Santiago
de Chile, [* 3] Hauptstadt des südamerikan. Staats Chile und der Provinz Santiago, eine der schönsten Städte Südamerikas, liegt am Mapocho, 520 m ü. M. (Bahnhof), am Fuß der Andes und angesichts des schneegekrönten Hauptes des Tupungato (6178 m). Die Umgebung von S. ist äußerst fruchtbar, trefflich angebaut und hat zahlreiche von Blumengärten umgebene Landhäuser. Das Klima [* 4] ist trocken, mit schroffen Temperaturwechseln (Winter 7,39° C., Sommer 18,47° C.).
Die Stadt ist nach regelmäßigem Plan angelegt und durch mehrere Brücken [* 5] mit der nördlich vom Mapocho liegenden Vorstadt La Chinca verbunden. Offene Kanäle (Acequias) laufen durch viele der Straßen, elektrisches Licht beleuchtet dieselben, und Pferdebahnen durchschneiden sie. Der häufigen Erdbeben [* 6] wegen sind die Häuser meist einstöckig, doch nimmt die Zahl der stattlichen Privathäuser von Jahr zu Jahr zu, und viele der öffentlichen Gebäude sind wahre Prachtbauten.
Inmitten der Stadt erhebt sich der Porphyrhügel von Santa Lucia mit grotesken Gartenanlagen; die Alameda de la Cañada mit dreifacher Pappelallee durchschneidet dieselbe von O. nach W., und beim Bahnhof liegt die reizende Alameda de las Delicias, mit Denkmälern der Generale San Martin und Miguel Carrera. Die Plaza de la Independencia bildet gleichfalls eine schattenspendende Anlage, umgeben von der Kathedrale, dem erzbischöflichen Palast, dem Palacio del Gobierno (Ministerium, Postamt etc.), dem Grand Hôtel und kühlen Arkaden mit wohlausgestatteten Läden.
Andre öffentliche Gebäude sind: die Moneda (Münze), ein dorischer Bau, mit Wohnung des Präsidenten, das Parlamentsgebäude, das Stadthaus und zwei Zuchthäuser. Unter den Kirchen zeichnet sich noch aus die erst in jüngerer Zeit vollendete Dominikanerkirche; die 1863 durch ein Feuer zerstörte Jesuitenkirche aber ist nicht wieder aufgebaut worden, und an deren Stelle hat man den 2000 Opfern des Brandes ein Denkmal errichtet. S. hatte 1885: 236,412 Einw. Tonangebend sind die zahlreichen Beamten, die großen Grundbesitzer sowohl als Gelehrte und Künstler;
aber auch der Handel (namentlich das Börsengeschäft) blüht, und auch die Industrie ist von einiger Bedeutung. S. besitzt 2 Tuchfabriken, 2 Schiffszwiebackbäckereien, Brauereien, Brennereien, eine Eisfabrik, eine Fruchtkonservenfabrik und eine Kupferschmelze.
Geschätzt werden auch gewisse Lederarten, die aus seinen Gerbereien hervorgehen, Sattlerwaren und Goldschmiedearbeiten. Eine Eisenbahn verbindet S. mit dem 228 km entfernten Valparaiso. [* 7] Unter den Wohlthätigkeitsanstalten sind zu erwähnen: 2 große Hospitäler, ein Findelhaus (mit Hebammenschule), ein Waisenhaus, ein Irrenhaus, ein Armenhaus (Hospiz) und eine Taubstummenanstalt. Sehr zahlreich und gut organisiert sind die Unterrichtsanstalten. An ihrer Spitze steht die Universität (912 Studenten), mit der eine Kunstakademie verbunden ist.
Das Nationalinstitut ist ein großartig eingerichtetes Realgymnasium, mit 1148 Schülern und einer Bibliothek von 14,000 Bänden. In der Vorstadt Yungai sind vereinigt die landwirtschaftliche Schule mit großer Musterfarm (Quinta normal), eine Gewerbeschule, die botanischen und zoologischen Gärten, ein naturhistorisches Museum, ein Ausstellungsgebäude [* 8] und die Sternwarte [* 9] (33° 26' 42'' südl. Br., 70° 40' 35'' östl. L. v. Gr., 535 m ü. M.). Außerdem verdienen noch Erwähnung: eine Militärschule, 2 Lehrerseminare, ein Konservatorium der Musik und die Nationalbibliothek von 64,308 Bänden. Der Unterhaltung dienen 3 Theater, [* 10] ein Zirkus für Hahnenkämpfe, mehrere Klubs und ein Pferderennverein. An der Spitze der Verwaltung stehen der von der Regierung ernannte Intendant ¶
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der Provinz und ein Munizipalrat; auch ist die Stadt Sitz eines deutschen Konsuls. - S. wurde 1541 von Pedro Valdivia gegründet.
Südlich davon liegt die Ebene, auf welcher die Chilenen
unter O'Higgins über die Spanier siegten und damit die Unabhängigkeit
Chiles begründeten.