Saiten
,
fadenförmige, elastische Körper, die, wenn sie straff ausgespannt sind, durch Zupfen, Schlagen oder Streichen in tönende Schwingungen versetzt werden und daher ein Konstruktionselement vieler Musikinstrumente bilden. Die Schwingungszahl der Saite ist bei derselben Spannung umgekehrt proportional der Länge, bei derselben Länge proportional der Wurzel [* 2] aus der Spannung, also doppelt bei vierfacher Spannung. Eine vollständige Formel für die Schwingungsdauer τ der Saite ist ^[Formel], in der μ die Masse der Längeneinheit, l die Länge, S die Spannung bedeutet.
Die stehenden Wellen, [* 3] die sich in den S. mit den Knoten an den festen Enden bilden, sind bei der gewöhnlichen Erregungsweise der Saite transversal. Die Art der Bewegung der gestrichenen S. ist nicht die einer gewöhnlichen Schwingung [* 4] (s. d.), sondern eine solche, bei welcher die Geschwindigkeit eines Punktes bei jeder Ausweichung von der Mittellage dieselbe ist, was mit dem Vibrationsmikroskop (s. d.) nachweisbar ist. Die Saite kann auch in Abteilungen schwingen, so daß 2, 3, 4 ... Halbwellen auf die Länge der ¶
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Saite fallen. Sie giebt dann Töne, die der Saiten
länge zwischen zwei Knoten entsprechen, also die Schwingungszahlen 2μ,
3μ, 4μ ..., wenn μ jene der Saite als Ganzes ist.
Die aus Därmen gefertigten S. (Darmsaiten) werden hauptsächlich zu Streichinstrumenten, Harfen, Guitarren u. s. w. verwandt, während die S. aus Stahl, Eisen, [* 6] Messing, zuweilen auch Silber, zu Pianos, Zithern, Cymbals u. dgl. Anwendung finden. Die besten Darmsaiten geben Därme von magern Lämmern im Alter von 6 bis 8 Monaten; weniger gut sind Därme von ältern Tieren sowie von Ziegen und Katzen. [* 7] Die Fabrikation von Darmsaiten wird in Frankreich (Paris, [* 8] Montpellier), [* 9] Italien [* 10] (Neapel, [* 11] Padua, [* 12] Verona, [* 13] Venedig, [* 14] Treviso), Deutschland [* 15] (hauptsächlich Markneukirchen im sächs. Vogtland, sowie Berlin [* 16] und Nürnberg) [* 17] und Österreich [* 18] (Wien, [* 19] Prag) [* 20] betrieben.
Obwohl Deutschland und Frankreich gute S. liefern, wird doch das ital. Fabrikat bevorzugt. Die sortierten Därme kommen 24 Stunden in reines Wasser, werden von Fett, Anhängseln und sonstigen Unreinigkeiten gesäubert und kommen dann eine Woche lang in eine aus Weinhefe und Wasser bestehende Lauge oder eine Pottaschenlösung. Vor dem Trocknen werden die Därme zusammengedreht; 1 oder 2 Därme geben die feinsten S., 3 die Quinte der Violine, 4‒5 die a-Saite und 6‒7 die d-Saite.
Die dicksten Baßsaiten
enthalten zuweilen bis zu 100 Därme. Das Zusammendrehen geschieht auf einem Apparat
von ähnlicher Einrichtung, wie er zum Drehen der Bindfäden gebraucht wird. Die gedrehten S. spannt man auf Rahmen, streckt
sie aus und trocknet sie 24 Stunden bei Sonnenwärme oder besser in geheizten Räumen. Dann werden sie geschwefelt und nach
Bedarf noch einmal fester gedreht. Danach erfolgt das Abreiben mit Pferdehaaren, wovon sie Glätte bekommen,
und zum Schluß das Bestreichen mit feinem Öl. Eine gute Darmsaite muß von heller Farbe, durchscheinend, elastisch und gleichmäßig
dick sein; letztere Eigenschaft, die durch den Saitenmesser (s. d.) geprüft wird, sichert reinen Ton und gute Ansprache.
Die Stahlsaiten
und sonstige metallische S. werden wie der gewöhnliche Draht
[* 21] durch Ziehen hergestellt.
Die nötige Elasticität wird dadurch erreicht, daß der Draht in wenigen Stufen ausgezogen und nicht geglüht wird. Die tiefern
S. verdickt man durch Überspinnen mit feinem Silberdraht oder versilbertem Kupferdraht, da sonst dieselben übermäßig lang
sein müßten, um tiefe Töne zu erreichen. Metallsaiten
werden in guter Qualität in England, Deutschland
(Berlin, Nürnberg) und Österreich (Wien) fabriziert.