(Nachrichter), die seit dem Ende des Mittelalters übliche Bezeichnung von Personen, welche die durch Richterspruch
verhängte Todesstrafe der Enthauptung von Amts wegen zu vollstrecken haben. Nach dem ältesten germanischen Rechtsgebrauch
stand der das Urteil findenden Gemeinde oder dem Kläger mit seinem Anhang die Strafvollstreckung zu. Dann fiel dieselbe in der
Regel den Fron- oder Gerichtsboten zu; an manchen Orten aber bestand der seltsame Gebrauch, daß der jüngste
Schöffe, selbst mitunter der jüngste Ehemann oder gar der nächste Anverwandte des Verurteilten die Hinrichtung vollziehen
mußte.
Nachdem es aber Brauch geworden, die Exekution besondern Individuen zu übertragen, machte man einen Unterschied zwischen S.
und Henker, indem man jenem die Vollstreckung der Enthauptung, als nicht entehrender Todesstrafe, den Henkern aber, die gewöhnlich
in den Diensten des Scharfrichters standen und ihr Amt unter dessen Aufsicht ausübten, die für entehrend geltenden Arten der
Todesstrafe, wie Hängen, Rädern, Vierteilen, Verbrennen etc., sowie die Folterung zuwies.
Wiewohl nun nach den Reichsgesetzen den S. niemals Unehrlichkeit oder Anrüchigkeit treffen sollte, trug
er doch in der öffentlichen Meinung gleich den Henkern und Abdeckern einen Makel an sich, von welchem das Scharfrichtergewerbe,
das sich regelmäßig von dem Vater auf den Sohn fortzuerben pflegt, noch jetzt nicht ganz frei ist. Das Meisterstück
des Scharfrichters besteht in der kunstgerechten Enthauptung eines Verurteilten. Das Scharfrichterschwert war mit einer geraden,
breiten, zweischneidigen Klinge versehen, welche vorn breiter als am Griff war, den man mit zwei Händen fassen konnte. In neuerer
Zeit werden die Enthauptungen mit dem Beil und zwar meistens mit dem Fallbeil vollzogen (s. Guillotine).
Vgl. Beneke, Von unehrlichen Leuten (Hamb. 1863).
Nachrichter, Meister Hans, Meister Kämmerling, Schelm, seit dem Ende des Mittelalters übliche Benennung
für denjenigen, der die gerichtlich verhängte Todesstrafe der Enthauptung von Amts wegen vollstreckt. In ältester german.
Zeit gehörte die Strafvollstreckung der urteilfindenden Gemeinde oder dem Kläger und seinem Anhange,
und dieser Brauch erhielt sich stellenweise bis ins 16. Jahrh. Doch hatten schon die Grafen der alten fränk. Monarchie auch
eigene Kerkermeister und Henker.
Gewöhnlich aber fiel in den nächsten Jahrhunderten die Hinrichtung dem Froneboten oder dem Gerichtsboten zu. An manchen
Orten war sogar der jüngste Schöffe oder der jüngste Ehemann gehalten, die Hinrichtung zu vollziehen,
ja selbst der nächste Verwandte des Verurteilten, oder von mehrern Verurteilten brachten einige den Spruch an den übrigen
zur Vollstreckung und befreiten sich dadurch selbst von der Hinrichtung. In den Städten wurde die Todesstrafe meist durch einen
Unterbeamten des Vogts vollstreckt.
Wie man in Rom unterschieden hatte zwischen dem für unehrlich geltenden Carnifex, der die Strafen vollzog, mit denen nur Sklaven
und Fremde belegt wurden, also namentlich die Kreuzigung und die Folterung, und dem Liktor (s. Liktoren),
der nur an Bürgern den Spruch vollstreckte, so unterschied man auch in Deutschland, nachdem besondere Personen
zu diesem Zwecke gebraucht wurden, allmählich zwischen dem S. und dem Henker. Jenem, dem S., fiel die Vollziehung der nicht
entehrenden, keine eigenhändige Berührung des Verbrechers erfordernden Todesstrafe der Enthauptung, und bei den übrigen
die Aufsicht zu; den Henkern dagegen, die unter dem S. und gewöhnlich in dessen Diensten standen,
blieben
die entehrenden Todesstrafen des Hängens, Räderns, Vierteilens, Verbrennens u.s.w. und die Folterung, und dazu gesellte
sich auch in der Regel das allerdings nicht notwendig damit verbundene Geschäft des Abdeckers (s. d.). Nach den Reichsgesetzen
traf zwar den eigentlichen S. niemals Unehrlichkeit oder Anrüchigkeit, aber das allgemeine Vorurteil
warf ihn durch lange Zeit mehr oder minder mit den Henkern und Abdeckern zusammen, versagte ihm das städtische Bürgerrecht,
gebot ihm eine auszeichnende Kleidung und wies ihm in der Kirche einen besondern Stand und beim Abendmahl die letzte Stelle an.
Die S. bildeten ehemals eine Art von Kaste oder Zunft, und ihr Meisterstück bestand in der gelungenen
Enthauptung eines Verurteilten, für die sie sich an aufgehängten Tieren oder Scheiben einübten. Gegenwärtig müssen sowohl
der S. wie sein Gehilfe vereidigt sein, und ihr Lohn ist entweder überhaupt gesetzlich bestimmt oder wird für den einzelnen
Fall nach den Grundsätzen über die Verbindlichkeit zur Übernahme öffentlicher Geschäfte bemessen.
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Vgl. Beneke, Von unehrlichen Leuten (2. Aufl., Berl. 1889).