Schinkel
,
Karl Friedrich, Architekt und Maler, geb. zu Neuruppin, [* 2] besuchte das Gymnasium daselbst und in Berlin [* 3] und widmete sich sodann unter Gilly, Vater und Sohn, dem Studium der Architektur. Als Friedrich Gilly starb, ward S. mit Fortführung der von demselben begonnenen architektonischen Arbeiten beauftragt; doch setzte er daneben auch das theoretische Studium der Bauwissenschaft auf der Bauakademie fort. Nach einer Reise nach Italien, [* 4] wo er in Sizilien [* 5] auch zu landschaftlichen Studien veranlaßt wurde, sah er sich wegen der Zeitverhältnisse veranlaßt, sich der Landschaftsmalerei zu widmen. 1810 ward er Assessor in der neu errichteten Baudeputation, 1811 Mitglied der königlichen Akademie zu Berlin und 1820 Professor und Mitglied des akademischen Senats. Im Mai 1815 in die Stelle eines Geheimen Oberbaurats aufgerückt, wurde er 1819 Mitglied der technischen Deputation im Ministerium für Handel, Gewerbe und Bauwesen und 1839 Oberlandesbaudirektor; doch starb er in geistiger Zerrüttung schon Der König ließ sein marmornes Standbild in der Vorhalle des von ihm erbauten Museums aufstellen. In Berlin wurde ihm von Drake ein Denkmal vor der Bauakademie, in seiner Vaterstadt ein Denkmal von Wiese errichtet.
Schinkels
künstlerische
Richtung war eine klassische, und zwar nahm er sich insbesondere die griechischen Werke aus dem
Zeitalter
des
Perikles zum
Muster. Daß ihm aber auch der mittelalterliche
Baustil nicht fremd war, beweisen vornehmlich seine Architekturgemälde
sowie seine
Entwürfe zur
Restauration der berühmtesten gotischen
Dome. Doch folgte er so streng den Prinzipien
der klassischen
Kunst, daß er auch den gotischen
Stil nach ihnen umzubilden suchte.
Unter Schinkels
Entwürfen finden sich nur wenige, in denen der griechische
Baustil ohne Modifikationen angewandt worden wäre,
so die Seitengebäude des
Potsdamer
Thors in
Berlin, dorische Prostyle von höchster Reinheit der antiken
Form, während bei der
Neuen
Wache in
Berlin sich schon eine eigentümlich freie Behandlung der griechischen Bauformen bemerklich
macht. Zu Schinkels
großartigsten Bauanlagen gehört die des
Museums zu
Berlin; das würdigste
Beispiel aber, wie S. die
Formen
der griechischen
Architektur für die heutigen
Zwecke anzuwenden wußte, bildet das von ihm erbaute Schauspielhaus
zu
Berlin.
Sternwarte

* 6
Sternwarte.Diesen Werken reihen sich an: der Umbau des alten Johanniterordenspalais in Berlin zu einem Palais für den Prinzen Karl, die Anlagen der alten Packhofsgebäude in Berlin, die Sternwarte, [* 6] die Fassade der Artillerieschule, die Verlängerung [* 7] der Wilhelmsstraße in Berlin, das Kasinogebäude in Potsdam [* 8] und verschiedene Wohnhäuser [* 9] in Berlin. Im reinsten klassischen Stil gehalten sind das Schloß Krzeskowice, das Schlößchen zu Glienicke bei Potsdam, das Gesellschaftshaus im Friedrich-Wilhelmsgarten bei Magdeburg, [* 10] das Schlößchen Tegel und Charlottenhof bei Potsdam.
Einige seiner
Entwürfe zeigen
Verwandtschaft mit dem
Baustil der toscanischen
Paläste des 15. Jahrh., so
das
Palais des
Grafen
Redern in
Berlin.
Unmittelbar dem
Bedürfnis angepaßt und doch im einzelnen ganz dem
Ebenmaß der griechischen
Architektur entsprechend ist das in Backsteinrohbau ausgeführte Gebäude der
Bauakademie zu
Berlin. Unter den Kirchenbauten
Schinkels
sind die gotische Werdersche
Kirche zu
Berlin und die
Kirche in
Moabit die bedeutendsten.
Athen

* 11
Akropolis.
Für die
Mehrzahl seiner Kirchenpläne hat er die alten
Basiliken zum
Muster genommen, die meisten seiner
Entwürfe sind aber nicht zur Ausführung gekommen. Dasselbe
Schicksal hatte sein
Plan zur
Restauration der
Akropolis
[* 11] von
Athen
[* 12] zu einem griechischen Königspalast, ferner der klassische
Entwurf zur
Villa
Orianda in der
Krim.
[* 13] Am konsequentesten tritt Schinkels
klassische
Richtung in seinen
Entwürfen für rein monumentale
Zwecke hervor. Eine hervorragende
Stelle unter
ihnen nehmen diejenigen für das (später von
Rauch ausgeführte) Denkmal
Friedrichs d. Gr. für
Berlin ein.
Andre beziehen sich auf die Ereignisse der Befreiungskriege, so das in Eisen [* 14] gegossene Denkmal auf dem Kreuzberg zu Berlin und das Grabdenkmal Scharnhorsts daselbst. Als einem materiellen Zweck dienend, aber damit zugleich die edelste monumentale Bedeutung verbindend, ist die neue Schloßbrücke in Berlin zu nennen. S. hat auch eine umfangreiche Thätigkeit als Maler entfaltet und zwar sowohl auf dem Gebiet der monumentalen Malerei als in Staffeleibildern. Auf ersterm bewährte er sich in den phantasievollen, die Urgeschichte der Menschheit schildernden Entwürfen zu den in der Vorhalle des Berliner [* 15] Museums ausgeführten Wandmalereien. In seinen landschaftlichen Darstellungen liebte er es, großartige Baulichkeiten zum Hauptgegenstand zu machen.
Thb. - Theater

* 16
Theater.Hier sind hervorzuheben: Theater in [* 16] Taormina, der Markusplatz zu Venedig, [* 17] die Meeresgrotten bei Sorrento, der Dom zu Mailand, [* 18] das Innere der St. Peterskirche in Rom, [* 19] das Kapitol bei Mondschein, Schloß am See, sechs Stimmungslandschaften in der Berliner Nationalgalerie u. a. An den Dioramen von Gropius hatte S. viel Anteil. In seinen Darstellungen gotischer Prachtgebäude folgte er ganz der reichen Entwickelung dieses Stils, welche er vornehmlich in Frankreich und Deutschland [* 20] gefunden. Im Zusammenhang mit seinen landschaftlich-architektonischen Malereien stehen seine Entwürfe zu Theaterdekorationen, die eine neue würdigere Richtung der Dekorationsmalerei angebahnt haben.
Endlich war er von entscheidendem Einfluß auf die Kunstindustrie. Für die Arbeiten des Malers und des Stuckators, für die Ausführung gewirkter Teppiche sowie von Mobilien und Gerätschaften der mannigfachsten Art hat er eine große Anzahl höchst reizvoller klassischer Muster geliefert. Er ist der Begründer der neuklassischen Richtung der Architektur, welche in Berlin durch seine Schüler in ausschließlicher Geltung blieb, bis zu Ende der 60er Jahre die Herrschaft der Renaissance begann.
Die kargen
Mittel seiner Zeit haben ihn nicht zur vollen Entfaltung seiner
Phantasie gelangen lassen; doch
hat sich sein
Gefühl für edle
Harmonie und monumentale
Wirkung auch bei ärmlichen Darstellungsmitteln zu voller
Blüte
[* 21] entwickelt.
Am 13. März jedes
Jahrs feiert der
Berliner Architektenverein ein »Schinkel
fest«. Seine
Entwürfe und
Schriften sind in folgenden
Sammlungen veröffentlicht: »Sammlung architektonischer
Entwürfe« (Berl. 1820-37, 28 Hefte; neue vollständ.
Ausg. 1857-58, 174 Tafeln mit
Text; Auswahl in 60 Tafeln);
Schinken - Schiraz

* 23
Seite 14.489.»Werke der höhern Baukunst«: [* 22] Akropolis zu Athen, 10 Tafeln, und Palast Orianda in ¶
mehr
der Krim, 15 Tafeln (Potsd. 1846-49; neue Ausg., Berl.
1873); »Grundlagen der praktischen Baukunst« (das. 1834; 2. Aufl. 1835, 2 Bde.).
Schinkels
»Sammlung von Möbelentwürfen« wurde herausgegeben von Lohde (Berl. 1835-37, 16 Tafeln; neue Ausg. 1852).
Vgl.
»Aus Schinkels
Nachlaß« (hrsg. von Wolzogen, Berl. 1862-64, 4 Bde.),
die Charakteristiken Schinkels
von Kugler (das. 1842),
Bötticher (das. 1857),
Waagen (in den »Kleinen Schriften«, Stuttg. 1875) und Dohme (Leipz. 1882);
ferner Tuckermann, Schinkels
litterarische Thätigkeit (Berl.
1879).