Schwalbe
(Hirundo L.), Gattung aus der Ordnung der Sperlingsvögel [* 2] und der Familie der Schwalben (Hirundinidae), kleine, breitbrüstige, kurzhälsige, plattköpfige Vögel [* 3] mit kurzem, plattem, fast dreieckigem, an der Spitze des Oberschnabels etwas gekrümmtem Schnabel, sehr weit gespaltener Rachenöffnung, kurzen, schwachen Füßen und Zehen, langen, schmalen, zugespitzten Flügeln, in denen die erste Schwinge am längsten ist, und mehr oder weniger gegabeltem Schwanz, dessen äußerste Federn die mittlern oft sehr beträchtlich überragen.
Norddeutscher Lloyd -
![Bild 62.415: Norddeutscher Lloyd - Nordenberg [unkorrigiert] Bild 62.415: Norddeutscher Lloyd - Nordenberg [unkorrigiert]](/meyers/thumb/62/62_0415.jpeg)
* 4
Norden.Die Schwalben sind über alle Erdteile verbreitet, in den Ländern mit wirklichem Winter Zugvögel, in wärmern Strichvögel. Die deutschen Arten ziehen bis in die südlichsten Länder Afrikas; daß einzelne in Schlamm eingebettet den Winter im Norden [* 4] verbringen, ist Fabel. Die Schwalben fliegen reißend schnell, bäumen gern, gehen auf dem Boden sehr ungeschickt, sind gesellig, heiter, mutig, singen zwitschernd, nähren sich von Insekten, [* 5] welche sie im Flug erjagen, und trinken und baden auch im Flug.
Sie fertigen ein kunstvolles Nest aus Lehm und ihrem klebrigen Speichel oder graben tiefe Löcher in steil abfallende Erdwände; das Gelege besteht aus 4-6 Eiern, welche vom Weibchen allein bebrütet werden. Die meisten brüten wohl mehr als einmal. Die Schwalben weilen gern in der Nähe des Menschen, und in den meisten Ländern bleiben sie unbehelligt und werden mit Wohlwollen, ja mit einer Art Verehrung betrachtet. In Spanien [* 6] und Italien [* 7] werden aber auch Tausende für die Küche gefangen.
Gurnigelbad - Gürtel [
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* 8
Gürtel.
Die Rauchschwalbe
(H.
[Cecropis] rustica L.), 18
cm lang, 31
cm breit, mit tief gegabeltem
Schwanz, oberseits blauschwarz, an
Stirn und
Kehle braun, mit breitem, schwarzem
Gürtel
[* 8] auf dem
Kropf, unterseits rostgelb und mit weißen
Flecken auf den fünf äußersten Steuerfedern, bewohnt
Europa
[* 9] und
Asien,
[* 10] mit Ausnahme des höchsten
Nordens, weilt bei uns von
Anfang April bis
Oktober und geht im
Winter bis Südafrika
[* 11] und zu den
Sundainseln. Sie erbaut ihr
Nest in
acht
Tagen, am liebsten an
Häusern aus schlammiger oder fetter
Erde, welche klümpchenweise aufgeklaubt und mit
Speichel überzogen
angeklebt wird.
Auch feine Halme und Haare [* 12] werden eingelegt und das Innere des Nestes mit solchen ausgepolstert. Dasselbe Nest wird viele Jahre benutzt und nur alljährlich ausgebessert und neu ausgekleidet. Das Weibchen legt im Mai 4-6 weiße, grau oder braun punktierte Eier [* 13] (s. Tafel »Eier I«),
beim zweiten Gelege im
August weniger und brütet sie in 12, bei schlechter
Witterung oft erst in 17
Tagen aus. Die S. lebt hauptsächlich von Zwei- und
Netzflüglern,
Schmetterlingen und
Käfern, erjagt
diese je nach
Witterung und Tageszeit in höhern oder
tiefern
Schichten der
Luft, bedarf sehr viel und speit
die unverdaulichen Teile, zu
Gewöllen geballt, wieder aus. Die Mehlschwalbe
(Haus-,
Fenster-,
Giebel-, Dachschwalbe
, H.
[Chelidon]
urbica
Boie), mit seicht gegabeltem
Schwanz, kräftigem, auf der
Firste scharf gebogenem
Schnabel und verhältnismäßig starken,
wie die
Füße befiederten
Läufen, 14
cm lang, 27
cm breit, oberseits schwarz, unterseits und auf dem
Bürzel
weiß, bewohnt etwa dasselbe Gebiet wie die vorige, geht aber weiter nordwärts, trifft einige
Tage später ein als jene und
verweilt, namentlich in Südeuropa, länger; sie kommt einzeln an, sammelt sich aber vor dem Herbstzug zu
großen
Schwärmen und geht bis Innerafrika und Südasien.
Sie nistet gesellig in
Städten und Dörfern, baut ihr
Nest in 12-14
Tagen ähnlich wie die vorige unter einem schützenden
Vorsprung, mauert es aber bis auf ein kleines Flugloch zu. Sie legt 4-6 weiße
Eier (s. Tafel
»Eier I«) und brütet zweimal.
Das Weibchen zeitigt die
Eier in 12-13
Tagen. Die Mehlschwalbe
ist in ihrem
Wesen der vorigen ähnlich und doch wohl von ihr
unterschieden. Sie erreicht im
Flug, besonders bei Regenwetter, oft große
Höhen und jagt dort, wie die Seglerarten, nach
Nahrung. Um ihr
Nest besteht sie oft erbitterte
Kämpfe mit dem
Sperling, der sie gern aus demselben vertreibt.
Banco - Banda

* 14
Band.
Die Uferschwalbe
(Erd-,
Sand-,
Wasserschwalbe, H.
[Cotyle] riparia
Boie), mit seicht gegabeltem
Schwanz, verhältnismäßig langem,
flachem
Schnabel, über das Schwanzende reichenden
Flügeln und zarten
Füßen mit schwächlichen
Zehen, 13
cm lang, 29
cm breit,
oberseits aschgraubraun, unterseits weiß mit graubraunem
Band
[* 14] in der Brustgegend, findet sich weitverbreitet
in
Europa und
Asien, besonders an steilen Uferwänden, nistet gesellig, höhlt in 2-3
Tagen 4-6
cm weite, bis 2 m lange, etwas
aufsteigende
Löcher in dem festen Erdreich aus, erweitert dieselben am hintern Ende, füttert sie hier mit
Halmen,
Federn etc.
aus und legt 5-6 weiße
Eier (s. Tafel
»Eier I«); meist brütet sie nur einmal.
D'accord - Dach

* 16
Dach.
Die Uferschwalbe
fliegt sehr niedrig über dem
Wasser und ist ungemein gesellig. Sie weilt bei uns von Mai bis
September und
ist in manchen Gegenden sehr gemein. Die S. hat dieselbe mythische Bedeutung wie der
Kuckuck. Als
Bote des
Frühlings bringt sie
Segen, im
Winter dagegen Unglück. In
Deutschland
[* 15] heißen die
Schwalben
Vögel der
Madonna und sind von bester
Vorbedeutung. Eine S. warnte
Alexander vor
Verrat. Als Schwätzerin ist sie dagegen verrufen, ein griechisches Sprichwort warnt
vor
Schwalben unter dem
Dach.
[* 16]
Schwalben im
Traum bedeuten Unglück, nach
Xenophon zeigten
Schwalben den unglücklichen
Ausgang der Expedition des
Kyros gegen die
Skythen an. Auch
Antiochos erhielt dies Vorzeichen. Im
Gegensatz zum
Sperling als phallisches
Symbol, war die S. als schamhaftes
Weib der
Venus heilig.