Saulus
,
s. Paulus.
Saulus
3 Wörter, 19 Zeichen
Saulus,
s. Paulus.
(eigentlich Saul oder Saulus), der Heidenapostel, geboren zu Tarsos, der Hauptstadt Kilikiens, von jüdischen Eltern, ward von seinem Vater zum Rabbi bestimmt und deshalb frühzeitig nach Jerusalem [* 4] gebracht, wo er durch Gamaliel in die pharisäische Theologie eingeweiht wurde. Nebenbei lernte er auch das Handwerk eines Zeltwebers, von dem er später zur Gewinnung einer selbständigen Subsistenz Gebrauch machte. Als strenger Pharisäer leitete er die Verfolgungen der neuen Sekte zu Jerusalem ein und ließ sich, als sich die Christengemeinde von dort zerstreut hatte, Vollmachten vom Synedrium erteilen, um auch in Damaskus das Werk der Vernichtung fortzusetzen.
Jetzt aber kam es zu jener innern, von einer Vision begleiteten Katastrophe, daraus der frühere Verfolger der Christen als Apostel der Messianität Jesu hervorging. Nach einem dreijährigen, durch eine Reise nach Arabien unterbrochene Aufenthalt in Damaskus entzog er sich den Nachstellungen der dortigen Juden durch die Flucht und begab sich dann auf zwei Wochen nach Jerusalem, wo er Petrus und Jacobus, den Bruder Jesu, antraf. Nach einem längern Aufenthalt in seiner Vaterstadt ließ er sich durch Barnabas (s. d.) in die aus gebornen Heiden und Juden gemischte Gemeinde zu Antiochia einführen, in deren Auftrag beide eine Missionsreise unternahmen, welche sie über die Insel Cypern [* 5] durch die kleinasiatischen Provinzen Pamphylien, Pisidien und Lykaonien führte.
Nach Antiochia zurückgekehrt, fand Paulus die dortige Gemeinde über die Frage geteilt, unter welchen Bedingungen gläubig gewordene Heiden in die christliche Gemeinschaft aufzunehmen seien. Eine dadurch herbeigeführte Reise des Paulus und Barnabas nach Jerusalem führte etwa 50-52 zu dem Resultat der Trennung der Missionsgebiete der Urapostel und des Paulus unter Erweis gegenseitiger Anerkennung (s. Apostelkonvent). Gleichwohl trug ihm die noch ungelöste Frage nach dem Verhältnis von Juden und Heiden im Christentum sofort einen harten Konflikt mit Petrus und selbst mit Barnabas in Antiochia ein.
Nach seiner Trennung von letzterm unternahm er, von Silas begleitet, eine zweite Bekehrungsreise durch die schon besuchten kleinasiatischen Provinzen, dann durch Phrygien und Galatien nach Mysien, von da nach Makedonien, wo in Philippi und Thessalonich, und nach Achaia, wo besonders in Korinth [* 6] christliche Gemeinden gegründet wurden. Nach anderthalbjährigem Aufenthalt daselbst läßt ihn wenigstens die Apostelgeschichte über Jerusalem nach Antiochia zurückkehren.
Eine dritte Missionsreise führte ihn dann durch Galatien und Phrygien nach Ephesos. [* 7] Von hier nach einem fast dreijährigen Aufenthalt vertrieben, reiste er durch Makedonien und Achaia nach Korinth, sammelte hier eine Beisteuer für die Christen zu Jerusalem, kehrte 58 wieder nach Makedonien zurück und ging von dort 59 zu Schiff [* 8] über Miletos und Cäsarea nach Jerusalem. Kaum angekommen, wurde er bei einem Volksaufstand von den Römern in Haft genommen ¶
und als Gefangener nach Cäsarea zum Verhör vor den Prokurator gebracht. Da er aber an den Kaiser appellierte, wurde er im Herbst 61 nach Rom [* 10] gesandt, wo er im nächsten Frühjahr anlangte, um in einer nicht allzu drückenden Gefangenschaft zwei volle Jahre zuzubringen. Mit dieser Nachricht schließt die Apostelgeschichte. Angaben späterer Väter zufolge soll Paulus aus dieser römischen Gefangenschaft befreit worden sein, noch mehrere apostolische Reisen, insbesondere auch nach Spanien, [* 11] gemacht haben, endlich wieder in Rom verhaftet und unter Nero zugleich mit Petrus hingerichtet und zwar enthauptet worden sein. Wahrscheinlicher schlossen schon die zwei Jahre der Apostelgeschichte mit Prozeß und Hinrichtung ab. Die Kirche hat ihm zugleich mit Petrus den 29. Juni als Peter-Paulstag und den 25. Jan. als Pauli Bekehrungstag gewidmet.
Wir besitzen unter Paulus' Namen eine Anzahl von Sendschreiben an mehrere Christengemeinden und an einzelne Personen, sogen. Episteln oder Lehrbriefe, welche noch dadurch einen besondern Wert erhalten, daß die biblische Kritik die Echtheit der wichtigsten von ihnen (der Briefe an die Galater, Römer [* 12] und der beiden an die Korinther) fast unbestritten konstatiert. Das Altertum hat einstimmig 13 Briefe Pauli als echt angenommen; nur der 14., der Brief an die Hebräer, war streitig.
Neuerdings sind auch die sogen. Pastoralbriefe, der zweite Thessalonicher- und der Epheserbrief mit steigender Sicherheit als später in seinem Namen und Geist verfaßt erkannt worden; sehr angefochten steht auch der Kolosserbrief, und selbst der Philipperbrief erregte allerlei Bedenken. Die Reihenfolge, in welcher die Paulinischen Episteln im Kanon stehen, beruht auf einer ziemlich willkürlichen Rangordnung der Gemeinden und Personen, an welche sie gerichtet sind. Über die einzelnen Briefe siehe die denselben gewidmeten Artikel. In den Kanon nicht aufgenommen und entschieden unecht sind: ein Brief an die Laodikeer, ein Briefwechsel mit Seneca und ein dritter Brief an die Korinther.
Paulus hat dem Christentum erst seinen universalen Charakter, seine Bedeutung als Weltreligion errungen, indem er das Menschheitliche in dem Auftreten und Selbstbewußtsein Jesu geltend machte und das mehr lokal und national Bedingte, woran sich die jerusalemische Gemeinde hielt, zurücktreten ließ. Er zuerst hat das Christentum als eine neue Religion in sich erlebt und nach außen zur Darstellung gebracht. Waren es aber solchergestalt auch zunächst vollkommen praktische Grundsätze: die Universalität des Christentums und die Abrogation des mosaischen Gesetzes, deren Anerkennung im Leben er durchzusetzen und dem Judenchristentum abzuringen hatte, so lag es doch in der Natur seines Geistes, diese seine praktische Auffassung des Christentums in ihre letzten theoretischen Konsequenzen und in ihre abstraktesten Vordersätze zu verfolgen.
Stets sind es daher praktische Lebensverhältnisse und Zustände, die ihm Veranlassung zum Schreiben geben; stets aber operiert er, um ihnen gerecht zu werden, so, daß er bald einen göttlichen Geschichtsplan entrollt, auf welchem die Leser sich zu orientieren haben, bald die Grundzüge einer spekulativen, schon nahe an die spätere Gnosis herantretenden Weltanschauung zeichnet, welche ganz auf die Gegensätze Fleisch und Geist, Adam und Christus, Gesetz und Gnade, Gerechtigkeit aus Werken und Gerechtigkeit aus Gnade, Tod und Leben gebaut ist.
Summa dieses sogen. Paulinischen Lehrbegriffs bleibt immer die Idee der Neuheit und Selbständigkeit des Christentums, welches sich zum Judentum verhalte wie die Freiheit des Mannes zum Gehorsam des Knaben, wie der Geist zum Buchstaben, wie die Sache selbst zum Schattenbild. Insonderheit begründete er die Universität des messianischen Heils und die an keine Bedingung vorangegangener Gesetzeserfüllung geknüpfte Aufnahmefähigkeit auch der Heiden in das Gottesreich auf die allgemeine Sündhaftigkeit, vermöge deren Juden und Heiden unter gleichem Fluch liegen, und auf den diesen Fluch tilgenden Versöhnungstod des Sohns Gottes, welcher durch eben diesen Tod seinen frühern Beziehungen zum Judentum abgestorben ist und seitdem als verklärtes Haupt der Menschheit zu Juden wie Heiden in gleichmäßigem Verhältnis steht.
Vgl. Baur, Paulus, der Apostel Jesu Christi (2. Aufl., Leipz. 1866);
Hausrath, Der Apostel Paulus (2. Aufl., Heidelb. 1872);
O. Pfleiderer, Der Paulinismus (Leipz. 1873);
Holsten, Das Evangelium des Paulus (Berl. 1880, Bd. 1).
1) Heinrich Eberhard Gottlob, theologisches Haupt des Rationalismus, geb. zu Leonberg, widmete sich auf einer wissenschaftlichen Reise durch Deutschland, [* 13] Holland, England und Frankreich dem Studium der orientalischen Sprachen, ward 1789 Professor derselben zu Jena [* 14] und 1793 ordentlicher Professor der Theologie. 1803 ging er in gleicher Eigenschaft nach Würzburg. [* 15] 1807 kam er als Schulrat nach Bamberg, [* 16] 1808 nach Nürnberg, [* 17] 1810 nach Ansbach [* 18] und folgte 1811 einem Ruf als Geheimer Kirchenrat und Professor nach Heidelberg. [* 19]
Seit 1844 in den Ruhestand versetzt, starb er daselbst Seine theologische Richtung war eine ausgeprägt verstandesmäßige, seine ganze Art, die Dinge zu betrachten und zu beurteilen, mehr juristisch als religiös. Unter seinen zahlreichen Schriften sind heute noch bekannt: »Neues Repertorium für biblische und morgenländische Litteratur« (Jena 1790-91, 3 Bde.);
»Clavis über die Psalmen« (2. Aufl., Heidelb. 1815);
»Philologisch-kritischer und historischer Kommentar über das Neue Testament« (2. Aufl., Leipz. 1804-1808, 4 Tle.);
»Sophronizon, oder unparteiische, freimütige Beiträge zur neuern Geschichte, Gesetzgebung und Statistik der Staaten u. Kirchen« (Heidelb. 1819-30);
»Der Denkgläubige, theologische Zeitschrift« (das. 1825-29);
»Das Leben Jesu« (das. 1828, 2 Bde.);
»Exegetisches Handbuch über die drei ersten Evangelien« (das. 1830-33, neue Ausg. 1841-42);
»Neuer Sophronizon« (Darmst. 1841-42, 3 Bde.);
»Vorlesungen Schellings über die Offenbarung« (das. 1843).
Am bekanntesten sind seine noch zu seinen Lebzeiten durch Strauß [* 20] vernichteten Wundererklärungen geworden.
Vgl. Paulus' »Skizzen aus meiner Bildungs- und Lebensgeschichte« (Heidelb. 1839);
Reichlin-Meldegg, Paulus und seine Zeit (Stuttg. 1853, 2 Bde.). -
Seine Gattin Karoline Paulus, geb. zu Schorndorf als, Tochter eines Amtmanns Paulus, verheiratet sich mit ihrem Vetter 1789 und machte sich (unter dem Pseudonym Eleutheria Holberg) durch eine Anzahl von Romanen, wie »Wilhelm Dümond« (Lüb. 1808),
»Adolf und Virginie« (Nürnb. 1811),
»Erzählungen« (Heidelb. 1823) etc., einen Namen. Sie starb in Heidelberg.
2) Eduard, Schriftsteller, geb. zu Stuttgart [* 21] als Sohn des durch seine Arbeiten über römische Altertümer bekannten Finanzrats Eduard Paulus, studierte Architektur und Kunstgeschichte, bereiste wiederholt Italien [* 22] und Deutschland und ist als Mitglied des königlichen statistisch-topographisches Büreaus in Stuttgart (mit dem Titel Professor) und als ¶
Konservator der württembergischen Kunst- und Altertumsdenkmäler Mitarbeiter an der umfangreichen »Beschreibung des Königreichs Württemberg«. [* 24] Paulus gehört nebenbei zu den begabtesten Pflegern des humoristischen Reisebildes. Er veröffentlichte: »Bilder aus Italien« (3. Aufl., Stuttg. 1878),
»Bilder aus Deutschland« (das. 1873),
»Ein Ausflug nach Rom« (das. 1873),
»Die Cistercienserabtei Maulbronn« (das. 1879, mit Tafeln; 2. Aufl. 1882),
»Bilder aus Kunst und Altertum in Deutschland« (das. 1883),
»Die Cistercienserabtei Bebenhausen« (das. 1887, mit 20 Tafeln),
wie er auch den Text zu dem Prachtwerk »Aus dem Schwabenland« (das. 1877),
dem kleinern: »Aus Schwaben« (das. 1887),
beide mit Bildern von R. Stieler, u. einen Teil vom Texte des Prachtwerkes »Italien« (2. Aufl., das. 1879) geschrieben hat. Als lyrischer Dichter trat er mit »Liedern« (Stuttg. 1877),
»Liedern u. Humoresken« (das. 1880) u. der Sonettensammlung »Stimmen aus der Wüste« (das. 1886) hervor.