Schulte
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Johann Friedrich, Ritter von, ausgezeichneter Kirchenrechtslehrer und Vertreter der altkatholischen Bewegung, geb. zu Winterberg in Westfalen, [* 2] studierte seit 1847 zu Berlin [* 3] Philologie und die Rechte, promovierte daselbst 1851, arbeitete dann als Auskultator und Referendar beim Kreisgericht und habilitierte sich in Bonn [* 4] als Privatdozent. 1854 als außerordentlicher Professor des Kirchenrechts nach Prag [* 5] berufen, wurde er hier 1855 ordentlicher Professor, 1856 Konsistorial- und Ehegerichtsrat, welch letztere Stelle er jedoch 1870 niederlegte, 1869 in den erblichen Ritterstand erhoben. 1872 folgte er einem Ruf als ordentlicher Professor der Rechte und Geheimer Justizrat nach Bonn. Seit 1874 ist er Mitglied des deutschen Reichstags.
München

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München.An der altkatholischen Bewegung, deren Geschichte er in dem Werk »Der Altkatholizismus« (Gießen [* 6] 1887) darstellte, nahm er hervorragenden Anteil. Er präsidierte den altkatholischen Kongressen zu München [* 7] (1871), Köln [* 8] (1872), Konstanz [* 9] (1873), Freiburg [* 10] (1874), Breslau [* 11] (1876), ward 1872 zum Vorstand der in Köln eingesetzten Kommission für die Wahl eines altkatholischen Bischofs ausersehen, in welcher Eigenschaft er die bezüglichen Verhandlungen führte, und ist seit Begründung der altkatholischen Spezialrepräsentanz nächst dem Bischof deren Vorsitzender. 1872 wählte ihn die Wiener Akademie der Wissenschaften zum korrespondierenden Mitglied der philosophisch-historischen Klasse. Er schuf eine Reihe von grundlegenden Werken auf dem Gebiet der Dogmatik und Geschichte des katholischen Kirchenrechts, wie: »Handbuch des katholischen Eherechts« (Gieß. 1855);
»Das katholische Kirchenrecht« (Tl. 1, das. 1860; Tl. 2, 1856);
»Lehrbuch des katholischen Kirchenrechts« (das. 1863; in 4. Aufl. erweitert als »Lehrbuch des katholischen und evangelischen Kirchenrechts«, 1886);
»Die Geschichte der Quellen und Litteratur des kanonischen Rechts« (Stuttg. 1875-1880, 3 Bde.).
Außerdem nennen wir von ihm: »Darstellung des Prozesses vor den katholischen geistlichen Ehegerichten Österreichs« (Gieß. 1858);
»Lehrbuch der deutschen Reichs- und Rechtsgeschichte« (Stuttg. 1861, 5. Aufl. 1881);
»Karl Friedrich Eichhorn« (das. 1884).
Gegen den Ultramontanismus trat er in folgenden Schriften auf: »Die Macht der römischen Päpste« (Prag 1871);
»Denkschrift über das Verhältnis des Staats zu den Sätzen der päpstlichen Konstitution vom 18. Juli 1870« (das. 1871);
»Die Stellung der Konzilien, Päpste und Bischöfe« (das. 1871);
»Die neuern katholischen Orden [* 12] und Kongregationen« (Berl. 1872);
»Der Cölibatszwang« (Bonn 1876).