Schemnitz
(ungar. Selmeczbánya), königl. freie Bergstadt im ungar. Komitat Hont und Endstation der ungarischen Staatsbahnlinie Gran-Breznitz-S., liegt (570 m ü. M.) terrassenförmig in einem tiefen, von schroffen Bergwänden gebildeten Kesselthal am gleichnamigen Bach, besteht aus der eigentlichen Stadt, den Bergvororten Hodritsch, Schüttrisberg, Steplitzhof, Oberfuchslos und Windschacht sowie aus der 1868 mit S. vereinigten freien Bergstadt Dilln (Bélabánya) und hat 3 kath. Kirchen, eine 1744 auf einem nahen Basalthügel erbaute Kalvarienkirche (großer Wallfahrtsort), 2 Klöster und eine evang. Kirche.
Hervorragende Gebäude sind das
Alte
Schloß, das
Neue
Schloß (Jungfernschlößchen), der Kammerhof (Bergdirektion), die neue
Bergakademie und das
Laboratorium.
[* 2] S. zählt (1881) 15,265 Einw.
(Slowaken: 11,662, Deutsche
[* 3] und
Ungarn),
[* 4] die hauptsächlich
Bergbau
[* 5] treiben, und hat eine große Tabaksfabrik. Die sogen. Schemnitzer
Thonpfeifen werden in großen
Massen bis nach
Amerika
[* 6] ausgeführt. Überdies werden daselbst auch Violinsaiten erzeugt; die
Familien der
Bergleute beschäftigen sich mit Spitzenklöppelei. Außer der von
Maria Theresia 1760 gegründeten berühmten
Berg- und
Forstakademie (mit
Bibliothek, chemischen und hüttenmännischen Laboratorien, Mineraliensammlungen,
meteorologischer Anstalt und Maschinenhalle) besteht dort ein kathol. Obergymnasium und ein
evangel.
Lyceum.
S. hat eine
Berg- und
Forst- und eine Tabaksfabrikdirektion, ein Tabaksmagazin, ein Bergwerksprodukten-, ein
Hütten- und ein Bergamt und ein zweites Bergamt in Windschacht (Szélakna). Die berühmten
Erzlagerstätten
[* 7] des Schemnitzer
Bergbaues führen
gold-, silber-, blei- und teilweise kupferhaltige
Silber- und Bleierze. Der größte Teil
des
Bergbaues (zwei Drittel), dessen im
Grünstein-Trachyt aufgeschlossene
Gänge sich meilenweit bis in das Granthal und bis
Königsberg
[* 8] erstrecken, ist Staatseigentum und wird mit dem
Namen »Oberbieberstollen« bezeichnet.
Zur Ableitung der Grubenwasser und Aufschließung des Tiefbaues bestehen elf Erbstollen. Der älteste, der Biebererbstollen, wurde im 14. Jahrh. 595 m ü. M. angeschlagen und ist 8600 m lang. Der 1494 begonnene Handel-Hodritscherbstollen hat eine Länge von 25,000 m, der 1549 angeschlagene Dreifaltigkeitserbstollen eine von 14,000 m. Der wichtigste ist der Kaiser Joseph II.-Erbstollen (1782, mit einer Länge von 18,000 m und einem 16,538 m langen Hauptquerschlag), welcher die Grubenwasser in den Granfluß ableitet.
Die Gesamtlänge der ausgefahrenen Strecken beträgt 367 km. Zur Förderung der Erzeugnisse dienen Eisenbahnen (46,668 m Länge), hölzerne Hundläufe (39,240 m), 5 Dampf- und 2 Wassersäulenmaschinen, [* 9] 2 Turbinen, 3 Kehrräder und 7 Pferdegöpel, zur Aufbereitung der Pochgänge hingegen 1134 Pochstempel, ein Walzenpaar, 2 Setzmaschinen, 293 Stoß-, 6 Kehr-, 222 Plachen-, 3 Dreh- und 112 Liegenherde. Der tiefste Schacht ist der 540 m tiefe Amalienschacht. Bei den Werken der Windschachter königlichen Bergverwaltung werden 2500 Männer und 350 Kinder beschäftigt. Die Jahresproduktion betrug 1883: 2800 Ton. einlösungswürdige Erze und 50,000 T. Pocherze, aus denen 120 kg Gold, [* 10] 4300 kg Silber, 173 metr. Ztr. Kupfer [* 11] und 8200 metr. Ztr. Blei [* 12] gewonnen wurden. Die Teiche zur Ansammlung und Sicherung des für die Förderungs- und Aufbereitungsmaschinen nötigen Wassers haben einen Fassungsraum von 6,250,000 cbm, die Sammlungsgräben sind 70, die Leitungsgräben 56 km lang. Im ¶
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königlichen Hüttenamt zu S. (200 Arbeiter) wurden 1883: 65,000 metr. Ztr. Grubengefälle mit 166 kg Gold, 6190 kg Silber, 7900 metr. Ztr. Blei und 180 metr. Ztr. Kupfer eingelöst. Als Hilfszweige besitzt der Oberbieberstollen eine Schmiede-, Schlosser-, Maschinenwerkstätte, eine Drahtseilfabrik und 3 Dampfbrettsägen. Der Privatbergbau, zumeist unter der Prinzipalität der Stadt S. und der Gerambschen Union, bildet den dritten Teil vom Gesamtbergwerk dieses Reviers. - S. ist die älteste Bergstadt in Ungarn, deren Bergbau schon unter der Römerherrschaft bekannt war. Es wurde im 12. Jahrh. vom König Bela zur königlichen Freistadt erhoben und von flandrischen und niedersächsischen Kolonisten bevölkert. Seit Ende des 16. Jahrh. aber ward S. fast ganz slowakisiert, und erst seit 1848 hat die Magyarisierung nennenswerte Fortschritte gemacht. Unter den der Stadt zunächst gelegenen Bädern sind die besuchtesten Vihnye und Szkleno (s. d.).
Vgl. Péch, Geschichte der Schemnitzer
Bergbauunternehmungen.