Scaradra
(Val) (Kt. Tessin, Bez. Blenio). 2180-1482 m. Hohes und steiles Seitenthälchen des Val Luzzone, einer der obern Verzweigungen des Bleniothales. Beginnt an dem über 1,5 km langen Gletscher, der zwischen dem Torrone di Nava (2884 m), Piz Sorda (3125 m) und Piz Casinell (3101 m) nach NNW. sich senkt und dessen östl. Umrahmung im weitern Verlauf der Garenstock (2954 m) und der Plattenberg (3041 m) bilden, welch' letzterer sowohl auf der Graubündner-, als auf der Tessinerseite vergletschert ist.
Von diesen Bergen ziehen sich mächtige Gebirgswälle auf beiden Thalseiten bis in den Vordergrund des nach NW. verlaufenden Thälchens hinab. Von O. her stürzt seinem Bach das Wasser von Al Torno entgegen. Am Thalausgang liegen die Berghütten Al Sasso (1482 m) und weiter n. die von Garzotto (1617 m). Das Thälchen ist 2,5 km lang und besitzt bis zum Abbruch des Gletschers ein Gefälle von etwa 27,5%. Es steigt in drei Stufen auf, von denen die zwei untersten mit Alpweiden besetzt sind und malerische Hochterrassen über steilen Felsabstürzen darstellen.
Auf der ersten dieser Terrassen liegt die
Alpe Scaradra
Sotto (1798 m) und auf der obern die
Alpe
Scaradra Sopra (2180
m) mit grossartig-wildem und mit Gletschern geschmücktem
Hintergrund. Aus der
obern Alp führt über ein kleines Gletscherfeld
der
Passo di Sorreda (2770 m) unter dem
Garenstock vorbei in die
Lampertschalp
(Alpe di Sorreda) im
Lentathal, der obersten Thalstufe
des
Valserrhein, hinüber. Am Gletscherende vor der höchsten, felsigen
Schwelle des Alpenthälchens sind
imposante Endmoränen angehäuft.
Gesteine sind oben glimmerreicher Adulagneis und Glimmerschiefer (dieser am Sorredapass und auf Alp
Scaradra Sopra) mit NW.-Fallen
der Schichten im
Hintergrund und SO.-Fallen an den Bergseiten der Alp Scaradra
(Muldenstruktur). Der vordere Thalteil ist
in glimmerige und dunkle, NW.-fallende Bündnerschiefer eingeschnitten. Diese letztern führen
Züge von
körnigem Kalkstein und Marmor, die von
Vals und
Vrin her unter dem
Piz Terri hinstreichen und weit ins
Val Luzzone und bis gegen
Olivone hinab reichen. Am Sorredapass tritt grauer Dolomitmarmor, der jedenfalls der Rotikalkstufe der Trias angehört,
vom bündnerischen Gebiet über die Grenze herüber und setzt sich mit grauem und gelbem Dolomit gegen
die obere Alp Scaradra
hinab fort. Er bricht mitten im Glimmerschiefer oder an seiner Grenze und im Adulagneis hervor und
dürfte enggepressten Sedimentmulden des krystallinen Grundgebirges angehören. Um die
Alpen von
Scaradra
und
Sorreda schweben
nicht wenige
Sagen.