Salmiak
(Ammoniumchlorid, Chlorammonium) NH4Cl findet sich sublimiert in den Spalten der Lava vieler Vulkane, [* 2] auf Brandfeldern und brennenden Halden mancher Steinkohlenlager, auch im Guano der Chinchainseln und in sehr geringer Menge im Speichel, Magensaft, Harn etc. Er entsteht beim Zusammentreffen von Ammoniak (NH3) mit Chlorwasserstoff [* 3] (HCl) und wird meistens durch Neutralisieren ammoniakhaltiger Flüssigkeiten mit Salzsäure, auch durch Zersetzen von kohlensaurem Ammoniak mit Chlorcalcium, Manganchlorür oder Eisenchlorid sowie durch Zersetzen von schwefelsaurem Ammoniak mit Chlornatrium erhalten.
Zur Darstellung neutralisiert man die bei der Darstellung von Knochenkohle als Nebenprodukt erhaltene ammoniakreiche wässerige Flüssigkeit mit Salzsäure, sucht die Verunreinigungen mit Teerbestandteilen möglichst abzuscheiden und reinigt das Salz [* 4] durch Umkristallisieren. Der meiste S. wird aus den Ammoniakwassern der Leuchtgasanstalten gewonnen, indem man dieselben, welche kohlensaures Ammoniak, Schwefelammonium etc. enthalten, mit Kalk destilliert und das entweichende Ammoniak in Salzsäure leitet, bis dieselbe neutralisiert ist.
Die Flüssigkeit wird dann verdampft und der rohe S. durch Umkristallisieren oder durch Sublimation in großen eisernen, innen mit feuerfesten Steinen ausgekleideten Kesseln gereinigt. Der sublimierte S. bildet eine farb- und geruchlose, faserig kristallinische, durchscheinende, schwer pulverisierbare Masse, schmeckt scharf salzig, löst sich unter starker Temperaturerniedrigung in Wasser, und zwar lösen 100 Teile Wasser bei 0° 28,4, bei 10° 32,8, bei 110° 77,2 Teile; in Alkohol löst er sich um so schwerer, je stärker derselbe ist. Er kristallisiert in kleinen Kristallen, die sich zu federartigen Formen aneinander reihen. Beim Verdampfen wird die Lösung durch Ammoniakverlust sauer. Beim Erhitzen verflüchtigt sich S., ohne zu schmelzen; bei hoher Temperatur zerfällt der Dampf [* 5] in Chlorwasserstoff und Ammoniak, ¶
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welche sich erst unter 350° wieder miteinander vereinigen. Mit vielen Metallchloriden bildet S. Doppelchloride. Eisen [* 7] bildet mit S. Eisenchlorür, Ammoniak und Wasserstoff, und nicht selten enthält ganz farbloser S. Eisenchlorür. Man benutzt S. zur Darstellung von Ammoniak, zum Verzinnen und Verzinken von Eisen, Kupfer [* 8] und Messing, zum Löten (wobei er als Lösungsmittel für die Oxyde und reduzierend wirkt und dadurch eine reine metallische Oberfläche erzeugt, auf welcher das Lot haftet), in der Kattundruckerei, Farben- und Schnupftabaksfabrikation, bei der Platingewinnung, zur Darstellung von Eisenkitt und Kältemischungen.
Bei der Sodafabrikation nach dem Ammoniakverfahren entsteht S. als Nebenprodukt, wird aber immer wieder sofort zur Gewinnung des Ammoniaks zersetzt. In der Medizin benutzt man S. gegen Magen- und Bronchialkatarrh. S. war schon Geber bekannt, welcher ihn aus gefaultem (und daher ammoniakhaltigem) Urin und Kochsalz darstellte. Später aber scheint das Salz aus Asien [* 9] nach Europa [* 10] gekommen zu sein und stammte vielleicht aus dortigen Vulkanen, da es zuerst armenisches Salz genannt wurde.
Aus Ägypten
[* 11] wurde künstlicher S. eingeführt, welchen man dort aus dem Ruß von verbranntem Kamelmist gewann. Der ursprüngliche
Name des Salzes, Sal armeniacum oder armoniacum, wurde später in Sal ammoniacum umgeändert, ein Ausdruck, der ursprünglich
zur Bezeichnung des Steinsalzes benutzt worden war, welches in der Nähe des Tempels des Jupiter Ammon
[* 12] in der
Libyschen Wüste vorkommt. Geoffroy zeigte 1720, daß S. aus Salzsäure und flüchtigem Alkali besteht; 1750-56 wurden große
Salmiak
fabriken in Schottland und 1759 von den Gebr. Gravenhorst die erste in Deutschland
[* 13] bei Braunschweig
[* 14] angelegt.