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giebt fast 200 Handschriften des Landrechts (dar- unter mehrere mit Erläuterungen und Bildern); es wurde ins Holländische, Polnische, dreimal ins La- teinische übertragen; der altmärkische Adlige Joh. von Buch versah es noch 1325 mit fortlaufender niederdeutscher Glosse und verfaßte um 1335 den «Richtsteig Landrechts», dem später ein «Nichtsteig Lehnrechts» folgte. Gregor XI. erklärte 1374 durch eine Verdammungsbulle 14 Artikel als ketzerisch. Der S. bildet die Grundlage des sächs. oder magde- burgischen «Weichbildes», der «Magdeburger Fra- gen», des Görlitzer Nechtsbuches, des «Rechtsbuches nach Distinktionen», auch «Vermehrter S.» genannt, des eisenachschen Nechtsbuches und der vom Eise- nach er Stadtschreiber Purgold verfaßten Abhand- lung, ingleichen des livländ. «Ritterrechts» und des 1356 vollendeten Landrechts des Fürstentums Bres- lau (Schles.Landrechts); vor allem aber beruhen aus ihm bis zu wörtlicher Überfetzung sogar wichtige suddeutsche Rechtsbücher, der um 1257 zu Augsburg verfaßte «Deutfchenspiegel» und der 1275 vollendete sog. «Schwabenspiegel».
Die beste Ausgabe des S. ist noch immer die große kritische von ^«omeyer (3 Bde., Verl. 1835-44), die das Landrccht (3. Aufl. 1861), das Lehnrecht, den »Nichtsteig Lehnrechts", den «^uctor vsw3 äo dknktieiiL», das Görlitzer Nechts- buch und ein System des Lehnrechts umfaßt. Eine Handausgabe des mitteldeutschen Textes vom Land- recht besorgteWeiske(6. Aufl. vonHildebrand, 1882); die Ausgabe des Landrechts von Sachße enthält auch eine neuhochdeutsche Übersetzung (Heidelb. 1848). -
Vgl. Homeyer, Die Stellung des S. zum Schwa- benspiegel (Berl. 1853);
Ficker, über die Entstehungs- zeit des S. (Innsbr. 1859);
Stobbe, Geschichte der deutschen Rechtsquellen, Bd. 1 (Vraunschw. 1864), S. 288 fg. Md. 1, S. 338 a).
Sachsen-Teschen, Herzog von, s. Albrecht Sachsenwald, ein Wald im Kreis Herzogtum Lauenburg des preuß. Reg.-Bez. Schleswig, um- faßt 70 hkni, war früher landesherrlich und wurde vom Kaiser Wilhelm dem Reichs- kanzler Fürsten von Bismarck geschenkt, dessen Be- sitzung Friedrichsruh (s. d.) er umschließt. Sachscn-Weimar-Gisenach, ein zum Deut schen Reiche gehöriges Großherzogtum, dem Flüchen- inhalt nach der 11., der Einwohnerzahl nach der 13. Bundesstaat, besteht aus drei größeren und eini- gen kleinern Landesteilen, die von den preuß. Pro- vinzen Sachsen und Hessen-Nassau, Bayern, dem Königreich Sachsen, den sächs. Herzogtümern und den Fürstentümern Schwarzburg und Reuh begrenzt sind, und hat einen Flächenraum von 3594,86 ^m. Das Land breitet sich über einen Teil des Thüringer Waldes, über die nördl. Gehänge des Vogtland.
Ge- birges (der Ncustädtische Kreis) und die Ausläufer des Rhöngebirges (das Eiseuachische Oberland) aus und streift mit der Exklave Amt Allstedt bis in die südl. Abdachung des Harzes. Hauptflüsse sind Saale, Ilm, Werra, Ünstrut und Elster. (Vgl. die Karte: Königreich Sachsen, Provinz Sachsen südlicher Teil) und Thüringische Staa ten, beim Artikel Sachsen, Königreich.) Bevölkerung. S. hatte 1885: 313 940, 1890: 326 091 (157 905 männl., 168186 weibl.) E., d. i. 91 E. auf 1 hkm und eine Zunahme 1885-90 von 3,8? Proz., darunter 11641 Katholiken und 1252 IsracMcn. Im ganzen Lande bestehen 31 Städte, 22 Marktflecken, 586 Dörfer und 106 Höfe; die Zahl sämtlicher Gemeinden beträgt 625. Das Grohherzogtum zerfällt in fünf Verwaltungs- bezirke: Verwaltungs- w.anf ! ange-lsche W bezirke K'^ Z"" W Weimar . . 969,76 14613 20686 91001 94 89 6441180 100 Apolda. . . 797,24 14178 21123 93763 118 92 00? 1394 120 Eisenach. . 557,24 7707 11121 53314 96 52269 571 403 Dermbach . 641,82 6945 8021 37915 59 29122 8168 622 Neustadt a. Orla . 628.79 8056 11560 50098 80 49696 328 7 Land- und Forstwirtschaft, Bergbau.
Der wich- tigste Erwerbszwcig ist die Landwirtschaft. Hin- sichtlich der Vodendeschaffenheit zeigen die Landes- teile große Verschiedenheit, indem in Weimar und Apolda das Ackerland, in Eisenach und Dermbach die Waldungen, in Neustadt die Wiesen den ver- hältnismäßig größten Umfang einnebmen. Von der Gefamtfläche waren (1893) 200263 Ka Acker- und Gartenland, 31579 Wiesen, 7391 Weiden und Hutungen, 6814 Öd- und Unland, 92567 Waldungen, 4552 Zaus- und Hofräume, 17 501 kg. Wegeland und Gewässer u. s. w. Von der Ernbe- fläche waren (1893) bestellt mit Roggen 30 995 lia, Weizen 22340, Gerste 25481, Kartoffeln 21337, Hafer 31954 und Wiefenheu 31579 Ka. Geerntet wurden 40909 t Roggen, 25421 Weizen, 26493 Gerste, 241223 Kartoffeln, 17 446 Hafer und 37 917 t Wiefenheu.
Obst wird besonders im Weimar. Bezirk, Wein im Saalegebiet gebaut. Die Viehzucht ist in gutem Zustaude. Am wurden gezählt 19121 Pferde, 119720 Stück Rind- vieh, 113208 Schafe, 122974 Schweine, 46405 Ziegen und 16999 Bienenstöcke. Von den Waldungen sind 43 753 ka Domanial- besitz. Außer dem Holz (Rotbuche, Kiefer, Fichte, befondcrs auf dem Thüringer Walde) kommen auch Wacholderbeeren zur Ausfuhr. Die Mineralproduk- tion ist unbedeutend. Gewonnen werden Stein- kohlen, Braunkohlen und Manganerze, Salz in Luisenhall bei Stotternheim.
Industrie, Verkehrswesen. Bedeutend ist die Spin- nerei und Weberei. Die Fabriken liefern baumwol- leneund halbbaumwollene Stoffe,Strumpfwaren (be- deutende Fabrikation und Hausindustrie in Apolda), wollene und halbwollene Stoffe (Neustadt a. O., Weida u. s. w.), ferner Porzellan-, Glas-, Spielwaren aller Art, Tabak, Rübenzucker, Kork, Meerschaum- waren und Pfeifenbefchläge (Ruhla), Papier, Leder (Neustadt a. O., Ostheim, Geisa, Triptis und Vacha), endlich Peitschenstiele, Holzstiele, Mulden u.s. w. in einzelnen Gegenden des Landes.
Hauptverkehrsplätze sind Weimar, Eisenach und Apolda. Das Land durchschneiden die Thüringer und die Werrabahn, die Gera-Eichichter, die Wcimar-Geraer, die Saal- bahn, die Saal-Unstrutbahu, die Linien Gera-Greiz- Plauen, Weimar-Berka, Weimar-Rastenberg, II- menau-Grohbreitenbach, neben zum Teil noch pro- jektierten Zweigbahnen; im Eiscnacher Obcrlande giebt es nur eine schmalspurige Bahn (die Feldabahn). Die Gefamtlänge der Eisenbahnen betrug (1892/93) 317,3 kui, darunter 99,5 kui Nebenbahnen. Unterrichts- und Bildungswesen. Neben der ge- meinschaftlichen Universität zu Jena (s. d.) bestehen Gymnasien in Weimar, Eisenach und Jena, Real- gymnasien in Weimar und Eisenach, Realschulen in Eisenach, Apolda und Neustadt a. O., Schullehrer- seminare in Weimar und Eisenach, ein
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institut in Eisenach, eine Zeichcnschulc in Weimar nnd Eisenach, höhere Mädchenschule (Eophienstift) in Weimar; ferner besteht ein Taubstummen- und Blin- deninstitnt, ein Waiseninstitut, welches seine Pfleg' linge in Familien versorgt, und in den größern Orten Baugewerkcn- und gewerblicbe Fortbildungsschulen. Anderwcite Vildungs- und wissenschaftliche Anstal- ten sind in Weimar: die Hauptbibliotbek (200000 Bände) mit einer besondern Militärbibliothek (6000 Bände) und einer Plan- und Landkartensammlung (7500 Stück): das Geheime Haupt- und Staats- archiv, mit welchem das Landesgrenzkarten- und Flurkartenarchiv verbunden sind, das großberzogl.
Hausarchiv, das sachsen-ernestinische Gefamtarckiv, das Museum, das Hoftheatcr und die Hofkapelle, die Orchester- und Musikschule und die Kunstschule; in Jena die Universitätsbibliothek, in Eifcnach die Wartburgbibliothck. Verfassung und Verwaltung. Das Großherzog- tum ist eine konstitutionelle, im Mannsstamm des gleichnamigen Hauses erbliche Monarchie. Der! Großherzog führt den Titel «Königliche Hoheit». Das Grundgesetz stammt vom das Wahlgesetz vom Der Landtag bildet eine Kammer und besteht aus 31 auf drei Iabre gewählten Abgeordneten, und zwar 1 aus der be- güterten ehemaligen Neichsritterschaft, 4 der größcrn Grundbesitzer, 5 der Höchstbesteucrtcn von wenig- stens 3000 M. jährlicher Rente und 21 aus allge- meinen indirekten Wahlen im ganzen Grosiberzog- tum.
Zur Wahlberechtigung ist das 25., zur Wähl- barkeit das 30. Lebensjahr erforderlich. Wählbar ist jeder selbständige, unbescholtene Staatsbürger, mit Ausnahme der verantwortlichen Mitglieder des Staatsministeriums. Die ordentlichen Landtage werden von drei zu drei Jahren, außerordentliche nach Bedürfnis bernfen. Im Bundesrat hat das Großhcrzogtum eine Stimme und wablt in den Reichstag drei Abgeordnete (Wahlkreise Weimar- Apolda 1895: Abgeordneter Reichmuth, Bund der Landwirte; Eisenach-Dermbach: Cassclmann, frei- sinnige Volkspartei; Weida-Auma: Walter, natio- nalliberal).
Das Staatsministerium ist die oberste Verwaltungsbehörde und zerfällt in drei Departe- ments:
1) Departement des Kultus (in Verbindung ! mit dem Kirchenrat);
2) das Departement des Liu- ßern und Innern, des großherzogl. Haufes und der Justiz;
3) das Departement der Finanzen. Unter dem Departement des Innern stehen als Landes- verwaltungsbehörden, außer der Generalablösungs- kommission, die fünf Bezirksdirektoren, denen ein j nach Analogie des Landtagswahlgefetzes gewähl- ter Bezirksausschuß beigegeden ist, welcher bei Be- ratung und Entscheidung bestimmter Gegenstände mitzuwirken hat. Unter dem Iustizdepartement steht das gemeinschaftliche thüring. Oberlandes- gericht in Jena. Die Zuständigkeit desselben be- mißt sich in denjenigen Rechtssachen, auf welche die Reichsprozeßordnungen Anwendung finden, nach den einschlagenden Bestimmungen (§§. 123, 160) des Rcichsgerichtsverfassungsgesctzes. In an- dern Angelegenheiten ist es Gericht des Großberzog- tums und hat die Zuständigkeiten des aufgebobenen Appellationsgerichts zu Eifenach und des frühern Oberappellationsgerichts zu Jena.
Unter dem Fi- ! nanzdcpartement stehen Rechnungsämter, Forst- i l)ehörden,Vergbaubehörden,dieLandesvermessungs- ! und Steuerrevisionen, der großherzogl. General- inspektor und die landwirtschaftliche Centralstelle mit den bezüglichen Instituten. Die Militärverwaltung ist 1867 an Preußen übergegangen; das Groß- berzogtum stellt das 5. thüring. Infanterieregiment Nr. 94 (Großherzog von Sachfen), welches zur 22. Division des 11. Armeekorps gehört.
Das Wappen besteht in einem qua- drierten Hauptschild mit den Zeichen von Thüringen, Meißen, Henneberg, Blanken - hain, Neustadt und Tautenburg, und einem Mittclschild mit dem sächs. Stammwappen (fünf fchwarze Balken in tenkranz). DasGanze ist mit der Königskrone bedeckt und der Schild vom Falkenorden umhängen; die Landesfarben sind Schwarz-Gold-Grün. Orden des Großherzogtums ist der Hausorden der Wachsamkeit oder vom Wei- ßen Falken (s. Falkenorden).
Finanzen. Die jährlichen Einnahmen und Aus- gaben beliefen sich nach dem Budget von 1893 bis 1895 auf 8 733 584 M. Unter den Einnahmen be- finden sich aus Fiskalvermögen 2 814 275, indirekte Steuern und Reichssteueranteil 2 545 919 und all- gemeine direkte Steuern 1824965 M.; unter den Ausgaben sind Ausgaben für Rcichszwecke 2 417 090, Staatsverwaltung 2 713 646, Sicherheitsanstalten 218150, Kircken, Schulen u. s. w. 1387 601 M. Die durch Aktiva mehr als gedeckte Staatsschuld beträgt (Anfang 1894) 5 068 560 M. Geschichte.
Die Linie Sachfen-Weimar wurde 1640 von Wilhelm, dem fünften der elf Söhne des Her- zogs Johann von Weimar, gestiftet. (S. Ernestinifche Linie.) Neben der Weimar. Hauptlinie unter Johann Ernst entstanden ohne förmliche Landesteilung die Residenzen für Adolf Wilhelm in Eisenach, für Io- bann Georg in Marksuhl und für Bernhard in Jena. Erst entstanden durch Erbteilung die Linien Weimar, Eisenach und Jena. Nachdem Jena 1690, Eisenach 1741 erloschen war, vereinigte Herzog Ern st Augu st von Weimar wieder sämtliche Besitzungen des alten Fürstentums und stellte das- selbe vor fernern Teilungen sicher durch Einführung der Primogenitur und des Hausgesetzes von 1724. Nach seinem Tode (1748) folgte ihm fein minder- jährig er S oh n Ern st A u g u st K o n st anti n unter Vormundschaft Herzog Friedrichs III. von Gotha, der jedoch auf kccherl.
Befehl die Verwaltung von Wei- mar an den Herzog Iosias von Coburg abtreten mußte und nur die von Eisenach behielt. Der junge Fürst vermählte sich 1756 mit (Anna) Amalia, Prinzessin von Vraunschweig, starb aber schon 1758, und ihm folgte fein unmündiger Sohn Karl August (s. d.). Der Kaiser erklärte die erst 19 I. alte Her- zogin-Mutter 1759 zur Rcgentin und Vormünderm ihres Sohnes. Unter Karl August, der 1775 die selbständige Regierung antrat, ward Jena ein Sammelpunkt der ausgezeichnetsten Gelehrten sowie Weimar durch Goethes, Herders, Schillers u. s. w. Berufung der Musenhof jener Zeit. 1806 hatte er sich an Preußen angeschlossen und mußte dem Rheinbunde beitreten, womit er souverän wurde. AufdemWienerKongreß erhielt Karl August die großherzogl. Würde und eine Gebietsvermehrung 11*