Titel
Sansovino
,
1) Andrea, ital. Bildhauer (eigentlich Contucci), geb. 1460 zu Monte San Savino bei Montepulciano, daher gewöhnlich S. genannt, wurde Lehrling des A. Pollajuolo und bildete sich daneben nach Leonardo da Vinci. Unter diesen Einflüssen entstanden die Reliefs mit der Krönung Marias, der Verkündigung und der Pietà in San Spirito zu Florenz. [* 2] Um 1491 berief ihn der König von Portugal [* 3] nach Lissabon, [* 4] wo er neun Jahre lang als Architekt und Bildhauer thätig war. 1500 nach Florenz zurückgekehrt, begann er hier die Marmorgruppe der Taufe Christi über dem Ostportal des Baptisteriums, die an Adel der Form und des Ausdrucks in jener Zeit einzig dasteht (s. Tafel »Bildhauerkunst [* 5] VI«, [* 6] Fig. 14), aber von ihm nicht vollendet wurde, da er eine Bestellung für den Dom von Genua [* 7] (Statuen der Madonna und des Täufers, 1503) erhielt und sodann von Julius II. um 1505 nach Rom [* 8] berufen wurde, um die Gräber der Kardinäle Basso und Sforza für das Chor von Santa Maria del Popolo auszuführen.
Dieselben schließen sich in der Anordnung dem Geschmack des 15. Jahrh. an, der in ihnen seinen höchsten künstlerischen Ausdruck gefunden, bereiten aber durch ihre malerischen Einzelformen bereits auf den Manierismus der spätern Zeit vor; es sind die herrlichsten Grabdenkmäler, welche Rom besitzt. 1512 schuf S. die Gruppe der heil. Anna in Sant' Agostino zu Rom. Von 1513 bis 1529 war er im Auftrag Leos X. mit der Verzierung des heiligen Hauses zu Loreto beschäftigt.
Die Reliefs der Verkündigung und der Geburt Christi und die Statue des Jeremias arbeitete er selbst, das übrige wurde unter seiner Aufsicht von verschiedenen Künstlern ausgeführt. S. starb 1529. Die Schönheit der Antike mit freiem Sinn erfassend, verband er damit ein gediegenes Naturstudium; seine Figuren zeigen tiefe Empfindung, aber immer in den Schranken der Mäßigung. Er bildete viele Schüler.
Vgl. Schönfeld, A. S. und seine Schule (Stuttg. 1881).
2) Jacopo, ital. Bildhauer und Architekt, eigentlich Tatti, genannt S. nach seinem Lehrer Andrea (s. oben), geb. 1477 zu Florenz, war daselbst und in Rom thätig und schuf in dieser ersten Periode seiner Thätigkeit unter andern die Statue des Jacobus im Dom zu Florenz, einen marmornen Bacchus (im Bargello daselbst) und eine Madonna mit dem Kind in Sant' Agostino zu Rom, wo er von ca. 1515 bis 1527 vorzugsweise als Architekt an mehreren Kirchenbauten (z. B. San Giovanni dei Fiorentini) beteiligt war. 1527 ging er nach Venedig, [* 9] wo er sich bald ein so hohes Ansehen zu verschaffen wußte, daß er zum Baumeister der Republik bestellt wurde und in einer sehr umfangreichen Thätigkeit bis zu seinem Tode der Bau- und Bildhauerkunst Venedigs den Stempel seines Geistes aufprägte. Er ist einer der glänzendsten Vertreter der italienischen Hochrenaissance und verbindet in seinen Bauwerken fruchtbare Phantasie und Eleganz der Formen mit monumentaler Wirkung, während seine plastischen Arbeiten oft nur auf eine gefällige dekorative Wirkung berechnet sind und deshalb eine gründliche Durchbildung vermissen lassen, auch oft in Manieriertheit übergehen.
Seine vornehmsten Bauschöpfungen sind: der Palast Corner (1532), die Markusbibliothek, ein Prachtwerk der italienischen Renaissance (seit 1536, s. Tafel »Baukunst [* 10] XII«, [* 11] Fig. 3), die Zecca (Münze), die Loggetta auf der Piazzetta (1540, mit vier Bronzefiguren von ihm) und die Kirchen San Martino, San Giorgio de' Greci und San Giuliano. Von seinen in Venedig ausgeführten plastischen Werken sind noch zwei Reliefs der Grablegung und Auferstehung Christi an der Bronzethür der Sakristei von San Marco, ein sitzender Johannes in Santa Maria dei Frari, die Statuen der Hoffnung und der Liebe am Grab des Dogen Venier in San Salvatore und die beiden Giganten (Mars [* 12] und Neptun) auf der Riesentreppe des Dogenpalastes hervorzuheben. Er starb