Scherben
gericht,
s. Ostrazismus.
Scherbengericht
3 Wörter, 33 Zeichen
Scherbengericht,
s. Ostrazismus.
(griech. Ostrakismos, Scherbengericht), ein Volksgericht bei den alten Griechen, hauptsächlich zu Athen, [* 3] aber auch in Argos, Megara, Milet und Syrakus, [* 4] wo es Petalismos (»Blättergericht«) hieß, welches Männer, die ein die Freiheit des Staats gefährdendes Ansehen erlangt hatten oder durch ihre Opposition die ruhige Entwickelung des Gemeinwesens störten, verbannte, ohne daß sie jedoch an Ehre und Vermögen dadurch geschädigt wurden. In Athen wurde der Ostrazismus 509 v. Chr. durch Kleisthenes eingeführt.
Das Volk ward alljährlich zu einer Abstimmung darüber abgefordert, ob der Ostrazismus vorzunehmen sei oder nicht. Wurde die Frage bejaht, so gab in der nächsten, von den neun Archonten und dem Rat der Fünfhundert geleiteten Volksversammlung jeder Bürger seine Stimme, auf ein Ostrakon (Scherbe, irdenes Täfelchen) geschrieben, ab, und wenn einer 6000 Stimmen gegen sich hatte, mußte derselbe auf zehn, später auf fünf Jahre das Land verlassen; doch konnte er durch Volksbeschluß auch früher zurückgerufen werden. Der erste vom Ostrazismus Betroffene war Hipparchos, des Charmos Sohn. Aber auch Kleisthenes selbst wurde wegen eines Bündnisses mit Persien [* 5] durch den Ostrazismus verbannt (507), ferner Aristeides (483), Themistokles (470), Kimon (459), Thukydides, des Melesias Sohn (444); der letzte war der Demagog Hyperbolos (417), nach dessen Verbannung der Ostrazismus in Mißkredit kam und nicht mehr angewandt wurde.
Vgl. Lugebil, Über das Wesen des Ostrazismus (Leipz. 1861).