Sadi
-Carnot
,
s. Carnot.
Sadi-
Carnot
3 Wörter, 24 Zeichen
Sadi-
Carnot,
s. Carnot.
Carnot
(spr. -no), 1) Lazare Nicolas Marguerite, Graf, franz. Staatsmann, geb. zu Nolay (Côte d'Or) als Sohn eines Advokaten, ward in der Klosterschule zu Autun und seit 1769 in der Ingenieurbildungsanstalt zu Paris [* 4] gebildet, trat in das Ingenieurkorps und veröffentlichte, doch ohne Gehör [* 5] zu finden, Ideen zur bessern Verteidigung fester Plätze. Eine Lobrede auf Vauban vor der Akademie zu Dijon [* 6] trug ihm den Preis und die Mitgliedschaft dieser Akademie ein.
Beim Ausbruch der Revolution Kapitän, wurde er für Calais [* 7] 1791 in die Gesetzgebende Versammlung gewählt und trat aus dieser in den Nationalkonvent über. Pflichttreu, redlich und gerade, wenn auch kalt, nüchtern und einseitig, widmete er seine ganze Kraft [* 8] dem Dienste [* 9] der Republik. Er teilte nicht die Ansichten der Jakobiner, ja er verachtete sie; aber er stimmte mit ihnen, weil er im Bewußtsein, Frankreich militärisch retten zu können, im Besitz von Macht und Einfluß sein wollte. Er ward wiederholt mit wichtigen Aufträgen an die Armeen geschickt, leitete 1792 die Aushebungen in den nördlichen Departements, wurde mit der Untersuchung gegen Dumouriez beauftragt und bekam im August 1793 als Mitglied des Wohlfahrtsausschusses die gesamte Leitung des Kriegswesens in die Hand. [* 10]
Von jetzt an übte er auf die Kriegführung den größten Einfluß aus, organisierte die Aushebung und Ausrüstung von 14 Armeen
(levée en masse) und entwarf die Operationspläne. Als Gegner Robespierres angeklagt, wurde er freigesprochen, als eine Stimme
im Konvent rief: »Wie kann man Carnot
verurteilen, der
den Sieg organisiert hat?« Auch als Mitglied des Direktoriums, in welches er nach anfängliche Opposition eintrat, war Carnot
die
Seele der militärischen Operationen.
Dennoch wurde er als Royalist verdächtigt und als Barras' Gegner zur Deportation verurteilt, flüchtete aber nach
Deutschland.
[* 11] Er begab sich nach Augsburg
[* 12] und Nürnberg
[* 13] und verfaßte hier die berühmte »Réponse de L.
N. M. Carnot
etc. au rapport fait sur sa conjuration du 18 fructidor an V au conseil
des Cinq Cents par Bailleul, au nom d'une commissson spéciale« (Lond. 1799), welche die gegen ihn wegen
royalistischer Umtriebe erhobene Anklage schlagend widerlegte. Nach dem Staatsstreich des 18. Brumaire
vom Ersten Konsul Bonaparte zurückgerufen, wurde Carnot
Direktor des Kriegsmaterials und im Mai 1800 an Berthiers Stelle
Kriegsminister, in welcher Stellung er Ordnung und Sparsamkeit in die Administration einführte.
Nach dem Frieden (1801) nahm er den Abschied und ward 1802 zum Mitglied des Tribunats ernannt. Hier stimmte er gegen das lebenslängliche Konsulat und sprach dann auch allein gegen Bonapartes Erhebung auf den erblichen Kaiserthron. Unbeugsam verharrte er bei seinen republikanischen Grundsätzen, kehrte nach der Aufhebung des Tribunats in seine Heimat zurück und lebte hier eingezogen. Erst sieben Jahre später erhielt er eine Pension von 10,000 Frank. 1814 bot er Napoleon wieder seine Dienste an und ward zum Gouverneur von Antwerpen [* 14] ernannt, das er bis nach dem Sturz des Kaisers behauptete.
Von Ludwig XVIII. kalt empfangen, zog er sich zurück, verfaßte jedoch eine Denkschrift, die allein in des Königs Hände kommen sollte, aber wider seinen Willen unter dem Titel: »Mémoire adressé au roi en juillet 1814, etc.« erschien. Die Polizei überwachte ihn, besonders nach Napoleons Landung, aufs strengste. Napoleon ernannte ihn nach seiner Rückkehr von Elba zum Minister des Innern, zum Grafen und Pair des Reichs, darauf zum Kommandeur und endlich zum Großoffizier der Ehrenlegion.
Nach der Schlacht bei Waterloo [* 15] bekämpfte er vergeblich Napoleons Abdankung und trat dann in die provisorische Regierung, zog sich nach der Rückkehr der Bourbonen zurück, wurde von der Regierung zu Blois unter polizeiliche Aufsicht gestellt und entfloh daher über die Niederlande [* 16] und Deutschland nach Warschau. [* 17] Auch von den Kammern verbannt und angewiesen, sich nach Preußen [* 18] zu begeben, wählte er Magdeburg [* 19] zum bleibenden Aufenthaltsort, wo er in stiller Zurückgezogenheit den Wissenschaften und der Erziehung seiner Söhne lebte und starb.
Als Schriftsteller war Carnot
vorzugsweise im historisch-politischen und im mathematisch-militärischen Fach und außerdem als
Dichter thätig. Seine berühmtesten Werke sind: »Éloge de Vauban« (Lyon
[* 20] 1783);
»Essai sur les machines en général« (das. 1784, neue Aufl. 1810);
»Œuvres mathématiques« (Bas. 1796);
»Réflexions sur la métaphysique du calcul infinitésimal« (Par. 1797, 4. Aufl. 1860; deutsch von Hauff, Frankf. a. M. 1800);
»Traité de la corrélation de figures de géométrie« (Par. 1801);
»Géométrie de position« (das. 1801; deutsch von Schuhmacher, Altona [* 21] 1808-10, 2 Tle.);
»De la défense des places fortes« (Par. 1809, 3 Bde.; 3. Aufl., das. 1812; deutsch von Bressendorf, Stuttg. 1820),
wozu nachträglich erschien: »Mémoire sur la fortification primitive, pour servir de suite au traité de la défense des places fortes« (Par. 1823).
Auch schrieb er ein komisches Heldengedicht: »Don Quichote« (Leipz. 1820). Seine Memoiren wurden von seinem Sohn Hippolyte herausgegeben (Par. 1861-64, 2 Bde.).
Vgl. »Correspondance de Napoléon Buonaparte avec le comte Carnot
, pendant les cent-jours« (Par. 1819);
Arago, Biographie de Carnot
(das.
1850);
Picaud, Carnot
, l'organisateur de la victoire (das. 1885).
2) Nicolas Léonard Sadi
, Sohn des vorigen, geb. zu Paris, trat 1812 in die polytechnische Schule und 1814 in das
Geniekorps, wurde aber seiner politischen Gesinnung wegen erst 1826 zum Kapitän befördert, nahm 1828 seinen Abschied und starb an der
Cholera. Seine Arbeiten über die dynamische Theorie der Wärme
[* 22] sind in den »Réflexions sur la puissance
motrice du feu et sur les machines propres à développer cette puissance« (Par. 1824) enthalten.
Er wies darin nach, daß die in der Dampfmaschine
[* 23] geleistete Arbeit der Menge der aus dem Kessel in den Kondensator
[* 24] überfließenden Wärme proportional ist, und daß die Wärme überhaupt nur Arbeit leisten könne bei dem Übergang von
¶
einem wärmern zu einem kältern Körper, ein Satz, der in der ihm von Clausius gegebenen Modifikation jetzt den sogen. zweiten Hauptsatz der mechanischen Wärmetheorie bildet und vielfach auch der Carnotsche Satz genannt wird.
3) Lazare Hippolyte, franz. Publizist und Staatsmann, Bruder des vorigen, geb. zu St.-Omer, lebte mit dem Vater sieben Jahre in Magdeburg, wo er deutsche Sprache und Litteratur studierte. 1823 nach Frankreich zurückgekehrt, ward er Advokat und nahm als Redakteur mehrerer Zeitungen, in welchen er sehr radikale, anfangs sogar sozialistische Grundsätze verfocht, am politischen Leben teil. 1839 und dann wiederholt in die Abgeordnetenkammer gewählt, saß er hier auf der äußersten Linken und bekannte sich 1847 in der Schrift »Les radicaux et la charte« offen als Republikaner.
Nach der Februarrevolution wurde Carnot
Minister des öffentlichen Unterrichts und des Kultus. Trotz mancher Reformen verdarb er es
aber mit der öffentlichen Meinung durch Verbreitung von Unterrichtsbüchern mit sozialistischer Tendenz
und legte daher, als die Nationalversammlung ihre Mißbilligung aussprach, sein Amt (5. Juli) nieder. Eine Rechtfertigung seiner
Verwaltung veröffentlichte er unter dem Titel: »Le
[* 26] ministère de l'instruction publique et des cultes depuis le 24 février
jusqu'au 5 juillet« (Par. 1848). In der Nationalversammlung schloß er sich als Vertreter des Seinedepartements
der republikanischen Linken an. Nach dem Staatsstreich vom wurde er zwar in den Gesetzgebenden Körper gewählt, aber
wegen Verweigerung des Huldigungseides (mit Cavaignac und Henon) nicht zugelassen; dasselbe geschah 1857. Erst 1864 trat er,
nachdem er den Eid geleistet, in die Versammlung ein und gehörte dort der Opposition an. Nach dem Sturz
des Kaiserreichs ward er Maire eines der Arrondissements von Paris, und bei den Wahlen vom wurde er in die
Nationalversammlung gewählt, in welcher er mit der äußersten Linken stimmte. 1876 ward er Mitglied des Senats. Unter seinen
Schriften sind noch zu nennen: »Exposé de la doctrine saint-simonienne« (Par. 1830);
»Lazare Hoche« (das. 1874) u. a. Außer den Memoiren seines Vaters veröffentlichte er auch die »Mémoires de H. Grégoire, ancien évèque de Blois« (Par. 1837, 2 Bde.) und »Mémoires de Bertrand Barère« (das. 1842, 4 Bde.).
4) Marie François Sadi
, franz. Staatsmann, geb. zu
Limoges, ältester Sohn des vorigen, trat 1857 in die polytechnische Schule ein, besuchte dann bis 1863 die École des ponts
et chaussées und ward, nachdem er einige Zeit Sekretär
[* 27] des Conseil des ponts et chaussées gewesen, zum Ingenieur in Annecy
ernannt. Gambetta übertrug ihm Ende 1870 die Präfektur des Departements der untern Seine und die Organisation der
nationalen Verteidigung in der Normandie. Am ward er im Departement Côte d'Or zum Mitglied der Nationalversammlung, 1876 zum
Deputierten gewählt. In beiden Versammlungen schloß er sich der republikanischen Linken an und ward zum
Sekretär der Deputiertenkammer ernannt; auch war er mehrere Male Mitglied und Berichterstatter der Budgetkommission. 1878 erhielt
er den Posten eines Unterstaatssekretärs im Ministerium der öffentlichen Arbeiten und übernahm nach Freycinets Sturz 1880 am 22. Sept. das
Portefeuille dieses Ministeriums, das er bis November 1882 behielt. 1885 ward er Finanzminister. Er ist
Mitglied des Senats.