in
Flüssen und
Kanälen besteht jetzt fast nur
noch Kettenschleppschiffahrt (s. d.), während die S. auf See, vor Hafeneingängen
und in den Flußmündungen durch Schraubendampfer ausgeführt wird.
In den großen Seehäfen bestehen
Reedereien, die sich
lediglich mit der S. befassen.
(Kettenschiffahrt, Seilschiffahrt, Touage), ein System der Schleppschiffahrt, bei welchem die auf dem Schiff
[* 3] stehende
Maschine
[* 4] Trommeln in Umdrehung versetzt, um welche man eine endlose Kette oder ein endloses Seil mehreremal schlingt, während
Kette oder Seil längs des ganzen vom Schiff zu durchlaufenden Wegs über den Boden hin ausgespannt und an
beiden Enden an letzterm entsprechend befestigt sind. Der auf diese Weise bewegte Ketten- oder Seildampfer dient in gewöhnlicher
Weise als Schleppschiff (Toueur), welchem die Lastschiffe angehängt werden.
Die ersten Versuche mit der Tauerei wurden 1732 auf Veranlassung des MarschallsMoritz von Sachsen
[* 5] angestellt;
zur Ausführung im großen kam die Tauerei aber erst 1820 in Lyon
[* 6] auf der Saône durch Tourasse und Courteaut. Die hierbei verwendeten
Schiffe
[* 7] trugen einen sechsspännigen Pferdegöpel, durch welchen ein Hanfseil auf eine Trommel aufgewunden wurde. Das andre
Ende des Seils war in einer Entfernung von etwa 1 km am Ufer befestigt, und sobald das Seil vollständig
aufgewunden war, mußte es wieder abgewickelt werden, während man ein zweites, in gleicher Entfernung am Ufer befestigtes
Seil aufwand. Seit diesen Versuchen wurde das Prinzip beständig ausgebildet, und 1853 kam die Tauerei in ihrer heutigen Vollkommenheit
auf der Seine in Anwendung. Auch andre französische Flüsse
[* 8] und Kanäle wurden mit der Kette versehen,
und bald folgten Belgien
[* 9] und Holland dem gegebenen Beispiel. In Deutschland
[* 10] wurde die erste Tauerei 1866 durch die Hamburg-
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Magdeburger Dampfschiffahrtsgesellschaft in Magdeburg
[* 12] auf der ¾ Meile langen Elbstrecke zwischen Neustadt
[* 13] und Buckau ausgeführt
und der Betrieb sogleich mit so großem Erfolg bewerkstelligt, daß damit die Rentabilität der Tauerei für die meisten
schiffbaren Flüsse außer Zweifel gesetzt wurde. 1871 wurde die ganze Linie von Magdeburg bis zur böhmischen Grenze
eröffnet und 1873 auch die Strecke von der Mündung der Saale bis Kalbe in Betrieb gesetzt. Seitdem hat die Tauerei auch auf andern
deutschen Flüssen Verwendung gefunden, auf dem Rhein seit 1877 (zuerst Ruhrort-Emmerich), auf Havel und Spree seit 1882 etc.
Am großartigsten ist der Tauereiverkehr in den Vereinigten Staaten
[* 14] von Nordamerika
[* 15] auf Flüssen und Seen
entwickelt.
Der in Magdeburg angewandte Kettendampfer ist mit Ausnahme des Verdecks vollständig aus Eisen
[* 16] konstruiert, 51,3 m lang, 6,7
m breit und hat 48 cm Tiefgang. Er besitzt an beiden EndenSteuerruder, welche von der Mitte des Schiffs aus gemeinsam regiert
werden können. Mit Hilfe dieser Steuerung sowie zweier an jedem Schiffsende angebrachter beweglicher Arme,
welche die Kette zwischen Rollen
[* 17] aufnehmen, dagegen in horizontaler Richtung fast um 90° drehbar sind, wird es möglich, das
Schiff auch in andrer als der Richtung der Zugkette zu steuern, ohne daß dadurch die Aufwickelung der letztern gestört wird.
Dies ist für die Anwendung des Kettenschiffs auf gekrümmten Stromstrecken von großer Bedeutung. Auf dem Hinterteil des
Schiffs befinden sich zwei Trommeln von 1,1 m Durchmesser und 2,6 m gegenseitiger Achsenentfernung, von denen jede mit vier
Rinnen versehen ist. Die Kette, welche von dem Schiff auf dessen Vorderseite aus dem Wasser emporgehoben
wird, läuft in einer schräg aufsteigenden, mit Leitrollen versehenen Rinne zu den Trommeln und schlingt sich um jede 3½mal,
indem sie von der ersten Rinne der ersten Trommel auf die erste Rinne der zweiten Trommel, dann auf die zweite Rinne der ersten
Trommel etc. übergeht.
Zuletzt wird sie in einer schräg abfallenden Rinne an das hintere Ende des Schiffs geleitet und sinkt
in das Wasser zurück. Die Betriebsdampfmaschine, welche auf jeder Seite durch eine wasserdichte Wand vom übrigen Schiffsraum
abgeschlossen ist, hat 60 Pferdekräfte. Das Schiff befördert eine Last, die so groß ist wie die von 4-6 Güterzügen
von 100 Achsen, und überwindet ungleich größere Hindernisse als ein gewöhnlicher Schlepper. Auf der Oberelbe beträgt
die mittlere Fahrgeschwindigkeit zu Berg 1,4 m pro Sekunde oder 0,66 Meile in einer Stunde.
Die Kettenschiffe befördern z. B. die Lastschiffe von Magdeburg nach Dresden
[* 18] in 72 Stunden, während Raddampfer dazu 120 Stunden
brauchen. In Belgien hat man sich bemüht, die Kette durch ein Drahtseil
[* 19] zu ersetzen. Man wendet hierbei
die von Fowler für seine Dampfpflüge konstruierte Klappentrommel an, welche in der Mitte des Schiffs an der einen Seitenwand
angebracht ist. Das Seil legt sich auf diese Trommel, fällt an jeder Seite vertikal herab und wird durch
zwei kleinere Trommeln in horizontaler Richtung nach dem Vorder- und Hinterteil des Schiffs geführt, um hier von zwei kleinen
Rollen aufgenommen und in das Wasser geleitet zu werden.
Diese Führungsrollen sind nach allen Seiten drehbar und stellen sich daher der jedesmaligen Richtung des Schiffs entsprechend.
Die FowlerscheTrommel besitzt an ihrem Umfang eine aus zwei Reihen beweglicher Backen gebildete Rinne, deren
Breite
[* 20] sich nach der Achse der Trommel hin verringert, so daß das auf der Trommel liegende Seil um so stärker gespannt wird
je tiefer es sich in
die Rinne einlegt. Zur Verhinderung des Abgleitens des Seils beim Ingangsetzen des
Schiffs dienen zwei in der Nähe der Trommel befindliche Friktionsrollen.
Das auf der Maas angewandte Drahtseil hat 25 mmDurchmesser und ist aus 42 eisernen Drähten zusammengesetzt. Es wiegt pro Meter
2,25 kg und ist um vieles billiger als die Kette, welche bei einem Durchmesser von 26 mm 15 kg wiegt. Es
gewährt auch den Vorteil, daß es sich, ohne Erschütterungen des Schiffs zu verursachen, und ohne Geräusch über die Trommel
bewegt, während die Kette beides in ziemlich hohem Grad hervorbringt. Dagegen soll die Dauer der Kette 12-14, die des Seils
nur 9 Jahre betragen.
Die Vorteile, welche die Tauerei gewährt, sind hauptsächlich folgende: Die Frachtspesen werden
geringer teils wegen des geringern Kohlenkonsums der Kettenschiffe im Vergleich zu den gewöhnlichen Dampfschleppschiffen,
teils weil die Bedienung der Fahrzeuge auf den dritten Teil reduziert werden kann. Nach Meitzen berechnen sich die Kosten der
Zugkraft bei einem Schiff von 7000 Ztr. Tragkraft unter gleichen Bedingungen pro Zentner und Meile für Pferdezug
auf 0,16, Schleppdampfer auf 0,04, Tauerei auf 0,01-0,02
Pf. Die Schiffe brauchen weder Masten noch Takelage und können also um das Gewicht derselben mehr beladen werden.
Der starke Wellenschlag, den die Raddampfer erzeugen, fällt weg, und die Beförderung wird eine schnellere
und regelmäßigere, so daß bei leidlichem Wasserstand die Lieferungszeiten genauer innegehalten werden können.
Vgl. »Bateau
toueur à vapeur« in Armengauds »Publication industrielle«, Bd. 14 (Par.
1862);
Chanoine und Lagrène, Mémoire sur la traction des bateaux, in »Annales des ponts et chaussées«
1863; »Die Kettenschiffahrt auf der Elbe« und Ziebarth, »Über Ketten- und Seilschiffahrt«, in »Zeitschrift
des Vereins deutscher Ingenieure«, Bd. 11 u. 13 (Berl. 1867 u.
1869);
Schmidt, Mitteilungen über die
Kettendampfschiffahrt auf der Oberelbe (das. 1870);
Eyth, On towing-boats on canals and rivers by a fixed
wire rope and clip drum, in »Artisan« 1870; Werneburg, Die Kettenschiffahrt auf dem kanalisierten Main (Frankf. 1880).