Scheidewasser
,
s. v. w. Salpetersäure.
Scheidewasser
3 Wörter, 40 Zeichen
Scheidewasser,
s. v. w. Salpetersäure.
Salpeter, flammender -
* 2
Seite 14.225.(Scheidewasser) HNO3 findet sich nicht im freien Zustand in der Natur, aber weitverbreitet an Basen gebunden, in großer Menge als Natriumsalz (Chilisalpeter), als Kaliumsalz (s. Salpeter), auch als Calcium- und Magnesiumsalz im natürlichen Salpeter, als Ammoniumsalz in den atmosphärischen Niederschlägen. Kleine Mengen von Salpetersäuresalzen (Nitraten) finden sich in der Ackerkrume, in vielen Quell- und Flußwassern. Meist ist in diesen natürlichen Nitraten auch salpetrige Säure (HNO2 ) nachweisbar, und vielleicht entsteht S. stets aus dieser; jedenfalls treten beide ganz allgemein nebeneinander auf.
Gase (Physikalisches)
* 3
Gase.Schlagen elektrische Funken anhaltend durch ein Gemisch von Sauerstoff und Stickstoff (z. B. atmosphärische Luft), so verbinden sich beide Gase, [* 3] und es entstehen rote Dämpfe von Stickstofftrioxyd, bei Gegenwart von Wasser und Alkali salpetrige Säure, die dann weiter in S. übergeht. Daher sind beide Säuren im Gewitterregenwasser nachweisbar. S. bildet sich auch, wenn verschiedene Körper, wie Wasserstoff, Ammoniak, in einem Gemisch von Stickstoff und Sauerstoff (also in atmosphärischer Luft) verbrennen.
Kreibitz - Kreideforma
* 5
Kreide.Bei den gewöhnlichen Verbrennungsprozessen entsteht salpetersaures Ammoniak, und dieses ist in den atmosphärischen Niederschlägen nachweisbar. Salpetrigsaures Ammoniak findet sich in der ausgeatmeten Luft. Auch bei Verwesungsprozessen wird S. gebildet. Am häufigsten und reichlichsten entstehen salpetrige Säure und S. aus Ammoniak, z. B. wenn man Kupferdrehspäne oder Platinschwarz mit Ammoniak befeuchtet der Luft aussetzt. Bei 300° bildet Platinschwamm aus Luft und Ammoniak oder kohlensaurem Ammoniak oder Chlorammonium S.; auch wenn Ammoniak über erhitztes Mangansuperoxyd geleitet wird, bei Behandlung von schwefelsaurem Ammoniak mit chromsaurem Kali und Schwefelsäure, [* 4] bei Einwirkung von Ammoniak und Luft auf mit Ätzkalilösung befeuchtete Kreide [* 5] bei 100° entsteht S. Bei der Fäulnis stickstoffhaltiger Substanzen (Eiweiß, Leim, überhaupt tierische Stoffe) entweicht der Stickstoff in Form von Ammoniak; sind aber Basen oder kohlensaure Salze der Alkalien oder alkalischen Erden zugegen, so wird das Ammoniak zu S. oxydiert. So entsteht z. B. der natürliche Salpeter besonders in wärmern Ländern in einem mit organischen Stoffen, Urin oder Exkrementen geschwängerten, Kalk und Alkalien enthaltenden Boden und an Stallmauern.
Dieser Prozeß ist einer Gärung vergleichbar und verläuft, wie es scheint, unter dem Einfluß eines Ferments, welches, wie bei der alkoholischen Gärung, aus niedern Organismen besteht. Tötet man letztere und entzieht der hinzutretenden Luft die Keime, aus welchen sich von neuem Ferment entwickeln würde, so findet keine Salpeterbildung statt. Ozon oxydiert Ammoniak sehr leicht, und da es weitverbreitet in der Natur vorkommt und überall auch Ammoniak vorfindet, so erscheint die Oxydation des Ammoniaks durch Ozon als einer der wichtigsten Salpeterbildungsprozesse in der Natur. In lockern, porösen Materialien, wo Ammoniak, Feuchtigkeit und Luft mit kohlensaurem Kalk oder Kali zusammentreffen, entsteht S. Das Ammoniak wirkt dabei zum Teil auch als Base, und es entsteht salpetersaures Ammoniak, welches durch den kohlensauren Kalk zersetzt wird. Die langsame Verbrennung des Humus veranlaßt, wie die des mit Ammoniak befeuchteten Kupfers, die Oxydation des Ammoniaks.
Haut (anatomisch)
* 6
Haut.Reine S. ist farblos, raucht an der Luft, ist sehr hygroskopisch, riecht schwach eigentümlich, wirkt außerordentlich ätzend und erzeugt auf der Haut [* 6] schmerzhafte tiefe Wunden. Das spezifische Gewicht ist 1,52; sie erstarrt bei -50°, siedet bei 86° unter beginnender Zersetzung in Wasserstoff, Sauerstoff und Stickstoffperoxyd, färbt sich auch am Licht [* 7] gelb und erwärmt sich beim Mischen mit Wasser. Den Gehalt von S. bei verschiedenem spezifischen Gewicht zeigt die Tabelle:
°B. | Spez. Gew. | 100 Teile enthalten bei 15° | |
---|---|---|---|
Salpetersäure | Salpetersäureanhydrid | ||
0 | 1,000 | 0.2 | 0.1 |
1 | 1,007 | 1.5 | 1.3 |
2 | 1,014 | 2.6 | 2.2 |
3 | 1,022 | 4.0 | 3.4 |
4 | 1,029 | 5.1 | 4.4 |
5 | 1,036 | 6.3 | 5.4 |
6 | 1,044 | 7.6 | 6.5 |
7 | 1,052 | 9.0 | 7.7 |
8 | 1,060 | 10.2 | 8.7 |
9 | 1,067 | 11.4 | 9.8 |
10 | 1,075 | 12.7 | 10.9 |
11 | 1,083 | 14.0 | 12.0 |
12 | 1,091 | 15.3 | 13.1 |
13 | 1,100 | 16.8 | 14.4 |
14 | 1,108 | 18.0 | 15.4 |
15 | 1,116 | 19.4 | 16.6 |
16 | 1,125 | 20.8 | 17.8 |
17 | 1,134 | 22.2 | 19.0 |
18 | 1,143 | 23.6 | 20.2 |
19 | 1,152 | 24.9 | 21.3 |
20 | 1,161 | 26.3 | 22.5 |
21 | 1,171 | 27.8 | 23.8 |
22 | 1,180 | 29.2 | 25.0 |
23 | 1,190 | 30.7 | 26.3 |
24 | 1,199 | 32.1 | 27.5 |
25 | 1,210 | 33.8 | 28.9 |
26 | 1,221 | 35.5 | 30.4 |
27 | 1,231 | 37.0 | 31.7 |
28 | 1,242 | 38.6 | 33.1 |
29 | 1,252 | 40.2 | 34.5 |
30 | 1,261 | 41.5 | 35.6 |
31 | 1,275 | 43.5 | 37.3 |
32 | 1,286 | 45.0 | 38.6 |
33 | 1,298 | 47.1 | 40.4 |
34 | 1,309 | 48.6 | 41.7 |
35 | 1,321 | 50.7 | 43.5 |
36 | 1,334 | 52.9 | 45.3 |
37 | 1,346 | 55.0 | 47.1 |
38 | 1,359 | 57.3 | 49.1 |
39 | 1,372 | 59.6 | 51.1 |
40 | 1,384 | 61.7 | 52.9 |
41 | 1,398 | 64.5 | 55.3 |
42 | 1,412 | 67.5 | 57.9 |
43 | 1,426 | 70.6 | 60.5 |
44 | 1,440 | 74.4 | 63.8 |
45 | 1,454 | 78.4 | 67.9 |
46 | 1,470 | 83.0 | 71.1 |
47 | 1,485 | 87.1 | 74.7 |
48 | 1,501 | 92.6 | 79.4 |
49 | 1,516 | 96.0 | 82.3 |
49.5 | 1,524 | 98.0 | 84.0 |
49.9 | 1,530 | 100.0 | 85.7 |
Salpetersäure (Gewinnu
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Seite 14.226.Zur Darstellung von S. destilliert man aus einer Retorte Kalisalpeter oder Natronsalpeter mit konzentrierter Schwefelsäure. Zur Darstellung der ¶
S. im großen benutzt man nur den billigen Natronsalpeter, destilliert aus gußeisernen Cylindern und leitet die Dämpfe der S. in eine Reihe zweihalsiger, untereinander verbundener Steinkrüge, welche etwas Wasser enthalten. Die hier nicht verdichteten Dämpfe werden schließlich in einen Koksturm geleitet, in welchem Wasser herabtröpfelt. Einen Kondensationsapparat, der nur im Fall einer Ausbesserung auseinander zu nehmen ist und daher bedeutende Ersparnisse gewährt, auch größere Ausbeute liefert, zeigen die Figuren 1-3. Die Dämpfe kommen durch das Rohr A aus dem Zersetzungsapparat und treten zunächst in die Vorlage B, welche die in [* 8] Fig. 2 angegebene Einrichtung besitzt.
Die hier verdichtete Säure fließt in die Sammelflasche B'. Im mittlern Tubulus der Flasche [* 9] B steckt ein Tropftrichter P [* 8] (Fig. 3), um hier Wasser zufließen lassen zu können. Die in B nicht verdichteten Dämpfe gehen weiter durch die Flaschen C, D, D', E, F, G, G' nach H. Von diesen Flaschen sind die vier untern mit Abflußröhren versehen, welche die verdichtete Säure durch eine gemeinsame Röhrenleitung der Sammelflasche O zuführen. Die vier obern Flaschen sind unten trichterförmig gestaltet und in die mittlern Tubulaturen der untern eingesetzt.
Hahn (Vogel) - Hahn (t
* 10
Hahn.Auch hier sind Tropftrichter P P angebracht, um Wasser oder verdünnte Säure zuleiten zu können. Die zuletzt in H noch nicht verdichteten Dämpfe gehen durch die mit Bimsstein gefüllten Flaschen I, I', I'' und ein thönernes Schlangenrohr, welches in einem Kühlfaß liegt und durch den Hahn [* 10] M mit Wasser gespeist wird, so daß der Bimsstein durch herabrieselndes Wasser stets feucht erhalten bleibt. Die hier verdichtete Säure fließt in die Flasche N und wird statt Wassers in die Vorlagen geleitet.
Bei Anwendung gleicher Moleküle Salpeter und Schwefelsäure bleibt ein saures Salz [* 11] zurück, welches flüssig aus dem Destillationsgefäß abgelassen werden kann; nimmt man aber 2 Moleküle Salpeter auf 1 Molekül Schwefelsäure, so wird das zweite Molekül des Salpeters bei genügend erhöhter Temperatur durch das saure schwefelsaure Alkali zwar auch zersetzt, zugleich wird aber auch ein Teil der S. zersetzt, und es entsteht Stickstoffperoxyd, welches von dem Wasser in den Steinkrügen zwar teilweise zurückgehalten wird, aber zur Vermeidung von Verlusten die Anwendung von Kokstürmen fordert, durch welche man die aus den Krügen entweichenden Gase leitet.
Desterro - Destillatio
* 12
Destillation.Die konzentrierte S., auch die in Glasgefäßen bereitete, ist durch einen größern oder geringern Gehalt von Stickstofftetroxyd gelblich gefärbt, da stets ein kleiner Teil der S. zersetzt wird. An Stickstofftetroxyd sehr reiche rotbraune, sogen. rote rauchende S. erhält man durch Destillation [* 12] von Salpeter mit einem Gemisch von gewöhnlicher und rauchender Schwefelsäure, wobei man, um genügend Stickstofftetroxyd zu bilden, während der Destillation noch einige Stückchen Holzkohle in die Retorte wirft.
Die rauchende S. stößt an der Luft dichte rotbraune Dämpfe aus und hat das spez. Gew. 1,55; sie wird durch mäßiges Erwärmen u. Einleiten eines Luftstroms gebleicht und hat dann das spez. Gew. 1,5. Das doppelte Scheidewasser des Handels von 1,4-1,42 spez. Gew. enthält 65-70 Proz. S., einfaches Scheidewasser von 1,35-1,38 spez. Gew. 55-60 Proz. S., reine S. von 1,185 spez. Gew. 30 Proz. S. Die rohe S. enthält fast immer Chlor, Jod, Stickstofftetroxyd, salpetrige Säure, etwas Schwefelsäure, Natron, Eisen [* 13] etc. und wird durch Rektifikation, wobei man die Vorlage wechselt, sobald chlorfreie Säure übergeht, und einen Rückstand läßt, gereinigt.
Gold (Gewinnung aus ge
* 15
Gold.S. wirkt sehr kräftig oxydierend auf die Nichtmetalle und Metalle (Blei, [* 14] Eisen, Silber werden von sehr starker S. nicht angegriffen). Sie heißt Scheidewasser, weil sie aus einer Goldsilberlegierung Silber löst, Gold [* 15] aber nicht. Auf organische Stoffe wirkt S. höchst energisch, oft unter Bildung von Oxalsäure u. Kohlensäure. Auf manche Verbindungen wirkt starke S. substituierend, indem an die Stelle von 1 Atom Wasserstoff die Atomgruppe NO2 , tritt.
Diese Substitutionsprodukte heißen Nitroverbindungen. S. entfärbt Indigolösung, färbt Haut, Nägel, [* 16] Wolle gelb. Mit Salzsäure bildet sie das Königswasser u. mit Basen nur eine Reihe von Salzen. Das Anhydrid (Stickstoffpentoxyd, wasserfreie S.) N2O5 entsteht bei Einwirkung von trocknem Chlor auf trocknes salpetersaures Silberoxyd, bildet große, farblose Kristalle, [* 17] ist äußerst flüchtig, schmilzt bei 30°, siedet bei 45°, explodiert bei stärkerm Erhitzen, auch bei längerm Aufbewahren, verhält sich meist passiv gegen Metalle, gibt mit Wasser unter starker Erhitzung S.
Die S. dient häufig als Oxydationsmittel zur Darstellung von Schwefelsäure, Phosphorsäure, Jodsäure, vieler Metallpräparate, wie Eisenbeize, Quecksilber- und Silbernitrat, Arsensäure, Knallquecksilber etc., zum Scheiden des Goldes vom Silber, zum Ätzen der Kupferdruckplatten, zum Gelbbrennen von Bronze [* 18] und Messing, zum Brünieren des Eisens, zum Färben des Goldes, zur Darstellung von Nitrobenzol,
Salpetersäure, salpetr
* 19
Seite 14.227.[* 8] ^[Abb.: Fig. 1-3. Kondensationsapparat für die Darstellung von Salpetersäure.] ¶
Nitronaphthalin, Nitroglyzerin, Schießbaumwolle Pikrinsäure, Martiusgelb, Phthalsäure, Anthrachinon, Oxalsäure, Dextrin, zum Gelbfärben der Seide, [* 20] zum Erzeugen gelber Muster auf blauem Grund in der Kattundruckerei etc.; in der Medizin dient rauchende S. als Ätzmittel, verdünnte S. bei schlecht eiternden Wunden, Frostbeulen, Hautkrankheiten [* 21] etc. S. war vielleicht schon den alten Ägyptern bekannt. Die Darstellung beschrieb zuerst Geber, und nach seiner Methode (Erhitzen von Kupfervitriol mit Alaun [* 22] und Salpeter) bereiteten sie auch die spätern Alchimisten, welche sie besonders zum Scheiden von Gold und Silber benutzten und daher Scheidewasser nannten. Die Darstellung aus Salpeter und Schwefelsäure lehrte Joh. Rud. Glauber.