Schwarzer
Tod, der gewöhnliche Name der großen Seuche, welche im 14. Jahrh. einen großen Teil der Bevölkerung [* 2] der damals bekannten Erde hinwegraffte. Sie begann, wie es scheint, in China [* 3] und wurde von da durch Karawanen nach Mittel- und Kleinasien und von dort nach Europa [* 4] gebracht. 1347 erschien sie zuerst in Sizilien, [* 5] Marseille [* 6] und einigen Hafenstädten Italiens, [* 7] von wo aus sie sich an der ganzen Südküste Europas verbreitete. 1348 wütete sie am heftigsten in Spanien, [* 8] Frankreich, Deutschland, [* 9] England, 1349 in Schweden, [* 10] Norwegen, Polen, erst 1351 in Rußland.
Erdbeben, [* 11] Verwüstungen durch ungeheure Heuschreckenschwärme, Mißwachs und andre derartige Naturerscheinungen waren seit 1333 vorausgegangen und hatten die Gemüter zaghaft und die Körper für die Ansteckung empfänglich gemacht. Im ganzen nimmt man an, daß Europa in den drei Jahren von 1348 bis 1350 durch die Seuche 25 Mill. Menschen verloren habe. Aus den Beschreibungen geht hervor, daß die Seuche die orientalische Pest war mit besonders hervortretender Entwickelung der entzündeten Pestbeulen und einer schnell in Brand übergehenden Lungenentzündung.
Die Heilkunst sah sich machtlos der furchtbaren Seuche gegenüber. Fast alle Kranken starben innerhalb der drei ersten Tage nach dem Erscheinen der Pestbeulen. Der Volkswahn sah die Seuche als göttliches Strafgericht an, welches die Flagellanten (Geißler) durch strenge Bußübungen abzuwenden suchten. Den Juden gab man schuld, die Brunnen [* 12] vergiftet zu haben, ein Aberglaube, an den sich die grausamsten Verfolgungen anschlossen. Schutzmaßregeln wurden von seiten der Regierungen erst sehr spät angeordnet, zumal da man den Grund der Verbreitung in einer übeln Konstellation der Gestirne vermutete.
Nachdem die Pest verschwunden war, kehrte durch einige reich gesegnete Jahre und durch auffallende Fruchtbarkeit der Frauen Friede und Ruhe in die Gemüter zurück. Unter den Ärzten, welche die Krankheit beobachteten, sind vornehmlich Guy de Chauliac und Chalin de Vinario, unter andern Schriftstellern Boccaccio zu nennen.
Vgl. Hecker, Volkskrankheiten des Mittelalters (Berl. 1865);
Höniger, Der Schwarze Tod in Deutschland (das. 1882);
Lechner, Das große Sterben in Deutschland 1348 bis 1351 (Innsbr. 1884).