Schiller
,
Joh. Christoph Friedrich von, Dichter, wurde 10. (nicht 11.) Nov. 1759 zu Marbach, einem württemb. Städtchen am Neckar, geboren. Seinem Vater, Johann Kaspar S. (geb. zu Bittenfeld, Feldscher, dann Offizier, seit 1775 Inspektor der herzogl. Baumschule auf der Solitüde, 1794 Major, gest. war der Gesichtskreis durch ein bewegtes Leben erweitert; mit nüchterner Thatkraft verband er lebendige Frömmigkeit und großen Respekt vor geistiger Arbeit; er übte selbst eine bescheidene gemeinnützig ökonomische Schriftstellerei (vgl. Brosin, S.s Vater, Lpz. 1879). Mehr durch die treue Hingabe als durch geistige Anregungen wirkte auf den Sohn die Mutter, Elisabeth Dorothea, geborene Kodweiß (1731-1801; vgl. E. Müller, S.s Mutter, Lpz. 1894). Sonnigen Kinderjahren in dem lieblichen Lorch (1763-66), wo der in den «Räubern» gefeierte Pastor Moser S. den ersten Unterricht erteilte, folgte die Schulzeit in der Lateinshule der herzogl. Residenz Ludwigsburg. [* 2]
Die guten Fortschritte des Knaben zogen die Aufmerksamkeit des eigenmächtigen Herzogs Karl auf sich, der den Vater nötigte, den zur Theologie bestimmten Sohn in der herzogl. Militärakademie auf der Solitüde Jurisprudenz studieren zu lassen. Die Anstalt wurde von einer «militär. Pflanzschule» schnell bis zu einer Art Universität gesteigert und 1775 nach Stuttgart [* 3] verlegt; 1776 ging S. zum mediz. Studium über, das ein heilsames empirisches Gegengewicht gegen die spekulativen Neigungen des Jünglings bildete.
Die wegen ihrer strengen, von dem Herzog wohlwollend, aber unnachsichtig geübten Zucht mit Unrecht verschrieene Anstalt hatte große Vorzüge; namentlich Abels Unterricht in der Philosophie, der Fergusons Glückseligkeitslehre bevorzugte, aber auch naturwissenschaftliche Gesichtspunkte heranzog, trug schon damals in S.s «Theosophie an Julius» und in seiner Dissertation «Versuch über den Zusammenhang der tierischen Natur des Menschen mit seiner geistigen» selbständige Frucht.
S.s dichterische Neigungen, die sich schon im 13. oder 14. Jahre in religiösen Trauerspielen («Die Christen», «Absalon») offenbart hatten, wurden zuerst durch Klopstock und Haller genährt (so in dem epischen Plan «Moses», in der erhaltenen Ode «Der Abend»); bald traten dazu die volkstümlich cynischen Anregungen Schubarts (in S.s Oden «Der Eroberer», «Die Gruft der Könige») und Bürgers, vor allem das Sturm- und Drangdrama, dem S. in den unvollendeten Dramen «Der Student von Nassau» und «Kosmus von Medici» (nach Leisewitzens «Julius von Tarent») nacheiferte.
Der kräftigste Niederschlag dieser seiner Richtung aber, zugleich das bedeutendste poet. Ergebnis der Studienjahre, waren die im Kreise [* 4] der akademischen Freunde jubelnd aufgenommenen, durch eine Erzählung Schubarts veranlaßten «Räuber» (seit 1777, erschienen erst Frankf. 1781),
zunächst ein Protest der Jugend gegen ihre Zuchtmeister, weiter ein revolutionärer Aufschrei der freiheitsdurstigen Menschenseele «in tyrannos». Schon hier in der biblisch gefärbten Sprache [* 5] die S. eigene, aufwühlende pathetische Beredsamkeit, schon hier ein unwiderstehlich hinreißender, instinktiv sicherer dramat. Zug; bei ungeheuerlichen Übertreibungen des ungebändigten Drangstils und der weinerlichen Empfindsamkeit, bei starken psychol. Unwahrscheinlichsten eine ¶
mehr
gewaltige poet. Kraft. [* 7] Der edle, die socialen übel ausgleichende Räuberhauptmann, der sein Vorbild, den Faustrechtritter Götz von Berlichingcn, derb übertrumpft, wird von jetzt an ein Liebling des deutschen Dramas und Romans.
Als S. im Dez. 1780 die Stelle eines Regimentsmedikus im Regiment Augé zu Stuttgart antrat, vertauschte er den Schulzwang mit dem wenig mildern militärischen. Doch entflammte seine reizlose Hauswirtin, eine verwitwete Frau Hauptmann Vischer, jetzt seine ersten Liebesregungen, die in den Laura-Oden ihren schwülstigen Ausdruck fanden. Sie und die einer Neigung zu Wilhelmine Andreä entsprungenen einfachern Minna-Lieder fanden Aufnahme in die von S. zur Konkurrenz gegen Stäudlins «Schwäb. Musenalmanach» herausgegebene, großenteils von ihm selbst verfaßte «Anthologie auf das J. 1782» («gedruckt in Tobolsko», «meinem Prinzipal dem Tod zugeschrieben»),
die auch die dramat. Scenen «Semele» enthielt. Vor Cynismen im schlechtesten Geschmack Bürgers («Männer und Kastraten», später «Männerwürde», «Venuswagen»),
vor plumpen Epigrammen, philosophisch aufgeblähten Liebesoden («Der Triumph der Liebe») kommt in der Lyrik dieser Periode schlichte Empfindung nie, klare Anschauung selten («In einer Bataille», später «Die Schlacht») zu Worte; nur in der Größe der volltönenden Sprache, der hochfliegenden Auffassung verrät sich ein bei aller Unreife bedeutend aufstrebendes, freilich nicht lyrisches Talent.
Der glänzende Erfolg der abgeschwächten Bühnenbearbeitung der «Räuber» an dem von Dalberg geschickt geleiteten Mannheimer Nationaltheater machte dem Dichter, der der Première heimlich beigewohnt hatte, seine beengte Lage immer peinlicher. Als nun gar der Herzog, durch unglückliche Zufälle erbittert, S. jede nicht mediz. Schriftstellerei untersagte und ihn dadurch ebenso an der Poesie wie an seiner unbedeutenden, aber pekuniär erwünschten journalistischen Thätigkeit (Redaktion der «Nachrichten zum Nutzen und Vergnügen», 1781, des «Württemb. Repertoriums», 1782) hinderte, ihm zudem jeden Verkehr mit dem «Ausland» untersagte, entschloß sich der Dichter, die Brücke [* 8] hinter sich abzubrechen; mit seinem Freunde Andr. Streicher entfloh er in der Nacht vom 22. zum zunächst nach Frankfurt. [* 9] Im Oktober und November desselben Jahres vollendete er zu Oggersheim (bei Mannheim) [* 10] «Die Verschwörung des Fiesco zu Genua» [* 11] (gedruckt Mannh. 1783), das erste seiner histor. Dramen. Diese republikanische Tragödie leidet zwar unter der Unklarheit des blasiert enthusiastischen Helden, den S. trotz aller histor. Vorstudien (Robertson, Retz) sehr unhistorisch mit Rousseaus Augen ansah, imponiert aber namentlich durch die überraschende Beherrschung der Massenscenen. - Sehr viel höher steht das dritte und beste seiner Jugenddramen, das bürgerliche Trauerspiel «Luise Millerin» oder «Kabale und Liebe» (so von Iffland benannt, gedruckt Mannh. 1784). S. nahm es im Frühjahr 1783 in Bauerbach in Angriff, auf dem Gute der Mutter seines Schulfreundes W. von Wolzogen, wo er zu seinem spätern Schwager, dem Bibliothekar Reinwald im nahen Meiningen, [* 12] Beziehungen knüpfte.
Ein sociales Drama erfundenen Inhalts, baute sich «Kabale und Liebe» durchaus auf eigenen bittern kleinstaatlichen Eindrücken des Dichters auf, der an Gemmingens matten «Deutschen Hausvater» nur in Äußerlichkeiten anknüpfte. Er scheute sich nicht, so schreiende Mißstände, wie die scheußlichen «Subsidienverträge», beim rechten Namen zu nennen; er verschmähte die ideale Ferne, die Lessing in «Emilia Galotti» gewählt hatte. Von diesem großen Vorbild hat S. eine energisch fortschreitende geschlossene Handlung gelernt; von der Tragik des überschwenglichen Heldenpaares, das das Recht des Herzens gegen alle Standesvorurteile vertritt, hebt sich wirkungsvoll der gallige Humor der bürgerlichen Misere ab; Musikus Miller gehört zu S.s lebenswahrsten Gestalten. (Vgl. E. Müller, S.s Kabale und Liebe, Tüb. 1892.)
Diese kräftige Produktion ermutigte den Intendanten Dalberg, S. die Stelle eines Theaterdichters in Mannheim anzuvertrauen (Aug. 1783). Doch hinderte Krankheit den Dichter, seinen Verpflichtungen nachzukommen, und der Kontrakt löste sich nach einem Jahre. Auch sonst brachte die Mannheimer Zeit schwere Enttäuschungen und Sorgen. Herzensneigungen zu der Buchhändlerstochter Margarete Schwan und namentlich zu Charlotte von Kalb, der die grenzenlos überschäumenden Gedichte «Freigeisterei der Leidenschaft» und «Resignation» gelten, beunruhigten den Dichter; eine wachsende Schuldenlast und der Zorn der Eltern drückten ihn mehr und mehr.
Ein neues Journal, die «Rhein. Thalia» (1785),
in der zuerst der Aufsatz «Die Schaubühne als eine moralische Anstalt betrachtet» erschien, blieb ohne äußern Erfolg. Zwar verlieh ihm Herzog Karl August von Weimar, [* 13] der ihn in Darmstadt [* 14] den ersten Akt des «Don Carlos» lesen hörte, den Titel eines weimar. Rats; auch wurde er in die «Deutsche [* 15] Gesellschaft zu Mannheim» aufgenommen auf Vorschlag des Dichters Anton von Klein, der S. veranlaßt hat, im Drama zum Verse überzugehen. Aber der Boden brannte ihm unter den Füßen. Mit heißem Dank nimmt er die thätige Hilfe eines Leipziger Bewunderers, des Oberkonsistorialrats Christ. Gottfr. Körner (s. d.) an, die ihm ermöglicht nach Leipzig [* 16] überzusiedeln (April 1785).
Hier traf er zwar den inzwischen nach Dresden [* 17] berufenen Freund nicht selbst; dafür trat er seinem künftigen Verleger, dem jungen Buchhändler Göschen, mit dem er in Gohlis eine Stube bewohnte, nahe. Eine flüchtige Zusammenkunft mit Körner übertraf beider Erwartungen und veranlaßte S., gleichfalls nach Dresden zu gehen (Sept. 1785), wo er sich in Körners Häuslichkeit auf dem Loschwitzer Weinberg oder in der Stadt aufs engste einlebte. Die wilde Jubelhymne «An die Freude», manch launiges Gelegenheitsstück («Körners Vormittag» u. a.) zeugt von dem Glücksgefühl, mit dem ihn die neue Freundschaft erfüllte. Einen Dritten im Bunde, den unreifen Ludw. Ferd. Huber, der nicht Stich hielt, überschätzten damals beide.
Von dem wohlthätigen Einfluß Körners zeugen die «Philos. Briefe», ein Briefwechsel, in dem Raphael (Körner) im Begriff ist,
den eudämonistischen Julius (Schiller
),
der hier seine Jugendtheosophie auskramt, zu Kant zu bekehren. Sie erschienen in der in Göschens Verlag neu aufgelebten «Thalia», die schon im 1. Bande (1787) S. von einer neuen Seite, als trefflichen Prosaerzähler zeigte: «Der Verbrecher aus verlorener Ehre» (ursprünglich «aus Infamie»),
der den bekannten württemb. Räuber, den Sonnenwirt, behandelt, ist eine musterhafte psychol. Kriminalnovelle; der unvollendete Roman «Der Geisterseher» (1789; fortgesetzt von Follenius, Lpz. 1796), der dem Geschmack des Publikums an ¶
mehr
mysteriösen Gestalten wie Cagliostro, seiner gruselnden Bewunderung für die geheimnisvolle Macht der Jesuiten entgegen kam, erreichte durch seine spannende Anlage einen Erfolg, der S. selbst überraschte. Die Prosascenen des dramat. Fragments «Der (versöhnte) Menschenfeind» entsprangen der lichtern Anschauung des Menschen, zu der S. durch Körners Freundschaft gelangt war. Das Hauptstück der «Thalia» waren die dritthalb Akte des «Don Carlos», der schon in Bauerbach geplant, jetzt langsam, stückweise, in sehr breiter Ausführung, zu erscheinen begann; die Buchausgaben (1787 und 1801) haben einen erheblich gekürzten Text.
In den hinreißenden Jamben des «Don Carlos» macht der stürmende Naturalismus der Jugenddramen dem ideal schwungvollen Pathos des gereiften Dichters Platz. Anfangs auf Grund einer histor. Novelle von Saint-Real als Familientragödie gedacht, wuchs sich das Drama, unter dem Einfluß von Lessings «Nathan», zu einer Freiheitstragödie großen Stils aus; den Titelhelden verdrängt der begeisterte Vorkämpfer der Gedankenfreiheit, Marquis Posa, von dem ersten Platze in der Sympathie des Dichters (vgl. Elster, [* 19] Zur Entstehungsgeschichte des Don Carlos, Halle [* 20] 1888). Das Stück lag diesem so am Herzen, daß er 1788 erläuternde «Briefe über Don Carlos» folgen ließ.
Damals hatte S. Dresden schon verlassen. Im Juli 1787 war er nach Weimar gezogen. Goethe war in Italien, [* 21] Wieland kam S. freundlich entgegen und eröffnete ihm den «Teutschen Merkur»; [* 22] Charlotte von Kalb kokettierte mit ihrer alten Liebe weiter; eine Rolle spielte S. in dieser Gesellschaft nicht. Dringender verlangte es ihn nach gesicherter und anerkannter Stellung, zumal seit er in Volkstädt und Rudolstadt, [* 23] wo er Sommer und Herbst 1788 zubrachte, eine erwiderte Neigung zu der sanften Charlotte von Lengefeld (geb. in Rudolstadt; gest. fast erblindet, in Bonn; [* 24] vgl. Fulda, [* 25] Leben Charlottens von S., Berl. 1878) gefaßt hatte. So griff er zu, als ihm nicht ohne Goethes Zuthun eine zunächst unbesoldete außerordentliche Professur der Philosophie und Geschichte in Jena [* 26] angeboten wurde; im Febr. 1790 konnte der neugebackene meining. Hofrat, von Karl August mit kleinem Gehalt versehen, die Geliebte heimführen. Neben Familienglück und Lehrfreuden brachte ihm Jena auch wertvollen Verkehr: so mit dem Kantianer Reinhold, mit Fichte, [* 27] später mit dem jungen, ihm durch ästhetische Strenge sehr sympathischen Wilh. von Humboldt. (Vgl. Litzmann, S. in Jena, Jena 1889.)
S. verdankte die Berufung einem Geschichtswerke, das noch in den Vorstudien zum «Don Carlos» wurzelte, der «Geschichte des Abfalls der vereinigten Niederlande» [* 28] (Lpz. 1788). Ohne je zu ernsthafter Quellenforschung durchzudringen, hat S. hier und öfter das historisch Wahre mit genialem Instinkt herausgefühlt. Er betrachtete sich als philos. Universalhistoriker und blieb als solcher nicht ohne starke Lehrerfolge. Er wußte durch seine histor. Essays weite Kreise für geschichtliche Fragen zu interessieren. Am meisten gewann er selbst; das Geschichtsstudium lehrte ihn Verständnis für das historisch Gewordene als historisch Notwendiges. Wenn er Niethammers Übersetzung von Vertots «Geschichte des Malteserordens» einleitete, wenn er eine «Geschichte des Dreißigjährigen Krieges» (Lpz. 1791-92) schrieb, so kam das seiner Poesie (dem Malteserfragment, dem «Wallenstein») unmittelbar zu gute, obgleich sie zeitweilig hinter den Anforderungen der Professur zurücktreten mußte.
S. vergaß die Poesie freilich nicht. Epische Pläne (Gustav Adolf, Friedrich d. Gr.) tauchten auf. Vor allem aber erschloß sich S. die Antike; auch das war eine Vorbereitung auf Goethe, dem freilich der revolutionäre Ton der «Götter Griechenlands» (März 1788) fremdartig sein mußte. Wie sie, feiert auch das herrliche, nur allzu ideenüppige Lehrgedicht «Die Künstler» (März 1789) den Wert der Kunst für die Kulturentwicklung der Menschheit, die Einheit von Wahrheit und Schönheit (vgl. Grosse, Die Künstler von S., erklärt, Berl. 1890). Sie führen zu S.s ästhetischen Überzeugungen, die namentlich das durch den Jenaer Philosophen Reinhold beförderte Studium Kants zur Reife brachte.
Aber Kants Widerspruch zwischen Pflicht und Neigung will S. überwinden durch die Harmonie der Schönheit, in der Materie und Geist, Sinnlichkeit und Sittlichkeit eins werden. Er definiert die Schönheit als «Freiheit in der Erscheinung». Tiefe und wissenschaftlich sehr fruchtbare Gedanken, die er in leuchtender Sprache und klarer Anschauung, wenn auch ohne philos. Begriffsschärfe durchführte (so besonders «Über Anmut und Würde», 1793, «Vom Erhabenen», 1793, «Briefe über die ästhetische Erziehung des Menschen», 1795, ursprünglich an den Herzog von Augustenburg gerichtet, in der alten Fassung hg. von Michelsen, Berl. 1876; über eine größtenteils verlorene Schrift vgl. Michaelis, Über S.s Kallias, ebd. 1882). Verwirklicht fand er diese Ideale am meisten bei den Griechen. Im Gegensatz zu seiner eigenen modernen, sentimentalischen Kunst feiert er die Kunst der Hellenen als naiv. Aber als er in der Abhandlung «über naive und sentimentalische Dichtung» (1795) diese naive Kunst, sich selbst unterordnend, pries, da schwebte ihm mehr noch als Homer Goethe, der naive Dichter der Gegenwart, vor.
Der ideale Flug des Geistes war S. um so mehr Bedürfnis, je schwerer sein Körper litt. Eine lebensgefährliche Brustkrankheit 1791 nötigte ihn zu sorgfältiger Schonung, die ihm durch ein reiches Geschenk des Herzogs Christ. Friedr. von Augustenburg und des Grafen Schimmelmann erleichtert ward. Eine zehnmonatige Erholungsreise in die Heimat zu den Eltern 1793/94 gab ihm Gelegenheit, mit dem großen Verleger J. G. Cotta anzuknüpfen. Zwar die Leitung einer polit. Zeitung lehnte S. ab; aber die belletristische Zeitschrift, die «Horen», [* 29] verabredete der Unermüdliche, dem im lebhaftesten litterar. Getriebe [* 30] am wohlsten war.
Die «Horen» führten S. zur Anknüpfung mit Goethe, den er zur Mitarbeit gewinnen mußte. Goethe hatte bisher den Jenaer Professor, der einst die ihm antipathischen «Räuber» geschrieben, der noch jüngst seinen «Egmont» verständnislos beurteilt hatte, wohlwollend, aber mit kühler Herablassung behandelt. Doch S.s Wandlung entging ihm nicht. Die Liebe zu den Griechen, der Ernst der Kunstauffassung, das unermüdliche Streben des Gereiften machten Eindruck auf ihn. S.s Brief vom bewies Goethe, daß der Jenaer Nachbar ihn besser begriff und würdigte als irgend ein anderer. Die Freundschaft Goethes und S.s war ein hohes Glück für beide. Der Briefwechsel der großen Dichter ist eine unerschöpfliche geistige Fundgrube, das Denkmal eines Bundes ohnegleichen.
Zunächst kamen für S. Jahre der Gedankenlyrik (vgl. Philippi, S.s lyrische Gedankendichtung, ¶