Schleswig
,
[* 2] ehemaliges Herzogtum, bildet den nördlichsten
Teil der preuß.
Provinz Schleswig
-Holstein
[* 3] (s. d.), den die
Eider und der Eiderkanal vom ehemaligen
Herzogtum Holstein trennt. S. hatte (1864) 9140,4 qkm und 406486
E.
Erst um 800 tritt S. in die Geschichte ein. Damals herrschte hier König Göttrik oder
Gottfried (804-810), der gegen
Karl
d. Gr.
Krieg führte und einen Grenzwall, das sog.
Danewerk (s. d.), zu erbauen anfing. Zum Schutze der Grenze errichtete dagegen
Karl d. Gr. zwischen
Eider und Schlei die sog.
Dänische
Mark. Nach Göttriks
Tode brachen Thronstreitigkeiten
aus, infolge deren Harald
Ludwig den Frommen zu Hilfe rief und sich 826 zu Mainz
[* 4] taufen ließ. Unter seinem Schutze eröffnete
Ansgar seine Missionsthätigkeit und erbaute um 850
die erste
Kirche auf dem sog.
Holm zu Schleswig.
Nachdem dann 934 nach der
gewöhnlichen
Annahme König
Heinrich I. die verfallene
Mark wiederhergestellt hatte, ward unter
Otto I.
um 948 ein
Bistum in der Stadt Schleswig
errichtet.
Endlich überließ
Kaiser Konrad II. die sog.
Dänische
Mark 1027 dem dän.
König Knut d. Gr. Seitdem bildeten
Eider und die
Levensau die Grenze zwischen
S. und Holstein.
Obwohl eine dän. Provinz, erlangte S. (das Land «südlich von der Au» oder Südjütland bis 1340 genannt, wo zuerst der Name «Herzogtum S.» auftritt), das durch die damals viel breitere Königs- oder Schottburgerau und den großen, jetzt fast ganz verschwundenen Grenzwald Farris (d. h. Föhrenwald) von dem eigentlichen Jütland getrennt war, schon früh eine gesonderte Stellung. Die Statthalterschaft wurde Mitgliedern des königl. Hauses übertragen, die den herzogl. Titel führten.
Einer von diesen, Knut-Laward, breitete seit 1115 seine Herrschaft auch über die Wenden im östl. Holstein aus und ließ sich von dem deutschen Kaiser Lothar 1129 zum König oder Knäs der Obotriten krönen; aber schon 1131 wurde er von seinem Vetter Magnus ermordet. Knut Lawards Sohn, Waldemar I. d. Gr., erhielt später die herzogl. Gewalt in S. und gewann 1157 die dän. Krone. Er starb 1182. Auch sein jüngerer Sohn, Waldemar II. der Sieger, regierte als Herzog in S., bis er 1202 den dän. Thron [* 5] bestieg. Er übergab 1232 das Herzogtum seinem jüngern Sohn Abel, der sich mit Mechthild, Tochter seines frühern Gegners, des Grafen Adolf IV. von Holstein, vermählte und nach der Ermordung seines Bruders Erick Plogpenning 1250 König von Dänemark [* 6] ward. Er fiel schon 1252, und die dän. Krone kam an eine andere Linie.
Dagegen behaupteten Abels Söhne mit Hilfe der holstein. Grafen den Besitz des Herzogtums S. als ein dän. Fahnenlehn. Als König Erich Glipping von Dänemark und seine Mutter Margarete den Herzog Erich von S. mit Krieg überzogen, wurden sie auf der Loheide, südlich von S., 1261 besiegt und gefangen. Seitdem ward die Erblichkeit des Herzogtums nicht weiter bestritten; doch blieb, außer dem Gebiet der Königsburg und Bischofsresidenz Ripen, ganz Nordfriesland unter dän. Herrschaft.
Infolge der langwierigen Streitigkeiten, namentlich um den Besitz der Inseln Alsen und Arröe, suchten Abels Nachkommen vielfach eine Stütze im Süden. Familienverbindungen wurden mit dem holstein. Grafenhause angeknüpft, und holstein. Grafen und Ritter erwarben im südlichen S. ausgedehnte Besitzungen und Pfandherrschaften. Als 1326 der unmündige Herzog Waldemar von S. durch seinen Oheim und Vormund, den holstein. Grafen Gerhard d. Gr., zum König von Dänemark eingesetzt wurde, mußte er diesem das ¶
forlaufend
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Herzogtum S. als erbliches Lehn übertragen. Waldemar dankte jedoch 1330 ab, und nun gab Gerhard seinem Neffen S. zurück, behielt aber sich und seinen Nachkommen die Anwartschaft auf das Herzogtum vor für den Fall, daß Abels Geschlecht aussterben würde. Dieser Erbfall trat 1375 ein; die Holstein. Grafen nahmen das erledigte Herzogtum in Besitz, und auch Nordfriesland unterwarf sich ihrer Herrschaft. Zu Nyborg auf Fünen kam dann Aug. 1386 der Vertrag zu stände, kraft dessen das Herzogtum S. (mitNordfriesland) als ein erbliches dän. Fahnenlehn den Holstein. Grafen von der Rendsburger Linie zur gesamten Hand [* 8] überlassen wurde; damit war Schleswig-Holstein (s. d.) gebildet. Schleswig.
1) Regierungsbezirk der preuß. Provinz Schleswig-Holstein (s. d.), umfaßt die ganze Provinz und zerfällt in 23 Kreise: [* 9] Kreise Hadersleben 1694,10 10120 55966 33 55283 202 8 Apenrade 685,22 4674 27332 40 27123 85 18 Sonderburg 442,23 5896 32177 73 31965 185 7 Stadtkr. Flensburg 29,49 2539 36894 1251 35599 961 75 Landkr.Flensburg 1078,28 7788 40145 37 39941 123 Schleswig 1056,22 10942 61603 58 60632 599 162 Eckernförde 787,55 5800 41224 52 39940 1220 15 Eiderstedt 330,51 3152 16062 49 16003 44 2 Husum 850,40 7194 36042 42 3562? 402 4 Tondern 1812,52 11325 55067 30 54892 89 20 Oldenburg 836,85 6148 43326 52 43148 130 19 Plön 955,44 6528 59396 62 58391 900 16 Stadtkreis Kiel 15,47 3581 69172 4471 65663 2724 350 Landkreis Kiel 704,38 5558 51147 73 49435 1628 19 Rendsburg 1257,12 8212 58086 46 55911 1874 126 Norderdithmarschen 600,94 6244 36439 61 35961 455 7 Süderdithmarschen 746,79 7698 45969 59 45125 833 8 Steinburg 935,70 10349 67439 72 66395 906 51 Segeberg 1157,73 5864 38967 34 38528 292 50 Stormarn 927,30 11108 79570 86 77396 1685 309 Pinneberg 794,64 10314 75377 95 74082 838 164 Stadtkr.
Altona 21,80 7618 143249 6571 135399 5161 2109 Herzogtum Lauenburg 1182,56 7070 48874 41 48354 471 32 * Einschließlich Helgoland. [* 10] Der Regierungsbezirk wird eingeteilt in 1O Reichstagswahlkreise: Hadersleben-Sondcrburg (Abgeordneter 1895: Johannsen, Däne), Apenrade-Flensburg (jebsen, nationalliberal), Schleswig (Lorenzen, Freisinnige Vereinigung), Tondern-Husum (Feddersen, nationalliberal), Norder- und Süderdithmarschen (Thomsen, Freisinnige Vereinigung), Ottensen-Pinneberg (von Elm, Socialdemokrat), Kiel-Rendsburg (Legien, Socialdemokrat), Altona [* 11] (Frohme, Socialdemokrat), Oldenburg [* 12] - Plön (Graf von Holstein, konservativ), Lauenburg [* 13] (Graf von Bernstorff, Reichspartei). - 2) Kreis [* 14] im Reg.-Bez. S. (s. obenstehende Tabelle). - 3) Hauptstadt der Provinz Schleswig-Holstein und des Reg.-Bez. S., Kreisstadt im Kreis S., halbkreisförmig am westl. Ende der Schlei, an der Linie Hamburg-Vamdrup der Schleibahn und der Nebenlinie S.-Süderbrarup (21,i km) der S.-Angler Eisenbahngesellschaft, Sitz des Oberpräsidenten, Provinzialschulkollegiums, der königl. Bezirksregierung, des Landratsamtes, eines Amtsgerichts (Landgericht Flensburg), [* 15] Hauptsteueramtes und Konsuls für Schweden [* 16] und Norwegen, ist Dampferstation und hat (1890) 15123 (7980 männl., 7143 weibl.) E., darunter 405 Katholiken und 29 Israeliten, in Garnison das 1., 3. und 4. Bataillon des Infanterieregiments von Manstein Nr. 84 und das Husarenregiment Kaiser Franz Joseph von Österreich [* 17] Nr. 16, ein Postamt erster Klasse mit Zweigstelle, Telegraph, [* 18] Fernsprecheinrichtung und Pferdebahn.
Die Stadt ist 6 km lang und besteht aus der Altstadt mit dem sog. Holm, dem Lollfuß (benannt nach einer vormals hierselbst verehrten Reliquie, dem Fuß des heiligen Erzbischofs Lollus von Mainz) und dem Friedrichsberg. Letzterer stößt südlich an das Dorf Bustorf, in dessen Nähe die einzeln stehende Kirche von Haddebye belegen ist. Zwischen Lollfuß und Friedrichsberg liegt das Schloß Gottorp (s. d.). S. hat vier evang. Kirchen, darunter die Domkirche (St. Peterskirche) in der Altstadt, 1894 restauriert und mit neuem Turm [* 19] (112 m) versehen, mit Denkmälern und Kunstwerken (ein aus Eichenholz geschnitzter Altarschrein mit 398 [* 7] Figuren, 1521 von dem Bildschnitzer Hans Brüggemann aus Husum [* 20] vollendet und 1666 aus der Kirche zu Bordesholm bei Kiel [* 21] hierher überführt), die Michaeliskirche (1100), nach dem Einsturz von 1869 in Form eines griech. Kreuzes wieder aufgebaut, und die Schloßkirche von Gottorp (s. d.), eine kath. Kapelle, Baptistenkapelle, ein Gymnasium mit Realschule, höhere Mädchenschule, Taubstummenanstalt, Provinzialirrenanstalt, sechs Altersversorgungsanstalten, mehrere Sparkassen, eine Kreditbank, Volksbank, einen Handelsverein und bedeutende Lederindustrie.
Auf dem Holm liegt das frühere kath. St. Johanniskloster, seit der Reformation ein adliges Fräuleinstift. Die auf dem Holm wohnenden Fischer betreiben starke Fischerei [* 22] in der Schlei. Zu Wasser werden Steinkohlen, Getreide [* 23] und Holz [* 24] eingeführt. Im Süden von S. und Bustorf erstrecken sich die Reste zweier alter Grenzwälle, das Danewerk (s.d.) und der Kograben. Zwischen diesen beiden, unweit von dem Dorfe Selk, liegt der Königshügel (König Sigurds Hügel), auf dem sich ein Denkmal für die daselbst im Febr. 1864 gefallenen Österreicher befindet.
Geschichte. S. ist eine der ältesten Städte der Provinz und wird zuerst 804 als Sliestorp (Schleidorf), 850 als Slieswic (Ort an der Schleibucht), auf Runensteinen des 10. Jahrh. auch als Haithaby (dänisch, d. i. Ort an der Heide) erwähnt. Die erste christl. Kirche wurde in S. wahrscheinlich auf dein Holm um 850 durch Ansgar erbaut, und um 948 ward hier ein Bistum errichtet; auch die dän. Statthalter und nachmaligen Herzöge residierten in S. Die Stadt erhielt ausgedehnte Privilegien, und ein eigenes schlesw.
Stadtrecht wurde gegen Ende des 12. Jahrh. ausgezeichnet. Der letzte kath.
Bischof von S. starb 1541; doch bestand das Bistum als Pfründe für Prinzen des landesherrlichen Hauses bis 1624 und das Domkapitel
zu ähnlichen Zwecken bis 1658 fort. Von 1731 bis 1846 waren S. und das Schloß Gottorp (s. d.) die Residenz
der dän. Statthalter von Schleswig-Holstein. Auch erhielten hier 1834 die schlesw.-Holstein. Regierung sowie das Obergericht
und die Provinzialständeversammlung für das Herzogtum Schleswig ihren Sitz. Nach dem Treffen bei Bau besetzten die dän. Truppen die
Stadt S., wurden aber schon 23. April beim Danewerk von den Preußen
[* 25] und Schleswig-Holsteinern geschlagen
und
aus S.
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