(Anhydroorthosulfaminbenzoesäure) wird aus Toluol dargestellt, indem man das Natriumsalz der Sulfosäure desselben
mit Phosphortrichlorid und Chlor behandelt, das gebildete Chlorid durch Ammoniak in Orthotoluolsulfamid verwandelt und dies
mit Permanganat oxydiert. Aus der Lösung scheiden Säuren das S. ab. Es bildet farb- und geruchlose Kristalle. 1000 Teile Wasser
lösen 3,33 Teile, 10proz. Alkohol 5,41 Teile, 40proz. Alkohol 19,88 Teile, absoluter Alkohol 30,27 Teile. S. besitzt einen
rein süßen Geschmack, der so intensiv ist, daß 1000 Teile Stärkezuckersirup durch 2-3 Teile S. den Geschmack von reinem
Raffinadesirup erhalten.
Auch die Salze des Saccharins schmecken rein süß, und die Alkalisalze sind so leicht löslich, daß
die Löslichkeit des Saccharins in Wasser durch Zusatz von kohlensaurem Natron beliebig gesteigert werden kann. Es wirkt schwach
antiseptisch, ist auch in verhältnismäßig großen Dosen vollkommen unschädlich und scheint unzersetzt den Organismus zu
passieren. S. wurde 1885 von Fahlberg entdeckt und dient als Ersatz des Zuckers in der Zuckerbäckerei
und Likörfabrikation, namentlich auch, um dem Traubenzucker einen süßern Geschmack zu erteilen. In der Medizin benutzt man es
als Ersatz des Zuckers in der Kost der Diabetiker und Fettleibigen, bei Verdauungsstörungen, die durch abnorme Gärungsvorgänge
hervorgebracht werden, und in der Pharmazie als Geschmackskorrigens.
Das S. des Handels ist selten oder nie ein einheitlicher Körper, es enthält außer kleinen Mengen von schwefelsaurem
Natron und Kalk Parasulfaminbenzoesäure und saures sulfobenzoesaures Kali. Das leicht lösliche S. des
Handels ist die Natronverbindung, welche in wässeriger Lösung 300mal stärker süßt als Rohrzucker. Wird das S. in Lösung
genossen, so ist es unschädlich, pulverförmiges S. vermag dagegen in ungelöstem Zustand Pepsin an sich zu reißen und hierdurch
die Verdauung zu beeinträchtigen.
Nach längerer Aufnahme von S. wurde ein dauernder, widerlich süßer, sehr belästigender Geschmack beobachtet.
Tagesdosen von nicht mehr als 0,1-0,2 g dürften aber anstandslos
vertragen werden. Versuche zur Ausnutzung der antiseptischen Eigenschaften des Saccharins bei Gärungsprozessen im Verdauungskanal
etc. haben zu keinen befriedigenden Resultaten geführt. In der Technik hat man S. zum Versüßen von Stärkezuckersirup für
die Zuckerbäckerei, in der Mostrichfabrikation, beim Einmachen von Früchten etc. benutzt. In Frankreich
hält man S. nicht für so unschädlich wie in Deutschland
und hat 1888 seine Anwendung verboten, doch dürften kommerzielle
Rücksichten bei diesem Verbot mitgewirkt haben.
Auch in Portugal ist die Einfuhr von S. verboten, die italienische Regierung warnte vor Verfälschung der
Nahrungsmittel mit S., und die Akademie der Medizin in Madrid erklärte den Zusatz von S. zu allen Nahrungsmitteln als Verfälschung
und empfahl, saccharinhaltigen Nahrungsmitteln den Eintritt in Spanien zu verweigern. Der oberste Sanitätsrat in Wien erklärte,
daß S. keine nachteilige Wirkung auf den Organismus ausübe, daß es den Gewürzen gleich zu achten sei,
und daß sein diätetischer Wert nicht in Abrede gestellt werden könne. S. kann selbstverständlich den Zucker, soweit er
als Nahrungsmittel in Betracht kommt, nicht ersetzen, es ist nur ein Surrogat des Zuckers, wo es sich lediglich um die Hervorbringung
eines süßen Geschmacks handelt und auf eine Erhöhung des Nahrungswertes der betreffenden Substanz kein
Gewicht gelegt wird. In diesem Falle kommt dann bisweilen auch die antiseptische Wirkung des Saccharins vorteilhaft in Betracht.
Verwerflich ist hiernach das Versüßen verdünnter Kuhmilch für Säuglinge mit S., auch sind Nahrungsmittel, welche an Stelle
von Zucker S. enthalten, in der Regel als minderwertig zu betrachten. Wird Stärkezucker mit S. versetzt,
um besser den Rohrzucker zu ersetzen, so kommt in Betracht, daß ersterer erhebliche Mengen von Substanzen enthält, deren Einführung
in den Organismus nicht wünschenswert erscheint. Die Verwendung von S. in der Bierbrauerei und Weinbereitung erscheint ebenfalls
unzulässig, wenn nicht, was auch für die meisten übrigen Fälle gilt, die Ware für den Verkauf ausdrücklich
als saccharinhaltig bezeichnet wird.
Die stillschweigende Anwendung des Saccharins schließt meistens eine Täuschung des Publikums in sich. Anderseits kann es den
Konsumenten gleichgültig sein, ob z. B. Mostrich mit wenig Zucker oder mit S., das in so geringer Dosis
sicher nicht schädlich ist, versetzt wird. In diesem Sinne sind Nahrungs- und Genußmittel, die ihren süßen Geschmack ganz
oder teilweise einer Beimischung von S. verdanken und ohne Angabe dieses Umstandes verkauft werden, in der Regel als nachgemachte
oder verfälschte im Sinne des § 10 des Nahrungsmittelgesetzes zu beurteilen.
Zur Nachweisung des Saccharins benutzt man zunächst den süßen Geschmack des Rückstandes, den man beim
Verdampfen eines ätherischen Auszugs der betreffenden Substanz erhält. Zu weiterer Bestätigung wird der Rückstand in verdünnter
Natriumcarbonatlösung gelöst, die Lösung zur Trockne verdampft und die Substanz mit Natriumcarbonat gemischt in schmelzenden
Salpeter eingetragen. Es entsteht dann schwefelsaures Kali, dessen Schwefelsäure quantitativ bestimmt werden
kann.
Vgl. Stutzer, Das Fahlbergsche S. (Braunschw. 1890).
ein 1879 von Fahlberg entdeckter und seit 1886 fabrikmäßig von der Firma Fahlberg, List & Cie. in
Salbke-Westerhüsen a. d. Elbe sowie jetzt auch in Radebeul bei Dresden dargestellter Körper. S. ist als Benzoesäuresulfinid
oder Orthosulfamidobenzoesäureanhydrid, ^[Img. Strukturbild] aufzufassen. Ausgangsmaterial für die Darstellung
des S. ist das Toluol (s. d.), das aus Steinkohlenteer gewonnen wird. Das S., in seiner gewöhnlichen Form ein amorphes weißes Pulver,
krystallisiert aus heißem Wasser oder Alkohol in weißen Nädelchen, schmilzt bei 224° und besitzt einen intensiv süßen
Geschmack. Das von Anfang an in den Handel