Titel
Schütz
,
1) Heinrich (auch Sagittarius genannt), deutscher Komponist, geb. zu Köstritz im Vogtland, kam in seinem 13. Jahr als Singknabe in die Kapelle des Landgrafen Moritz von Hessen-Kassel, ging 1607 nach Marburg, [* 2] um Rechtswissenschaft zu studieren, ward dann durch den Landgrafen Moritz bewogen, die Musik zu seinem Beruf zu machen, und begab sich 1609 nach Venedig, [* 3] um den Unterricht Giov. Gabrielis zu genießen. 1612 kehrte er nach Kassel [* 4] zurück und erhielt hier in der Kapelle eine Anstellung. 1614 ward er gelegentlich einer Hoffestlichkeit nach Dresden [* 5] berufen und vom Kurfürsten zum Kapellmeister ernannt. In dieser Stellung, welche er 1615 antrat, hob er die Dresdener Kapelle zu einer allgemein bewunderten Höhe. Die Stürme des Dreißigjährigen Kriegs sowie anderseits sein Interesse für die inzwischen durch Monteverde (s. d. 1) bewirkte Umgestaltung der italienischen Musik veranlaßten ihn 1628, sich wieder nach Venedig zu begeben. 1634 zurückgekehrt, sah er seinen Dresdener Wirkungskreis noch mehr als zuvor durch die Kriegsereignisse beschränkt und wandte sich deshalb nach Kopenhagen, [* 6] wo ihm der König die Leitung seiner Kapelle ¶
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übertrug. Nach dem Friedensschluß kehrte er endlich in seine Stellung nach Dresden zurück und starb daselbst S.' großes Verdienst und seine historische Bedeutung als Komponist besteht namentlich darin, daß er die musikalischen Errungenschaften Italiens, [* 8] sowohl die polyphone Setzkunst der ältern Schule als die nach 1600 dort ausgebildete dramatische Musik, in Deutschland [* 9] einführte und in seinen Arbeiten beide Elemente zu einem ihm durchaus eigentümlichen Stil zu verschmelzen verstand. Als musikalischer Dramatiker zeigt er sich von einer besonders glänzenden Seite in seinen vier Passionen, in deren Chören er als unmittelbarer Vorläufer Bachs und Händels erscheint. Ausführliche Verzeichnisse seiner im Druck erschienenen, ausschließlich der geistlichen Musik angehörigen Werke finden sich in den Bibliographien der Musikwerke des 16. und 17. Jahrh. von Becker (2. Ausg., Leipz. 1855) und Eitner (Berl. 1876) sowie in Fétis' »Biographie universelle«. In unsern Tagen hat sich Karl Riedel das Verdienst erworben, durch Zusammenstellung der wertvollsten Teile der vier Passionen zu einem Werk (erschienen bei Fritzsch in Leipzig) [* 10] die Teilnahme für S.' Musik neu belebt zu haben.
Als Merkwürdigkeit verdient noch unter S.' Werken die leider verloren gegangene Oper »Daphne«, nach Rinuccinis gleichnamigem Texte deutsch bearbeitet von Martin Opitz, angeführt zu werden, als die erste in Deutschland (bei einem Feste des sächsischen Hofs in Torgau [* 11] 1627) aufgeführte Oper. Eine Gesamtausgabe seiner Werke, veranstaltet von Spitta, erscheint seit 1885 bei Breitkopf u. Härtel in Leipzig.
Vgl. Winterfeld, Gabrieli und sein Zeitalter (Berl. 1834);
Spitta, Die Passionen nach den vier Evangelien von H. S. (Leipz. 1886).
2) Christian Gottfried, verdienter Humanist, geb. zu Dederstedt bei Mansfeld, vorgebildet in Halle, [* 12] studierte daselbst, ward 1768 Lehrer an der Ritterakademie zu Brandenburg, [* 13] 1769 Inspektor des theologischen Seminars zu Halle, 1773 außerordentlicher und 1777 ordentlicher Professor daselbst, 1779 Professor der Poesie und Beredsamkeit zu Jena, [* 14] wo er mit Wieland und Bertuch 1785 die »Allgemeine Litteraturzeitung« gründete, und 1804 Professor der Litteraturgeschichte und Beredsamkeit zu Halle, wo er mit Ersch die »Hallesche Litteraturzeitung« fortsetzte. Er starb S. lieferte treffliche Gesamtausgaben des Äschylos (Halle 1782-94, 3 Bde.; 3. Aufl. 1809-22, 5 Bde.), Cicero (Leipz. 1814-1823, 20 Bde.),
Aristophanes (Bd. 1, das.
1821, unvollendet), eine Reihe Ausgaben einzelner Schriften, besonders der genannten Klassiker, u. a. Seine Abhandlungen erschienen
gesammelt unter dem Titel: »Opuscula philologica et philosophica« (Halle 1830). Seinen Briefwechsel enthält »Chr. G. Schütz«
von seinem Sohn Friedr. Karl Julius S. (Halle 1834, 2 Bde.).
3) Friedrich Karl Julius, Historiker, Sohn des vorigen, geb. zu Halle, studierte in Jena, ward 1801 Privatdozent und 1804 Professor der Philosophie in Halle, begleitete seit 1811 seine Gattin, die Schauspielerin Hendel (Hendel-Schütz, s. d.), auf ihren Kunstreisen und trat selbst auf der Bühne auf. Nach Trennung seiner Ehe lebte er in Hamburg [* 15] und Leipzig, wo er starb. Von seinen Schriften sind hervorzuheben: »Geschichte der Republik Frankreich« (Jena 1802, 2. Aufl. 1808);
»Goethes Philosophie« (Hamb. 1825-27, 7 Bde.);
»Die Stimme Friedrichs d. Gr.«, Zusammenstellung seiner Ideen über Politik, Religion, Moral etc. (Braunschweig [* 16] 1828, 5 Bde.);
»Epigrammatische Anthologie« (Halle 1806-1807, 3 Bde.).
Auch gab er »Zach. Werners Biographie und Charakteristik« (Grimma [* 17] 1841, 2 Bde.) heraus.
4) Henriette, s. Hendel-Schütz.