(lat.), Bezeichnung gewisser wesentlicher
Elemente des christlichen
Kultus, hinsichtlich deren Zahl, Bedeutung
und
Wirkung aber die verschiedenen christlichen
Konfessionen
[* 2] nicht übereinstimmen. Mit dem
NamenS. (in der
Vulgata die Übersetzung von
Mysterium) wurden im kirchlichen Sprachgebrauch seit Tertullian die wichtigsten christlichen
Zeremonien
überhaupt, namentlich aber gewisse nach
Analogie der heidnischen
Mysterien (s. d.) gestaltete, geheimnisvolle
Handlungen bezeichnet,
welchen man wesenhafte und übernatürliche
Wirkungen zur
Wiedergeburt und
Auferstehung des
Menschen zuschrieb.
Die heilige Siebenzahl der Sakramente
(Taufe,
Abendmahl,
Buße,
Firmung,
Ehe,
Ordination und
Letzte Ölung) wurde erst im 12. Jahrh.
festgestellt, während der
römisch-katholischeLehrbegriff der Sakramente besonders von
Thomas von Aquino ausgebildet worden
ist. Danach sind die Sakramente die
Kanäle, durch welche sich die heiligende
Gnade in den
Menschen ergießt,
welcher seinerseits, wie später die Anhänger des
Duns Scotus ergänzend lehrten, sich nur passiv dabei verhält, d. h. die
Sakramente wirken ex opere operato, ein
Ausdruck, welchen die nachtridentinische katholische
Theologie wieder vielfach zu mildern
suchte.
Trotzdem, daß sich in der
Lehre
[* 3] vom S. der
Katholizismus vorwiegend an heidnische Vorbilder angeschlossen
und von dem rein sittlichen
Geist seines Ursprungs am weitesten entfernt hatte, beschränkte sich der
Protestantismus doch
darauf, die Zahl der Sakramente auf zwei
(Taufe und
Abendmahl) herabzusetzen, das
Opus operatum (s. d.) zu leugnen und eine
Wirksamkeit ausschließlich durch und für den
Glauben zu behaupten. Den
Socinianern sind sie bloße
Zeremonien,
den
Arminianern Bundeszeichen, andre
Sekten sprachen ihnen überhaupt jede Bedeutung ab. - S. des
Altars, s.
Abendmahl.
(lat.), in der Kirchensprache eine heilige Handlung, die unter äußern Zeichen
unsichtbare Gnadengaben vermittelt. Bei denRömern bedeutete das Wort ursprünglich den Eidschwur, insbesondere den Soldateneid,
aber auch jede feierlich übernommene Verpflichtung. Der kirchliche Sprachgebrauch entstand daher, daß sacramentum in der
lat. Bibelübersetzung das griech. Wort mysterion,
d. i. Geheimnis, ausdrückte. Nach dem namentlich durch Thomas von Aquino ausgebildeten kath. Begriff des S. sind darunter geheimnisvolle
Handlungen der Kirche zu verstehen, durch die gewisse übernatürliche Wirkungen der göttlichen Gnade auf den Menschen übergeleitet
werden, und zwar, wie Duns Scotus hinzufügte, auch ohne Bedingung des Glaubens, wenn nur der Mensch der
Gnade keinen «Riegel vorschiebt».
Die Zahl der S. wurde von den Kirchenversammlungen zu Florenz
[* 5] (1439) und Trient
[* 6] (1541) auf sieben bestimmt, nämlich Taufe,
Abendmahl, Firmung, Buße, Letzte Ölung, Priesterweihe und Ehe. Die griech. Kirche stimmt in dieser Lehre mit der römischen
überein. Die Reformatoren des 16. Jahrh. bestimmten den Begriff des S. dahin, daß zu demselben drei Stücke gehören: die
göttliche Einsetzung, das göttliche Verheißungswort und die mit demselben verbundene sinnbildliche Handlung.
Dieser Begriff paßt, genau genommen, nur auf die Taufe (s. d.) und das Abendmahl (s. d.). Doch rechneten Luther und Melanchthon
anfangs auch die Buße (s. d.) unter die S. Der Hauptunterschied der evang.
von der kath. Sakramentslehre besteht aber darin, daß nach letzterer das S. schon an sich selbst als wunderkräftige kirchliche
Handlung wirkt, wogegen es nach ersterer nur unter Bedingung des Glaubens wirkt, was die Zeichen bedeuten und was das
Wort verheißt. Doch lehrten auch die Lutheraner nachmals, daß zwar nicht die Gnade der Sündenvergebung, wohl aber ein in
jedem S. enthaltenes besonderes Übernatürliches auch an die Ungläubigen gelange und zwar zum Gericht. (S. Opus operatum.)
Die Socinianer (s. d.) erklären die
S. für feierliche Gebräuche ohne besondere
göttliche Segenskraft, zu deren Übung kein Christ notwendig verbunden sei. Die Quäker (s. d.) nennen dagegen die S.
innere Handlungen des Gemüts und begehen sie gar nicht äußerlich. Unter den aus dem Protestantismus
hervorgegangenen kleinern Parteien folgen die Methodisten und Taufgesinnten der reform. Ansicht. Die neuere kritische Theologie
hat sich genötigt gesehen, das Merkmal unmittelbarer Einsetzung durch Jesum selbst zweifelhaft zu lassen, da der Jesu in
den Mund gelegte Taufbefehl
(Matth. 28, 19). vermutlich aus späterer Zeit stammt,
bei dem letzten Mahl Jesu aber fraglich ist, ob Jesus selbst die Anordnung einer regelniäßigen Wiederholung
gegeben habe. Wohl aber wird die Beibehaltung beider S. (der Taufe und des Abendmahls) durch innere Gründe gerechtfertigt.