Savièse
Savièse

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Seite 44.510.(Kt. Wallis, Bez. Sitten). 512-3124 m. Gemeinde auf einer breiten und von dem Rhonethal parallelen Längsthälchen durchfurchten Terrasse n. über den Rebenhängen von Sitten. Umfasst für sich allein mehr als die Hälfte der Fläche des ganzen Bezirkes und wird von dem sie schräg durchquerenden Kamm des Prabé, der vom Wildhorn bis unter das Schloss La Soie zieht, ¶
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in zwei gut voneinander gesonderte Gebiete getrennt. Auf den Rücken und in den Thalfurchen der sö. von diesem Kamm gelegenen
Terrasse stehen zahlreiche Dörfer, deren aber keines den Namen Savièse
selbst trägt, der einzig derjenige der ganzen grossen
Gemeinde ist. Diese Dörfer sind Saint Germain (3 km nnw. Sitten) mit der Pfarrkirche und dem Gemeindehaus,
sowie mit Postablage, Telegraph und Telephon; ferner Chandolin, Crêta, Drône, Ormona, Granois, Montellier, Prinzière, Rouma
und Vuisse.
Diese Dörfer gruppieren sich in fünf administrative Kreise, die den Namen Panner (bannières) führen. Zusammen 326 Häuser, 2259 kathol.
Ew., 170 mehr als im Jahr 1888. Die Siedelungen auf dem Plateau von Savièse
datieren erst aus der Zeit
nach der Plünderung und Niederbrennung der beiden einstigen Dörfer Malerna und Zuchuat durch die Savoyarden im November 1475. Die
beiden genannten alten Ortschaften leben blos noch in der Volksüberlieferung weiter. «Malerna»
heisst heute noch eine kleine Terrasse über Granois, und «Zuchuat» ist ein in Savièse
heute noch vorhandener
Familienname.
Man plant den Bau einer Eisenbahn von Sitten über den Sanetsch nach dem Berner Oberland, die über das Plateau von Savièse
führen soll und Sitten in 4 Stunden mit Saanen verbinden wird. Savièse
ist eine der wenigen Walliser Gemeinden, die
auf kleinem Raum sämtliche landwirtschaftliche Eigenarten des ganzen Kantons wiederholen. Bis zu der das Plateau im N. begrenzenden
Waldzone hinauf gedeihen der Nuss-, Apfel-, Pflaumen- und Pfirsichbaum etc., während am Abfall der Terrasse gegen das Rhonethal
die Weinreben sich befinden, deren Bewässerung mit Hilfe der der Stadt Sitten gehörenden Wasserleitung
der Lentine (Bisse de Lentine) besorgt wird.
Weinbaugenossenschaft. In verschiedenen der Dörfer bestehen sog. Männervereine, deren meist verheiratete Mitglieder ein
bestimmtes Stück Rebland gemeinsam bebauen, um dann den gekelterten Wein bei gewissen festlichen Anlässen zu verwenden.
Schiessverein. Das Plateau wird von einer grossen Wasserleitung, dem Bisse de Savièse (s. diesen Art.),
befruchtet. Die Pfarrei Savièse oder Saint Germain (s. diesen Art.) wird zum erstenmal 1271 erwähnt. 1815-1839 gehörte die
Gemeinde Savièse
zum Bezirk Hérens.
Die dem Bischof von Sitten gehörende Landschaft Savièse
, deren Bewohner zur Verteidigung der festen Burgen Montorge und La
Soie verpflichtet waren, erfreute sich von jeher grosser Vorrechte und Freiheiten. Die beiden genannten
Burgen wurden 1417 im sog. Raronkrieg von den gegen den Bischof aufständigen Ober Wallisern zerstört. Neben den auf die
N.-Flanke der Berner Alpen übergreifenden, aber politisch zum Wallis
gehörenden Maiensässen und Alpweiden besitzen die «Saviésans»
noch andere Weiden, die bereits im Kanton Bern
gelegen sind, so über Saanen die Alpen von Lengmatten, Windspillen,
Weissefluh, Burg und Communesse, sowie gegen den Pillonpass hin die Stutz-, Felix- und Gridenalp.
Diese Grundstücke sind seit langer Zeit durch Ankauf oder auch schon vor der Reformation durch Erbschaft an solche Bürger
von Savièse
gekommen, die sich ihre Frauen im Berner Saanenland geholt hatten. Zwischen den Leuten von
Savièse
und Conthey, deren ersteres lange Zeit einen vorgeschobenen Posten des Ober Wallis
und deren anderes einen solchen des mit
den Oberwallisern in beständiger Fehde stehenden Hauses Savoyen bildete, besteht bis auf den heutigen Tag eine heftige Rivalität,
die noch zu Ende des 19. Jahrhunderts auf den Messen und Märkten von Sitten in häufigen Ringkämpfen zum
Ausdruck kam.
Die einstige gegenseitige Feindschaft wurde noch geschürt durch die beständigen Reibereien um das Weiderecht auf den Alpen
im rechtsseitigen obern Abschnitt des
Thales der Morge, das sogar mit Waffengewalt erzwungen oder verteidigt werden musste.
Diese blutigen Streitigkeiten hörten erst auf, als die Savoyarden nach einem Raub- und Brandzug durch die Gemeinde Savièse
von den Ober Wallisern am auf der Planta bei Sitten gründlich geschlagen wurden und alle ihre Burgen bis hinab
zum Engpass von Saint Maurice in Flammen aufgehen sahen.
Ein 1863 getroffenes Uebereinkommen hat sodann allen noch schwebenden Prozessen ein Ende gemacht, so dass heute die Saviésans und Contheysans friedlich nebeneinander leben und ihre einstige Feindschaft blos noch durch regen Wetteifer zum Ausdruck bringen. Gräber aus der Bronze- und der Eisenzeit mit zahlreichen Fundgegenständen;
Funde von durchbohrten Muschelschalen in Chandolin, bei der Burg La Soie und in Vuisse;
Einzelfunde aus römischer Zeit. 999: Savisia;
1250: apud Savyesi;
1304: communitas de Saviesia;
1306: Savesia;
1352: Saviesy, Saviasi;
1396: Savissia. Sitten und Eigenart
der Bewohner von Savièse
sind vom Walliser Genre- und Landschaftsmaler Raph.
Ritz in verschiedenen Bänden des Jahrbuches des S. A. C. eingehend und liebevoll geschildert worden. Vergl. Wolf, F. O. Sitten und Umgegend. (Europ. Wanderbilder. 138/140). Zürich 1888.