Schneegrenze,
s. Schnee, S. 576.
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s. Schnee, S. 576.
[* ] atmosphärischer Niederschlag, welcher sich nach denselben Gesetzen bildet wie der Regen (s. d.). Wenn die Verdichtung der Wasserdämpfe bei einer unter dem Gefrierpunkt liegenden Temperatur vor sich geht, so nimmt der Niederschlag die Gestalt festen Eises an und bildet gewöhnlich Körper (s. Figur), welche sich zu mannigfachen Formen, oft äußerst zierlichen Sternen, gruppieren, in denen die Form des Sechsecks vorherrscht und nur Winkel von 60° oder 120° vorkommen.
Diese Figuren heißen Schneekristalle. Nähert sich die Temperatur der Luft dem Gefrierpunkt, so fallen besonders aus Nadeln bestehende Gebilde, während bei stärkerer Kälte Eisblättchen auftreten; bei einer Temperatur von -20° gehört Schneefall zu den Seltenheiten, da bei großer Kälte die Luft nur wenig Wasserdampf enthalten kann. Meist sind die Schneekristalle, deren Formen Scoresby genauer untersucht und in Gruppen geteilt hat, flächenartige Sterne, die senkrecht zu ihrer Ebene nur sehr dünn sind.
Körperhaftere Gebilde entstehen durch Verbindung mehrerer Schneesternchen nach den Gesetzen der Zwillingsbildung oder dadurch, daß zwei parallele Blättchen durch eine auf ihrer Ebene senkrechte Säule verbunden werden, doch kommt diese letztere Form am seltensten vor. Bei windstillem Wetter ohne Nebel sind die Formen am reinsten; Nebel erzeugt rauhe, wenig ausgebildete Kristalle, und Wind wirbelt die Sternchen ineinander und zerbricht sie. Bei milderer Temperatur frieren zahlreiche Sterne zu oft sehr großen Flocken zusammen.
Die Wasserhöhe, welche aus einer gewissen Höhe des gefallenen Schnees durch Auftauen entsteht, ist sehr verschieden, da der S., welcher bei strenger Kälte fällt, feinkörnig und ausnehmend locker ist. Im allgemeinen verhalten sich die Dichtigkeiten von S. und Wasser wie 1:10. Bei längerm Liegen sinkt der S. zusammen, die Sonne schmelzt kleine Quantitäten, und wenn auch das Wasser wieder gefriert, so verbindet es doch die Kristalle, macht den S. dichter und erzeugt oft eine feste Kruste und im Innern der Schneemassen sich beständig vergrößernde Eiskörner.
Diese Erscheinung ist analog der Bildung des Firns der Gletscher (s. d.). In trockner Luft verdampft der S. schnell, wegen seiner weißen Farbe taut er sehr langsam, und wenn er mit Wasser durchtränkt ist, so absorbiert das unter dem Einfluß der Sonne verdunstende Wasser so viel Wärme, daß sich der S. lange erhalten kann. Dunkle Körper (Kohle, schwarze Erde etc.), welche sich in der Sonne stark erwärmen, befördern, wenn sie auf den S. gestreut werden, das Tauen desselben ungemein, ebenso das Bestreuen mit Salz, indem sich eine schwer gefrierende Salzlösung bildet.
Die Farbe des frisch gefallenen Schnees ist blendend weiß, etwas ins Bläuliche spielend. Daher reflektiert er viel Licht, erhellt die dunkeln Nächte, wirkt aber auch wegen des stark reflektierten Tages- oder Sonnenlichts blendend auf die Augen und erzeugt dadurch namentlich in den nördlichen Gegenden die Schneeblindheit. Auf Hochgebirgen (Alpen, Pyrenäen) sowie im hohen Norden zeigt der S. oft auf seiner Oberfläche und auch mehrere Zoll nach innen eine rote Farbe, welche von mikroskopisch kleinen, karmin- bis blutroten Organismen herrührt. Der roten Farbe wegen heißt diese Erscheinung Blutschnee (s. d.).
In den kalten Zonen fällt der größte Teil des Niederschlags in Gestalt von S., ebenso auf höhern Gebirgen. Je mehr man sich der kalten Zone nähert, und je höher man emporsteigt, desto größer wird der Anteil des Schnees an der gesamten Niederschlagsmenge. Die Region des Schnees beginnt in Europa etwa im mittlern Italien; in Asien und besonders in Amerika erstreckt sie sich aber viel weiter nach Süden. Im allgemeinen kann man den Anfang derjenigen Region, in der es in der Ebene überhaupt schneit, in die Isotherme von 15° C. setzen, die etwa durch Florenz geht.
Von hier an nimmt die Schneemenge mit der Breite zu bis etwa zur Isotherme von 5°, die ungefähr durch Drontheim geht, worauf sie wieder abnimmt, da im hohen Norden die Luft zu kalt ist, um viel Wasserdämpfe enthalten zu können. Auf den Gebirgen ist die Höhe, in welcher S. fällt, um so beträchtlicher, je mehr man sich dem Äquator nähert. Der größte Teil des im Winter gefallenen Schnees taut im Sommer weg; doch bleibt von bestimmten Höhen ab aufwärts ein Teil des Schnees das ganze Jahr
[* 2] ^[Abb.: Schneekristalle.]
über liegen, ohne zu schmelzen. Die Schneedecke der Gebirge steigt im Winter gegen die Niederungen herab und zieht sich im Sommer wieder gegen die Gipfel der Gebirge zurück. Jene Höhengrenze, bis zu welcher sich der S. der Gebirge im Sommer zurückzieht, bezeichnet man als Schneegrenze oder Schneelinie, auch die Grenze des ewigen (besser fortdauernden) Schnees genannt. Sie ist von zwei klimatischen Faktoren abhängig: von der Sommerwärme und von der Mächtigkeit der winterlichen Schneemengen.
Die Schneelinie fällt deshalb keineswegs mit der Jahresisotherme von 0° zusammen, sondern liegt bald über, bald unter dieser Jahresisotherme, je nach dem Verhältnis der Sommerwärme zu der Menge des im Winter gefallenen Schnees. Die mittlere Jahrestemperatur an der Schneelinie sinkt um so tiefer unter den Gefrierpunkt des Wassers, je kontinentaler das Klima (s. d.) und je geringer die Schneemenge des Winters ist. Deshalb ist auch die jahreszeitliche Wanderung der untersten Schneegrenze in jenen Gegenden am größten, wo der Unterschied zwischen Sommerhitze und Winterkälte am größten ist, also im kontinentalen Klima; sie ist im Küstenklima kleiner und sehr klein unter dem Äquator, wo namentlich in den Höhen der Schneegrenze fast kein Wärmewechsel der Jahreszeiten mehr besteht. Nachstehende Zahlenangaben geben eine Übersicht der Höhengrenze der Linie des »ewigen Schnees« unter verschiedenen Breitengraden und verschiedenen klimatischen Verhältnissen:
Orte | Geographische Breite | Höhe der Schneegrenze in Metern |
---|---|---|
Nordgrönland | 75° Nord | 715 |
Island (Österjökul) | 65 " | 936 |
Norwegen: Inneres | 70 " | 1021 |
" Küste | 70 " | 884 |
" Inneres | 60 " | 1680 |
" Küste | 60 " | 1360 |
Alpen: West- und Mittelalpen | 45-47 " | 2700 |
" Ostalpen | 45-47 " | 2800 |
Kaukasus: Elbrus | 43 " | 3372 |
" Kasbek | 43 " | 3235 |
Himalaja: Südabhang | 27 " | 3956 |
" Nordabhang | 30½ " | 5067 |
Karakorum: Tibet | 28-36 " | 5820 |
Südamerika: Andes unter d. Äquator | 0 | 4820 |
Kilima Ndscharo (Afrika) | 3° Süd | 5000 |
Südamerika: Andes von Bolivia (Ostseite) | 16 " | 4850 |
"do. do. (Westseite) | 16 " | 5620 |
" Andes von Chile | 33 " | 4500 |
" Andes von Patagonien | 42 " | 1830 |
Magelhaensstraße | 53½ " | 1100 |
Aus der Vergleichung dieser Zahlenwerte ersieht man den Einfluß eines feuchten, gleichmäßigen Klimas auf das Herabdrücken der Schneegrenze und das Zurückweichen derselben in größere Höhen im trocknen, extremen Klima. So liegt z. B. in Norwegen die Schneelinie in gleichen Breiten an der Küste tiefer als im Innern, ebenso an der feuchten indischen Seite des Himalaja tiefer als auf dem nördlichen Abhang, der ein mehr kontinentales Klima besitzt, und dessen Temperaturverhältnisse durch die Hochebenen Mittelasiens stark beeinflußt werden. Am höchsten liegt sie in den trocknen Hochebenen Tibets auf dem Karakorum. In dem regenreichen Patagonien reicht in der Breite von Rom (42°) die Schneegrenze bis zu 1830 m, und in der Magelhaensstraße, unter der Breite von Berlin, liegt die Schneelinie nur wenig höher als in Norwegen unter 70°.
Vgl. Fischer, Die Äquatorialgrenze des Schneefalls (Leipz. 1888).