Schleicher
,
August, berühmter Sprachforscher, geb. zu Meiningen, [* 2] studierte in Leipzig, [* 3] Tübingen [* 4] und Bonn [* 5] zuerst Theologie, dann die orientalischen und altklassischen Sprachen, habilitierte sich 1846 in Bonn als Privatdozent für vergleichende Sprachforschung und kam 1850 infolge seiner bereits berühmt gewordenen Kenntnis der slawischen Sprachen als Professor nach Prag, [* 6] von wo aus er 1852 eine sehr ergebnisreiche Reise nach Litauen zur Erforschung der altertümlichen und für die Aufhellung der übrigen indogermanischen Sprachen besonders wichtigen litauischen Sprache [* 7] unternahm.
Vielfache Anfeindungen von seiten tschechischer Agitatoren bewogen ihn 1857, seine Stelle in Prag niederzulegen, worauf er als Honorarprofessor nach Jena [* 8] ging. Hier starb er Seine wichtigsten Werke sind: »Zur vergleichenden Sprachengeschichte« (Bonn 1848);
»Die Sprachen Europas in systematischer Übersicht« (das. 1850);
»Formenlehre der kirchenslawischen Sprache« (das. 1852);
»Handbuch der litauischen Sprache« (Prag 1856-57, 2 Tle.);
»Die deutsche Sprache« (Stuttg. 1860, 5. Aufl. 1888);
»Kompendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen« (Weim. 1861, 4. Aufl. 1876);
»Die Darwinsche Theorie und die Sprachwissenschaft« (das. 1863, 3. Aufl. 1873),
worin S. Darwins Stammbaum der Arten einen Stammbaum der Sprachen zur Seite stellte;
»Litauische Märchen, Sprichwörter, Rätsel und Lieder« (das. 1857);
»Indogermanische Chrestomathie« (mit Ebel, Leskien und Joh. Schmidt, das. 1869).
Zahlreiche wertvolle
Aufsätze veröffentlichte er in
Zeitschriften, namentlich in den von ihm mit A.
Kuhn (s. d. 2) begründeten
»Beiträgen zur vergleichenden Sprachforschung etc.«
Die Sprachwissenschaft verdankt Schleichers
Schriften eine nachhaltige und tiefgreifende
Förderung. In
zahlreichen Einzeluntersuchungen, die sich durch strenge und besonnene
Methode auszeichnen, löste er eine
Reihe der schwierigsten
Probleme der
Etymologie und vergleichenden
Grammatik; dem Anfänger in der vergleichenden Sprachforschung lieferte er vortrefflich
geordnete Lehrbücher; auf größere
Kreise
[* 9] wirkte er durch seine gediegenen populären
Schriften. Dagegen
haben seine allgemeinen
Ansichten über das
Wesen der
Sprache, das er mit dem
Leben der
Pflanze verglich, und über die Aufgabe
der Sprachwissenschaft, die er als eine
Naturwissenschaft betrachtete, zwar einige Anhänger, aber keinen bleibenden Beifall
gefunden.
Vgl. Lefmann, August S. (Leipz. 1870).