Sakramént
(lat.), in der Kirchensprache eine heilige Handlung, die unter äußern Zeichen unsichtbare Gnadengaben vermittelt. Bei den Römern bedeutete das Wort ursprünglich den Eidschwur, insbesondere den Soldateneid, aber auch jede feierlich übernommene Verpflichtung. Der kirchliche Sprachgebrauch entstand daher, daß sacramentum in der lat. Bibelübersetzung das griech. Wort mysterion, d. i. Geheimnis, ausdrückte. Nach dem namentlich durch Thomas von Aquino ausgebildeten kath. Begriff des S. sind darunter geheimnisvolle Handlungen der Kirche zu verstehen, durch die gewisse übernatürliche Wirkungen der göttlichen Gnade auf den Menschen übergeleitet werden, und zwar, wie Duns Scotus hinzufügte, auch ohne Bedingung des Glaubens, wenn nur der Mensch der Gnade keinen «Riegel vorschiebt».
Die Zahl der S. wurde von den Kirchenversammlungen zu Florenz [* 2] (1439) und Trient [* 3] (1541) auf sieben bestimmt, nämlich Taufe, Abendmahl, Firmung, Buße, Letzte Ölung, Priesterweihe und Ehe. Die griech. Kirche stimmt in dieser Lehre [* 4] mit der römischen überein. Die Reformatoren des 16. Jahrh. bestimmten den Begriff des S. dahin, daß zu demselben drei Stücke gehören: die göttliche Einsetzung, das göttliche Verheißungswort und die mit demselben verbundene sinnbildliche Handlung.
Dieser
Begriff paßt, genau genommen, nur auf die
Taufe (s. d.) und das
Abendmahl (s. d.). Doch rechneten
Luther und
Melanchthon
anfangs auch die
Buße (s. d.) unter die S. Der Hauptunterschied der evang.
von der kath. Sakrament
slehre besteht aber darin, daß nach letzterer das S. schon
an sich selbst als wunderkräftige kirchliche
Handlung wirkt, wogegen es nach ersterer nur unter
Bedingung des
Glaubens wirkt, was die Zeichen bedeuten und was das
Wort verheißt. Doch lehrten auch die
Lutheraner nachmals, daß zwar nicht die
Gnade der
Sündenvergebung, wohl aber ein in
jedem S. enthaltenes besonderes Übernatürliches auch an die Ungläubigen gelange und zwar zum Gericht. (S.
Opus operatum.)
Der unter dem Namen Sakramentsstreit bekannte Zwist unter den Reformatoren selbst wurde über die Frage, ob Christus im Heiligen Abendmahl (dem S. des Altars) leiblich oder bloß geistig zugegen sei, zwischen Luther und den schweiz. Reformatoren geführt. Dieser Streit war die Hauptursache der Trennung der Reformierten von den Lutheranern und der harten Verfolgung der sog. Sakramentierer, d. h. der Anhänger der schweiz. Meinung, welche die Gegenwart des Leibes und Blutes Christi im Abendmahl in Abrede stellten.
Die Socinianer (s. d.) erklären die S. für feierliche Gebräuche ohne besondere göttliche Segenskraft, zu deren Übung kein Christ notwendig verbunden sei. Die Quäker (s. d.) nennen dagegen die S. innere Handlungen des Gemüts und begehen sie gar nicht äußerlich. Unter den aus dem Protestantismus hervorgegangenen kleinern Parteien folgen die Methodisten und Taufgesinnten der reform. Ansicht. Die neuere kritische Theologie hat sich genötigt gesehen, das Merkmal unmittelbarer Einsetzung durch Jesum selbst zweifelhaft zu lassen, da der Jesu in den Mund gelegte Taufbefehl (Matth. 28, 19). vermutlich aus späterer Zeit stammt, bei dem letzten Mahl Jesu aber fraglich ist, ob Jesus selbst die Anordnung einer regelniäßigen Wiederholung gegeben habe. Wohl aber wird die Beibehaltung beider S. (der Taufe und des Abendmahls) durch innere Gründe gerechtfertigt.