in der nord.
Mythologie Bezeichnung der
Walküren (s. d.), welche die Fähigkeit besitzen, Schwanengestalt
anzunehmen. Auch in deutscherSage erscheinen sie öfter an
Flüssen und Weihern, legen das Schwanengewand
ab und baden sich in kühler
Flut.
Wer ihnen das Gewand nimmt, bekommt sie in seine
Gewalt. So
Hagen
[* 2] in der Nibelungensage, der
das »Meerweib« nun nötigt, ihm zu weissagen. Zu den nordischen
Walküren, die den
Helden in
Walhalla den
Trinkbecher reichen, stellt sich unter andern die
Jungfrau, welche aus dem Osenberg bei
Oldenburg
[* 3] gekommen und dem
GrafenGünther
auf der
Jagd einen feurigen Trank aus wunderbarem
Horn gereicht haben soll. Die
Sage von den S. hat
Musäus in die Litteratur
eingeführt. Vgl.
Schwan.
und Schwanritter. Der Schwan galt dem german. und griech. Volksglauben als ein
weissagender Vogel, dessen trauriger Gesang («Schwanenlied») seinen nahen Tod verkünde; daher die noch jetzt zur Bezeichnung
einer Vorahnung üblichen Ausdrücke «es schwant mir» oder «mir
wachsen Schwansfedern». Gewisse göttliche Wesen der deutschen Mythologie liebten Schwansgestalt anzunehmen, so namentlich
die Walküren (die Schlacht- und Schicksalsjungfrauen) und die Wald- und Wasserfrauen, die dann Schwanjungfrauen genannt wurden
und meist die Gabe der Weissagung hatten. Durch Verlust ihrer Schleier (d. h. ihrer Schwanengestalt) können sie
zu menschlicher Ehe gezwungen werden. In der bayr. Dichtung des 14. Jahrh. von Friedrich von Schwaben sind an die Stelle der SchwäneTauben
[* 4] getreten, ebenso Raben in dem «Märchen von den sieben Raben» (Grimms «Kinder- und Hausmärchen», Nr. 9, 25, 49).
Mehrern deutschen Stämmen gemeinsam war eine uralte Volkssage von einem Knaben, der aus dem Meere oder
einem Binnengewässer ans Land getrieben und der Stammvater ihres ältesten Herrschergeschlechts geworden sei; schon Tacitus
scheint darauf anzuspielen. Bei denFranken am Niederrhein wurde diese Sage bereits zu Ende des 12. Jahrh. in franz.
und vielleicht auch in niederländ. Sprache
[* 5] poetisch gestaltet und willkürlich mit der Zeitgeschichte
verknüpft, jener von einem Schwan ans Land gezogene Ritter Helias genealogisch mit Gottfried von Bouillon verbunden, so in
dem Roman «Le
[* 6] chevalier au cygne ou de Godefroi de Bouillon» (hg. von Reiffenberg, 2 Bde., Brüss.
1846‒48). Der Schwanritter rettet die durch ungerechte Anklage verdächtigte Herzogin von Brabant im Zweikampf,
vermählt sich ihrer Tochter, scheidet aber, als er gegen sein Verbot nach seiner Abkunft gefragt wird. In Deutschland
[* 7] übertrug
Wolfram von Eschenbach am Schlusse des «Parzival» die Sage vom Schwanritter auf Loherangrin, den Sohn des Gralkönigs Parzival,
doch ohne sie weiter auszuführen.
Dies that dann vor 1290 ein ungenannter Dichter in dem langen strophischen Gedichte «Lohengrin» (s. d.),
wo die Sage unter Heinrich dem Vogler spielt, während kurz zuvor Konrad von Würzburg
[* 8] in einer gefälligern Dichtung vom «Schwanenritter»
die Sage nach Nimwegen
[* 9]
und unter Karl d. Gr. versetzt hatte. Auch als Prosaroman erscheint die Sage gegen Ende des 15. Jahrh.
in franz. und niederländ. Sprache, und das niederländ. Volksbuch ist noch jetzt beliebt. Als Schwanjungfrauen
erscheinen auch die Walkyren (s. d.). Eine Erklärung der Schwanensage hat Bloete
in der «Zeitschrift für deutsches Altertum» (Bd. 38) versucht.