Saragossa
[* ] (Zaragoza), span. Provinz in der Landschaft Aragonien, grenzt im NO. an die Provinz Huesca, im O. an Lerida und Tarragona, im Süden an Teruel und Guadalajara, im W. an Soria, im NW. an Navarra und hat ein Areal von 17,424 qkm (316,4 QM.). Die Provinz umfaßt den größten Teil des Ebrobassins, ist meist eben, öde und unbewaldet. Der nördlichste Teil gehört der pyrenäischen Bergterrasse mit der Sierra de la Peña und Peña de Santo Domingo und im SW. dem iberischen Gebirgssystem mit der Sierra del Moncayo (2349 m) an. Hauptfluß ist der Ebro, welcher hier an Nebenflüssen den Arba, Jalon, Huerva, Gallego, Aguas aufnimmt.
Auch die Flüsse Martin, Guadalope und Segre gehören mit ihrem Unterlauf, bis zu ihrer Mündung in den Ebro, der Provinz an. Die Bevölkerung beträgt (1878) 400,587 Seelen (1886 auf 401,400 geschätzt). Die Produktion umfaßt hauptsächlich Getreide (Weizen), Öl, Wein, Südfrüchte, Hanf, Safran, Obst, Gemüse. Am besten angebaut ist der Strich zwischen dem Ebro, dem Kaiserkanal und dem Kanal von Tauste, die Gegend um Tarazona, Borja und Cariñena, die Thäler des Jalon und Gallego.
Das übrige ebene Land ist teilweise Steppe, stark mit Salz geschwängert und unfruchtbar, infolgedessen auch spärlich bevölkert und wenig angebaut. Das Mineralreich bietet Antimon, Blei und Kupfer; auch mehrere Mineralquellen sind vorhanden. Unter den zahlreichen Salinen sind die wichtigsten bei Bujaraloz, Remolinos und Sastago. Die Provinz wird von der Eisenbahn Madrid-Barcelona, dann von der Ebrothalbahn Tudela-Escatron durchschnitten und zerfällt in 13 Gerichtsbezirke (darunter Belchite, Borja, Calatayud, Caspe, Daroca, Tarazona).
Die gleichnamige Hauptstadt, rechts am Ebro, in welchen hier der Gallego und Huerva münden, sowie am Kaiserkanal gelegen, 184 m ü. M., mit Barcelona, Hijar, Madrid und Pamplona durch Eisenbahnen verbunden, teilt sich in die eigentliche Stadt am rechten und eine Vorstadt am linken Ufer des Ebro (beide durch eine Steinbrücke mit sieben Bogen verbunden) und besteht, mit Ausnahme der durch die Franzosen zerstörten und neu aufgebauten Straßen, aus einem Gewirr von Gassen von altertümlichem, ziemlich finsterm Ansehen.
Die Stadt ist von einer alten, mit Türmen und acht Thoren versehenen Mauer umgeben und wird durch das an der Westseite gelegene Castillo de Aljaferia verteidigt, welches ehemals die Residenz der maurischen und christlichen Könige von Aragonien, später Sitz und Gefängnis der Inquisition war und seit Philipp V., welcher es mit Bastionen umgeben ließ, als Citadelle dient. Außerdem wird S. durch die Batterien des ehemaligen Klosters Santa Engracia beherrscht; auch die Vorstadt ist durch Redouten und Fleschen befestigt.
Die hervorragendsten Gebäude der Stadt sind: die erzbischöfliche Metropolitankirche oder Catedral de la Seo, ein majestätisches gotisches Bauwerk (begonnen 1316, seit 1547 fünfschiffig);
die Kirche Nuestra Señora del Pilar oder Catedral de la Virgen, ein prachtvoll ausgeschmücktes, aber in schwerfälligem Stil (mit Türmen und 5 Kuppeln) ausgeführtes Gebäude aus dem 17. Jahrh., mit reichen Schnitzarbeiten und einem berühmten Gnadenbild, einer Marienstatue, auf einer Jaspissäule stehend;
die Lonja oder der alte Börsenpalast, mit einer von 50 dorischen Säulen getragenen Halle;
die Torre nueva, der höchste Turm (vom Jahr 1504), in schiefer Stellung. S. hat 21 Kirchen und 12 Nonnenklöster (früher besaß es auch 38 Mönchsklöster).
Die Zahl der Bewohner beträgt (1886) 82,507. Die früher blühende Industrie beschränkt sich gegenwärtig auf Fabrikation von Leder-, Woll- und Seidenwaren, Knöpfen, Hüten, Klavieren, Seife und Schokolade und auf Mühlenbetrieb. Der Handel ist ziemlich lebhaft. Von Bildungs- und andern Anstalten besitzt S. eine 1474 gestiftete Universität mit 3 Fakultäten, gegen 800 Hörern und Bibliothek von 18,000 Bänden, eine Akademie der schönen Künste (seit 1776), ein Priesterseminar, eine Tierarzneischule, mehrere Kollegien, ein Theater und zahlreiche Wohlthätigkeitsanstalten. S. ist der Sitz des Generalkapitäns von Aragonien, eines Gouverneurs, eines Erzbischofs und eines Appellationsgerichts. Die schönsten Promenaden
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sind der Salon de Santa Engracia und der Paseo del Monte Torrero.
S. hieß im Altertum Salduba und war eine Stadt des Stammes der Ilergeten. Augustus legte hier 27 v. Chr. eine Militärkolonie an, welche er Caesarea Augusta (gewöhnlicher Caesaraugusta, woraus der heutige Name entstand) nannte und zur Bezirkshauptstadt machte. 255 kommt der erste christliche Bischof von S. vor. 712 wurde die Stadt von den Mauren erobert; 1118 kam sie durch Alfons I. wieder unter christliche Herrschaft. 1317 wurde das Bistum zum Erzbistum erhoben. Wie ganz Aragonien, nahm auch S. im spanischen Erbfolgekrieg Partei wider Philipp V. für König Karl III. von Österreich, mußte sich aber 1707 jenem unterwerfen.
Hier Schlacht zwischen Karl und Philipp V., worin letzterer geschlagen ward. Berühmtheit erlangte S. besonders durch den Mut, mit welchem die Bewohner unter José Palafox den Feldherren Napoleons I. in zwei Belagerungen, vom Juni bis August 1808 und vom bis den tapfersten Widerstand leisteten. Als die Franzosen im Mai 1808 sich der spanischen Hauptstadt bemächtigt hatten, wurde in S. Palafox zum Generalkapitän ernannt. Nachdem der französische General Lefebvre 14. und 23. Juni die Truppen Palafox' geschlagen hatte, ward die Stadt eingeschlossen, und 3. Aug. nahm das Bombardement seinen Anfang.
Schon 4. Aug. drangen die Franzosen in das Kloster Santa Engracia ein; doch gelang ihnen vom 4.-13. Aug. nur die Einnahme von vier Häusern, und der General Verdier, der an Lefebvres Stelle getreten war, hob infolge der Flucht des Königs Joseph aus Madrid und des Rückzugs des französischen Heers auf Vittoria in der Nacht vom 15. Aug. die Belagerung auf. Doch schon im Dezember d. J. nahm die zweite Belagerung ihren Anfang. Die Stadt war inzwischen von neuem befestigt und ihre Besatzung auf 30,000 Mann gebracht worden.
Das ebenso starke Belagerungsheer, von Moncey und Mortier geführt, erschien 19. Dez. vor derselben. Am begann die Beschießung, und 26. Jan. drang der Feind durch drei Breschen ein: doch konnte er sich nur in den Wallöffnungen und einigen eingeschlossenen Häusern behaupten. So hoch auch die Not in der Stadt stieg, verwarf Palafox dennoch jede Aufforderung zur Kapitulation. Unterdessen dauerte der Häuserkrieg Tag und Nacht fort, und erst 7. Febr. konnte der Feind seinen Angriff gegen den Mittelpunkt der Stadt richten.
Der Kampf entbrannte hier unter und über der Erde. Zugleich raffte die Pest einen großen Teil der Verteidiger hinweg. Endlich gelang es den Franzosen unter Lannes 18. Febr., sich der eingeschlossenen Vorstadt auf dem linken Ufer des Ebro zu bemächtigen, was den Fall der Stadt entschied. Die Unterhandlungen führten 20. Febr. zu einem für die Stadt ehrenvollen Vertrag. Ramon Valdidares hat diese Verteidigung in einer Epopöe: »Iberiade« (2. Aufl. 1826), besungen. Im Karlistenkrieg stand die Stadt auf seiten der Christinos, und alle Versuche, sie durch Handstreich zu nehmen, wurden vereitelt.