Titel
Schlesische
1) Erster Schlesischer
Krieg (1740-42). Als
Kaiser
Karl VI. starb, war König
Friedrich II. von
Preußen
[* 2] entschlossen,
bei dem bevorstehenden Streit über die
Erbfolge in den vom
Kaiser hinterlassenen
Landen seine
Stellung an der
Spitze
einer großen, trefflich ausgerüsteten, kriegsbereiten Heeresmacht zur Verstärkung
[* 3] seiner Macht zu benutzen. Die allerdings
zweifelhaften, aber doch nicht völlig erloschenen Ansprüche seines
Hauses auf einen Teil
Schlesiens (die Herzogtümer
Liegnitz,
[* 4] Brieg,
[* 5]
Wohlau und
Jägerndorf) boten ihm den
Anlaß, den
Besitz wenigstens von Niederschlesien zu erstreben, und er ließ gegen
dessen Abtretung
Maria Theresia die
Garantie der
Pragmatischen Sanktion, die
Kaiserkrone für ihren Gemahl, 2 Mill.
Thlr. und
im Fall eines
Kriegs
Beistand mit seiner ganzen Macht anbieten. In
Wien
[* 6] lehnte man aber das Anerbieten hochmütig ab.
Auch spätere
Anträge wurden mit der stolzen Antwort abgewiesen, die
Königin werde
Schlesien
[* 7] niemals abtreten.
Am 16. Dez. überschritt darauf
Friedrich mit 21,000 Mann die schlesische
Grenze und besetzte, ohne
Widerstand zu finden, in wenigen
Wochen bis Ende
Januar 1741 die ganze
Provinz bis zum Jablunkaupaß, mit Ausnahme der
Festungen
Glogau,
[* 8]
Brieg und
Neiße,
[* 9] in welche
sich die wenigen österreichischen
Truppen zurückzogen, und
Breslau,
[* 10] dessen
Neutralität er vorläufig
anerkannte.
Die Bevölkerung [* 11] verhielt sich vollkommen ruhig; die bisher unterdrückten Protestanten begrüßten den König als Befreier, aber selbst die Katholiken sahen die Beseitigung der österreichischen Mißregierung nicht ungern. Friedrich legte seine Truppen in die Winterquartiere und ließ im März Glogau durch den Prinzen Leopold von Dessau [* 12] stürmen, während er selbst sich zur Einschließung von Brieg und Neiße rüstete. Währenddessen fiel Neipperg mit einem österreichischen Heer von Mähren [* 13] aus in Oberschlesien ein und überraschte die Preußen in ihren zerstreuten Quartieren, so daß sie bis in die Nähe von Brieg zurückweichen mußten.
Hier kam es 10. April zu der Schlacht von Mollwitz, in der trotz anfänglichen Mißgeschicks die ausgezeichnete Einübung und Kriegszucht der preußischen Infanterie den Sieg davontrugen. Dieser sicherte Friedrich nicht bloß den Besitz Schlesiens, das er durch Eroberung von Brieg und Besetzung von Breslau (10. Aug.) völlig in seine Gewalt brachte, sondern ermutigte auch die geheimen Feinde Österreichs, Frankreich und Bayern, [* 14] mit dem Nymphenburger Bündnis (Mai 1741) den österreichischen Erbfolgekrieg zu beginnen.
Friedrich schloß sich zwar 4. Juni diesem Bündnis an, nahm aber an dem allgemeinen Angriff auf Österreich [* 15] nicht teil, weil er dessen Zertrümmerung nicht wollte, hielt sich ruhig im Lager [* 16] zu Strehlen [* 17] und schloß unter englischer Vermittelung mit Maria Theresia den geheimen Vertrag von Kleinschnellendorf, in welchem er gegen Abtretung von Niederschlesien mit Neiße neutral zu bleiben versprach; doch bedang er sich aus, daß der Vertrag streng geheim gehalten und vor Ablauf [* 18] des Jahrs in einen definitiven Frieden verwandelt werde. Da diese Bedingungen nicht erfüllt wurden, ließ er im Dezember seine Truppen in Böhmen und Mähren einrücken, wo Schwerin [* 19] Olmütz [* 20] mit leichter Mühe nahm. Im Januar 1742 begab sich Friedrich selbst nach Mähren, um im Verein mit sächsischen Truppen dies Land für den Kurfürsten von Sachsen [* 21] zu erobern.
Preußische Husaren streiften bereits bis an die Thore Wiens; indes die Unthätigkeit der Sachsen zwang den König, nach Böhmen zurückzugehen, wo er 17. Mai bei Chotusitz von den Österreichern unter Prinz Karl von Lothringen angegriffen wurde; nach heftigem Kampf siegten die Preußen. Auf Ermahnung Englands bot nun Maria Theresia die Hand [* 22] zum Frieden. Die Präliminarien wurden zu Breslau abgeschlossen, der definitive Friede kam 28. Juli Berlin [* 23] zu stande. Österreich trat ganz Schlesien bis zur Oppa (außer den Herzogtümern Troppau, [* 24] Teschen und Jägerndorf) und die Grafschaft Glatz, [* 25] 38,000 qkm (680 QM.) mit 1,400,000 Einw., an Preußen ab; dieses verpflichtete sich, im österreichischen Erbfolgekrieg neutral zu bleiben und 4 Mill. Thlr. Schulden auf Schlesien zu übernehmen.
Vgl. Grünhagen, Geschichte des ersten Schlesischen Kriegs (Gotha [* 26] 1881, 2 Bde.).
2) Zweiter Schlesischer
Krieg (1744-45). Die
Siege der
Österreicher und ihrer Verbündeten in
Deutschland
[* 27] und
Italien
[* 28] 1742-43
über die
Bayern und
Franzosen, verdächtige Äußerungen über
Schlesien, der
Wormser
Vertrag vom zwischen
Österreich,
England und
Sardinien,
[* 29] in welchem bei der
Garantie der
Pragmatischen Sanktion
Schlesien nicht ausgenommen wurde, u. a.
erweckten in
Friedrich II. die Besorgnis, daß man ihm nach Beendigung des Erbfolgekriegs
Schlesien wieder entreißen werde.
Er beschloß also, dem zuvorzukommen, schloß mit
Frankreich und 22. Mai mit
Kaiser
Karl VII.,
Kurpfalz und
Hessen-Kassel ein
Bündnis und rückte Ende
August als »Beschützer des deutschen
Kaisers und der deutschen
Freiheit«
an der
Spitze von 80,000 Mann »kaiserlicher Hilfsvölker« in
Böhmen ein, eroberte 16. Sept.
Prag
[* 30] und besetzte ganz
Böhmen, während
General
v. d.
Marwitz in
Mähren einfiel.
Die matte Kriegführung der Franzosen gestattete jedoch dem Prinzen Karl von Lothringen, mit einem Heer vom Rhein nach Böhmen zu ziehen, und 20,000 Sachsen kamen Friedrich von Norden [* 31] her in den Rücken. Prinz Karl, vom General Traun vortrefflich beraten, wich jeder Schlacht geschickt aus, nahm stets starke, unangreifbare Stellungen ein und belästigte Friedrich durch Angriffe seiner leichten Reiterei, welche Proviantkolonnen abfing, Magazine zerstörte und den Gegner durch den kleinen Krieg erschöpfte. Das preußische Heer wurde hierdurch, durch Krankheiten infolge des Mangels an ¶
mehr
Lebensmitteln und des schlechten Wetters sowie durch Desertionen so geschwächt, daß es im Dezember Böhmen eiligst räumen und sich nach Schlesien zurückziehen mußte, in welches die Österreicher zu gleicher Zeit nach Vertreibung von Marwitz aus Mähren eindrangen. Dies Mißgeschick Friedrichs, welches einer Niederlage gleichkam, der Friede mit Bayern nach Karls VII. Tod das Warschauer Bündnis (8. Jan.) mit den Seemächten und Sachsen, endlich die durch England vermittelte Annäherung Rußlands ermutigten Maria Theresia zu der Hoffnung nicht nur aus Wiedererwerbung Schlesiens, wo ihre Truppen bereits die preußischen Wappen [* 33] wegrissen und die Huldigung für ihre Königin verlangten, sondern auch auf völlige Demütigung des verhaßten Gegners; der Vertrag mit Sachsen vom 18. Mai sicherte ihr Schlesien, diesem Magdeburg, [* 34] Krossen und Schwiebus [* 35] zu. Das österreichisch-sächsische Hauptheer unter dem Prinzen Karl von Lothringen, 75,000 Mann, sollte, Ende Mai über das Riesengebirge in Schlesien einbrechend, die Eroberung dieses Landes vollenden. Der Sieg Friedrichs bei Hohenfriedeberg [* 36] (4. Juni) vereitelte zwar dies Unternehmen, jedoch war er nicht im stande, den Gegner, der sich in eine feste Stellung an der obern Elbe zwischen Josephstadt und Königgrätz [* 37] zurückgezogen, völlig zu vernichten; im Lager bei Chlum erlitt sein Heer durch Krankheiten solche Verluste, daß er bei Annäherung des Winters nach Schlesien zurückgehen und den Rückzug erst noch durch eine Schlacht, den Sieg bei Soor (30. Sept.), sichern mußte. Die Österreicher entwarfen jetzt einen kühnen Plan zu der Vernichtung ihres Gegners. Während Friedrich durch das Vordringen der Österreicher von Oberschlesien aus in Schlesien, Leopold von Dessau mit der Reservearmee bei Halle [* 38] durch die Sachsen festgehalten wurde, sollte das Hauptheer durch die Lausitz direkt in die Mark und auf Berlin losgehen. Friedrich jedoch ließ sich in Schlesien nicht festhalten, sondern rückte in Eilmärschen nach der Lausitz, fiel dem Hauptheer unerwartet in die Flanke, zersprengte durch das Gefecht bei Katholisch-Hennersdorf (23. Nov.) das Korps des Grafen Grünne und zwang den Prinzen Karl zum Rückzug nach Böhmen. Leopold von Dessau, durch einen tadelnden Befehl des Königs gereizt, griff 15. Dez. die Sachsen unter Rutowski bei Kesselsdorf an und schlug sie so entscheidend, daß ganz Sachsen in Friedrichs Gewalt fiel und er 18. Dez. in Dresden [* 39] einziehen konnte. Sachsen bat um Frieden, Maria Theresia ließ sich durch England ebenfalls zu Verhandlungen herbei, und 25. Dez. bereits ward der Friede von Dresden abgeschlossen, der den Berliner [* 40] Frieden von 1742 bestätigte. Maria Theresia verzichtete nochmals auf Schlesien und Glatz, wogegen Friedrich ihren Gemahl Franz I. als Kaiser anerkannte, und Sachsen zahlte 1 Mill. Thlr. Kriegskosten.
Vgl. v. Orlich, Geschichte der Schlesischen Kriege
(Berl. 1841, 2 Bde.).
3) Dritter Schlesischer
Krieg, s. Siebenjähriger Krieg.