Schwanjung
frauen
und
Schwanritter. Der
Schwan galt dem german. und griech. Volksglauben als ein
weissagender
Vogel, dessen trauriger
Gesang («Schwanenlied») seinen nahen
Tod verkünde; daher die noch jetzt zur Bezeichnung
einer Vorahnung üblichen
Ausdrücke «es schwant mir» oder «mir
wachsen Schwansfedern». Gewisse göttliche Wesen der deutschen Mythologie liebten Schwansgestalt anzunehmen, so namentlich
die Walküren (die
Schlacht- und Schicksalsjungfrauen) und die
Wald- und Wasserfrauen, die dann Schwanjung
frauen genannt wurden
und meist die Gabe der
Weissagung hatten. Durch
Verlust ihrer Schleier (d. h. ihrer Schwanengestalt) können sie
zu menschlicher
Ehe gezwungen werden. In der bayr.
Dichtung des 14. Jahrh. von
Friedrich von
Schwaben sind an die
Stelle der
Schwäne
Tauben
[* 2] getreten, ebenso
Raben in dem
«Märchen von den sieben
Raben» (Grimms
«Kinder- und Hausmärchen», Nr. 9, 25, 49).
Mehrern deutschen Stämmen gemeinsam war eine uralte Volkssage von einem Knaben, der aus dem Meere oder einem Binnengewässer ans Land getrieben und der Stammvater ihres ältesten Herrschergeschlechts geworden sei; schon Tacitus scheint darauf anzuspielen. Bei den Franken am Niederrhein wurde diese Sage bereits zu Ende des 12. Jahrh. in franz. und vielleicht auch in niederländ. Sprache [* 3] poetisch gestaltet und willkürlich mit der Zeitgeschichte verknüpft, jener von einem Schwan ans Land gezogene Ritter Helias genealogisch mit Gottfried von Bouillon verbunden, so in dem Roman «Le [* 4] chevalier au cygne ou de Godefroi de Bouillon» (hg. von Reiffenberg, 2 Bde., Brüss. 1846‒48). Der Schwanritter rettet die durch ungerechte Anklage verdächtigte Herzogin von Brabant im Zweikampf, vermählt sich ihrer Tochter, scheidet aber, als er gegen sein Verbot nach seiner Abkunft gefragt wird. In Deutschland [* 5] übertrug Wolfram von Eschenbach am Schlusse des «Parzival» die Sage vom Schwanritter auf Loherangrin, den Sohn des Gralkönigs Parzival, doch ohne sie weiter auszuführen.
Dies that dann vor 1290 ein ungenannter Dichter in dem langen strophischen Gedichte «Lohengrin» (s. d.),
wo die Sage unter
Heinrich dem Vogler spielt, während kurz zuvor Konrad von
Würzburg
[* 6] in einer gefälligern
Dichtung vom
«Schwanenritter»
die Sage nach Nimwegen
[* 7]
und unter
Karl d. Gr. versetzt hatte. Auch als Prosaroman erscheint die Sage gegen Ende des 15. Jahrh.
in franz. und niederländ.
Sprache, und das niederländ. Volksbuch ist noch jetzt beliebt. Als Schwanjung
frauen
erscheinen auch die Walkyren (s. d.). Eine Erklärung der Schwanensage hat Bloete
in der «Zeitschrift für deutsches
Altertum» (Bd. 38) versucht.