Salz,
[* ] im weitern Sinne eine große Gruppe chem. Verbindungen (s. Salze); im gewöhnlichen Sprachgebrauch das aus Chlor und Natrium bestehende, in der Chemie Chlornatrium (s. d.) genannte Koch- oder Speisesalz.
Das Kochsalz ist eine der materiellen Grundlagen unsers Kulturlebens, und zwar in einer doppelten Weise. Einerseits ist es von großer physiol. Bedeutung im tierischen und pflanzlichen Leben, dessen
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naturgesetzlicher Vollzug an die Mitwirkung des S. als Nahrungsmittel geknüpft ist. Ein Mensch von 75 kg Gewicht enthält 0,5 kg Kochsalz und braucht jährlich 7,75 kg davon. Andererseits dient es der Industrie als Rohstoff für die Fabrikation vieler Produkte (s. unten). Das S. tritt in der Natur in vier verschiedenen Hauptformen auf: als Bestandteil des Meers, als Bestandteil der Salzseen und Salzwüsten, als Steinsalz (s. d.) und, was eng damit zusammenhängt, als Bestandteil der Salzsolen.
Eine unermeßliche Menge S. ist aufgelöst im Wasser der Meere enthalten (s. Meer, Bd. 11, S. 723 a). Salzwüsten oder Salzsteppen finden sich vom Kaspischen Meere bis zum Altai, sowie in Innerafrika in großer Ausdehnung; das aus dem Boden ausblühende und gewonnene S. heißt Wüsten-, Steppen- oder Kehrsalz. Salzige Landseen (s. Seen) sind teilweise für die Salzgewinnung von großer Wichtigkeit. Von gleicher Bedeutung sind die häufig vorkommenden salzhaltigen Quellen (Salzquellen, Solquellen), deren Wasser man mit dem Namen Sole, Salzsole bezeichnet. (S. Mineralwässer.)
Die Anstalten zur Gewinnung des S. heißen Salzwerke oder Salinen. Wo Steinsalz in genügender Mächtigkeit und Reinheit vorkommt, wird es bergmännisch gewonnen und entweder roh verbraucht oder aufgelöst und durch Sieden umkrystallisiert (Dophiermethode). Ist die bergmännische Gewinnung nicht möglich, so werden Sinkwerke (s. Bergbau, Bd. 2, S. 758) angelegt, indem süßes Wasser eingeleitet, dadurch das Steinsalz aufgelöst und die so entstandene Sole zu Tage gefördert und eingedampft wird.
Dies geschieht in großen Salzpfannen. Beim Sieden stößt sich die Unreinigkeit als Schaum ab, die schwerlöslichen Bestandteile, namentlich Gips, scheiden sich an den Wänden der Pfanne ab und bilden den Pfannen- oder Hungerstein; darauf beginnt die Sole zu soggen, d. h. reines Kochsalz fällt in Körnern aus; die leichter löslichen S. (Magnesium- und Calciumchlorid, Glaubersalz u. a.) bleiben in der Mutterlauge. Ist die Sole zu schwach, um siedewürdig zu sein, so wird sie vor dem Sieden gradiert. (S. Gradieren.) Das durch Sieden gewonnene S. heißt Sud- oder Solsalz. Hirzel in Winterthur (Patentschrift Nr. 73162) hat neuerdings ein Verfahren ausgearbeitet, nach welchem das S. aus der Salzsole durch Abkühlung derselben auf -15 bis -20° C. gewonnen wird. Dabei scheidet sich das Hydrat NaCl.2H₂O ab, das durch heiße Gase von dem Krystallwasser befreit wird. Das Verfahren ist im Gegensatz zum Siedeverfahren kontinuierlich, billiger und liefert ein fast chemisch reines S. Aus Meerwasser gewinnt man das Seesalz (Boy- oder Baysalz) in Salzgärten (s. d.).
In der chem. Industrie dient das Kochsalz zur Herstellung von Natrium, Chlor, Salzsäure, Glaubersalz, Soda; in der Metallurgie als Röstzuschlag zur Überführung von Metalloxyden in Chloride. Es dient auch zur Abscheidung verschiedener Körper (Seifen, ätherischer Öle, Chloroform u. a.) aus wässerigen Lösungen. Die Steingutfabrikation benutzt es zur Herstellung von Glasuren. Ferner gebraucht man es zu Kältemischungen, sowie zum Auftauen von Eis und Schnee. Die Landwirtschaft bedient sich des S. zur Viehfütterung (s. Salzfütterung) und als Düngemittel für Lein und Flachs. Mediz. Verwendung findet es in der Form der Solbäder (s. d.).
Die hohe wirtschaftliche Bedeutung des S. hat es auch bewirkt, daß die Gewinnung und der Vertrieb schon früh, namentlich im fiskalischen Interesse, gesetzlichen Beschränkungen unterworfen wurden. Sowohl das Steinsalz als auch die Solquellen sind schon durch die ältesten Bergordnungen dem Verfügungsrecht des Grundeigentümers entzogen und gleich den edlen Metallen dem Bergregal unterworfen worden, und die neuern Berggesetze haben, wenn sie auch das Regal haben fallen lassen, doch an diesen Grundsätzen festgehalten. – Auch der Handel mit S. unterlag in frühern Zeiten vielfach gesetzlichen Beschränkungen, die heute noch nicht ganz verschwunden sind. (S. Salzsteuer.)
Im Deutschen Reich betrug 1893 die Ausbeute von Steinsalz 669043 t im Werte von 2944118 M., von Kochsalz (aus Solquellen) 504523 t im Werte von 13976885 M. Die Einfuhr von Speisesalz betrug im selben Jahre 19449 t (Wert: 0,78 Mill. M.), die Ausfuhr 196095 t (Wert: 3,04 Mill. M.).
Englisches S., soviel wie Bittersalz (s. d.); Schlippesches S., s. Antimonsulfid; S. der Wissenschaft (Sal sapientiae), s. Alembrothsalz.
Litteratur. Kerl, Grundriß der Salinenkunde (Braunschw. 1868);
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M. J. ^[Jacob] Schleiden, Das S., seine Geschichte, seine Symbolik und seine Bedeutung im Menschenleben (ebd. 1875);
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