Runkelrübe
(Beta vulgaris var. Rapa Dumort.), Pflanze aus der Familie der Chenopodiaceen (s. Beta) mit dicker, fleischiger, mehr oder weniger aus dem Boden hervorstehender Wurzel, [* 2] wird zur Zuckerfabrikation, als Viehfutter und in einer besondern Form als Salatrunkel kultiviert. Von der Zuckerrunkel baut man verschiedene Varietäten, deren Wurzeln sich durch Zuckerreichtum, möglichst gleichförmig spindeligen, unverästelten Wuchs, feine Seitenwurzeln und dadurch auszeichnen, daß der Kopf nicht aus der Erde hervorwächst, weil er in solchem Fall zuckerärmer wird.
Gute
Zuckerrüben zeichnen sich durch mäßige
Größe, hartes, dichtes, weißes
Fleisch, verhältnismäßig geringen
Gehalt an eiweißartigen
Körpern und
Salzen und einen Zuckergehalt aus, der zwischen 8 und 17 Proz. schwankt. Besonders beliebt
sind: die schlesische Runkelrübe
mit grünem
Kopf, breiten Blättern und aufrecht stehenden, hellgrünen Blattstielen;
die mehr spindelförmige Quedlinburger Rübe mit rosafarbenem Kopf und rötlich geränderten Blattstielen;
die Imperialrübe mit sehr stumpfem Kopf und stark gekräuselten Blättern.
Zuckerreiche Rüben mit etwas größerm Abgang sind: die mährische Zuckerrübe (Castelnaudary), die Bastehornsche, die olivenförmige von Büchner in Erfurt [* 3] und die französische, deren Zuckergehalt sich indes bei der Akklimatisation in Deutschland [* 4] vermindert hat. Der Anbau der Zuckerrübe ist dort, wo die Verhältnisse ihn gestatten, sehr lohnend, macht aber besonders hohe Ansprüche an die Beschaffenheit, Düngung und Bearbeitung des Bodens. Je trockner das Klima, [* 5] um so mehr verlangt die Rübe einen tiefgrundigen, frischen Boden mit reichlichem Nährstoffvorrat. Am besten eignen sich humose Lehm- und Mergelböden, ungeeignet sind lose, arme, trockne Sandböden, zähe Thonböden und alle flachgrundigen, nassen Bodenarten.
Man baut die Zuckerrübe gern nach gedüngtem Wintergetreide, stürzt die Stoppel sobald wie möglich, pflügt nach einigen Wochen tief und eggt und walzt im Frühjahr. Will man frisch düngen, so muß der Dünger sehr zeitig im Herbst in den Boden gebracht werden. Von den mineralischen Dungmitteln stehen Phosphate in erster Reihe. Da die Vegetationszeit 26-30 Wochen dauert, so säet man so früh als möglich, Ende März oder Anfang April und zwar aufs flache Land oder in Kämme, in Reihen oder in Tüpfeln. Je reicher der Boden, um so enger muß gebaut werden, um nicht zu große Rüben zu erhalten.
Bei der Reihensaat gibt man einen Abstand von 30-50 cm, die Tüpfelsaat wird in der Regel mit der Dibbelmaschine ausgeführt. Man braucht hierbei 9-10, bei der Drillsaat 15-20 kg Kerne pro Hektar. Eventuelle Verkrustung des Bodens vor Aufgehen der Saat wird durch Überfahren mit einer Stachelwalze beseitigt, später hackt man zwei- oder dreimal und läßt schließlich ein leichtes Behäufeln folgen. Nach dem ersten Hacken werden die Rüben auf 18-20 cm vereinzelt, und man erleichtert diese Arbeit bei der Reihensaat, indem man querüber mit der Pferdehacke durchzieht.
Von den übrigbleibenden Pflanzen zieht man alle bis auf die stärksten aus und legt sie zwischen die Reihen, um das Aufkommen des Unkrauts zu verhindern. Die Ernte [* 6] erfolgt Anfang September bis Anfang November, jede Verzögerung bringt bei guter Witterung Vorteil, da sich der Zuckergehalt beständig vermehrt. Man benutzt bei der Ernte einen Spaten, eine Gabel oder den Rübenheber (s. d.), nimmt die Rübe mit der Hand [* 7] heraus, befreit sie von Erde und schneidet den Kopf mit den Blättern ab, um diese als Futter zu benutzen.
Der Ertrag beträgt 200-300 metr. Ztr. pro Hektar, in günstigen Verhältnissen 400-460 metr. Ztr., ein Hektoliter wiegt 56-71 kg, an Blättern gewinnt man 50-80 Ztr. Von Feinden der Rübe sind mehrere Käfer, [* 8] wie der schwarze Aaskäfer (Silpha atrata und S. reticulata, Larve), der Stinkknopfkäfer (Silpha opaca, Larve), der Geheimfresser (Atomaria linearis) und der Rübenrüsselkäfer (Bothynoderes punctiventris), der Saatschnellkäfer [* 9] (Agriotes segetis, Larve), der ¶
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Schildkäfer [* 11] (Cassida nebulosa und C. oblonga, Käfer und Larve), Erdflöhe, Kohl-, Wintersaat- und Ypsiloneule und die Runkelfliege (Anthomyia conformis) zu nennen. Die Rübennematode (Heterodera Schachtii), welche schon die jungen Pflanzen angreift und vernichtet, erzeugt jene Erscheinungen, die man als Rübenmüdigkeit bezeichnete und lange als Folge unzureichender Düngung betrachtete. Von Pilzen kommen in Betracht: ein Rostpilz (Uromyces betae), Peronospora betae, welcher die Herzfäule verursacht, Fusarium betae bei Blattfleckenkrankheit, der Wurzeltöter (Rhizoctonia violacea), ein Rußtaupilz (Helminthosporium rhizoctonon) und Depacea betaecola, die Ursache der Blattdürre.
Der Bau der Futterrunkelrübe
gleicht im wesentlichen dem der Zuckerrübe, sie erträgt besser frischen Dung, kann weitläufiger
gesäet werden (Kernrunkeln), wird aber auch oft in Beeten herangezogen und dann verpflanzt. Man erntet
im Durchschnitt 350, doch auch bis 600 metr. Ztr. von einem Hektar und dazu 80-150 Ztr. Blätter, welche wie die Blätter aller
Chenopodeen abführende Wirkung haben und zwar im Alter ungleich mehr als in der Jugend. Zur Aufbewahrung
werden meist Mieten gebaut. In Bezug auf den Futterwert stehen Runkeln zu weißen Rüben wie 9:16, zu Kohlrüben wie 11:9, zu
Kartoffeln wie 40-46:20. Die Butter wird nach Runkelfutter schmieriger, die Milch steigert sich in Quantität, aber nicht in
Qualität.
Mit andern kräftigen Futterarten verbunden, geben die Runkeln ein vortreffliches Mastfutter. Für den Samenbau nimmt man die charakteristischten Rüben, läßt ihnen die Herzblätter, schlägt sie über Winter in einem trocknen Keller in feucht zu haltenden Sand ein, verpflanzt sie, wenn keine Nachtfröste mehr zu fürchten sind, 1 m weit voneinander auf kräftigen Boden in sonniger, luftiger Lage, behackt und reinigt den Boden, ohne ihn an die Wurzeln zu häufeln, wiederholt und bricht, sobald die Blüte [* 12] beginnt, die Spitze des Hauptblütenstengels, später auch die Spitzen sämtlicher Nebenblütenstengel ab. Guter Same bleibt zwei Jahre keimfähig.
Man erntet 500-1000 kg von einem Hektar; das Hektoliter wiegt 22-32 kg. Man unterscheidet viele Varietäten und im allgemeinen solche mit langen, walzenförmigen und solche mit rundlichen, kugelförmigen Wurzeln. Die Runkel enthält 1,1 Proz. Proteinstoffe, 0,1 Fett, 9,0 stickstofffreie Stoffe bei 12,0 Proz. Trockensubstanz. Die Salatrunkel (rote Rübe) hat eine sehr dünne Schale, purpurroten Saft und zartes Fleisch und wird als Salatpflanze kultiviert.
Vgl. Bürstenbinder, Die Zuckerrübe (3. Aufl., Braunschw. 1883);
Krüger, Die Entwickelungsgeschichte,
[* 13] Wertbestimmung und Zucht des Runkelrübe
nsamens
(Dresd. 1884);