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gehen nur, um die
Eier
[* 3] abzulegen, aufs Land, halten sich am
Tag im Schlamm verborgen und jagen nachts auf
Fische,
[* 4] Wasservögel,
Lurche
[* 5] etc., fressen aber auch Pflanzenstoffe. Sie sind mutig, jähzornig und bissig und
können schwere
Wunden beibringen.
Fleisch und
Eier sind genießbar. Die Beißschildkröte
(Trionyx ferox Schweigg.),
1,6 m lang, mit sehr flachem, unvollkommen verknöchertem Rückenschild,
ist oberseits dunkelgrau mit großen Augenflecken und dunkeln Tüpfeln, unterseits schmutzig weiß, bewohnt die
Savannah und
Alabama, die in den
Busen von
Mexiko
[* 6] mündenden
Flüsse,
[* 7] die großen nördlichen
Seen und den
Hudson, wird durch ihre
Jagd auf
Enten
[* 8] lästig und vertilgt im
Süden junge
Alligatoren. Man jagt sie des
Fleisches halber.
Zu den Lurchschildkröten
, mit mehr oder weniger gewölbtem, verknöchertem, mit dem Brustschild verwachsenem, mit Hornplatte
bekleidetem Rückenschild, nicht einziehbarem
Kopf und
Füßen, freien, bekrallten
Zehen und
Schwimmhäuten, welche im
Wasser
und auf dem Land leben, gehört die Arrauschildkröte
(Podocnemis expansa D. B.), 80
cm lang, mit mäßig
gewölbtem Rückenschild, dessen
Rand horizontal vorspringt, plattem
Kopf, zwei Bärteln unter dem
Kinn und
Schwimmhäuten,
oben
schwarzgrau, unten orangegelb, bewohnt die
Flüsse
Guayanas und
Brasiliens, auch der nördlichen
Provinzen
Perus, lebt sehr gesellig
und findet sich in außerordentlich großer Zahl.
Sie legt ihre Eier nachts in den Ufersand, und hierbei bedrängen sich die zahllosen Tiere so sehr, daß wohl der dritte Teil der Eier zerbrochen wird. Die Eingebornen ernten die Eier, um sie zu genießen und Öl daraus zu bereiten, welches zum Brennen und Kochen benutzt wird. Die Matamata (Chelys fimbriata Schweigg., s. Tafel), 2 m lang, mit sehr flachem Rückenschild, auf welchem die gewölbten Platten drei Höckerreihen bilden, sehr flach gedrücktem Kopf, rüsselförmig verlängerter Nase, [* 9] langem Hals, kurzem Schwanz, am Kopf und Hals mit Bärteln, Fransen, Lappen besetzt, ist oberseits braun, unterseits grüngelb, wird als überaus häßlich geschildert, riecht widerwärtig und ist in Nordbrasilien und Guayana weit verbreitet. Sie nährt sich von Fischen, Fröschen und Wasservögeln. Die Farbigen essen ihr Fleisch.
Die Süßwasserschildkröten
(Emydidae
Gray), mit meist flachem und, wie das kleine Brustschild, vollkommen verknöchertem
Rückenschild, locker, scheidenartig anliegender Halshaut, in welche der niemals beschildete
Kopf, wie in eine
Scheide, zurückziehbar
ist, und dicken
Füßen mit vorn fünf, hinten vier frei beweglichen, durch
Schwimmhäute verbundenen,
bekrallten
Zehen, bewegen sich geschickt auf dem Land, schwimmen vortrefflich, leben in langsam fließenden
Flüssen, in
Sümpfen
und
Teichen und nähren sich vorzugsweise von
Fischen. Zu dieser artenreichen
Familie gehört die
Sumpf- oder Teichschildkröte
(Cistudo lutaria
Strauch,
Emys europaea
Wagl., s. Tafel), 30-40
cm lang, mit mäßig gewölbtem Rückenschild,
Schwimmhäuten, glatter
Haut
[* 10] auf dem
Kopf, großen
Schuppen an den
Füßen und ziemlich langem
Schwanz, in Färbung und
Zeichnung
vielfach abweichend, schwärzlich, gelb punktiert, auf dem Rückenpanzer schwarzgrün, mit strahlig verlaufenden gelben Punktreihen,
auf dem Brustschild schmutzig gelb, braun punktiert, verbreitet sich von
Süd- und Osteuropa nördlich
bis
Mecklenburg,
[* 11] östlich bis
Persien,
[* 12] findet sich in fließenden und stehenden Gewässern, hält sich am
Tag im
Wasser verborgen,
geht nachts auf das Land, vergräbt sich im
Winter in den
Schlamm, kommt Mitte April wieder zum Vorschein, lebt von Regenwürmern,
Wasserinsekten,
Schnecken,
[* 13] frißt auch
Fische und
Pflanzen und legt im Mai 6-10
Eier von der
Größe der Taubeneier
in eine Höhlung, welche sie mit dem
Schwanz und einem Hinterfuß bohrt und schließlich wieder mit
Erde füllt.
Die
Jungen schlüpfen erst im nächsten Jahr aus. Das
Fleisch der Teichschildkröte
ist genießbar. Die Großkopfschildkröte
(Platysternum megalocephalum, s. Tafel), 50
cm lang, mit sehr großem, nicht unter den
Schild
[* 14] zurückziehbarem
Kopf, 18
cm langem, gänzlich beschupptem
Schwanz und flachem Rückenschild, ist oberseits olivenbraun, unterseits gelb und
hellbraun. Sie bewohnt
China;
[* 15] über ihre Lebensweise ist nichts bekannt. Sehr viele
Arten, z. B. die Klappschildkröte
(Cinosternum
pensylvanicum, s. Tafel), bei welcher der vordere und hintere
Abschnitt des Brustschildes am mittlern
beweglich ist, leben in
Amerika
[* 16] und erlangen, wo sie, wie im
Orinoko, massenhaft auftreten, durch ihre
Eier eine große Bedeutung
für ganze
Stämme. Man bereitet aus diesen
Eiern ein
Öl, welches als
Speise- und Brennöl benutzt wird.
Die Landschildkröten
(Chersidae), mit verknöchertem und mit Hornplatten bekleidetem
Rücken- und Bauchschild,
Kopf und
Füße völlig einziehbar, letztere
Klumpfüße mit stumpfen
Nägeln,
Kiefer lippenlos, bewohnen feuchte und bewachsene
Gegenden der wärmern und heißern Klimate und nähren sich von
Pflanzen. Hierher gehört die griechische
Schildkröte
(Testudo
[* 17] graeca
L., s. Tafel), 30
cm lang, mit stark gewölbtem Rückenschild, beschildetem
Kopf, großen, dachziegelförmig
gelagerten Schuppenknötchen an den Vorderfüßen, sporenartigen
Knoten an den
Hacken der Hinterfüße, wechselt in Färbung
und
Zeichnung stark ab, besitzt schwarze, gelb und schwarz gesäumte
Schilde, ist an
Kopf,
Hals und den Extremitäten schmutzig
grüngelb, findet sich im östlichen Südeuropa, ist durch
Mönche weiter verbreitet und dann verwildert,
am häufigsten in Süditalien,
[* 18]
Griechenland
[* 19] und bei
Mehadia.
Sie bewohnt waldige und buschige Gegenden, lebt von Kräutern,
Früchten,
Schnecken,
Würmern,
Insekten,
[* 20] vergräbt sich zum
Winter
und legt im Juni 4-12
Eier an einem sonnigen
Ort in eine
Grube, aus welcher die
Jungen entschlüpfen. Man hält
diese
Schildkröte in der
Heimat in
Gärten, um das Ungeziefer zu vertilgen, und benutzt sie in
Italien
[* 21] zur Bereitung von
Suppe.
In der Gefangenschaft wird sie sehr alt. Riesenschildkröten
aus der
Gattung
Testudo L. waren ehemals auf
Réunion,
Mauritius,
Rodriguez, Aldabra und auf den
Galapagos sehr gemein, wurden aber von den
Schiffern arg verfolgt und sind
auf den drei zuerst genannten
Inseln gegenwärtig ausgerottet: nur auf Aldabra lebt noch eine geringe, sich beständig vermindernde
Zahl. Ganz ähnlich verhält es sich auf den
Galapagos. Diese S. werden 1,5 m lang, 1,2 m breit, 1 m hoch,
nähren sich von Blättern,
Früchten, machen weite
Wanderungen, um zu trinken, und legen 10-14
Eier in
Gruben. Ihr
Fleisch ist sehr schmackhaft. In der Gefangenschaft sollen sie 18
Monate hungern können und lassen sich sehr leicht
erhalten. - Die
Schildkröte ist ein kosmogonisches
Symbol, ein
Sinnbild des aus dem Feuchten entstandenen
Festen.
Wischnu nahm,
als er die
Welt vom
Untergang retten wollte, die Gestalt einer
Schildkröte an.
Daher war sie auch der schaffenden
Venus geheiligt, und
Hermes
[* 22] Demiurgos, der Weltbaumeister, verwendete ihre
Schale zu seiner den
Kosmos verbildlichenden Planetenleier.
Die
Töne der letztern
¶
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lenken die Kreisbewegungen des Himmels. Später erhielt die Schildkröte auch Bedeutung für das Familienleben; sie ist Sinnbild des Hauses und erscheint auch als solches bei der Venus, dann als Symbol der Frau, auch des Eigentums.
Vgl. Schneider, Allgemeine Naturgeschichte der S. (Leipz. 1783);
Agassiz, North-American Testudinata and embryology of the turtle (Boston [* 24] 1857);
Strauch, Chronologische Studien (Petersb. 1862);
Sowerby und Lear, Tortoises, terrapins and turtles drawn from life (Lond. 1872);
Schreiber, Herpetologia europaea (Braunschw. 1875).