Schwan
(Cygnus L.), Gattung aus der Ordnung der Schwimmvögel [* 2] und der Familie der Schwäne (Cygnidae), große Vögel [* 3] mit gestrecktem Leib, sehr langem Hals, mittelgroßem Kopf, geradem, gleich breitem Schnabel von Kopfeslänge, der an der Wurzel [* 4] nackt oder höckerig aufgetrieben, an der Spitze flach gewölbt ist und in einen rundlichen Nagel ausgeht, niedrigen, starken, weit nach hinten gestellten Beinen, großen Schwimmhäuten und kleiner, hoch eingelenkter Hinterzehe, finden sich in allen Erdteilen, besonders im Norden, [* 5] auf Seen, Flüssen und Sümpfen.
Die Schwäne gehören besonders der gemäßigten und kalten Zone der nördlichen Halbkugel an. Alle Arten wandern, aber die in gemäßigten Ländern brütenden streichen oft im Winter nur umher. Sie nisten gern in süßen Gewässern, nach der Brutzeit aber halten sie sich im Meer auf. Sie sind ausschließlich Tagtiere, gehen und fliegen wenig, schwingen sich nur vom Wasser auf und lassen sich auch nur auf dieses herab. Sie nähren sich von allerlei Pflanzenstoffen, Kerbtieren, Würmern, Muscheln, [* 6] Fischen, kleinen Lurchen etc. und erreichen ihre Nahrung durch Gründeln.
Ihre
Schönheit und
Anmut nehmen sehr für sie ein; sie bekunden aber oft genug Herrschsucht, Rauflust, Tücke und
Bosheit gegen
Tiere und
Menschen. Nur die Schwäne einer und derselben Art bilden größere
Gesellschaften. Männchen
und Weibchen halten treu zu einander und sind sehr zärtlich gegeneinander. Das Weibchen brütet allein, aber das Männchen
beschützt es und beteiligt sich an der
Brutpflege. Der Höckerschwan
(Cygnus olor L.), 1,8 m lang, 2,6
m breit, rein weiß, in der
Jugend grauweiß, mit kopflangem, gelbrotem
Schnabel mit schwarzem
Höcker,
lebt in Nordeuropa und
Ostsibirien, zieht im März und
September durch Mitteleuropa, überwintert in
Italien
[* 7] und auf den
Inseln
des
Mittelmeers,
[* 8] erscheint im
Herbst häufig an der
Ostsee, nistet am
Ufer und legt 6-8 grünlichweiße, blaugrau gefleckte
Eier
[* 9] (s. Tafel
»Eier II«). Er soll sehr alt werden und wird allgemein gezähmt und halbgezähmt auf
Teichen
und
Flüssen
(Spree und
Havel) gehalten.
Der Singschwan
(C. musicus
Bechst., s. Tafel
»Schwimmvögel I«),
[* 10]
1,6 m lang, 2,5 m breit, von gedrungener Gestalt, mit kürzerm, dickerm Hals und gelbem, an der Spitze schwarzem, höckerlosem Schnabel, ist rein weiß, bewohnt Nordeuropa, Nordasien und Nordamerika, [* 11] geht im Winter bis Nordafrika, erscheint im Oktober an der Ostsee und durchfliegt Deutschland [* 12] im November und Dezember sowie im Februar und März. Er hat eine laute, besonders aus der Ferne wohlklingende Stimme, welche er auch im Flug und in der Not, z. B. im Winter, wenn die Untiefen mit Eis [* 13] bedeckt sind und ihm dadurch die Nahrung verschlossen ist, anhaltend hören läßt.
Verfallen die Schwäne hier, am Weiterziehen durch Ermattung verhindert, nach und nach dem Hungertod, so erschallen doch
bis ans Ende ihre melancholischen
Töne. Sie sind sehr heftig, zanksüchtig und vertreiben den Höckerschwan
,
jung eingefangene werden aber leicht zahm. Sie nisten im hohen
Norden und in
Griechenland,
[* 14] bauen große, auf kleinen
Inseln
feststehende oder schwimmende
Nester und legen im Mai 5-7 gelblichweiße oder bräunlichgelbe
Eier. Man jagt die Schwäne im
Norden besonders des
Fleisches halber und erschlägt sie in ihren Brutteichen während der
Mauser mit
Stöcken;
auch die
Federn werden verwertet, und die mit den
Federn gegerbten
Häute geben ein kostbares
Pelzwerk
[* 15] (Schwan
,
Schwanpelz).
Bei den alten Griechen galt der S. als der heilige Vogel des Apollon, [* 16] von dem er selbst die Gabe der Weissagung empfangen haben sollte. Im mythischen Hesperien, am Eridanos und an der Küste des Ligyerlandes sollen die Schwäne ihren Tod durch schönen klagenden Gesang vorausverkündigt haben; daher der Ausdruck Schwanengesang für das letzte Lied eines Dichters. Erblickten die Schiffer Schwäne, so galt dies als günstiges Omen. Jupiter genoß die Umarmung der Leda in Gestalt eines ¶
mehr
Schwans.
In der germanischen Mythologie stand der S. in engster Beziehung zu den in Luft und Wasser waltenden Lichtgottheiten
und ebenfalls im Ruf der Weissagung; daher die noch jetzt zur Bezeichnung einer Vorahnung üblichen Ausdrücke: »es schwant
mir« oder »mir wachsen Schwan
enfedern«. Auf Rügen vertritt der S. den Storch, er bringt die Kinder. Der
S. ist wie die Wasservögel, Gans, Ente, Eisvogel,
[* 18] Augurium des Endes der regnerischen, winterlichen Jahreszeit.
Stirbt der S., so kehrt die Sonne,
[* 19] der Frühling, der junge Held zurück. Kommt der Held von dem S. gezogen zu dem schönen Mädchen,
so darf ihn niemand fragen, woher er kommt, der S. würde ihn sonst in das Reich des Todes zurückführen
(Sage vom Schwanenritter, s. d.). Gewisse göttliche Wesen, namentlich die Walküren, die Wald- und Wasserfrauen, liebten es, Schwan
sgestalt
anzunehmen (s. Schwanjungfrauen).