder karbonischen Alters.
Die Hauptmasse besteht aus triadischen Schichtgliedern in ostalpiner Fazies, während nach Süden zunächst eine Zone von
Jura- und Kreidegesteinen und dann ein Randgürtel von Mergeln, Sandsteinen und Nagelfluh folgt, der der Molassebildung
am Nordfuss der Alpen entspricht. Das einzige noch der Schweiz
angehörende Glied dieser südlichen Kalkalpen
befindet sich in der Nähe des Luganersees und umfasst die Gruppe der Brianza zwischen dem Luganersee und dem Arm von Lecco
des Comersees, den Bergzug Monte San Salvatore-Monte Arbostora und den Monte di Meride.
III. Zentrale Glanzschieferzone.
Wir haben bereits gesehen, dass die Gneise des Wallis und des Tessin auf eine Breite von manchen Kilometern einem mesozoischen (triadischen und jurassischen) Schichtenkomplex von eigenartiger Fazies auflagern. Es ist dies die Zone der Glanzschiefer. Zwischen den Hohen Kalkalpen und den Gneisen des Wallis und des Tessin, sowie im ganzen nördl. Graubünden liegt eine ausgedehnte Masse von Kalk- und Tonschiefern jurassischen Alters, die man (nach ihren glänzenden Blättern) Glanzschiefer, Bündnerschiefer oder auch einfach graue Schiefer nennt.
Sie setzen sich zusammen mit den sie begleitenden Triasgliedern unter die Gneisplatten des Wallis und des Tessin, sowie unter die Bündner Massive fort, was durch den Bau des Simplontunnels direkt bewiesen werden konnte. Ueberall finden sich unter den Gneisen und zwischen allen einzelnen Gneislagen die stets von triadischen Gesteinen begleiteten Glanzschiefer. Dieses Gebiet von sehr einförmigen Schiefern erscheint also als eine zentrale oder doch wenigstens stark ins Innere des Gebirges gerückte Depressionszone, die in den Westalpen zwischen den Zonen des Briançonnais und des Grand Paradis beginnt und in nahezu gleichförmiger Art der Ausbildung bis zum Fuss des Rätikon sich hinzieht, wo sie eintaucht, um sich dann in der Tiefe unten den Ostalpen durch weiter fortzusetzen, wie dies durch ihr Vorkommen in der Thalsohle des Unter Engadin bewiesen wird. Es war somit ursprünglich mitten in der Alpenkette eine langgestreckte Senke vorhanden, die beiderseits von einer Faltenzone begleitet wurde.
Diese von einer eigenartigen Sedimentärfazies des Jurasystems ausgefüllte Depression bildete dank ihrer Breite und ihrer ganz beträchtlichen Länge eine wahre Geosynklinale, d. h. eine grosse Mulde, und befand sich an derselben Stelle, wo heute die höchsten Alpengipfel in die Lüfte aufragen. Die Umwandlung dieser Senke in ein Gebirge erfolgte nun aber nicht durch Auffaltung der Synklinale selbst, sondern dadurch, dass die ehemals ihren Südrand begleitenden Falten über sie hinüber geschoben wurden, sie damit ausfüllten und sich durch vielfach wiederholtes Auf- und Uebereinanderlegen zu der heutigen kulminierenden Kette des Alpengebirges emportürmten.
Die richtige Erklärung der Rolle, die diese bemerkenswerte mediane Schieferzone der Alpen ursprünglich gespielt hat, ist erst nach jahrelangen Untersuchungen und zahlreichen eingehenden Einzelbeobachtungen in allen Teilen der Alpen gelungen. Dass die Schieferzone in Graubünden heute noch einen so breiten Raum ausfüllt, ist eine Folge der in diesem Gebiet nicht wie anderswo gleich vollständigen Ueberschiebung durch die vom Südrand der Alpen herkommenden Falten.
IV. Nördliche Kalkalpen mit helvetischer Fazies.
Von der Dent Blanche und den Dents du Midi im Südwestwinkel der Schweiz
bis zum Ende des Säntisgebirges und noch weiterhin
über den Rhein bis ins Vorarlberg hinein erstreckt sich eine ununterbrochene Folge von in Form von weiten
Schlingen übereinandergelegten liegenden Falten, die aus mesozoischen (Trias, Jura, Kreide) und frühtertiären (stellenweise
aber auch noch aus permischkarbonischen) Schichten aufgebaut sind. Das schönste Beispiel für diese Erscheinung bietet die
Glarnerfalte, die lange Zeit als eine doppelte Falte (die sog. Glarner Doppelfalte) aufgefasst wurde,
d. h. als zwei liegende Falten, die von unten nach oben in der Richtung S.-N., bezw. N.-S. gegeneinander geschoben worden
seien.
Ihre Spannweite zwischen Bonaduz im Vorderrheinthal und dem Säntis beträgt mehr als 40 km. Aehnliche Falten (mit aber im allgemeinen geringeren Spannweiten), die sich gegenseitig ablösen oder auch aufeinanderschieben, treffen wir nun von einem Ende unseres Landes bis zum andern. Das Studium ihres Aufbaues und des gänzlich eigenartigen In- und Uebereinandergreifens der verschiedenen Schichtglieder ist ausserordentlich lehrreich. Man unterscheidet folgende Hauptfalten:
1. Falte der Denis du Midi. Sie umfasst mindestens vier fingerförmige Lappen, die alle einer grossen liegenden Falte angehören. Diese grosse Falte von wenigstens 10 km Spannweite entsteht aus der Reduktion oder Konzentration von mindestens 6 einzelnen Falten, deren Wurzeln am Mont Joly (Nordflanke des Mont Blancmassives) liegen und die von da - in horizontaler Richtung gemessen - bis zu 40 km weit nach Norden geschoben worden sind, um die Kämme der Alpen von Annecy zu bilden. An den Dents du Midi lassen sich blos noch 3 oder 4 dieser Einzelfalten unterscheiden, weil die übrigen sich vermutlich in der Tiefe verflacht ¶
Geotektonische Karte der SCHWEIZ
Lief. 185.
GEOGRAPHISCHES LEXIKON DER SCHWEIZ
Verlag von Gebrüder Attinger, Neuenburg.
^[Karte: 6° 0’ O; 47° 0’ N; 1:1300000]
Geotektonische Karte der SCHWEIZ
von Dr. H. Schardt
░ Miozän | = Antiklinalen |
░ Nagelfluh | w Synklinalen |
▒ Flysch u. Nummulitenf. | - Querverschiebungen u. Verwerfungen |
▒ Flyschbreccie | u. Verwerfungen |
▓ Exotische Blöcke | . Formationsgrenzen |
▓ Helv.-jurass. Fazies | x Deckfaltenränder |
▐ Austroalp. Facies | _ Ueberschiebungsränder |
░ Glanzschieferfazies | . Deckschollen, Klippen |
░ Karbon, Trias bis Tertiär | . Fenster |
▒ Gneis u. Granit | . Mutmassliche Verbind. der Gneisdecken |
▒ Eruptivgesteine | |
▓ Amphibolit, Diorit, Gabbro |
MCE. BOREL & CIE.
V. Attinger sc. ¶
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haben. Die Fortsetzung der Dents du Midi, nämlich die jenseits des Rhonethales stehenden Dents de Morcles, weist neben einigen oberflächlichen Faltenbiegungen nur noch einen einzigen, unbedeutenden Ausläufer der grossen Falte auf, welcher hier auf 5 km Weite eingeengt ist und nun vollständig unter die Wand der Diablerets, oder mit andern Worten unter eine am Rand des Rhonethales und längs dem Thal der Lizerne aufsteigende neue Falte eintaucht. Es ist mehr als wahrscheinlich, dass die Vereinfachung und die zunehmende Reduktion der Spannweite dieser Falte sich auch noch weiterhin fortsetzt, so dass die Falte weiter ostwärts allmählig erlischt.
2. Falte der Diablerets. Sie kann zwischen dem Mont Bas (Kontakt des Triaskernes mit dem Nummulitenkalk) und den Rochers du Vent längs dem Pas de Cheville sehr schön beobachtet werden und erscheint als eine Kuppel, die einen zwischen sie und die Falte der Dents de Morcles eingeklemmten Fetzen von Neokom mit Klippenfazies überlagert, wovon später noch die Rede sein wird. Ihre Front taucht gegen Norden ein, während sich ihr Rücken südwärts zum Rhonethal senkt.
3. Wildhorn-Wildstrubelfalte. Steigt vom rechtsseitigen Rand des Rhonethales oberhalb Conthey auf und überdeckt den Dom der Diableretsfalte gleich einem Mantel, dessen vorderer Saum zwischen der Trias des Col du Pillon und dem Taveyannazsandstein des Creux de Champ untertaucht. Es ist wahrscheinlich, dass sich die Diableretsfalte gleichwie die Falte der Dents du Midi nach Osten zu verschmälert und auskeilt, da von nun an einzig die Wildhorn-Wildstrubelfalte sich weiter entwickelt.
Sie baut neben verschiedenen kleineren Faltenbiegungen, die ihren Rücken wellenförmig aufbiegen, die gesamte Wildhornkette auf und setzt sich bis zum Wildstrubel, Steghorn und Lohner fort, wo sie einen andern Charakter erhält, indem sich ihre Schichten aufrichten und dem unter ihnen auftauchenden krystallinen Aarmassiv Platz machen, das dann die sedimentäre Decke am Lötschenpass endgiltig durchsticht. Die bis jetzt besprochenen Falten haben im Vergleich zu ihrer infolge der Auswalzung des Mittelschenkels verhältnismässig sehr schwachen Mächtigkeit oder Dicke eine derart weite Spannung - in horizontaler Projektion gemessen 14-15 km -, dass man sie mit vollem Recht als Deckfalten oder Faltendecken bezeichnet.
4. Falte des Mont Bonvin. Oberhalb Sitten sieht man längs der Combe d'Arbaz eine vierte Falte auftauchen, die noch weit mehr als die vorhergehenden den Namen einer Deckfalte verdient, da ihr die Merkmale einer liegenden Falte - Gewölbeschenkel mit regelmässiger Schichtreihe und oft ausgewalzter verkehrter Mittelschenkel, der direkt auf einer tertiären Unterlage ruht - fast gänzlich abgehen. Während die früher genannten Falten auf der Südseite der Ketten aus Juraschichten und auf der Nordseite aus Neokom mit Nummulitenkalk bestehen, sieht man hier im Hängenden blos noch Jurakalke (Dogger, Argovien-Divésien, Malm) in unregelmässig zerrissenen Schichtfetzen und teils in normaler, teils in verkehrter Reihenfolge der einzelnen Schichtglieder auftreten.
Diese Deckfalte weist also keinen so einheitlichen Zusammenhang wie die vorhergehenden auf, sondern löst sich in vereinzelte Schichtenpakete auf, die überall auf Nummulitenkalk ruhende Juragipfel bilden, wie z. B. den Sex Rouge, das Rawilhorn (oder Sex des Eaux Froides), den Mont Tubang, den Sex du Bonvin. Auf dem Scheitelplateau zeigt diese Decke unter dem Glacier de la Plaine Morte eine Jurakalkplatte und auf der Nordseite mehrere isolierte «Zeugen», wie den Rohrbachstein und das Laufbodenhorn. Diese auseinandergerissene und gequälte Falte verknüpft sich weiterhin mit dem Innenrand der Zone der Präalpen (vergl. weiter unten). Ihre letzten Ueberreste lassen sich bis zum Trubelnpass hin verfolgen.
5. Fortsetzung der Wildstrubelfalte bis zu den Glarner Alpen. Die Wildhorn-Wildstrubelfalte setzt sich bis zum Lohner fort und verknüpft sich an diesem Gipfel mit der Decke der Kienthaler Berge, der Schwalmeren und des Faulhorns. Dieses ganze Gebiet bildet eine gut ausgeprägte Faltendecke, da das als Unterlage dienende Tertiär auch hinter der Decke an der Stelle sich findet, wo das Auftauchen des Aarmassives die sedimentäre Hülle auseinandergerissen und überkippt hat.
Die Spuren dieser Tertiärzone können von Nusey oberhalb Siders über den Trubelnpass, längs der ganzen Passsenke der Gemmi (die ihr wahrscheinlich ihre Entstehung verdankt), über Kandersteg, das Oeschinenthal und Hohtürli bis ins Sefinenthal (Mürren) verfolgt werden, zeigen sich auch an den Flanken der Jungfrau und des Mönch, ziehen über Grindelwald und die Scheidegg bis ins Aarethal, gehen das Genthal aufwärts, am Fuss des Titlis (Lauberngrat) vorbei und setzen sich durch das Gitschenthal bis nach Flüelen fort, wo sie sich mit der die Unterlage der grossen Glarnerdecke bildenden Flyschzone Schächenthal-Linththal-Elm-Ragaz verbinden. Es ruhen somit alle Jura- und Kreidekalkketten nördlich dieser Tertiärzone ohne Wurzeln nach unten einem tertiären Grundgebirge auf und bilden gleichsam eine infolge einer ungeheuern Rutschung auf weit jüngere Schichten überkippte sedimentäre Masse.
Man kann sich auch so ausdrücken, dass die gleiche Deckfalte vom Wildhorn-Wildstrubel bis zur grossen Glarnerdecke reicht, indem sie in der Richtung gegen den Rhein hin allmählig immer breiter wird. Doch liegt die Sache nicht so einfach, wie sie auf den ersten Blick erscheinen möchte. Die dieser ungeheuern Decke, deren Breite in den Unterwaldner Alpen nahezu 30 km erreicht und in den Glarneralpen (von Tamins bis Stein im Toggenburg) mehr als 40 km beträgt, angehörenden Bergmassen weisen, rein äusserlich betrachtet, ganz den Charakter eines einfachen Faltengebirges auf, wie es etwa der Jura ist. (Eine Ausnahme machen nur die Gebiete, wo der zur tertiären Unterlage gehörende Flysch auf weite Strecken hin offen zu Tage liegt, wie z. B. im Linth- und im Sernfthal).
Auch hier in dieser wurzellosen Zone sieht man Reihen von Falten, die von ihren Nachbarn gut geschiedene Einzelketten bilden. Dies erklärt sich daraus, dass sich die gegen Norden überschobene Decke selbst wieder gefaltet hat. Diese Eigenfaltung betraf allerdings blos den Gewölbeschenkel, während der verkehrte Mittelschenkel sich überall gleichförmig der Ueberschiebungsfläche, die in gewissen Fällen eine reine Rutschfläche war, anpasste. Die Decke ist des fernere gelappt, indem sie sich jedesmal, wenn sie bei ihrer Vorwärtsbewegung auf ein Hindernis, z. B. auf eine grössere Masse miozäner Gebilde stiess, derart verdoppelte, dass sich eine obere überliegende Falte bildete (vergl. das Diagramm S. 664). So sieht man im Gebiet zwischen dem Brienzersee und dem Linththal unter dem Rücken der überkippten Decke drei Einfaltungen, die gegen Nordosten allmählig erlöschen.
Das Vorhandensein dieser drei Einfaltungen oder Lappen fällt zugleich mit einer beträchtlichen Verschmälerung der grossen Faltendecke zusammen. Da die lappenförmigen Einfaltungen sich horizontal in die Breite entwickeln, kann man im Nordosten der Decke ein bemerkenswertes Ausspringen derselben gegen Nordwesten beobachten. Die Ansätze oder Abbiegungen dieser Lappen oder Verzweigungen können sehr gut gesehen werden: a) längs der Linie Näfels-Deyenalp-Klönthal-Pragel-Muotathal- Riemenstalden-Sisikon-Isenthal-Schoneggpass-Grafenort; b) längs dem Sulzthal-Obersee (oberhalb Näfels); c) längs dem Wäggithal.
Ganz offenkundig erscheinen die durch diese Lappen vertretenen Schichtenreihen an der prachtvollen Glärnischpyramide,
die aus den vier übereinander gelagerten überliegenden Falten herausgeschnitten ist. Sogar die untere Decke teilt sich
noch in mehrere sehr verwickelte Schuppen, so dass man in diesem östlichen Abschnitt der Schweizer
Alpen nicht weniger als
fünf Decken oder Lappen unterscheiden kann, von denen zwei von sehr bedeutender Weite sind. Diese Falten
tauchen zuweilen, wie bei den Diablerets, ihre Stirnpartie in die tertiären Schichten des Grundgebirges ein, während sie
andernorts gleich dem den Kopfsprung machenden und mit dem Kopf wieder an die Oberfläche kommenden Taucher eine Kurve beschreiben
und neuerdings in die Höhe steigen.
Solche Tauchdecken mit aufbrandender Stirnregion sind z. B. die Ketten des Sigriswilergrates, der Schrattenfluh, des Pilatus, der Rigi Hochfluh, des Grossen und Kleinen Aubrig, des Mattstocks und des Säntis (vergl. die Profile). Sie können entweder einfache Ueberfaltungsdecken (Schrattenfluh) oder dann selbst wieder stark gefaltet sein, wie z. B. am Pilatus und Säntis, welch' letzterer bis zu sechs einzig und allein nur Kreideschichten in Mitleidenschaft ziehende Einzelfalten aufweist. Die ganze Erscheinung gleicht einer vom zurückgebliebenen jurassischen ¶