Titel
Schlözer
,
1) August Ludwig von, berühmter deutscher Publizist und Geschichtsforscher, geb. zu Gaggstedt im Hohenlohe-Kirchbergischen, wo sein Vater Prediger war, widmete sich seit 1751 zu Göttingen [* 3] und dann zu Wittenberg [* 4] theologischen Studien, ging 1755 als Hauslehrer nach Stockholm [* 5] und dann nach Upsala [* 6] und kehrte 1759 nach Göttingen zurück. Von dem russischen Reichshistoriographen Müller 1761 eingeladen, als Hauslehrer und litterarischer Gehilfe in seine Dienste [* 7] zu treten, erlernte S. in Petersburg [* 8] die russische Sprache, studierte die russische Geschichte und ward bald zum Adjunkt bei der Akademie und dann zum ordentlichen Professor für die alte russische Geschichte ernannt. 1769 kehrte er jedoch als Professor der Politik nach Göttingen zurück, wo er eine nur durch zwei wissenschaftliche Reisen nach Frankreich (1773-74) und Italien [* 9] (1781-82) unterbrochene erfolgreiche Thätigkeit entfaltete. 1804 trat er, unter gleichzeitiger Erhebung in den Adelstand durch den Kaiser von Rußland, in den Ruhestand und starb Seine Vorträge über Statistik, Politik und Geschichte gehörten ihrer Zeit zu den besuchtesten der Universität.
Unter seinen Schriften sind hervorzuheben: »Versuch einer allgemeinen Geschichte des Handels und der Schiffahrt« (schwed., Stockh. 1758; deutsch, Rost. 1761);
»Allgemeine nordische Geschichte« (Halle [* 10] 1772, 2 Bde.) und die »Übersetzungen des russischen Chronisten Nestor bis zum Jahr 980« (Götting. 1802-1809, 5 Bde.).
Von großem Einfluß auf die Entwickelung der öffentlichen Meinung und der Publizistik in Deutschland [* 11] waren ihrer Zeit sein »Briefwechsel«, meist historischen und politischen Inhalts (Götting. 1776-82, 10 Bde.),
seine »Staatsanzeigen« (das. 1783-93, 18 Bde.),
welche 1793 verboten wurden, und seine »Vorbereitung zur Weltgeschichte für Kinder« (3. Aufl., das. 1790), deren freisinnige Ansichten den Verfasser in manchen Streit verwickelten.
Vgl. Schlözers
Biographie von seinem Sohn
Christian (Leipz. 1828, 2 Bde.);
Zermelo, August Ludwig S. (Berl. 1875);
Wesendonck, Die Begründung der neuern deutschen Geschichtschreibung durch Gatterer und S. (Leipz. 1876). -
Schlözers
Tochter
Dorothea, verehelichte
Bürgermeister Rodde zu
Lübeck,
[* 12] geb. 1770, war berühmt durch ihre gelehrten Kenntnisse.
Sie bearbeitete unter anderm die russische Münzgeschichte und erhielt 1787 die Doktorwürde; starb auf einer
Reise in
Avignon.
Vgl. Reuter, Dorothea S. (Götting. 1887). -
Sein Sohn Christian von S., geb. früher Professor an der Universität zu Moskau, [* 13] dann außerordentlicher Professor an der philosophischen Fakultät zu Bonn, [* 14] machte sich durch die »Anfangsgründe der Staatswirtschaft« (russ. u. deutsch, Riga [* 15] 1804-1806, 2 Bde.) und durch eine Biographie seines Vaters bekannt. Er starb 1831 in Lübeck.
2) Kurd von, Geschichtschreiber und Diplomat, Enkel des vorigen, geb. zu Lübeck, widmete sich zu Göttingen, Bonn und Berlin [* 16] ¶
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orientalischen und historischen Studien, machte sich besonders durch die Werke: »Les premiers habitants de la Russie« (Par. 1846),
»Choiseul und seine Zeit« (Berl. 1849, 2. Aufl. 1857),
»Livland [* 18] und die Anfänge deutschen Lebens im baltischen Norden« [* 19] (das. 1850),
»Die Hansa und der Deutsche [* 20] Ritterorden in den Ostseeländern« (das. 1851),
»Verfall und Untergang der Hansa etc.« (das. 1853),
»Friedrich d. Gr. und Katharina II.« (das. 1859),
»Die Familie von Meyern« (das. 1855),
»General v. Chasot. Zur Geschichte Friedrichs d. Gr. und seiner Zeit« (das. 1856, 2. Aufl. 1878) bekannt, trat dann in den diplomatischen Dienst Preußens, [* 21] ward Geschäftsträger in Rom, [* 22] dann Ministerresident des Norddeutschen Bundes in Mexiko, [* 23] 1871 Gesandter des Deutschen Reichs in Washington [* 24] und 1882 preußischer Gesandter beim päpstlichen Stuhl zu Rom.