Titel
Schießpulver,
[* ] inniges Gemenge aus Kalisalpeter, Schwefel und Kohle. Man benutzt chemisch reinen Kalisalpeter, gereinigten sizilischen Stangenschwefel und Kohle von Laubhölzern, die reicher an Cellulose sind als Nadelhölzer. In Deutschland werden die höchstens 40 mm starken Äste vom Faulbaum, für Geschützpulver von Elsenholz, welche vor ihrem Gebrauch rindenfrei mindestens ⅓ Jahr unter Dach lagern müssen, in Österreich Hundsbeere, Haselstrauch, Erle, in der Schweiz Haselstrauch, in Frankreich Faulbaum, Haselstrauch, Pappel, Linde, Spindelbaum, in Italien nur Hanfstengel, in England Weide, Kornelkirsche, Faulbaum, Erle benutzt.
Die Verkohlung geschieht jetzt meist in eingemauerten oder (wie in Spandau) in die Ummauerung auf Rollen einzuführenden Cylindern aus Eisenblech unter Luftabschluß und Ableitung der gasförmigen Produkte zur Feuerung (destillierte Kohle). Die Kohle erhält, je nach dem gesteigerten Grade der Verkohlung und der dabei angewendeten Temperatur, eine vom Rötlichen durch Rotbraun bis zum tiefen Schwarz gehende Farbe und eine derselben entsprechende Entzündlichkeit, welche abnimmt, je schwärzer die Kohle ist.
Bei 270° C. erhält man Rotkohle, die Farbe wird dunkler bis zu 340°, von da an schwarz (Schwarzkohle); bis 432° ist sie noch als Pulverkohle verwendbar. Der Gewinn an Kohle nimmt ab mit der Verkohlungstemperatur und sinkt bei 280-1500° von 36 auf 15 Proz. Diese Thatsache ist zur qualitativen Bezeichnung der Kohle benutzt worden; es ist hiernach 25proz. Kohle solche, welche dem Gewicht nach 25 Proz. des zur Verkohlung verwendeten lufttrocknen (10 Proz. Feuchtigkeit) Holzes beträgt. In Deutschland wird zu Gewehrpulver 27,5-, zu Geschützpulver 25proz.
Kohle verwendet. Da der Verkohlungsgrad auf die Offensivität des Schießpulvers ohne Einfluß ist, so wird in Spandau zur genauern Temperaturmessung ein Pyrometer von Bronze verwendet. Der in Esquardes und Wetteren bei Gent im Betrieb befindliche Apparat von Violett, in welchem die Verkohlung durch in den Verkohlungscylinder geleiteten überhitzten Wasserdampf geschieht, liefert einen größern Ertrag an Rot-, nicht aber an Schwarzkohle als die Cylinderverkohlung.
Nach dem stöchiometrischen Verhältnis, welches auf die Molekulargewichte der drei Stoffe basiert ist, sollte das Mischungsverhältnis des Schießpulvers 73,9 Salpeter, 14,6 Kohle und und 11,5 Schwefel sein, ist aber in Deutschland M/71 (1883) zu 76 Salpeter, 15 Kohle (30proz.), 9 Schwefel, in Österreich zu 74 Salpeter, 16 Kohle und 10 Schwefel, in England und Rußland für Gewehrpulver zu 75 Salpeter, 15 Kohle, 10 Schwefel, in Frankreich für Kriegspulver und in Nordamerika zu 75 Salpeter, 12,5 Kohle und 12,5 Schwefel angenommen worden.
Dem Jagdpulver gibt man unter Verwendung von Rotkohle in der Regel mehr Salpeter, ebenso in neuerer Zeit zur Erhöhung der Sprengkraft dem Sprengpulver. Die einzelnen Bestandteile des Pulvers müssen zunächst, um eine höchst innige Mischung zu ermöglichen, sehr fein pulverisiert werden. Dies geschah früher meist mit dem Mengen und Dichten zugleich in Stampfmühlen (1435 in Nürnberg) oder unter Hämmern (wie noch jetzt in der Schweiz), ähnlich den Frischhämmern der Eisenwerke, später (schon 1540, in Schweden 1684) in Walz- (Koller-) Mühlen (s. unten, Läuferwerk); jetzt wendet man meist Trommeln an. Die Salpeterkleintrommel in Spandau besteht aus Eisenblech, hat 1 m Durchmesser und ist an der innern Mantelfläche mit sechs Holzleisten versehen. Der Salpeter wird mit einem gleichen
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Gewicht Bronzekugeln von 13 mm Durchmesser bis 3 Stunden lang gekleint. Die Kleintrommel für Schwefel und Kohle aus Eichenholz von 2,3 m Durchmesser ist an der innern Mantelfläche mit Sohlleder und 24 Holzleisten bekleidet. Das Kleinen geschieht mit etwa dem doppelten Gewicht von Bronzekugeln. In einer ganz ähnlichen Trommel geschieht unter Zusatz von Pockholzkugeln das Mengen der Pulvermaterialien. Zur Anfertigung des grobkörnigen u. prismatischen Pulvers ist eine Erhöhung des spezifischen Gewichts des Schießpulvers und, um diese durch Pressen zu erreichen, eine Brechung der Elastizität der Materialien, namentlich der Kohle, erforderlich.
Man bringt deshalb den gemengten Satz noch in ein Läuferwerk (Kollermühle), dessen mühlsteinartige Läufer aus Hartgußeisen von etwa 5300 kg durch eine horizontale Achse verbunden sind, die von einer senkrechten Welle in wagerechter Ebene gedreht wird, wobei die Läufer auf dem Boden einer flachen Schale aus Hartgußeisen rollen, auf welchem der mit 8 Proz. Wasser angefeuchtete Pulversatz ausgebreitet ist. Ein Pflug von Bronze schiebt den auseinander gedrückten Satz wieder vor die Läufer.
Die Bearbeitung dauert unter mehrmaligem Anfeuchten 1½-2½ Stunden. Die von den Läufern genommenen kleinern und größern Kuchenstücke kommen in das Quetschwerk, das aus je zwei Paar übereinander liegenden, geregelten, sich gegeneinander drehenden Bronzewalzen besteht. Zum Pressen des Pulvers dienen hydraulische Pressen oder Walzen, welche durch Hebelwerke unter einem ganz bestimmten Druck aneinander gepreßt werden. In der hydraulischen Presse werden 40 auf den Preßtisch zwischen Segeltuch u. Kupferplatten aufeinander gelegte, 20 mm dicke Pulverschichten mit einem Druck von 120-130 kg auf das QZentimeter gepreßt.
Die Walzenpressen bestehen aus einem System von Trieb- und Druckwalzen, zwischen welche der Pulversatz durch eine Umlaufbahn (Tuch ohne Ende) geführt wird. Der Hebeldruck beträgt in Spandau 30,000 kg. Die aus der Presse hervorgegangenen Pulverkuchen kommen, gröblich zerstoßen, in die Körnmaschine, deren zur Zeit zwei Arten im Gebrauch sind. Die ältere, von Lefebvre [* ] (Fig. 1), besteht aus einem in kupfernen Stangen oder Tauen an der Zimmerdecke beweglich aufgehängten Holzrahmen D, der an seinem Umfang 8-12 Siebe B trägt, deren jedes mehrere Böden von verschiedener, den zu gewinnenden Körnergrößen entsprechender Maschenweite hat.
Der obere, aus starkem Messingblech mit großen Löchern, hat zwei Öffnungen mit einer bis nahe zum untern Siebboden reichenden Schaufel, auf welcher durch die Zentrifugalkraft die zu großen Körner wieder nach oben gelangen, wo sie durch eine mit ihnen rotierende Holzscheibe mit Bleieinguß weiter zerrieben werden. Auf das obere Sieb führt ein Aufschütttrichter A mit Schlauch und von jedem Siebboden ein Schlauch C nach unten in Kasten. Die Welle mit Exzenter versetzt den Rahmen mit 74 Umdrehungen in der Minute in rüttelnde Bewegung. Neuerdings ist zum Körnen der härter gepreßten Pulverkuchen für grobkörniges Pulver, wozu die Lefebvresche Maschine nicht hinreicht, eine Walzenkörnmaschine eingeführt. Sie besteht aus mehreren sich gegeneinander drehenden bronzenen Walzenpaaren, deren Man-
[* ] ^[Abb.: Fig. 1. Pulverkörnmaschine von Lefebvre.]
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tel längs und quer gereifelt ist. Zwischen ihnen werden die Körner nach und nach immer kleiner gebrochen und fallen dann auf Siebe mit Rüttelbewegung. Das gekörnte S. trocknet man bis zu einem gewissen Feuchtigkeitsgrad, poliert es dann zur Vermehrung seiner Dauerhaftigkeit in einer hölzernen Trommel mit 3000-3600 Umdrehungen und trocknet es, auf Rahmen ausgebreitet, mittels erwärmter Luft von 72° vollständig. Sodann wird es im Staubhaus durch eine Welle mit Staubflügeln, an welchen man die etwa halb mit Pulver gefüllten Staubsäcke befestigt, ausgestaubt. Hierauf folgt das Sortieren nach Körnergrößen. In Spandau verwendet man hierzu ein geneigtes Cylindersieb mit Achsendrehung, dessen Mantel am Füllende mit dem engen, am andern mit dem weiten Siebe bekleidet ist. Die so gewonnenen Pulversorten werden dann in den einzelnen Tagesablieferungen sowie eine Anzahl Tagesablieferungen unter sich vermengt, um ein möglichst gleichmäßiges Fabrikat zu erhalten.
Je feinkörniger und weniger dicht das S. ist, um so schneller brennt es ab, um so größer ist der momentan erzeugte Gasdruck, welcher bei großen Ladungen eine solche Höhe erreichen kann, daß die Waffe gefährdet wird. Man hat daher schon früh feineres Pulver für Gewehre und gröberes für Geschütze angewandt. Da nun in gezogenen Geschützen das Geschoß in seiner Bewegung einen gewissen Widerstand findet, so durfte man bei dem gewöhnlichen S. nur geringe Ladungsverhältnisse anwenden und erzielte dem entsprechend geringe Geschoßgeschwindigkeiten.
Als dann die Artillerie vor der Aufgabe stand, den Panzer zu besiegen, mußte man auf ein langsamer verbrennendes S. bedacht sein, welches mehr drückend als stoßend wirkte und dem Geschoß, solange es noch im Geschütz weilte, eine steigende Geschwindigkeit erteilte und somit auch eine Vergrößerung der Ladung gestattete, indem sich der Gasdruck nicht auf den hintern Teil des Rohrs konzentrierte, sondern sich auf das ganze Rohr verteilte. Es war also ein weniger »offensives« S. aus andern Bestandteilen oder das bisherige S. durch andre Anfertigung weniger offensiv herzustellen.
Man betrat den von den Amerikanern bereits eingeschlagenen Weg, welche bei Ausbruch des Sezessionskriegs den gemengten Pulversatz für Ladungen zu Kartuschen und Patronen preßten, günstige Resultate aber erst erzielten, als sie diese Pulverkörper längs und quer durchbohrten. Der amerikanische Kapitän Rodman wurde durch seine Untersuchungen zu der Vermutung geführt, daß der Gasdruck grobkörnigen Pulvers in Geschützen geringer sei als der des feinkörnigen, woraus hervorgehen würde, daß man mit ersterm bei gleichem Gasdruck eine größere Anfangsgeschwindigkeit der Geschosse erzielen könne, oder daß bei gleicher Leistung ersteres das Rohr weniger anstrenge als letzteres. Die Richtigkeit dieser Ansicht bewies Rodman 1860 durch seinen Gasdruckapparat, bei welchem ein Kolben D [* ] (Fig. 2) ein Messer C gegen die durch die Schraube A gehaltene Kupferplatte B preßt und in letzterer um so tiefere Kerben erzeugt, je stärker der Gasdruck im Rohr ist.
Rodmans Versuche führten zur Darstellung des ersten grobkörnigen Geschützpulvers, des sogen. Mammutpulvers, dessen unregelmäßige Körner 15,6-26 mm Durchmesser haben. Die großen Zwischenräume und die ungleichmäßige Lagerung dieses Pulvers in den Ladungen führten dann zum prismatischen Pulver. [* ] Fig. 3 zeigt ein solches Korn, welches nach dem Vorgang Rußlands als »prismatisches Pulver C/68« für die deutschen 15-26 cm Ringkanonen eingeführt ist. Das aus Geschützpulver gepreßte Korn mißt über Eck 40, der Kanal 4,5 mm, ist 24,8 mm hoch und wiegt 40,5 g bei einem spezifischen Gewicht von 1,66. Bei der Vergrößerung der Kaliber mußte aber ein noch langsamer verbrennendes Pulver zur Verwendung kommen, und man führte daher für die 28 cm und größern Kanonen ein Korn von 1,75 spez. Gew. und den äußern Abmessungen des vorigen, aber mit nur einem Kanal von 15 mm Weite als »prismatisches Pulver C/75« ein. Es wird mittels Pressen hergestellt, deren Konstruktion von Wischnigratzki angegeben wurde.
Ein von den vereinigten rheinisch-westfälischen Pulverfabriken und der Aktiengesellschaft Rottweil-Hamburg 1882 hergestelltes braunes S. gibt als prismatisches Pulver bei schweren Geschützen sehr günstige Resultate. Es verbrennt langsamer und erzeugt also geringern Gasdruck als das schwarze Pulver, so daß durch Vergrößerung der Ladung wesentlich größere Anfangsgeschwindigkeit und Stoßkraft der Geschosse erzielt wurde. Das Pulver ist auch haltbarer, weniger gefährlich und verbrennt unter geringerer Rauchentwickelung.
Das deutsche prismatische Pulver C/82 ist identisch mit dem braunen S. der Fabrik Rottweil-Hamburg, besteht aus 78 Salpeter, 19 brauner Kohle und 3 Schwefel und hat das spez. Gew. 1,86-1,87. Das deutsche Sprengladungspulver hat Körner von 6-10 mm Größe und gewährt große Sicherheit gegen die Entzündung der Geschoßladung im Geschützrohr. In England benutzt man seit 1860 für die Armstrong-Geschütze ein Pulver von der Korngröße von Haselnüssen; später wurde das Kieselpulver (pebble powder, kieselsteinähnlich) von 1,8 spez. Gew. und neben diesem 1867 für größere Kaliber das Cylinderpulver (Pellet-Pulver) eingeführt, dessen Körner 18 mm dick und 12 mm hoch sind, 6,43 g wiegen und 1,65-1,7 spez. Gew. haben.
Mit den Fortschritten der Kalibergröße hat man auch eine entsprechende Vergrößerung des Pulverkorns eintreten lassen. Die Gewehre von kleinem Kaliber (8 mm etc.) fordern ein S., welches wenig Rückstand hinterläßt, möglichst wenig Rauch gibt und aus kleinstem Raum eine große Kraft entwickelt. Man benutzte ein grobkörniges, sehr festes Pulver oder verdichtete die ganze Ladung über einen Dorn, mischte auch die Ladung aus verschieden schnell verbrennendem S. (Progressivladung). Andre benutzten ein Pikratpulver (Bruyère) oder Mischungen von Schießbaumwolle, S., Salpeter etc.; doch scheint bis jetzt (1888) die Frage noch nicht zu einem befriedigenden Abschluß gelangt zu sein.
Die Untersuchung des Schießpulvers bezieht sich auf 1) seine chemische Zusammensetzung, 2) seine Beschaffenheit und 3) seine ballistische Wirkung. Bei der Anfertigung tritt eine, wenn auch unbedeutende, Veränderung des Mischungsverhältnisses durch Ver-
[* ] ^[Abb.: Fig. 2. Rodmans Gasdruckmesser.
Fig. 3. Prismatisches Pulverkorn.]
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stauben etc. ein. Eine quantitative Analyse preußischen Schießpulvers ergab 74,49 Salpeter, 9,72 Schwefel, 15,79 Kohle (statt 74, 10, 16). Die zu prüfende Dichtigkeit des Schießpulvers bezieht sich auf die Ermittelung des kubischen und spezifischen Gewichts. Das erstere, in Litergemäßen ermittelt, beträgt für das deutsche grobkörnige Pulver 975 g, für das Gewehrpulver M/71: 915 g pro Liter. Zur Ermittelung des spezifischen Gewichts dient ein Dichtigkeitsmesser, ein ellipsoidales, an beiden Enden mit kurzen Röhrstücken, auf welche je ein Verschlußstück mit Hahn und Dichtungsring aufgeschraubt ist, versehenes Glasbassin. Es wird luftleer gepumpt, mit Quecksilber gefüllt und gewogen, wieder entleert, mit dem abgewogenen Untersuchungspulver und Quecksilber in gleicher Weise gefüllt, und es läßt sich nun aus der Gewichtsdifferenz das verdrängte Volumen Quecksilber und spezifische Gewicht des Pulvers berechnen.
Zur Bestimmung des spezifischen Gewichts prismatischen Pulvers hat Bode in Berlin eine Wage konstruiert [* ] (Fig. 4). Das auf dem Metallring stehende Glasgefäß ist mit chemisch reinem Quecksilber gefüllt. Die drei Arme der über dasselbe gehängten Wagschale haben nahe ihrem Vereinigungspunkt je eine abwärts gerichtete Stahlspitze, außerdem im Mittelpunkt zwischen diesen Spitzen eine vierte, welche durch eine Schraube 2 mm höher gestellt wird als jene. Die drei Spitzen werden auf das auf dem Quecksilber schwimmende Pulverkorn gesetzt und dieses durch Auflegen von Gewichten auf die Wagschale so weit eingetaucht, daß die mittlere Spitze die Oberfläche des Quecksilbers berührt. Das Gewicht der verdrängten Quecksilbermasse ist dann gleich dem Gewicht des Pulverkorns plus dem der Wagschale mit Gewichten, woraus sich das spezifische Gewicht in bekannter Weise berechnen läßt. - Zur Prüfung der Kraftäußerung oder ballistischen Wirkung des Schießpulvers bedient man sich jetzt allgemein des Chronoskops (s. d.) von Le Boulangé und zwar mit der Waffenart, für welche das Pulver bestimmt ist.
Die vielerlei bisher im Gebrauch befindlichen Vorrichtungen zum Probieren des Schießpulvers, als: der Probiermörser, die gezahnte Pulverprobe, die ballistischen Pendel etc., stehen in ihren Leistungen auf dem überholten Standpunkt der glatten Waffen und der frühern Pulverfabrikation, weshalb ihre Resultate für die gezogenen Waffen so gut wie wertlos sind. Über die Vorgänge bei der Verbrennung des Schießpulvers sind wertvolle Versuche von Noble und Abel geliefert worden.
Sie haben in stählernen Hohlkörpern von nahezu cylindrischer Form bis zu 1 kg S. verbrannt. An Zersetzungsprodukten entstehen bei der Verbrennung im abgeschlossenen Raum 57 Proz. feste und 43 Proz. gasförmige Körper (nach Bunsen und Schischkow 68, resp. 32 Proz.). Das Volumen der Gasmenge von 1 g S., auf 0° Wärme und 760 mm Barometerstand reduziert, beträgt nach den ältern Versuchen 330,9, nach Bunsen 193,1, nach Noble und Abel 280 ccm. Die bei der Verbrennung entstehende Wärme fanden Noble und Abel zu 2200° C. (Bunsen zu 3340° C.). Die größte Gasspannung bei der Verbrennung des Schießpulvers findet dann statt, wenn dasselbe den Raum, in welchem es zur Explosion gebracht wird, vollständig ausfüllt und dieser dabei keine Vergrößerung erfährt. Noble und Abel fanden den Maximalgasdruck zu 6400 Atmosphären, zu dessen Messung sie sich des von Noble konstruierten Gasdruckmessers (crusher gauge, [* ] Fig. 5) bedienten, welcher nach englischen Versuchen zuverlässigere Resultate liefern soll als der Rodmansche.
Die Größe des Druckes wird aus der Stauchung eines Metallcylinders B, welcher am Geschoßboden und im Ladungsraum aus Kupfer, nach der Mündung zu aus Blei besteht und zwischen einem Stempel A und einen Amboß C ruht, ermittelt. Bunsen ermittelte den Gasdruck des Jagdpulvers zu 4373 Atmosphären, Rumford berechnete ihn (1797) auf 54,000 Atmosphären. Nach Violett entzündet sich S. bei rascher Temperaturerhöhung bei 270-320° C., nach Horsley bei 315°, nach Laygue und Champion Geschützpulver bei 295° C.
Um die mancherlei Übelstände des schwarzen Schießpulvers zu beseitigen, sind in neuerer Zeit unzählige Zusammensetzungen von Pulver für verschiedene Gebrauchszwecke empfohlen worden. Aus allem geht hervor, daß das bisherige S. der jetzigen verbesserten Fabrikation durch keine der vorgeschlagenen und versuchten Mischungen ersetzbar ist, wenn es sich um das Schießen aus Feuerwaffen handelt; als Sprengpulver ist es dagegen meist vorteilhaft durch die zahlreichen Nitroverbindungen verdrängt worden.
Bennet bereitet Sprengpulver mit sehr festem Korn aus 65 Kalisalpeter, 10 Kohle, 10 Schwefel, 7 Kalk;
Neumeyer in Taucha aus 72 Salpeter, 18 Kohle, 10 Schwefelblumen, mit 40 Proz. Wasser gemengt, das sich gut bewährt haben soll;
Schäffer und Budenberg aus 30-38 Kalisalpeter, 40 Natronsalpeter, 8-12 Schwefel, 7-8 Holzkohle, 3-4 Steinkohle, 4-6 Seignettesalz;
Matteen aus 47 Natron-, 18 Kalisalpeter, 17 Schwefel, 12 Sägemehl, 6 kohlensaurem Natron.
Viele Vorschläge wollen statt Kohle Kleie, Lohe u. dgl. m. verwendet wissen. Augendres Weißpulver besteht aus 50 chlorsaurem Kali, 25 Blutlaugensalz, 25 weißem Zucker. Unter den zum Schießen verwendeten Nitropräparaten hat das Schultzesche Pulver die meiste praktische Bedeutung nächst der Schießbaumwolle (s. d.) erlangt. Von allen Saftbestandteilen gereinigten Holzstoff hat Schultze in einer Mischung von Salpetersäure und Schwefelsäure und nach dem Auswaschen mit dünner Sodalösung und Trocknen mit einer Lösung von Kalisalpeter und Blutlaugensalz getränkt. Es wirkt sehr offensiv, gibt aber wenig und nicht übelriechenden Rauch und wurde daher bei Jagdgewehren und zur Zimmerfeuerwer-
[* ] ^[Abb.: Fig. 4. Bodesche Quecksilberwage.]
[* ] ^[Abb.: Fig. 5. Nobles Gasdruckmesser.]
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kerei benutzt. In neuester Zeit soll es verbessert worden sein und nun auch gleichmäßiger wirken. Das Uchatiussche Pulver besteht aus Kartoffelstärke, die mit 8 Teilen rauchender Salpetersäure und 16 Teilen Schwefelsäure übergossen, in Wasser gewaschen und dann getrocknet wurde. Auch das Pikratpulver von Designolle, dessen Hauptbestandteil pikrinsaures Kali neben etwa 10 Proz. Kalisalpeter ist, hat sich trotz vieler Versuche nicht zum Schießen geeignet herstellen lassen; dagegen wurde es zur Ladung der Torpedos in Frankreich eingeführt. - Über die Erfindung des Schießpulvers ist nichts Sicheres bekannt.
Die Chinesen und Araber haben schon in den ältesten Zeiten Zündmischungen gekannt, auch zu Brandpfeilen verwendet. Marcus Gräcus, der zwischen dem 8. u. 12. Jahrh. lebte, gibt in seinem »Liber ignium ad comburendos hostes« genaue Anleitung zur Bereitung von Raketen und Petarden aus Gemischen von Salpeter, Schwefel und Kohle. Das griechische Feuer, das durch Kallinikos nach Konstantinopel kam, und die Zündmittel der Sarazenen, welche den Kreuzrittern so großen Schrecken einflößten, waren ähnliche Zündmischungen, meist mit Ballisten geworfen.
Die Araber sollen zuerst mit S. aus Kanonen geschossen haben. Bei der Belagerung von Baza 1323 durch den König von Granada wurden Kanonen gebraucht. Albertus Magnus und Roger Bacon berichten ausführlich über das S. Wann das S. in Deutschland bekannt wurde, ist nicht nachweisbar; sicher ist, daß 1340 in Augsburg, 1344 in Spandau und 1348 in Liegnitz eine Pulverfabrik bestand. Über Berthold Schwarz als Erfinder des Schießpulvers s. Schwarz, Berthold.
Vgl. Rutzky, Theorie der Schießpräparate und innern Ballistik (Wien 1870);
Upmann, Das S., dessen Geschichte etc. (Braunschw. 1874);
Böckmann, Die explosiven Stoffe (Wien 1880).