Titel
Schadow,
1) Johann Gottfried, Bildhauer, geb. zu Berlin, besuchte das Gymnasium zum Grauen Kloster daselbst, erhielt daneben von einem Bildhauer Zeichenunterricht, kam dann in das Atelier des Bildhauers Tassaert, entfloh aber bald mit seiner Geliebten, einer gebornen Österreicherin, nach Wien und besuchte von da 1785 auf Kosten seines Schwiegervaters Italien. Hier widmete er sich mit Eifer dem Studium der Antike und gewann schon im folgenden Jahr mit einer Gruppe des Perseus und der Andromeda einen Preis.
Nach Berlin zurückgekehrt, wurde er 1788 an Stelle des verstorbenen Tassaert Hofbildhauer. Sein erstes größeres Werk, das er hier ausführte, war das Denkmal des im Knabenalter verstorbenen Grafen von der Mark, eines natürlichen Sohns des Königs Friedrich Wilhelm II., in der Dorotheenkirche zu Berlin (1790), in welchem er an Stelle der oberflächlichen Kunst des Rokoko bereits die strengere, der Antike abgelernte Formengebung setzte. 1795 modellierte er die Quadriga für das neuerrichtete Brandenburger Thor, welche von Jury in Potsdam in Kupfer getrieben ward.
Andre Werke aus derselben Zeit sind: die trefflichen Reliefs im Parole- und gelben Pfeilersaal des königlichen Schlosses zu Berlin;
die Marmorstatue Friedrichs d. Gr. zu Stettin;
die des Generals v. Zieten, die erste historisch-realistische Porträtstatue der neuern deutschen Kunst (das Marmororiginal in der Kadettenanstalt zu Lichterfelde, eine Bronzenachbildung auf dem Wilhelmsplatz zu Berlin);
die Marmorgruppe der beiden Schwestern: der Gemahlin des damaligen Kronprinzen von Preußen, nachmaligen Königin Luise, und der Prinzessin Friederike, nachmaligen Königin von Hannover;
das Denkmal des Generals Tauentzien in Breslau (ein Sarkophag, auf welchem eine Bellona ruht);
die Marmorfigur eines ruhenden Mädchens (Berliner Nationalgalerie);
das Denkmal des Ministers v. Arnim in Boitzenburg und das Relief am Münzgebäude in Berlin.
Unter Friedrich Wilhelm III. führte er das Standbild des Fürsten Leopold von Dessau auf dem Wilhelmsplatz zu Berlin, das Blüchers zu Rostock und die 1821 enthüllte Lutherstatue zu Wittenberg aus. Von seinen zahlreichen kleinern Werken sind zu erwähnen die Büsten von Hufeland, Graun, Sebastian Bach, Lessing u. a. Für die Walhalla schuf er mehrere Büsten: von Karl d. Gr., Heinrich dem Finkler, Konrad dem Salier, Heinrich dem Löwen, Rudolf von Habsburg, Kant, Klopstock, Haller, Johannes v. Müller, Friedrich d. Gr., Wieland u. a., die zum Teil von seinen Schülern Karl Wichmann, Tieck, Rauch, Kiß und von seinen Söhnen Rudolf und Wilhelm ausgeführt wurden. Es gibt auch mehrere
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treffliche radierte Blätter von ihm: die drei Grazien, fünf [* ] Figurenstudien, sechs sehr seltene Blätter mit Karikaturen auf Napoleon I. und die französische Armee u. a. Über 1000 Handzeichnungen von S. besitzt die Berliner Akademie.
Vgl. Dobbert, Handzeichnungen von G. S. (Berl. 1886);
Derselbe, Gottfr. S., Vortrag (das. 1887).
S. war seit 1805 Rektor, seit 1816 Direktor der Akademie der Künste zu Berlin, welcher er bis an seinen Tod, der am erfolgte, vorstand. In der Skulptur machte er insofern Epoche, als er einer der ersten Künstler war, die es unternahmen, dem in Manierismus ausgearteten Idealismus des 18. Jahrh. gegenüber einer kräftigen, an dem Studium der Antike gebildeten Charakterdarstellung zu ihrem Recht zu verhelfen, welches Streben schon in seinen frühsten Porträtstatuen hervortritt. Auch als Kunstschriftsteller machte er sich bekannt durch »Wittenbergs Denkmäler der Bildnerei, Baukunst und Malerei, mit historischen und artistischen Erläuterungen« (Wittenb. 1825); »Polyklet, oder von den Maßen des Menschen nach dem Geschlecht und Alter« (Berl. 1834, 5. Aufl. 1886); die »Nationalphysiognomien« (das. 1835) und die »Kunstwerke und Kunstansichten« (das. 1849). »Briefe u. Aufsätze« Schadows gab Friedländer heraus (Düsseld. 1864). - Sein Sohn Rudolf, geb. zu Rom, bildete sich bei seinem Vater in Berlin, dann in Rom, wohin er mit seinem Bruder ging, unter Leitung Canovas und Thorwaldsens, starb aber daselbst schon Von seinen Werken sind besonders eine Sandalenbinderin und eine Spinnerin, ein Liebesgott, ein Diskoswerfer und die Büste Händels für die Walhalla zu nennen.
2) Friedrich Wilhelm S.-Godenhaus, Maler, zweiter Sohn von S. 1), geb. zu Berlin, begann seine Studien unter Leitung seines Vaters und übte sich dann unter Weitsch in der Malerei. Nachdem er ein Jahr lang in der Galerie zu Potsdam kopiert hatte, riefen ihn die Jahre 1806 und 1807 zum Kriegsdienst, und erst 1810 konnte er in Rom seine Studien wieder aufnehmen. Hier mit Cornelius, Overbeck, Veit u. a. in engem Verkehr stehend, bildete er sich namentlich an den Werken der alten italienischen Meister, am liebsten Gegenstände aus der Bibel oder aus dem Bereich der mystischen Allegorie zur Darstellung wählend. 1814 trat er zum Katholizismus über. Er malte damals unter anderm eine Himmelskönigin für Frau v. Humboldt, eine heilige Familie und das lebensgroße Bildnis einer Römerin für den damaligen Kronprinzen Ludwig von Bayern.
Seine Hauptwerke aus der römischen Zeit sind die Fresken für die Casa Bartholdy: Jakob mit Josephs blutigem Rock und Joseph im Gefängnis (jetzt in der Berliner Nationalgalerie). Im J. 1819 wurde er als Professor der Kunstakademie nach Berlin berufen. Er malte hier ein großes Bacchanal an der Decke des Proszeniums im neuen Schauspielhaus, zahlreiche Porträte, für die Garnisonkirche in Potsdam eine Anbetung der Könige (1824) und ein andres Altarbild für die Kirche in Schulpforta.
Eins seiner schönsten Bilder stellt die frei geborne Poesie dar, eine von der Erde zum Äther aufschwebende geflügelte Jungfrau. Nach Cornelius' Abgang an die Akademie zu München ward S. 1826 zum Direktor der Akademie in Düsseldorf ernannt, wohin er sich 1827 mit mehreren Schülern, Hildebrandt, Hübner, Lessing und Sohn, begab, welche der Stamm der neuen Düsseldorfer Malerschule wurden. S. malte in Düsseldorf historische Bilder und Porträte. Aufsehen erregte namentlich das Bild der Mignon nach Goethes »Wilhelm Meister«.
Für die neue Werdersche Kirche in Berlin lieferte er vier kolossale Evangelisten. Sein gelungenstes Werk aus dieser Periode sind die klugen und thörichten Jungfrauen, 1837 im Karton ausgestellt und dann in Öl für das Städelsche Institut zu Frankfurt a. M. ausgeführt. Derselben Zeit gehören an: eine Charitas (1830), Christus auf dem Ölberg (Marktkirche zu Hannover), Christus und die Jünger von Emmaus (Berliner Nationalgalerie), Christi Leichnam im Schoß der Mutter, von Engeln umgeben (1836, Pfarrkirche zu Dülmen).
Zur Herstellung seiner wankenden Gesundheit begab sich S. 1840 nach Italien. In Rom malte er ein Bild von eigentümlicher Auffassung, die himmlische und die irdische Liebe darstellend. Nachdem er darauf noch Neapel besucht hatte, kehrte er im Oktober nach Düsseldorf zurück. Im folgenden Jahr malte er die Pietas und Vanitas in ihren Beziehungen zur Religion, welche unter der Gestalt des Heilands erscheint, im Besitz des Grafen von Fürstenberg. Die Vollendung einer allegorischen Darstellung: Himmel, Fegfeuer und Hölle, nach Dante, ward durch ein Augenleiden des Künstlers verzögert, infolge dessen er sogar eine Zeitlang erblindet war, bis ihm eine Operation die Sehkraft zurückgab. 1843 ward er in den preußischen Adelstand erhoben und ihm gestattet, den Namen seines Ritterguts Godenhaus seinem Familiennamen hinzuzufügen. Mehrere seiner Werke sind durch Nachbildungen in Kupfer und auf Stein vervielfältigt worden. Auch als Schriftsteller hat sich S. bekannt gemacht, so durch die Vorlesung »Über den Einfluß des Christentums auf die bildende Kunst« (Düsseld. 1843) und die Novelle »Der moderne Vasari. Erinnerungen aus dem Künstlerleben« (Berl. 1854). S. verwaltete das Direktorat bis 1859 und starb in Düsseldorf. S. war weniger ein schöpferisches Talent als eine hervorragende Lehrkraft. Im Gegensatz zu Cornelius legte er einen besondern Nachdruck auf die Ölmalerei, ohne jedoch realistischen Bestrebungen zu folgen. Eine Zeitlang hat er auf die kirchliche Malerei in den Rheinlanden einen großen Einfluß geübt, der schließlich zu einer einseitigen Auffassung führte, um dann wieder zu verschwinden.
Vgl. Hübner, S. und seine Schule (Bonn 1869).