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Treffurt und den sächs. Anteil der
Grafschaft
Mansfeld an das Königreich
Westfalen
[* 3] abtrat.
In den sodann folgenden Napoleonischen
Kriegen blieb
Friedrich
August dem Franzosenkaiser treu. So wurde 1809 ein sächs. Truppenkontingent von 19000 Mann
und 5300
Pferden aufgestellt, von denen 12750 Mann als
Bestandteil des 9. franz.
Armeekorps unter Marschall
Bernadotte ruhmreichen Anteil nahmen an der
Schlacht bei
Wagram
[* 4] (5. und 6. Juli), in der die
Sachsen
[* 5] ein Drittel ihrer Mannschaften
verloren. Im Frieden zu Schönbrunn trat dann
Österreich
[* 6] Westgalizien, einen
Bezirk um Krakau
[* 7] und den Zamosker
Kreis
[* 8] in Ostgalizien (zusammen 50000 qkm mit 1 ½ Mill. E.) an das Herzogtum Warschau
[* 9] ab, an S.
einige böhm. Enklaven in der
Lausitz, deren
Besitzstand aber erst 1845 endgültig geregelt ward.
Die Einkünfte der aufgelösten Deutschen Ordensballei Thüringen wurden den Universitäten und den Fürstenschulen (s. d.) überlassen. In dem russ. Feldzug 1812 kämpften 21000 Sachsen als 7. Armeekorps unter Reynier mit den Österreichern gegen die Russen in Polen; dem Napoleonischen Hauptheer folgten drei Reiterregimenter (Kürassierbrigade unter General von Thielmann), die sich besonders in der Schlacht an der Moskwa auszeichneten. Diese Truppen sowie die später nachgesandten zwei sächs. Infanterieregimenter (zum 9. Korps) gingen auf dem Rückzüge, besonders an der Beresina (28. Nov.), bis auf wenige Reste zu Grunde. Bei dem Vordringen der Verbündeten flüchtete der König von Dresden [* 10] nach Plauen, [* 11] das Land ratlos dem Zufalle überlassend; im März verfügte er die Trennung seiner Truppen von den französischen, er selbst begab sich aber nach Regensburg [* 12] (30. März). Nüssen und Preußen [* 13] besetzten das Land, doch alle Versuche zum Anschlüsse an die Alliierten schlugen fehl. Mitte April begab sich Friedrich August nach Prag [* 14] und schloß 20. April mit Österreich eine geheime Übereinkunft, worin er sich dessen Vermittelung anschloß. Als jedoch Napoleon nach der Schlacht bei Lützen [* 15] drohend eine bestimmte Erklärung verlangte, kehrte der König 12. Mai nach Dresden zurück, befahl Torgau [* 16] den Franzosen zu öffnen und ließ seine Truppen (20000 Mann Infanterie und 4000 Kavallerie) zu Napoleon stoßen.
Während der Schlacht bei Dresden (s. d.), 26. und 27. Aug., blieb der König in der Stadt; am 6. Sept. wurden die Sachsen bei Dennewitz nahezu aufgerieben. Als dann Napoleon Dresden 7. Okt. verließ, folgte der König diesem nach Leipzig [* 17] und ward hier, nachdem am zweiten Tage der Völkerschlacht bei Leipzig (s. d.), 18. Okt., der größte Teil seiner Truppen zu den Alliierten übergegangen war, von diesen zum Gefangenen gemacht. Dresden kapitulierte 11. Nov., Torgau und Wittenberg [* 18] im Jan. 1814. Das Land wurde von einem russ. Gouvernement unter Repnin, seit von einem preußischen verwaltet.
Ein sächs. Korps zog mit gegen Frankreich, nahm aber nur an der Einschließung von Mainz [* 19] teil; auch ein sächs. Freiwilligenkorps (Banner) wurde errichtet. Auf dem Wiener Kongreß ward, nachdem die von Preußen und Rußland geforderte gänzliche Überlassung S.s an Preußen (gegen eine Entschädigung der Dynastie anderwärts) an dem Widerstand der andern Großmächte gescheitert war, an Preußen nur drei Fünfteile von S. gegeben. Der König mußte sich mit den ihm verbleibenden zwei Fünfteilen (271,7 Quadratmeilen = 14993 qkm mit 1182744 E.) begnügen. Am unterzeichnete er den Frieden mit Preußen, trat 27. Mai dem Bunde gegen Napoleon bei und nahm teil an dem Abschluß der Deutschen Bundesakte. S. verlor außer dem Cottbuser Kreis die Niederlausitz und den östl. Teil der Oberlausitz mit Görlitz [* 20] und Lauban, den Kurkreis mit Barby, Teile des Meißener und des Leipziger Kreises, die Stifter Merseburg [* 21] und Naumburg-Zeitz, Mansfeld, den Thüringer und Neustädter Kreis, Querfurt und das Hennebergische, im ganzen 20230 qkm mit 864305 E. Preußen übernahm einen Teil der sächs. Staatsschuld.
Nach dem Frieden wurde für die Hebung der tief erschütterten Finanzen mit solchem Erfolge gesorgt, daß die Staatspapiere schon 1818 über dem Nennwert standen. Als oberste beratende und beaufsichtigende Behörde entstand (1817) der Geheime Rat an Stelle des Geheimen Konsiliums; 1818 wurden die Reformierten den Lutheranern und Katholiken gleichgestellt und ein kath. Vikariat und Konsistorium errichtet. Die erwarteten Reformen der veralteten Verfassung jedoch blieben aus, da der Kabinettsminister Graf Detlev von Einsiedet sich jeder tiefergreifenden Veränderung widersetzte.
Alles, was erlangt wurde, war die Vereinigung der Oberlausitzer Stände und der Reste der Stiftslandtage von Merseburg und Naumburg [* 22] mit den erbländischen (1817), eine Erweiterung der ständischen Vertretung der Ritterschaft (1821) und die Verschmelzung der meißnischen Stiftsregierung mit der erbländischen. König Friedrich August I. starb Sein Bruder Anton (s. d.) ließ dem Kabinettsminister von Einsiedet seinen vollen Einfluß. Der Oppositionsgeist entwickelte sich daher, genährt durch das Beispiel der süddeutschen Verfassungen, in der Tagespresse wie in den Ständen und äußerte sich besonders bei der Jubelfeier der Augsburger Konfession in Dresden und Leipzig.
Infolge der Pariser Julirevolution 1830 kam es in Leipzig und Dresden während des September zu Unruhen, die sich zunächst gegen die verrottete Stadtverwaltung richteten, bald aber größere Bedeutung gewannen. Um die Aufregung zu beschwichtigen, entließ König Anton den Minister Einsiedel, berief 13. Sept. den populären Prinzen Friedrich August zum Mitregenten, ordnete die Einsetzung einer Immediatkommission zur Beratung von Reformen an und gestattete die Errichtung einer Bürgerwehr (Kommunalgarde). Am wurde die mit den alten Ständen vereinbarte neue Verfassung, die eine Volksvertretung in zwei Kammern mit starkem Übergewicht des Grundbesitzes einführte, als Landesgesetz verkündigt.
Mit dem 7. Nov. traten dann an die
Stelle des
Geheimen
Rats und des
Geheimen
Kabinetts sechs verantwortliche Fachministerien, deren
wichtigstes
Bernhard von Lindenau als Minister des Innern übernahm. Erst damit war die Staatseinheit begründet. Eine allgemeine
Städteordnung nach preuß. Vorbild und ein Gesetz über
Ablösungen und
Gemeinheitsteilungen, das letztere
unterstützt durch eine Landrentenbank und ergänzt durch die Aufhebung des Dienstzwangs der Bauernsöhne (1833), folgten
der Verfassung nach. 1833 traten zum erstenmal die neuen Kammern des Königreichs
zusammen. Unter ihrer Mitwirkung erfuhren
die
Verwaltung, die staatswirtschaftlichen und socialen Verhältnisse eine völlige Umgestaltung. Die
Geschäfte der «Landesregierung», der oberlausitzischen Oberamtsregierung
und der
¶
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Kreishaupt-147
leute gingen 1835 an die vier Kreisdirektionen in Dresden, Leipzig, Zwickau [* 24] und Bautzen [* 25] und die ihnen untergeordneten Amtshauptleute über. Auch die Oberlausitz trat vorbehaltlich der Erhaltung ihres Sonderlandtages unter die Verfassung des Gesamtstaates. Die alte Teilung der Finanzverwaltung zwischen Krone und Ständen wurde beseitigt, indem die Hauptstaatskasse die Verwaltung des Staatsvermögens, die Finanzcentralkasse die Verteilung der Staatseinnahmen, die Staatsschuldenkasse die Aufsicht über die Staatsschulden unter der weitgehenden Mitwirkung einer ständischen Deputation übernahm. An die Stelle des bisherigen höchst verwickelten Abgabesystems traten 1834 drei direkte Steuern: die Gewerbesteuer im wesentlichen für die Städte, die Grundsteuer besonders für das platte Land und die Personalsteuer für beide.
Die bisherigen Steuerbefreiungen der Rittergüter wurden gegen billige Entschädigung aufgehoben und die gleichmäßige Verteilung der Lasten durch eine neue Catastrierung gesichert (bis 1843). Die Lehen wurden 1834 in Allode verwandelt. Dieser befreiten Landbevölkerung gewährte die Landgemeindeordnung von 1838 die Verwaltung ihrer örtlichen Angelegenheiten. Die Befreiung des städtischen Gewerbebetriebes wurde angebahnt durch Aufhebung des Bier- und Mahlzwanges 1834, die Gestattung einiger Gewerbe für das platte Land 1840 und die Zulassung der Juden zu Handwerk und Handel 1838. Die Appellationsgerichte und das Oberappellationsgericht in Dresden sicherten die Einheitlichkeit der Rechtsprechung, die zugleich durch das Strafgesetzbuch von 1836 eine feste Grundlage erhielt. 1835 erschien ein Militärstrafgesetzbuch.
Das Armenwesen erhielt durch das Heimatgesetz von 1834 und die Armenordnung von 1840 eine feste Grundlage; die Aufsicht über die Gesundheitspflege wurde 1836 den Bezirksärzten übertragen. Die Leitung der luth. Landeskirche ging an das Dresdener Landeskonsistorium und die vier in Evngelicis beauftragten Staatsminister über, als dessen Organe die Kirchen- und Schulräte bei den Kreisdirektionen eingesetzt wurden (1835). Das Volksschulwesen ordnete das Gesetz von 1835, ein anderes die Prüfung der geistlichen und Schulamtskandidaten; die Gelehrtenschulen erhielten 1816 ein Regulativ; für die Hinterbliebenen der Geistlichen und Lehrer sorgte die Pensionskasse seit 1840. Die Finanzen und der Kredit S.s gewannen durch die Öffentlichkeit des Staatshaushalts und eine weit ausgedehnte ständische Kontrolle. Der Anschluß S.s an den Zollverein verschaffte der Gewerbthätigkeit des Landes und dem Meßhandel Leipzigs einen neuen Aufschwung, und die Annahme des preuß. Münzfußes auf der Münzkonferenz der Zollvereinsstaaten 1838 schuf eine Münzeinheit fast für ganz Norddeutschland. S. war das erste Land in Deutschland, [* 26] das neben zahlreichen Straßenbauten den Bau einer größern Eisenbahn, von Leipzig nach Dresden, unternahm.
Für die Flußschiffahrt eröffnete die Begründung der Sächsisch-Böhmischen Dampfschiffahrtsgesellschaft eine neue Periode (1837). Als nach König Antons Tode (1836) sein Neffe, der bisherige Mitregent Friedrich August II. (s. d.), infolge der Verzichtleistung seines Vaters Maximilian (gest. 1838), den Thron [* 27] bestiegen hatte, begann sich eine starke Opposition zu regen. Durch Lindenaus Austritt aus dem Kabinett 1843 und seine Ersetzung durch von Könneritz ward die Kluft zwischen dem Ministerium und der liberalen Opposition größer. Zu den polit.
Elementen des Zwiespalts kamen seit Anfang 1844 kirchliche durch die Bestrebungen für eine freiere Verfassung der prot. Kirche. Der Deutschkatholicismus sowie die prot. Lichtfreunde fanden in S. Anklang, doch verhielt sich die Regierung noch wesentlich ablehnend. Der Bruder des Königs, Prinz Johann, den man ohne Grund für einen Freund der Jesuiten hielt, wurde deshalb bei Gelegenheit einer Revue über die Kommunalgarde zu Leipzig von einem Volkshaufen in seinem Hotel insultiert.
Das Einschreiten des Militärs, das mehrfache Tötungen und Verwundungen Unbeteiligter zur Folge hatte, rief wieder große Erbitterung hervor. Überdies folgten (1846/47) Jahre des Notstandes und der Teuerung, die das Mißvergnügen steigerten. Der außerordentliche Landtag von 1847 hatte sich nur mit den Mitteln zur Abhilfe der Not und mit finanziellen Fragen in betreff der Eisenbahnen zu beschäftigen. Der Eintritt des Präsidenten der Ersten Kammer von Carlowitz in das Ministerium als Justizminister, wogegen von Könneritz nur den Vorsitz im Gesamtministerium und die Leitung der Arbeiten der Gesetzgebungskommission behielt, blieb zunächst ohne Einfluß auf die Gesamtpolitik des Kabinetts.
Die Ereignisse des J. 1848 wirkten auch auf S. mächtig ein. Die Bewegung, von Leipzig ausgehend, doch in der Bahn friedlicher Agitation, nahm neben der freiheitlichen bald eine nationale deutsche Richtung. An Stelle des Ministeriums Könneritz trat ein liberales Ministerium (16. März), das meist aus Mitgliedern der bisherigen Kammeropposition (Braun, Georgi, Oberländer), dazu Professor von der Pfordten und General Holtzendorff, bestand. Es folgte die Verkündigung und teilweise auch sofortige Ausführung einer Reibe von Reformen.
Die Finanzen suchte das neue Ministerium durch Einführung der Einkommensteuer zu heben. Am 18. Mai ward die bisherige Landesvertretung, für welche die Ergänzungswahlen fast durchweg demokratisch ausgefallen waren, noch einmal zur Beratung gesetzgeberischer Reformen, besonders eines neuen Wahlgesetzes, einberufen. Das den Kammern vorgelegte Wahlgesetz ward als nicht freisinnig genug abgewiesen; die Regierung mußte ein anderes vorlegen, über welches man sich dann einigte.
Das Zweikammersystem wurde zwar beibehalten, aber für die Erste Kammer eine Zusammensetzung durch Wahlen aus den Höchstbesteuerten beschlossen, für die Zweite ein fast allgemeines Wahlrecht zu Grunde gelegt. Außerdem wurden Gesetze angenommen: über Reorganisation der Justiz auf der Basis gänzlicher Trennung derselben von der Verwaltung, über Einführung von Öffentlichkeit und Mündlichkeit im bürgerlichen und Strafprozeß sowie Einführung der Geschworenengerichte;
ein Preß- und Vereinsgesetz, beide im Sinne größter Freiheit, mit Entscheidung über Preßvergehen und über das mündliche Wort in öffentlicher Versammlung durch Schwurgerichte, die Aufhebung der Stellvertretung beim Militär und Erweiterung des Instituts der Communalgarde, die Verwandlung des indirekten Wahlverfahrens bei den Gemeindewahlen in ein direktes und die Anerkennung der Deutschkatholiken als einer selbständigen christl. Religionsgesellschaft.
Die Wahlen zur Deutschen Nationalversammlung wie die zu dem ersten nach dem neuen Wahlgesetz gebildeten Landtage, der für Anfang 1849 ¶
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rufen ward, trugen einen demokratischen Stempel. Daher geriet selbst das liberale Märzministerium mit dem Landtage in Zwistigkeiten wegen der von der Kammermehrheit geforderten Einführung der vom Frankfurter Parlament verkündigten «Deutschen Grundrechte». Es nahm infolgedessen seinen Rücktritt, und an seine Stelle trat ein aus den Geheimräten Held, Weinlig, von Ehrenstein, dem bisherigen Gesandten zu Berlin [* 29] von Beust und dem General von Buttlar gebildetes.
Dieses bekannte sich in seinem Programm vollständig zu den Grundsätzen seiner Vorgänger, vollzog aber auch die Verkündigung der Grundrechte unbedenklich. Dennoch kamen von den vorgelegten Gesetzentwürfen nur wenige zur wirklichen Beschlußfassung, darunter als die wichtigsten: ein Gesetz, das die bisher der Regierung allein zustehende Initiative bei der Gesetzgebung zwischen dieser und den Kammern teilte, Aushebung der Bannrechte, Ablösung der Lehngelder, Freigebung der Jagd auf eigenem Grund und Boden, endlich ein Ausführungsgesetz zu der Allgemeinen Deutschen Wechselordnung.
Als aber die Kammern auf sofortige Anerkennung der von dem Frankfurter Parlament verkündeten Reichsverfassung drangen und die Forterhebung der nur für die ersten Monate des J. 1849 vorläufig bewilligten Steuern als einen Verfassungsbruch bezeichneten, schritt die Regierung, nach dem Vorgange Preußens [* 30] und der preuß. Unterstützung für den Notfall bereits sicher, zur Auflösung des Landtags. Fast unmittelbar nachher löste sich auch das Ministerium auf.
Das 2. Mai durch Zschinsky, als Justizminister, ergänzte Ministerium machte im Namen des Königs bekannt: die Regierung trage Bedenken, solange der König von Preußen die Reichsverfassung und die Kaiserkrone nicht annehme, ihrerseits eine Anerkennung auszusprechen, durch die sie die Selbständigkeit S.s zu gefährden fürchten müsse. Die allgemeine Aufregung rief eine gewaltsame Erhebung zunächst in dem damals von Truppen fast entblößten Dresden hervor. Der König entfloh 4. Mai mit den Ministern auf den Königstein, worauf eine Anzahl der noch in Dresden anwesenden Mitglieder des aufgelösten Landtags eine provisorische Regierung (Heubner, Tzschirner, Todt) niedersetzten. Es begann nun in Dresden der offene von dem Russen Bakunin geleitete Kampf, der endlich 9. Mai mit Hilfe preuß. Truppen zu Gunsten der Regierung entschieden ward.
Todt und Tzschirner entflohen, Heubner, nebst andern Führern und Teilnehmern des Kampfes, ward gefangen genommen. Zahlreiche Verhaftungen und Untersuchungen folgten. Während dieser Ereignisse nahm eine kombinierte sächs. Brigade an dem Feldzuge gegen die Dänen ehrenvollen Anteil und wirkte namentlich bei der Erstürmung der Düppeler Schanzen 13. April mit. Die sächs. Regierung hatte inzwischen nach dem Vorgange der preußischen die Abgeordneten ihres Landes von Frankfurt [* 31] abberufen und die in Berlin begonnenen Konferenzen zur Vereinbarung einer Verfassung für Deutschland durch von Zeschau, den ehemaligen Finanzminister, beschickt. Am 26. Mai kam daselbst der Entwurf einer Verfassung zu stande, welchen die verbündeten Negierungen von Preußen, S. und Hannover [* 32] den übrigen deutschen Regierungen zur Annahme vorlegten (Dreikönigsbündnis). Im Innern blieb jedoch die Gesetzgebung des letzten Jahres unverändert bestehen.
Die Verhängung des Belagerungszustandes über Dresden und Umgebung und über einen Bezirk im Erzgebirge sowie die von dem neu eingetretenen Finanzminister Behr vorgenommene Ausschreibung der Steuern ohne vorausgegangene Bewilligung der Kammern wurden, als durch den Drang der Verhältnisse gerechtfertigt, von der nachfolgenden Volksvertretung anerkannt. In den auswärtigen Beziehungen war indessen die Regierung nebst Hannover von dem mit Preußen abgeschlossenen Bündnis zurückgetreten, indem sie von einem früher geheimgehaltenen «Vorbehalte» Gebrauch machte, und hatte sich statt dessen, unter Mitwirkung Österreichs, in Unterhandlungen mit Bayern [* 33] und Württemberg [* 34] eingelassen, als deren Zweck die Ersetzung des Bundestags durch ein Direktorium und eine Verteilung der deutschen Einzelstaaten in größere Gruppen unter der Herrschaft der beiden Großmächte und der Mittelstaaten erschien.
Als sodann im Mai 1850 die Regierung der Einladung Österreichs zu Konferenzen wegen der deutschen Verfassungsfrage nach Frankfurt Folge leistete, legte der deutsche Ausschuß der Zweiten Kammer den Entwurf einer Adresse vor, worin gegen eine Mitwirkung der Regierung zu einer Wiederherstellung des alten Bundestags im voraus Verwahrung eingelegt ward. Am erfolgte hierauf die abermalige Auflösung der Kammern und die Wiedereinberufung der alten, 1848 aufgehobenen Stände. Im Verordnungswege ergingen Gesetze zur Beschränkung des Vereinsrechts und der Preßfreiheit; doch ward der Belagerungszustand in Dresden und Crimmitschau [* 35] aufgehoben. Am traten die alten Stände wieder zusammen.
Diese «reaktivierten» Stände hoben das Wahlgesetz und das Gesetz über die Zusammensetzung der Kammern von 1848 auf, änderten mehrere Bestimmungen der Verfassung von 1831 im Sinne größerer Machtvollkommenheit der Regierung, genehmigten die Wiederabschaffung der Grundrechte (mit Ausnahme der bereits in die Landesgesetzgebung übergegangenen Bestimmungen) sowie der Schwurgerichte für Preß- und Vereinsvergehen und gaben ihre Zustimmung zu den vorgelegten Preß- und Vereinsgesetzen sowie zu andern reaktionären Maßregeln.
Den wichtigsten Punkt der Verhandlungen der Ständeversammlung von 1851 bildete die Umgestaltung der ganzen Rechtspflege und Verwaltung. Da die Regierung die gänzliche Trennung der Justiz von der Verwaltung, desgleichen die Einführung der Mündlichkeit im Civilverfahren fallen lieh und an Stelle der versprochenen Schwurgerichte juristisch besetzte Gerichte mit öffentlich-mündlichem Anklageverfahren traten, so war in dieser Beziehung so ziemlich alles wieder rückgängig gemacht, was das J. 1848 neu gestaltet oder angebahnt hatte. In betreff der deutschen Verhältnisse beteiligte sich die Regierung, wie an den Frankfurter Konferenzen im Frühjahr 1850, so an den folgenden Versuchen zur Wiederherstellung des alten Bundestags, die auch das einzige Ergebnis der im Winter 1850-51 in Dresden unter dem Vorsitz des sächs. Ministers des Auswärtigen gehaltenen Konferenzen war. Im Okt. 1852 übernahm von Falkenstein das Departement des Kultus, während von Beust die Departements des Innern und des Äußern vereinigte. 1858 trat von Friesen als Finanzminister an Stelle Behrs, der das durch Zschinskys Tod erledigte Justizministerium übernahm, in das Ministerium ein. Durch die Erneuerung und Vergrößerung des Zollvereins 1853 wurden der sächs. Industrie und dem sächs. Handel ¶
Titel
Sachsen.
[* 5] Übersicht der zugehörigen Artikel:
Der Volksstamm | 123 |
---|---|
Das alte Herzogtum S. | 124 |
Das jüngere Herzogtum S. | 125 |
Die Pfalzgrafschaft S. | 125 |
Die ernestinische Linie | 125 |
Das Königreich S. (Geogr.) | 126 |
Geschichte des Kurstaats (seit 1423) und Königreichs S. | 133 |
Preußische Provinz S. | 141 |
Sächsische Herzogtümer.
Sachsen-Altenburg | 143 |
---|---|
S.-Gotha (Geschichte) | 145 |
S.-Hildburghausen (Gesch.) | 146 |
S.-Coburg-Gotha | 146 |
S.-Meiningen | 150 |
S.-Weimar-Eisenach | 153 |
Der Volksstamm der Sachsen
Die Sachsen
sind gleich den Alemannen u. a. ein germanischer Völkerbund (Sachsenbund
), in welchem
die Cherusker, Chauken, Marsen, Angrivarier u. a. aufgegangen waren, und der nach Widukind seinen Namen von einer Waffe, Sahs (Steinmesser),
erhielt, während andre ihn als Sassen, d. h. Seßhafte, erklären. Sie wohnten zu beiden Seiten der Elbmündung und auf
den Inseln vor derselben (Insulae Saxonum), von wo sie sich nach Westen und Süden bis zur Ems,
[* 37] Lippe
[* 38] und zum
Harz ausbreiteten.
Als Seeräuber suchten sie die Küsten der Nordsee heim, plünderten die Küsten Britanniens und Galliens, und mit ihrer Hilfe bemächtigte sich 287 der Menapier Carausius der Herrschaft Britanniens. In Gemeinschaft mit den Angeln setzten sie sich um 450 in dem von den Römern verlassenen Britannien dauernd fest und gründeten daselbst das angelsächsische Reich (s. Angelsachsen). In ihrer festländischen Heimat schieden sie sich nach der Lage ihrer Wohnsitze in die Ostfalen im O., die Westfalen im W. der Weser, die Engern (Angrarier) zu beiden Seiten derselben und die Nordalbingier im N. der Elbe.
Von den Erschütterungen der Völkerwanderung wenig berührt, bewahrten sie unverändert die Grundzüge altgermanischen Wesens. Neben den freien Grundeigentümern, den Frilingen oder Fronen, aus denen die Edelinge hervorragten, gab es dienstpflichtige Unfreie, Liten (Laten), und Leibeigne. Sie bildeten freie Volksgemeinden und Gaugenossenschaften unter gewählten Vorstehern; nur in Kriegszeiten stellten sie sich unter die Führung eines Herzogs. Alljährlich fand zu Marklo an der Weser eine Versammlung von Abgeordneten der einzelnen Gaue statt, welche über gemeinsame Angelegenheiten, besonders über Krieg und Frieden, beriet. Städte hatten die S. nicht, nur Burgen [* 39] (Eresburg u. a.). Gleich den alten Germanen hatten sie keinen Priesterstand, hingen aber dem heidnischen Götterdienst mit Eifer und Treue an.
Nachdem die S. 530 im Bund mit den Franken das Thüringerreich zerstört und das Land zwischen Harz und Unstrut erworben hatten, gerieten sie allmählich in Abhängigkeit von den Franken, denen sie sich 553 ¶
mehr
124 zur Zahlung eines jährlichen Tributs von 500 Kühen verpflichten mußten; erst 631 wurden sie von demselben gegen das Versprechen, die fränkische Grenze gegen die Einfälle der Wenden zu verteidigen, befreit. Infolge des Verfalls des Merowingerreichs wieder unabhängig, wurden sie erst von Karl Martell wieder mit Krieg überzogen (718, 720 und 738), weil sie das Land der Hattuarier (Geldern) verwüstet hatten. Pippin führte mehrere Kriege gegen sie, unterwarf die Grenzsachsen, bekehrte sie zum Christentum und legte, nachdem er bis zur Weser und Oker vorgedrungen, 759 den S. einen Tribut von 300 Pferden auf.
Aber erst der große Sachsenkrieg Karls d. Gr. (772-785) unterwarf die S. dauernd der fränkischen Herrschaft und dem Christentum. Schon auf seinem ersten Feldzug eroberte Karl die Eresburg, zerstörte die Irmensäule, drang bis an die Weser vor und empfing von den S. Geiseln und das Versprechen, die christliche Mission nicht zu stören. Während Karl 774 gegen die Langobarden zog, empörten sich die S. unter Widukind, wurden aber in zwei Kriegen 775-776 von Karl unterworfen, der 777 auf sächsischem Gebiet zu Paderborn [* 41] einen Reichstag abhielt, auf dem viele Edelinge ihm huldigten und die Taufe empfingen.
Während Karls Abwesenheit in Spanien [* 42] erhoben sich die S. 778 von neuem und verwüsteten das rechte Rheinufer. 779 unternahm daher Karl den vierten Zug nach Sachsen, drang bis zur Oker vor, wo viele Engern und Ostfalen sich unterwarfen, und hielt 780 einen Reichstag zu Lippspringe ab, auf welchem Sachsen im Missionsbezirke eingeteilt wurde. Die Einführung der fränkischen Grafschaftsverfassung und der Heerespflicht rief 782 einen allgemeinen Aufstand unter Widukind hervor; die Kirchen wurden zerstört, die Priester verjagt und ein gegen die Sorben ziehendes Frankenheer am Süntel vernichtet.
Die furchtbare Rache, die Karl durch Hinrichtung von 4500 Gefangenen in Verden [* 43] a. d. Aller nahm, reizte die S. zum äußersten Widerstand; doch erlitten sie 783 bei Detmold [* 44] und an der Hase [* 45] blutige Niederlagen, in welchen die waffenfähige Mannschaft fast zu Grunde ging; das Land wurde auf Befehl Karls mit Feuer und Schwert verwüstet. Auf dem Reichstag zu Paderborn 785 wurde darauf die Annahme des Christentums bei Todesstrafe geboten und die Abgabe des Zehnten auferlegt.
Nun empfingen Widukind und sein Freund Albio die Taufe zu Attigny. Hiermit war die Unterwerfung Sachsens entschieden. Zwar kam es während des Avarenkriegs 793 noch einmal zu einer Empörung der S. Doch wiederholte Feldzüge Karls durch das Sachsenland ( der letzte 804), Verpflanzung von S. in andre Reichsteile und Ansiedelung fränkischer Kolonisten in Sachsen brachen endlich die Widerstandskraft des Volkes gänzlich. Die Errichtung zahlreicher Bistümer, wie Osnabrück, [* 46] Verden, Bremen, [* 47] Paderborn, Minden, [* 48] Halberstadt, [* 49] Hildesheim [* 50] und Münster, [* 51] hatte die feste Begründung der christlichen Religion in Sachsen zur Folge; ja, die S. wurden die eifrigsten Christen und unversöhnliche Feinde ihrer heidnisch gebliebenen östlichen Nachbarn, der Wenden.
Nur ihr altes Stammesrecht, die Lex Saxonum, behielten sie. Der fränkischen Herrschaft blieben sie treu und standen dem Kaiser Ludwig dem Frommen gegen seine Söhne bei. Während des Kriegs unter diesen nach des Kaisers Tod gelang es dem bei Fontenoy 841 geschlagenen Kaiser Lothar, die niedern Stände in Sachsen, die Frilinge und Liten, gegen den von den Franken sehr begünstigten Adel aufzureizen und den Aufstand eines Stellinga genannten Bundes hervorzurufen; doch wurde derselbe 842 von Ludwig dem Deutschen unterdrückt. Sachsen fiel im Vertrag von Verdun [* 52] an das ostfränkische Reich.
Das alte Herzogtum Sachsen.
Die Schutzlosigkeit, in welcher die Karolinger das Land gegen die Raubeinfälle der Slawen und Normannen ließen, welch letztere 845 Hamburg [* 53] zerstörten, bewirkte, daß die Sachsen sich wieder unter die Führung eines Herzogs stellten. Diese Würde erlangte zuerst Otto der Erlauchte (880-912), Sohn Brunos, eines Edelmanns aus reichbegütertem Geschlecht, der 880 bei Hamburg gegen die Normannen fiel; Otto dehnte seine Gewalt auch über Thüringen aus. Sein Sohn Heinrich (912-936) ward 919 zum deutschen König erwählt, und damit wurde der Stamm der Sachsen an die Spitze Deutschlands [* 54] gestellt.
Seiner kriegerischen Tüchtigkeit verdankte dies die Vertreibung der Magyaren (933) und die Unterwerfung der slawischen Stämme rechts der Elbe. Unter der weisen Leitung Heinrichs und seines großen Sohns Otto I. entwickelten sich aber auch Künste und Wissenschaften in S. zu hoher Blüte. [* 55] Zahlreiche Kirchen und Klöster wurden errichtet, Poesie und Geschichtschreibung in letztern eifrig gepflegt. Die Sachsen, welche sich kaum 200 Jahre früher der fränkischen Herrschaft und dem Christentum so hartnäckig widersetzt hatten, waren unter dem sächsischen Kaisergeschlecht die Hauptstütze des heiligen römischen Reichs deutscher Nation.
Otto I. übertrug 950 dem tapfern Grafen Hermann Billung das Herzogtum S., der durch glückliche Kämpfe gegen die Wenden die Ostgrenze erweiterte; doch gingen die überelbischen Eroberungen unter Herzog Bernhard I (973-988), dem Sohn Hermanns, wieder verloren, als nach dem Tod Kaiser Ottos II. die Slawen einen großen Aufstand machten; weder Otto III. noch Heinrich II. vermochten dieselben wiederzugewinnen. Auf Herzog Bernhard II. (988-1011) folgte Bernhard III. (1011-59), unter dessen langer Regierung mit dem Erlöschen des sächsischen Kaiserhauses (1024) die deutsche Königskrone vom sächsischen Stamm wieder auf den fränkischen überging.
Das erbliche sächsische Herzogtum, das auch die Bischöfe unter seine Gewalt beugte, war seitdem die Hauptstütze der fürstlichen Opposition gegen die kaiserliche Macht, und der auf seine Eigenart und seine Freiheiten stolze sächsische Stamm stand den Billungern treu zur Seite. Vergeblich verlegten die Kaiser Heinrich III. und Heinrich IV. ihre Residenz nach S., nach Goslar [* 56] und den von ihnen am Harz erbauten Burgen. Gerade die damit verbundenen Belästigungen und Kosten reizten die Sachsen um so mehr gegen die fränkischen Herrscher auf, und als Heinrich IV. den sächsischen Großen Otto von Nordheim des Herzogtums Bayern beraubte und den Nachfolger Herzog Ordulfs (1059-71), Herzog Magnus, durch Kerkerhaft zum Verzicht auf die sächsische Herzogswürde zwingen wollte, brach 1073 in S. eine Empörung aus, welche erst 1075 durch den Sieg des Königs bei Hohenburg bewältigt wurde. Doch hatten Heinrichs Gegenkönige, Rudolf von Schwaben, Hermann von Luxemburg [* 57] und Ekbert von Meißen, [* 58] auch nachher ihre Hauptstütze im Sachsenstamm.
Als 1106 mit Magnus der Billungsche Mannesstamm erlosch, belehnte Heinrich V. den Grafen Lothar von Supplinburg mit dem Herzogtum S. Derselbe brachte durch Heirat die reichen nordheimischen und braunschweigischen Güter an sich (1113) und stellte sich auf Anstiften der päpstlichen Partei an die Spitze der Fürstenopposition, welche in der ¶
mehr
Schlacht am Welfesholz 1115 den Sieg über das kaiserliche Heer davontrug. Als dann Lothar nach dem Erlöschen des salischen Hauses 1125 selbst auf den Kaiserthron erhoben wurde, hatte er mit den staufischen Brüdern um die Krone zu kämpfen und mußte gegen sie eine Stütze beim welfischen Herzog von Bayern, Heinrich dem Stolzen, suchen, der von seiner Mutter Wulfhild, der Tochter des Herzogs Magnus, die Billungschen Hausgüter geerbt hatte. Er vermählte demselben seine Tochter Gertrud und übertrug ihm auch auf seinem Sterbebett 1137 das Herzogtum S. Als der neue König, Konrad III., diese Übertragung nicht anerkennen wollte, kam es zwischen ihm und Heinrich zum Kampf; letzterer wurde geächtet und seine Herzogtümer ihm abgesprochen, von denen S. dem Markgrafen Albrecht dem Bären übertragen wurde.
Doch konnte dieser auch nach Heinrichs des Stolzen Tod (1139) S. nicht erobern und mußte es im Frankfurter Frieden 1142 Heinrichs Sohn, Heinrich dem Löwen, [* 60] zurückgeben, wogegen die Mark Brandenburg [* 61] vergrößert und von der herzoglichen Gewalt befreit wurde. Heinrich der Löwe nahm mit Erfolg die Kriege gegen die Wenden wieder auf, eroberte Holstein, Mecklenburg [* 62] und Vorpommern, gründete Bistümer und Städte, wie Lübeck, [* 63] und verbreitete deutsche und christliche Kultur; die sächsischen Großen, geistliche wie weltliche, brachte er unter seine Botmäßigkeit.
Seine über fast ganz Norddeutschland sich erstreckende Macht war eine königliche. Als er nun 1176 dem Kaiser Friedrich I. die Heeresfolge nach Italien [* 64] verweigerte, wurde die Zertrümmerung dieses allzu großen Herzogtums beschlossen. Nachdem Heinrich der Löwe 1180 geächtet und vom Kaiser zur Unterwerfung gezwungen worden war, wurden ihm nur seine Allodien, Braunschweig [* 65] und Lüneburg, [* 66] gelassen. Die Bischöfe und weltlichen Fürsten, auch einige Städte wurden für reichsunmittelbar erklärt, die herzogliche Gewalt in Westfalen dem Erzstift Köln [* 67] übertragen und der Name des Herzogtums S. auf den östlichen Teil an der Elbe beschränkt, mit dem Albrechts des Bären zweiter Sohn, Bernhard von Askanien, belehnt wurde.
Das jüngere Herzogtum Sachsen.
Das neue Herzogtum S., dem alten Volksherzogtum weder an Umfang noch an Macht vergleichbar, spielte demgemäß in der Geschichte des Deutschen Reichs nur eine untergeordnete Rolle. Dazu kam, daß die Askanier nach dem Tode des zweiten Herzogs aus ihrem Geschlecht, Albrechts I. (1212-60), S. teilten, so daß der ältere Sohn, Johann, das Gebiet an der untern, der jüngere, Albrecht II. (1260 bis 1298), das an der mittlern Elbe erhielt; beide Linien, die sich nach ihren Hauptstädten Sachsen-Lauenburg und Sachsen-Wittenberg nannten, führten den Titel eines Herzogs von S., Engern und Westfalen und eines Reichsmarschalls und erhoben beide auf das Recht, den König zu wählen, Anspruch.
Nach langem Streit wurde dies Recht durch die Goldene Bulle 1356 der wittenbergischen Linie zugesprochen, welche zugleich mit dem Erzmarschallamt das Reichsvikariat in den Ländern des sächsischen Rechts erhielt und sich durch die Unteilbarkeit der Kurlande vor weiterer Zersplitterung bewahrte. Herzog Rudolf II. (1356-70), Rudolfs I. (1298-1356) Sohn, nannte sich zuerst Kurfürst von S., sein Bruder Wenzel (1370-88) führte zuerst die Kurschwerter im sächsischen Wappen. [* 68] Wenzels Sohn Rudolf III. starb kinderlos 1419, und mit seinem Bruder Albrecht III. erlosch 1422 die wittenbergische Linie des askanisch-sächsischen Hauses.
Kaiser Siegmund verlieh, ohne die Ansprüche der Linie Sachsen-Lauenburg zu berücksichtigen, S. dem Markgrafen Friedrich dem Streitbaren (s. Friedrich 58) von Meißen, welcher zu Ofen feierlich belehnt wurde. Mit ihm beginnt die Herrschaft des Hauses Wettin. Sachsen-Lauenburg erhob im 15. Jahrh. noch mehrmals Anspruch auf die kurfürstlichen Titel und Rechte, aber ohne Erfolg (weiteres s. Lauenburg). [* 69] Der Name S. ging nun auch auf die übrigen Besitzungen des Hauses Wettin, Meißen und Thüringen, über; doch wurde dieses S. noch lange als Obersachsen von Niedersachsen, dem Gebiet der untern Elbe und Weser, unterschieden, bis für letzteres Land der Name Hannover üblich wurde. Über die Geschichte Kursachsens seit 1423 s. Sachsen, Königreich (S. 134 ff.).
Die Pfalzgrafschaft Sachsen.
Die königlichen Güter in S., hauptsächlich in der Nähe des Kyffhäusers gelegen (Grona, Werla, Wallhausen), ferner Dornburg, Arnstadt [* 70] und Sulza, die königlichen Pfalzen und Besitzungen in Magdeburg [* 71] und Merseburg wurden von Pfalzgrafen verwaltet, als deren erster Adalbert oder Berno (gest. 982) genannt wird. Um 1040 kam die Pfalzgrafschaft an Dedo, Grafen von Goseck, dessen Nachfolger sich, als Friedrich von Sommerschenburg die Grafschaft 1088 seinem Großneffen Friedrich von Goseck entrissen hatte, nach ihrem Allod Pfalzgrafen von Putelendorf (Bottelndorf a. d. Unstrut) nannten.
Nach dem Erlöschen des Hauses Sommerschenburg mit Albrecht II. 1179 verlieh Kaiser Friedrich I. auf dem Reichstag zu Gelnhausen [* 72] die Pfalzgrafschaft S. dem Landgrafen Ludwig III. von Thüringen, der sie 1181 seinem Bruder Hermann abtrat. Nach dem Aussterben des thüringischen Landgrafengeschlechts kam sie nebst Thüringen an den Markgrafen Heinrich den Erlauchten von Meißen, der sie 1291 nebst Landsberg, [* 73] Delitzsch [* 74] und Sangerhausen [* 75] an den Markgrafen von Brandenburg verkaufte. In ihren Resten, Lauchstädt und Allstedt, kam die Pfalzgrafschaft S. 1318 als Wittum an Agnes, die Witwe Heinrichs des ältern von Brandenburg, von deren Erben sie Markgraf Friedrich der Ernsthafte von Meißen 1347 kaufte, worauf er sich den pfalzgräflichen Titel beilegte. Doch galt noch immer die Pfalz in Magdeburg als eigentlicher Sitz der Pfalzgrafschaft, welche daher in der sächsischen Goldenen Bulle vom als ein Zubehör des Herzogtums S. bezeichnet wurde. Friedrich der Streitbare legte den bedeutungslos gewordenen pfalzgräflichen Titel ab und behielt nur das Wappen, den kaiserlichen Adler, [* 76] bei.