Saloniki
[* 2] (Salonich, Thessalonike, türk. Selanik, slaw. Solun), türk. Wilajet, aus Teilen des alten Makedonien und Thrakien gebildet, wird vom Wardar und Karasu durchflossen, ist fruchtbar an Getreide, [* 3] Tabak [* 4] (dessen Anbau durch die falsche Steuerpolitik der Regierung schwer geschädigt wurde), Wein, Obst, Baumwolle, [* 5] Galläpfeln etc., zerfällt (1885) in drei Liwas: Drama, S. und Seres. Die Hauptstadt S. liegt im Hintergrund des großen Meerbusens von S., eines Teils des Ägeischen Meers, und am Abhang des Bergs Kissos (Chortiati), an welchem sie sich halbkreisförmig ausbreitet, an der Eisenbahn S.-Mitrowitza, neuerdings über Wranja mit dem serbischen Bahnnetz verbunden.
Sie gewährt von der See aus mit ihrer Citadelle, den vielen Kuppeln und Moscheen einen prächtigen Anblick, ist aber im Innern sehr eng, schmutzig und unregelmäßig gebaut. Die Stadt hat eine verfallene, jetzt von armen Leuten bewohnte Citadelle, hohe Mauern mit Türmen, 10 große und viele kleine Moscheen (früher zum Teil christliche Kirchen, wie die berühmte St. Sophia und St. Demetrius), mehrere griechische Kirchen und Klöster, eine römisch-katholische Kirche, zahlreiche Synagogen, Hospitäler, viele griechische Elementarschulen, ein griechisches Gymnasium, eine höhere Töchterschule und Seminare für Lehrer und Lehrerinnen, eine jüdisch Hauptschule und zahlreiche Bäder.
Unter den neuern Bauten sind besonders zu nennen: die Niederlassung der Banque Ottomane, das große Jesuitenkolleg, Zollhaus, der Bahnhof etc. Ein besonderes Interesse verleihen der Stadt die Reste aus dem Altertum: zwei römische Triumphbogen (an der ehemaligen Via Egnatia), eine Kolonnade von vier korinthischen Säulen [* 6] mit Architrav [* 7] und Karyatiden, [* 8] die »Rotunda« (nach dem Muster des Panthéons in Rom [* 9] erbaut, jetzt Moschee), viele kleinere Reste, wie Säulen, Statuen, Inschriften etc. Die Bevölkerung [* 10] der Stadt beläuft sich (1885) auf 74,500 Seelen, wovon 20,700 Türken, 11,471 ansässige Griechen, 6332 fremde Unterthanen, meist Griechen, und 33,665 Juden (Sephardim). In industrieller Beziehung sind Gerbereien und Färbereien, Fabriken für Baumwollenstoffe, Garn, Teppiche, Seiden- und Metallwaren anzuführen. S. ist nach Konstantinopel [* 11] die bedeutendste Handelsstadt der europäischen Türkei. [* 12] Der Hafen der Stadt ist sicher und geräumig. 1885 liefen 4337 Schiffe [* 13] von 579,847 Ton. ein. Ausgeführt wird namentlich Korn, Tabak, Wolle, Baumwolle, Häute und Holz. [* 14] Die Einfuhr von Zucker [* 15] (aus Österreich) [* 16] belief sich 1887 auf 50,000 Doppelzentner. Es betrug der Wert (in Mill. Mark) der
Einfuhr | Ausfuhr | |
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1866 | 12.7 | 24.8 |
1868 | 16.0 | 35.3 |
1880 | 19.1 | 12.6 |
1884 | 26.8 | 33.6 |
Deutschland
[* 17] hat an dem
Handel verhältnismäßig geringen
Anteil, doch gewinnt es an
Terrain. S. ist der
Sitz eines
Generalgouverneurs
(Wali), eines griechischen
Metropoliten, eines Großchakam der
Juden und zahlreicher
Konsuln fremder
Nationen (darunter auch eines deutschen
Berufskonsuls). Die Umgebungen Salonikis
, namentlich nach O. hin, sind
reizend. - S.
ist das antike Thessalonika, das von
Kassandros um 315
v. Chr. an
Stelle der ältern Stadt
Therme gegründet
und zu
Ehren seiner
Gattin, einer
Schwester
Alexanders d. Gr., benannt wurde.
Die Stadt war stark befestigt und wurde bald der Haupthafen von Makedonien. Sie bildete zugleich den Mittelpunkt und die Hauptschutzwehr der erwähnten Via Egnatia, einer Heerstraße, die in der Zeit der Römerherrschaft (seit 148 v. Chr.) von Dyrrhachium (Durazzo) nach Byzanz geführt wurde. In S. verkündigte der Apostel Paulus das Christentum und errichtete daselbst eine christliche Gemeinde, an welche er zwei Briefe schrieb. Unter Theodosius wurden wegen Aufstandes 7000 Bürger von S. im Hippodrom getötet, wofür der Kaiser Kirchenbuße thun mußte.
Die Goten belagerten die Stadt vergeblich, ebenso später die Slawen. Im I. 904 verkauften die Sarazenen 22,000 Einw. als Sklaven, darunter den Geschichtschreiber Kaminiatis Diakonos. 1430 kam die inzwischen von Venedig [* 18] besetzte Stadt unter türkische Herrschaft. In neuester Zeit wurde S. oft genannt infolge der Ermordung des deutschen und des französischen Konsuls durch den türkischen Pöbel
Vgl. Rohnstock, S. und sein Hinterland (Konstant. 1887).