Eisenglanz, Anatas, Titanit, Pyrit, Markasit, Zinkblende, Molybdänglanz, Glimmer, Chlorit, Epidot. Auf der Passhöhe und
in deren nächsten Umgebung kommen vor: Bergkrystall, Adular, Albit, Anatas, Apatit, Arragonit, Axinit, Calcit, Chlorit,
Desmin, Disthen, Epidot, Granat, Hämatit, Laumontit, Muskowit, Pyrit, Rutil, Talk, Hornblende, Strahlstein, Asbest, Titanit,
Turmalin. Andere gute Fundorte sind die
Fibbia und der
PizzoLucendro, die Alp
Sella und der Scipsiuspass,
die
ThälerTremola,
Bedretto,
Piora,
Canaria und
Tavetsch.
Wie nach seiner Lage, so bildet der St. Gotthardstock auch botanisch ein Mittel- und Bindeglied zwischen den feuchten, kühlen
N.-Alpen und den trockenen, warmen S.-Alpen, sowie zwischen den mehr ozeanischen W.- und den kontinentaleren
O.-Alpen. Im Tessin
und Wallis
herrscht bis in die Bergthäler das Buschwerk der S.- und SW.-Alpen, und der Einfluss des trockenen Südens
reicht bis in die höhern Regionen hinauf. Die Birke z. B. tritt an die Stelle des
Ahorns der N.-Alpen, die Lärche an diejenige
der Weiss- und Rottanne; der
Rasen trocknet hier bald aus und wird rotbraun, während in Uri
und Graubünden
die Bergabhänge
noch überall in frisches
Grün gehüllt sind.
Mit der Entfernung vom
Gotthard mehren sich im Wallis
die sw.-alpinen, in Graubünden
die o.-alpinen Arten. Am
Gotthard mischen sich einzelne
Typen beider Gruppen. Im ganzen aber herrscht die nordische Natur entschieden vor und dies mehr als in
irgend einem andern Teil der
Alpen. Zwar finden sich z. B. im
Engadin eine Reihe hochnordischer Seltenheiten, die dem
Gotthard
fehlen, dafür sind aber die hier verbreitetsten gewöhnlichen Gräser, Kräuter und Sträuchlein identisch mit solchen des
Polarkreises.
DieHalden sind mit der Grünerle geschmückt wie am Beringsmeer; die kleinen
Weiden, die spitzen Gräser,
die vielen kleinen Blümchen bis zur Azalea und den Steinbrechen (Saxifragen) der obersten Hänge sind nordisch. Die breitblätterigen,
üppigen Pflanzen der
Voralpen treten zurück. Die Strenge des Klimas, die austrocknenden
Winde, die sengende
Sonne der Zentralalpen
bedingen jene spärliche, unscheinbare Hochalpenvegetation, wie gleiche klimatische Einflüsse sie in Grönland und auf dem
Plateau von Lappland entwickeln.
Schon der scharf beobachtende Schwede Wahlenberg meinte 1815 vom
Gotthard: «Der ganze Berg ist steinig, trocken und an lappländischen
Kräutern reicher als irgend ein anderer in Nordhelvetien», und Christ fügt hinzu: «Er
bietet die nordischen Arten reiner und unvermischter als ein anderer». Christ fasst ferner die floristische Besonderheit
des
Gotthard in dem
Satz zusammen: «die nordischen gewöhnlichen Arten, die überall in der Alpenkette
vorkommen, machen sich am
Gotthard breiter als an andern Orten, und die spezifisch alpinen Arten halten sich mehr
zurück, sowohl die der
Voralpen als die der Südalpen».
Obwohl das Gotthardgebiet also zu den mit Bezug auf die Alpenflora armen Regionen gehört, zählt es doch eine ganz ansehnliche
Anzahl von interessanten Arten, wie Ranunculus glacialis, Draba dubia und Dr. Wahlenbergii,Violapalustris und V. canina,Sileneexscapa, Alsinerecurva, Arenaria biflora;
Cerastium trigynum, C. uniflorum und C. filiforme;
Trifoliumalpinum und Tr. pallescens, Geum reptans, Potentilla frigida und P. grandiflora, Epilobium palustre, Sedum annuum und S.repens;
Saxifraga aspera var. bryoides, S. exarata, S. muscoides und S.Seguieri;
Bupleurum stellatum,Artemisia spicata;
Achillea moschata, A. nana und A.atrata;
Senecio incanus, Leontodon taraxaci und L. pyrenaicus;
Hieraciumglaciale, H. aurantiacum, H. dentatum, H. piliferum, H. glanduliferum, H. Halleri, H. atratum und H. albidum;
Loiseleuria
(Azalea) procumbens, Eritrichium nanum, Pedicularis caespitosa und P. tuberosa, Rhinanthus alpinus, Androsace glacialis,Oxyria digyna und die schwarze Rauschbeere (Empetrum nigrum), welch' letztere zusammen mit alpinen
Weiden
und der kriechenden Alpenheide (Loiseleuria procumbens) die an arktische Regionen erinnernden Teppiche bildet, die schon
dem Schweden Wahlenberg auf seiner Alpenreise aufgefallen sind.
Die obersten Plateauflächen namentlich gleichen mit ihrem
einförmigen bräunlichen Ueberzug von Polytrichium septentrionale und Carex foetida ganz den nordischen Fjelden. Zu nennen
sind ferner:Salix glauca, S. herbacea, S. retusa u. a.;
Lloydia serotina, Paradisia liliastrum;
Juncustrifidus, J. Jacquini und J. filiformis;
Luzula spadicea, L. lutea und L. alpina;
Carex pauciflora, C. curvula, C. incurva,C. foetida, C. lagopina, C. brunescens, C. nigra, C. magellanica, C. capillaris (und vielleicht auch C. microstyla);
Koeleriahirsuta,Avena versicolor und A. subspicata, Poa laxa, Festuca violacea.
Spezialpflanzen des Gotthardgebietes sind Juncus squarrosus, eine in den
Alpen nur sehr selten auftretende arktische Art,
sowie Trientalis europaea und Armeria alpina, zwei ebenfalls nur an wenigen Standorten zu findende Typen. Die gleichfalls
nordische Art Ptarmica alpina scheint seit etwa 50 Jahren von der S.-Flanke des
Gotthard, ihrem einzigen
bekannten Standort in den
Alpen, verschwunden zu sein. Der besonders an der N.-Flanke sich fühlbar machende Einfluss des
Föhn begünstigt das Auftreten von einigen meridionalen oder doch südalpinen Arten, wie besonders der prächtigen Saxifragacotyledon, dann (besonders im
Urserenthal und an den Hängen der
Furka) von Polygonum alpinum, Centaureaplumosa, Cirsium heterophyllum, Alsine recurva, Achillea nana, Senecio incanus, Dianthus vaginatus, Draba incana etc. Zum
Schluss seien als bemerkenswerte Pflanzen des Gotthardgebietes noch
ViolaThomasiana, Hieracium sabinum und Thlaspi Mureti
genannt. (Flora zum grössten Teil nach Angaben von Prof. Dr. Paul Jaccard). Für die Bibliographie siehe
den
Schluss des folgenden Artikels.
Dieser lange Zeit für den Verkehr wichtigste
Pass der Schweizeralpen ist zugleich auch - als Ganzes vom
Vierwaldstättersee
bis
Bellinzona oder bis zum
Langensee betrachtet - einer der schönsten und abwechslungsreichsten Alpenübergänge
überhaupt. Er verdankt seine einstige Bedeutung vor allem dem Handelsverkehr, d. h. dem geschäftlichen Personen- und Gütertransit,
und war stets eine Handelsroute ersten Ranges, während z. B.
Furka und Stilfserjoch mehr nur Touristenstrassen sind, abgesehen
natürlich von militärischen oder strategischen Gesichtspunkten, die aber beim
Gotthard ebensosehr oder noch
mehr ins Gewicht fallen wie bei jenen.
Die Verkehrsbedeutung des
Gotthard erklärt sich zunächst aus seiner Lage. Er ist der eigentliche Zentralpass der
Alpen überhaupt
und der Schweizeralpen insbesondere. Dazu kommt, dass die Gotthardroute einen gewaltigen, durchgehenden Querriss durch die
Gesamtheit der
Alpen darstellt.
¶
mehr
Letzteres gilt zwar ebenso gut vom Splügen, dem man ferner eine zentrale Lage im Gesamtgebäude der Alpen ebenfalls nicht
absprechen kann. Dass der Gotthard dem Splügen und den Bündnerpässen überhaupt den Rang als Hauptverkehrsstrasse ablaufen
konnte, liegt zum guten Teil in politischen Verhältnissen und Umständen begründet. Die dabei in erster
Linie interessierte Schweiz musste natürlich dem Gotthard als dem für sie zentralsten Pass den Vorzug geben. Hätte die Schweiz
ihr Zentrum statt am Vierwaldstättersee etwa am Walensee und Rhein gefunden, so wäre wohl auch dem Splügen oder Septimer die
erste Rolle als Alpenübergang zugefallen.
Tatsachlich hatten denn auch zur Zeit der Römer und des frühern Mittelalters, als es auf der N.-Seite
der mittleren Alpen noch keinen einheitlichen Staat von der Lage und dem Umfang der heutigen Schweiz gab, die Bündnerpässe
vom St. Bernhardin bis zum Julier weit grössere Bedeutung als der Gotthard. Erst seit dem Aufblühen der habsburgischen Macht
im mittleren Gebiet der jetzigen Schweiz und dann der schweizerischen Eidgenossenschaft gewann der St. Gotthard mehr und mehr
an Bedeutung und lief allmählig den Konkurrenzpässen den Rang ab, obwohl in West und Ost von frühe an durch Zollerleichterungen,
verbesserte Weganlagen, sicheres Geleite etc. grosse Anstrengungen gemacht wurden, um den Verkehr dem
alles an sich ziehenden Gotthard gegenüber festzuhalten.
Mehrere dieser Konkurrenzpässe (Simplon, St. Bernhardin, Splügen) haben auch vor dem Gotthard ihre modernen Kunststrassen erhalten.
Aber der Gotthard rückte sofort nach und behauptete sein Uebergewicht, das dann durch den Bahnbau vollends besiegelt, ja
so zu sagen in eine Alleinherrschaft auf dem Gebiet des Grossverkehrs umgewandelt wurde. Erst jetzt rückt
auch der Simplon wieder in die Linie, während Graubünden
noch immer einer durchgehenden, grossangelegten Alpenbahn entbehrt. Aber auch
wenn eine solche einmal da sein wird, wird die Gotthardlinie als zentrale Alpenbahn eine bevorzugte Stellung gegenüber ihren
Schwestern im W. und O. behaupten.
In der Geschichte tritt der St. Gotthard erst spät auf. Seine Urgeschichte ist in Dunkel gehüllt. Die da und dort sich findende
Angabe, als wäre er schon 398 überschritten worden und als hätten die im Jahr 569 von S. her über ihn kommenden Longobarden
in der Schöllenenschlucht eine in Ketten hängende Brücke erbaut, die dann 1198 durch die Teufelsbrücke
ersetzt worden sei, beruht auf missverstandenen oder falsch gedeuteten geschichtlichen Notizen. Auch einzelne im obern Tessinthal
- bei Giornico, Lavorgo, Stalvedro und Madrano - gefundene römische Altertümer beweisen nichts für die Benützung des Gotthardpasses
durch die Römer.
Die historische Kritik nimmt darum an, dass letztere den Pass nicht gekannt, jedenfalls aber nicht benutzt
haben. Die erste sichere Nachricht von einer wirklichen Ueberschreitung des Gotthard stammt von dem Benediktiner Albert von
Stade aus dem Bistum Bremen, der 1236 eine Reise nach Rom machte und den Rückweg über den Gotthard nahm, denn er
nennt in seinem Bericht Bellitiona (Bellinzona), Biasca, Oreolo (Airolo), das Hospiz, Hospenthal und Luzern.
Mit indirekten Gründen lässt
sich aber beweisen, dass der Pass schon seit länger als einem
Jahrzehnt vor 1236 benutzt worden ist.
Beim Aussterben der Zähringer im Jahr 1218 scheint jedoch noch kein Weg nach Italien durch Uri
und über
den St. Gotthard geführt zu haben, da sonst damals Kaiser Friedrich II. die Vogtei in Uri
schwerlich an die Habsburger vergeben
hätte. 1231 aber machte Heinrich VII. diese Vogtei rückgängig und versprach den Urnerv, sie niemals wieder einem andern
Herrn zu verleihen. Daraus geht hervor, dass Heinrich VII. die Bedeutung des St. Gotthardpasses bereits
erkannt hatte und beabsichtigte, ihn in seine Hände zu bringen.
Auf den gleichen Zeitpunkt für das Vorhandensein und die Benutzung dieses Passes weisen ferner zwei im 13. Jahrhundert auftauchende
Zollstätten hin, die nur auf den Gotthard bezogen werden können, nämlich 1228 in St. Amarin im Elsass
und 1239 in Reiden bei Zofingen. Von St. Amarin führt der heute vernachlässigte Col de Bussang über die Vogesen nach Lothringen
und in die Champagne. Die sö. Fortsetzung dieses Handelsweges aber weist notwendigerweise nach Basel
und zum Gotthard, weshalb in
der Errichtung eines Zolles in St. Amarin eine erste Wirkung der Eröffnung des Gotthardpasses zu spüren
ist. Zu beachten bleibt ferner, dass den Aebten von Murbach, die diesen Zoll erhoben, damals auch Luzern
gehörte, wo ebenfalls ein
Zoll erhoben wurde.
Der ReidenerZoll gehörte der jüngern Laufenburger Linie der Habsburger und war der habsburgische Gotthardzoll, da er
vom blossen Lokalverkehr zwischen Luzern
und Aarburg seine Existenz nicht hätte fristen können. Die Eröffnung und Benutzung des
Gotthardweges mag somit in die Zeit zwischen 1218 und 1225 fallen. Einmal in Betrieb gesetzt, gewann nun der Gotthard rasch
an Bedeutung und war schon gegen Ende des 13. Jahrhunderts zur Welthandelsstrasse geworden, was die Walliser-
und Bündnerpässe sehr zu fühlen bekamen.
Das beweisen unter anderm die Zollbefreiungen, die der Bischof von Chur, um den Verkehr über den Septimer festzuhalten, 1278 an
Luzern
und 1291 an Zürich
verlieh. Gleichwohl erscheint Luzern
schon seit 1290 nicht mehr im Churer Zollrodel. Noch schlimmer erging
es dem Col de Jougne im Jura, welcher Pass bisher von den über den Grossen St. Bernhard oder den Simplon kommenden italienischen
Kaufleuten benutzt worden war, um die Messen der Champagne, wo sich die Geschäfte mit den Flamändern und Engländern abwickelten,
zu besuchen.
Einen Konflikt zwischen der Franche Comté und dem französischen König und die daraus sich ergebende
Unsicherheit der Jougneroute benutzte König Albrecht geschickt, um 1299 den Zoll von Jougne nach Luzern
und damit den bisherigen
Handelsverkehr über die Walliser- und Jurapässe an die Gotthardroute zu verlegen. So war der Gotthard mit seinen s. und n.
Zugangsrouten der wichtigste Handelsweg von Mailand über die Alpen bis Brügge und London geworden. Die
Habsburger bemühten sich überhaupt aufs Eifrigste, den Verkehr über den Gotthard möglichst zu fördern, da derselbe von
Luzern
bis an den Hauenstein durch ihr Gebiet ging und sie damals noch hoffen konnten, sich auch Uri
einerseits und die
östl. Jurapässe andererseits aneignen zu können. Diese Hoffnung erfüllte sich freilich infolge des Aufblühens der Eidgenossenschaft
nicht, welch' letztere nun der eigentliche Passstaat des St.
¶
mehr
Gotthard wurde, besonders nachdem sie auch die tessinischen Thäler erworben hatte.
Anfänglich bestand der Pfad durch Uri
und Tessin
wohl nur aus einer Reihe von Gemeindewegen, die von den einzelnen Grundherrschaften
nach und nach ausgebaut und verbessert wurden. Erst seit dem Anfang des 14. Jahrhunderts wird ein einheitlicher Saumweg
erwähnt. Diese alte, an vielen Stellen heute noch sichtbare Strasse zog sich - bald rechts und bald links der Reuss - von
Altorf über Attinghausen, Erstfeld, Amstäg, Ried und Meitschlingen nach Göschenen, von wo sie in die wilde und für die Anschauungen
der damaligen Zeit grausige Schlucht der Schöllenen(schellen, gellen; vom Brausen und Widerhall der tobenden
Gewässer an den Felsen so genannt) eintrat.
Hier passierte sie die Teufelsbrücke und die «stiebende» Brücke, beide in unbekannter Zeit gebaut. Letztere, nach dem stäubenden
Gischt der Reuss benannt, führte (vor der Sprengung des Urnerlochs im Jahr 1707) der Länge nach etwa 60 m
weit durch den Felsschlund zwischen dem Kilchberg im O. und dem Teufelsberg im W., war flach und von Holz und durch Ketten
an den Felsen befestigt. An ihrem obern Ende betrat man den sichern Thalboden von Urseren. Beide Brücken waren oft in misslichem
Zustand und gefährlich zu begehen, die Teufelsbrücke z. B. nur 1,5-1,8 m breit u. ohne Geländer oder
Seitenwände.
Nach der Sprengung des Urnerlochs 1707/1708 kam die «stiebende» Brücke rasch in Verfall, so dass zu der Zeit, als Goethe 1797 über
den Gotthard reiste, nichts mehr von ihr vorhanden gewesen zu sein scheint, da dessen Briefe sie nicht
erwähnen. Ausser dem Weg durch die Schöllenen führte wohl auch noch ein mühsamer Gebirgspfad von Göschenen über den Bäzberg
nach Andermatt. Ueber Richtung u. Zustand des Weges über den eigentlichen Gotthard von Hospenthal bis Airolo fehlen Anhaltspunkte.
Aus dem obern Livinenthal führte der Weg rechts hinauf nach Prato u. Dalpe hoch oben über der Schlucht
des Monte Piottino oder des Platifer, dann steil hinunter nach Faido und von da endlich dem Tessin
entlang über Giornico nach Biasca
und Bellinzona. Vom Ende des 13. Jahrhunderts an wurde der alte Saumweg nach und nach verbessert, und um 1297 soll er auf
eine Breite von 3 m mit Granit- und Gneisplatten belegt worden sein. Aber bei Intschi oberhalb Amstäg
war eine so enge Stelle vorhanden, dass die Ballen für die Saumtiere schon in Flüelen nach einem bestimmten Profil gemessen
werden mussten. 1480 wurden Strassen und Brücken durch ein Hochwasser stark beschädigt.
Ueber den harten und bösen Weg am Platifer (Monte Piottino) pflegte man viel zu klagen, so dass die Urner
genötigt waren, einen Weg durch die Schlucht dem Wasser nach sprengen zu lassen, woran die interessierten Kaufleute einen
besondern Zoll zu geben versprachen. Der Unterhalt der Strasse innerhalb der betreffenden Gemeindegrenzen war Sache
der Thalgenossenschaften Uri,
Urseren und Livinen. Bei grossen Verheerungen wurde aber auch eidgenössische Hilfe in Anspruch genommen,
so im Jahr 1480. Bedeutende Verbesserungen des Gotthardweges fanden im 16. Jahrhundert statt, indem z. B. 1550 und 1569 nach
grossen Hochwasserschäden bedeutende Neubauten an Strasse und Brücken, besonders wieder in der Platiferschlucht, vorgenommen
und hier infolgedessen die Zölle erhöht werden mussten.
Von dieser Zeit an erhielt der Ort am obern Ende der Schlucht den Namen Dazio Grande (= grosser Zoll). In der zweiten Hälfte
des 16. Jahrhunderts war die Gotthardstrasse derart hergestellt, dass die Pilger den Weg von Luzern
nach Rom sogar in
«Carotschen» zurücklegen konnten, so z. B. vom 26. April bis Freilich
vermutet man, diese Vehikel seien zerlegbar gewesen und an den steilsten Stellen getragen worden. Die angeführte Reise in
Wagen von 1574 hat also zwei Jahrhunderte früher stattgefunden als die berühmte Fahrt des englischen Mineralogen Greville
am die lange als die erste Kutschenfahrt über den Gotthard gegolten und von Altorf bis Magadino
am Langensee 7 Tage mit einem Kostenaufwand von 18 Karolin (etwa 450 Fr.) erfordert hat. Um die Mitte des 17. Jahrhunderts
begann man die Strasse mit «Rollsteinen» zu pflastern und bis auf 5 m
Breite zu erweitern. Ein grosses Ereignis war dann die Oeffnung des 60 m langen Urnerlochs 1707/1708, die ein Baumeister Pietro
Moretini aus Locarno um die Summe von 8149 Urner Gulden übernahm.
Die Gotthardstrasse konnte wegen ihrer Kürze ansehnliche Zölle ertragen. Die Zölle auf der N.-Seite des Passes gehörten
anfänglich dem Deutschen Reiche, wurden für die Strecke von Hospenthal bis Reiden bei Zofingen vom Hause
Habsburg in Luzern
erhoben und schwankten in ihrem Jahresertrag von 460 bis 1108 Pfund Basler Währung. Die Stadt Luzern selber genoss
Zollfreiheit vom Gotthard auf dem Landweg bis Reiden und auf der Reuss bis Windisch. Nach dem Eintritt Luzerns
in den Bund der Eidgenossen wurde die Zollstätte von Luzern
nach dem den Habsburgern verbliebenen Rotenburg verlegt, kam aber, nachdem
die österreichischen Besitzungen den Eidgenossen zugefallen waren und diese die Zölle als Reichslehen erhalten hatten, 1415 wieder
nach Luzern.
Zwischenzölle erhob man auch in Flüelen und Göschenen.
Bei letzterem Ort befand sich ein Tor, das bei Nachtanbruch geschlossen und mit dem Tagesgrauen geöffnet wurde. Weitere Zollstätten
bestanden für längere oder kürzere Zeit an der Baslerroute in Sempach, Sursee, Aarburg, Olten, am untern Hauenstein, in Liestal
und Basel.
Ausser dieser Hauptroute waren für den Gotthardverkehr noch wichtig die Strassen über Entlebuch,
Bern
und Neuenburg
nach Frankreich, über Bremgarten und Brugg nach Waldshut, über Zug,
Zürich
und Winterthur an den Rhein und Bodensee (alle mit mancherlei
Verzweigungen), dann die Schiffahrt auf Rhein, Aare, Reuss und Limmat.
Auf der S.-Seite des Passes waren es zunächst die Herren von Mailand, die für guten Zustand der Land-
und Wasserstrassen sorgten und dafür Zölle erhoben, so in Biasca, Lugano, Como, Mailand und Arona. Von den s. Fortsetzungen
des Gotthardweges war die wichtigste Strasse die über den Monte Cenere, Lugano und Como nach Mailand, während eine andere
an den Langensee (Locarno oder Magadino) und eine dritte über den Monte Cenere und Ponte Tresa nach Varese
führte, wo grosse Viehmärkte abgehalten wurden. Oft aber kam es zwischen den Eidgenossen und den s. Thälern zu Reibereien
wegen Unsicherheit des Verkehrs, gegenseitigen Beraubungen, Pfändungen, Mord und Totschlag, Brandstiftungen etc., und immer
wieder mussten Verhandlungen gepflogen und Verträge geschlossen werden zur Sicherung des Verkehrs und
zur Erlangung von Vorteilen betr. Zollerleichterungen, Aufhebung von Handelssperren etc.
Der rege Verkehr machte schon frühe feste Verkehrseinrichtungen am Gotthard notwendig. Schon seit 1315 bestand zwischen Uri
und
Livinen ein Vertrag, laut welchem die Kaufleute gegen eine «Furleite»
(Weggeld) durchsäumen durften, also die von Uri
auch durch Livinen und umgekehrt. Nachdem der Verkehr über
den Gotthard jährlich schon auf 16000 Menschen und 9000 Pferde gestiegen war, setzten 1363 Ammann und
¶