Schottische
Litteratur. Der Verlust der politischen Selbständigkeit Schottlands (s. d., Geschichte) hatte die Ausbildung einer schottischen Nationallitteratur für immer gehindert; aber obgleich die alte Landessprache seitdem aus dem Kreis der höhern Stände verdrängt war und nach der Rückkehr eines friedlichen Zustandes zu Anfang des 18. Jahrh. die Schriftsteller nur den Mustern ihrer südlichen Nachbarn nacheiferten, so richteten doch die Schotten, zu höherm Selbstgefühl erwacht, ihre Blicke gern wieder auf die Dichterstimmen der Vorzeit. Allan Ramsay erweckte seit
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1715 mit Glück den heimischen Volksgesang, worin ihm Robert Ferguson nachstrebte. Beide aber übertraf Robert Burns, dem unter den spätern schottischen Dichtern nur Allan Cunningham nahegekommen ist. Die übrigen Dichter, die aus Schottland hervorgingen, wie Thomson, J. Hume, Falconer, Blacklock und Beattie, trachteten nur nach einem Platz auf dem englischen Parnaß, den in neuern Zeiten Walter Scott, Th. Campbell und Johanna Baillie mit größerm Ruhm behaupteten.
Seit der Mitte des 18. Jahrh. traten die Schotten auch auf allen wissenschaftlichen Gebieten mit den Engländern in einen Wettkampf, dessen glücklichen Erfolg vor allem der stete Verkehr erklärt, der seit alten Zeiten zwischen Schottland und den Lehranstalten Frankreichs und Hollands bestanden hatte, wo alle, die sich der Rechtswissenschaft widmeten, und die meisten Ärzte ihre Bildung erhielten. Der den Schotten eigne Geist philosophischer Forschung zeigte sich in der neuen metaphysischen Schule (schottische Philosophie), welche die in England herrschende empirische Philosophie tiefer zu begründen suchte.
Den Weg, welchen der seit 1729 in Schottland angesiedelte Ire Hutcheson durch die systematische Darstellung der Moralphilosophie bahnte, verfolgten Adam Ferguson und die beiden Denker Gerard und Home, welche durch ihre psychologischen Erörterungen über die Ästhetik viel Einfluß auf die britische Kunstkritik erlangten. Einen eignen Weg nahm, von Lockes Erfahrungsphilosophie ausgehend, seit 1739 der scharfsinnige Skeptiker David Hume. Unter seinen Gegnern in Schottland zeichnete nur Thomas Reid sich aus, der Humes Ansichten durch die Berufung auf die entscheidenden Aussprüche des gemeinen Menschenverstands (Common sense) widerlegen wollte, und dessen Lehren Dugald Stewart zu erläutern suchte.
Unter allen Schriftstellern Schottlands hat aber niemand auf die philosophische Denkart in Großbritannien so entscheidend eingewirkt wie Hume, der auch durch seine Erörterungen über Staatswirtschaft (1752) zuerst richtigere Ansichten in England verbreitete, welche sein Landsmann Adam Smith seit 1776 vollständiger entwickelte und zu Folgerungen benutzte, die seitdem für die Verwaltung des Landes fruchtbar geworden sind. Die schottische Philosophie hat im vorigen Jahrhundert auch in Deutschland (z. B. auf Herder), im Anfang des laufenden in Frankreich (z. B. auf Royer-Collard und durch diesen auf Cousin) bedeutenden Einfluß geübt. Vgl. Englische Litteratur.