Südafrikan
ische
[* 3] Republik, seit 1884 offizieller Name des früher Transvaal genannten Freistaats in Südafrika [* 4] (s. Karte bei Artikel »Kapland«),
erstreckt sich von dem Vaalfluß im Süden über den Wendekreis hinaus bis zum Limpopo im N. und wird im W. und N. begrenzt von Britisch-Betschuanaland, im O. von Portugiesisch-Ostafrika und Swasiland, im Süden von der Neuen Republik, Natal und der Oranjefluß-Republik und umfaßt 308,200 qkm (5597 QM.) mit Einschluß der Neuen Republik (s. d.), als Distrikt Vrijheid einverleibt, 315,590 qkm (5681 QM.). Die Bodengestaltung der Republik wird wesentlich bedingt durch den Verlauf zweier Gebirge.
Durch das eine derselben, die Drakenberge mit der 2188 m hohen Mauchspitze, ein nordsüdlich sich hinziehendes Plateau, das steil gegen O. abfällt, gegen W. aber sich allmählich abdacht, wird das Land geteilt in eine größere und höher gelegene westliche Hälfte und eine kleinere östliche, welch letztere in eine sandige Ebene übergeht, aus welcher als Grenzscheide gegen portugiesisches Gebiet der lange nordsüdlich verlaufende Höhenzug des Lebombo hervorragt.
Das zweite Gebirge besteht aus einer Reihe westöstlich verlaufender Ketten (Magalisberge, Witwatersrand), welche wiederum die S. R. in einen südlichen höhern Teil, das Hooge Veld, und einen nördlichen tiefern, das Bosch Veld, trennen. Diese Bergzüge bilden auch in klimatischer Beziehung eine Scheide. Im Hochfeld sind die Tage im Winter zwar warm, nachts aber sinkt das Thermometer [* 5] gewöhnlich unter den Gefrierpunkt, und die Drakenberge sind häufig mit Schnee [* 6] bedeckt, im Buschfeld aber sind die Winter milder, ¶
mehr
und es gedeihen dort Kaffee, Baumwolle, [* 8] Zuckerrohr u. a. Auch östlich von den Drakenbergen ist es wärmer; infolge der vom Indischen Ozean her wehenden Südostpassate ist die Ostseite regenreich, während die westlichen Hochebenen arm an Regen sind. Die Regenzeit fällt in den Sommer. In dieser Zeit herrschen im Buschfeld Fieber, während das Hochfeld eine der gesündesten Gegenden der Erde ist. Hier leben die Buren im Sommer, im Winter ziehen sie mit ihren Herden ins Buschfeld.
Die Pflanzenwelt in den einzelnen Gebieten ist sehr verschieden. Das Land trägt fast durchgehends den Charakter der Steppe, aber während das Hochfeld fast ganz aus weiten, einförmigen Grassteppen besteht, ist das Buschfeld mit dichtem, vielfach undurchdringlichem Strauchwerk bedeckt, in dem man nur einzelne offene Stellen antrifft. Hier finden sich auch Adansonien und andre tropische Gewächse. In Klüften am Ostabhang des Tafellandes trifft man noch majestätische Urwälder aus Gelbholzbäumen (Taxus elongata), Eisen- und Stinkholz und Mimosen; Akazien, Proteen, Euphorbia [* 9] candelabrum etc. charakterisieren die Hochebenen der Mittelstufen.
Mais, Kafferkorn, Hirse, [* 10] Bohnen, Erbsen, Melonen werden kultiviert. In der Tierwelt herrschen Antilopen vor, Springböcke finden sich auf den grasreichen Hochebenen noch in Herden. Gnus, Zebras und Quaggas, Giraffen, Büffel, Elefanten und Nashörner sind selten geworden, ebenso Löwen, [* 11] Leoparden und Hyänen sowie der Strauß. [* 12] Krokodile [* 13] hausen in den Flüssen; giftige Schlangen [* 14] sind zahlreich, in den nordwestlichen, nördlichen und östlichen Grenzgebieten erschwert die Tsetsefliege die Viehzucht. [* 15]
Von einheimischen Haustieren fanden die Europäer Rinder, [* 16] Schafe [* 17] mit Fettschwänzen, Ziegen und Hunde [* 18] vor, Pferde [* 19] und Merinoschafe wurden eingeführt. Viehzucht bildet die Hauptbeschäftigung der Ansiedler. Sehr fruchtbar sind die kahlen Hochebenen des Südens. Mais, Korn, Hirse, Hülsenfrüchte, Zuckerrohr, Wein gedeihen hier sehr gut. Das Land ist reich an Gold, [* 20] Silber, Kupfer, [* 21] Graphit, Nickel, Kobalt, Blei, [* 22] Steinkohle, Zinn, Salz, [* 23] Alaun [* 24] u. a. Gold wurde seit 1871 gefunden, in größern Mengen aber erst seit 1883 auf den Goldfeldern von De Kaap (Barberton) und Witwatersrand (Johannesburg); ausgeführt wurde über die Kapkolonie und Natal 1871 bis Mitte 1888 für 1,266,530 Pfd. Sterl.; Silbererze gewinnt man in der Nähe von Pretoria.
Die weiße Bevölkerung [* 25] wird auf 60-75,000 Seelen geschätzt, zum größten Teil Buren, nur 12-15,000 Europäer, unter den letztern auch zahlreiche Deutsche, [* 26] die auf mehreren von hannöverschen Missionären gegründeten Ansiedelungen wohnen. Dazu kommt seit den letzten Jahren eine 20,000 Köpfe starke Bevölkerung, meist englischer Abstammung, auf den genannten Goldfeldern. Die Zahl der Kaffern (Betschuanen, Basuto u. a.) ermittelte der Zensus von 1886 zu 299,848 Seelen, die Gesamtbevölkerung kann daher zu 490,000 angenommen werden.
Das Christentum hat trotz zahlreicher Missionäre nur teilweise unter den Eingebornen Platz gegriffen. Die Beschäftigung der Bevölkerung ist ausschließlich Naturalwirtschaft. Die Ausbeutung der großen natürlichen Reichtümer des Landes wird erschwert durch den Mangel an genügenden Transportverhältnissen. Die Ausfuhr besteht in Wolle, Rindvieh, Cerealien, Leder, Fellen, Früchten, Tabak, [* 27] Butter, Branntwein, Straußfedern und Elfenbein, außerdem Gold.
Die Einfuhr (1887: 1,695,978 Pfd. Sterl.) besteht in Industrieprodukten. Der Handel nimmt seinen Weg, da die S. R. vom Meer abgeschlossen ist, über D'Urban, Port Elisabeth und Kapstadt, [* 28] wird sich aber, nachdem die im Bau begriffene Eisenbahn von der Delagoabai bereits bis zur Grenze (81 km) vollendet ist und jetzt nach Pretoria weitergeführt wird, zum großen Teil über die portugiesische Kolonie richten. Telegraphenlinien bestehen zwischen Pretoria und Standerton, Heidelberg [* 29] und Heilbron im Oranjefreistaat und von Pretoria nach den Kaap-Goldfeldern, im ganzen 1116 km, im Bau sind 895 km. Das Land wird eingeteilt in 16 von Landdrosten verwaltete Distrikte, an der Spitze steht ein auf fünf Jahre gewählter Präsident, eine aus 46 vom Volk erwählten Mitgliedern bestehende Legislative hat die Gesetzgebung.
Staatskirche ist die niederdeutsch-reformierte, doch sind alle Konfessionen [* 30] geduldet. Die Staatseinnahmen fließen meist aus direkten Steuern und Zöllen;
dieselben betrugen 1887: 668,433 Pfd. Sterl., die Ausgaben 721,073 Pfd. Sterl. Die öffentliche Schuld beträgt 430,000 Pfd. Sterl., davon 250,000 Pfd. Sterl. an die englische Krone;
das Staatsvermögen besteht in Ländereien im geschätzten Wert von mehreren Millionen Pfund Sterling.
Ein stehendes Heer gibt es nicht;
im Kriegsfall werden sämtliche Bürger aufgeboten.
Hauptstadt ist Pretoria.
Geschichte. Die Transvaalrepublik
wurde gegründet durch holländische Buren, welche englische Mißwirtschaft
aus der Kapkolonie zunächst nach Natal und dann von dort über die Drakenberge trieb, wo sie 1848 die Oranjefluß-Republik und
die anfänglich getrennten, aber 1852 durch Pretorius zur Republik Transvaal vereinigten Freistaaten Potschefstroom, Zoutpansberg
und Lydenburg bildeten. Diese Republik wurde in demselben Jahr von England anerkannt. Als aber das Transvaal
mit Portugal
[* 31] in Unterhandlungen trat zum Zweck der Erbauung einer Eisenbahn nach der Delagoabai, wodurch die Ausfuhr des Freistaats
von Natal, über welchen sie den Weg nehmen mußte, abgelenkt worden wäre, benutzte England einen für die Buren verderblichen
Raubzug des Kaffernhäuptlings Sikukuni, um 1877 das Transvaal zu annektieren unter dem Vorgeben, dadurch
die christliche Bevölkerung schützen zu wollen, in Wahrheit aber, um sich das bedrohte Handelsmonopol zu sichern.
Die Proteste der Buren blieben unbeachtet. In dem nun folgenden Aufstand erlitten die Engländer bei ihrem Versuch, in das Gebiet
der Republik einzudringen bei Laings-Nek am Ingogo (8. Febr.) und am Majubaberg (27. Febr.) empfindliche
Niederlagen, so daß England es vorzog, dem Land durch Vertrag vom seine Unabhängigkeit wiederzugeben. In der 1884 abgeschlossenen
Konvention nahm das Land den alten Namen »Südafrikan
ische Republik«
wieder an. Die Souveränität der
britischen Krone wurde wesentlich beschränkt, indem nur Verträge und Verbindlichkeiten, welche die Republik
mit einem Staat oder Volk (außer dem Oranjefreistaat) oder mit einem eingebornen Volksstamm einzugehen beabsichtigt, der englischen
Krone zur Genehmigung zu unterbreiten sind.
Als 1881 die im Westen der Republik neuentstandenen Burenfreistaaten Stellaland und Goschen sich bildeten, trat letzteres unter
den Schutz der Südafrikan
ischen Republik
, doch mußte derselbe auf einen von seiten Englands erhobenen
Protest zurückgezogen werden. Zugleich proklamierte England sein Protektorat über das zwischen Transvaal und den deutschen
Besitzungen an der Westküste Afrikas liegende Gebiet und über einen Landstreifen nördlich von Transvaal, somit die Buren
nach diesen Seiten völlig einschließend. Und als 1884 der
¶
mehr
Burenfreistaat Nieuwe Republik entstand, wodurch die Buren einen Weg zum Indischen Ozean gewinnen wollten, annektierte England auch hier das sämtliche noch freie Land und nötigte die Buren, ihre Ansprüche auf die Meeresküste zurückzuziehen. Somit war die S. R. rings von englischem Gebiet umschlossen. Nur nach der Delagoabai blieb noch ein Weg durch portugiesisches Gebiet, und hier ist denn auch bereits der Anfang zu einer Eisenbahn gemacht worden, welcher das Innere der Republik mit diesem Hafen verbinden soll (s. oben).
Ein 1888 gemachter Versuch, die Burenrepublik
in einem alle von Europäern gegründeten Staaten Südafrikas umfassenden Zollverband
zu vereinigen, verlief ohne Ergebnis, vielmehr schlossen sich die Oranjefluß-Republik und die S. R. enger
aneinander durch einen Zollverband.
Vgl. Jeppe, Die Transvaalsche Republik (Gotha [* 33] 1868);
E. v. Weber, Vier Jahre in Südafrika 1871-75 (Leipz. 1878, 2 Bde.);
Aylward, Transvaal of to-day (neue Ausg., Lond. 1881);
Roorda-Smit, Die Transvaalrepublik
und
ihre Entstehung (2. Aufl., deutsch, Köln
[* 34] 1884);
Nixon, Complete story of the Transvaal (Lond. 1885);
Bellairs, The Transvaal war 1880-81 (das. 1885);
Klössel, Die südafrikan
ischen Republiken (Leipz. 1888);
Heitmann, Transvaal (das. 1888);
Jeppe, Transvaal Book.
Almanac for 1887 (Maritzburg 1887); Merensky, Erinnerungen aus dem Missionsleben in Südostafrika (Bielef. 1888).