Samaritaner
(Samariter, von den Juden auch »Kuthäer« [Kuthim] genannt), im nachexilischen Zeitalter Benennung der Bewohner Mittelpalästinas oder Samarias, welche aus der Vermischung der nach Zerstörung des Reichs Israel 727 v. Chr. in Samaria zurückgebliebenen Israeliten mit daselbst angesiedelten Kolonisten aus den östlichen Provinzen des assyrischen Reichs entstanden sind. Sie hatten einen dem judäischen nachgebildeten, mit heidnischen Elementen durchdrungenen Kultus.
Mit Vorliebe sich ihrer israelitischen Abstammung rühmend, wollten sie nach der Rückkehr der Juden aus dem Babylonischen Exil (536 v. Chr.) am Wiederaufbau des Tempels zu Jerusalem [* 2] teilnehmen, wurden aber als Unreine zurückgewiesen, weshalb sie durch allerlei Ränke und Verleumdungen bei der Regierung dem Tempelbau entgegenwirkten und in Verbindung mit andern benachbarten, den zurückgekehrten Juden feindlichen Stämmen die Befestigung von Jerusalem zu vereiteln suchten.
Ihre Errichtung eines eignen Tempels auf dem Berge Garizim bei Sichem (409), wobei sie Menasse, Sohn des Hohenpriesters Jojada und Schwiegersohn Sanballats, kräftig unterstützte, befestigte die völlige Trennung beider Völker, die sich zum bittersten und bleibenden Haß steigerte. Jesus, der die tiefe Verachtung seines Volkes gegen die S. nicht teilte, stellte in einem Gleichnis einen solchen als Beispiel der Barmherzigkeit auf. Die S. teilten nach Alexanders d. Gr. Tode das Schicksal der übrigen Bewohner Palästinas; doch wußten sie die Mißhandlungen, die Antiochos Epiphanes an den Juden verübte, dadurch von sich abzuwenden, daß sie ihre Tempel [* 3] zum Schein dem Zeus [* 4] Hellenios weihten.
Dafür wurden dieselben samt der Hauptstadt Samaria später vom jüdischen Fürsten Johannes Hyrkanos zerstört (120) und die S. von den Juden unter hartem Druck gehalten, bis sie von Pompejus befreit wurden. Später ward das Land dem Königreich des Herodes einverleibt. Trotz ihres Hasses gegen die Juden nahmen die S. an dem Aufstand der letztern gegen die Römer [* 5] teil. Sie verschanzten sich auf dem Berge Garizim, mußten sich aber den Römern ergeben; 11,600 waren dabei umgekommen, die übrigen hatten mit den Juden gleiches Schicksal.
Noch heute besteht eine kleine samaritanische Gemeinde von etwa 20 Familien in Nabulus (Neapolis, Sichem). Sie besitzt eine Synagoge, worin eine alte Pentateuchrolle sich befindet und ein sogen. Hoherpriester, angeblich von Aaron abstammend, fungiert. Der Samaritanismus, aus dem gröbsten Heidentum (das Sichpreisgeben der Weiber bei religiösen Feierlichkeiten, Opfern von Kindern u. dgl.) nach und nach monotheistisch geworden, hielt streng auf die Ausübung pentateuchischer Satzungen, besonders der Sabbatfeier und der Beschneidung, näherte sich in vielen Dogmen (Schöpfung aus Nichts, Dämonen- und Auferstehungslehre) und Institutionen (Synagoge) dem rabbinischen Judentum, wich aber in andern Lehren [* 6] (Messiasglaube) und Ausführung biblischer Anordnungen (Abgaben an die Priester) von demselben ab. Der Text Ihres Pentateuchs, in den althebräischen, sogen. samaritanischen Schriftcharakteren geschrieben (s. die »Schrifttafel«),
hat vielfache, teils aus der Septuaginta geflossene Einschaltungen und auch Entstellungen erfahren. Übersetzt wurde er später in das Samaritanische, ein Idiom, das zwischen dem Hebräischen und Aramäischen steht und mit vielen nichtsemitischen Wörtern vermischt ist. In dieser Sprache [* 7] wurden auch verschiedene Schriften religiösen Inhalts verfaßt, die dann später in das Arabische, die heutige Umgangssprache der S., übertragen wurden.
Vgl. Juynboll, Commentarii historiae gentis samaritanae (Leid. 1846);