Rückenmark
skrankheiten
sind im
Vergleich mit den
Affektionen der meisten andern
Organe selten. Am häufigsten kommen
angeborne Fehler vor, Spaltbildungen der
Wirbelsäule
(Rückgratsspalte,
Spina bifida), Erweiterungen oder Doppelbildung des
Zentralkanals, Verkümmerung
(Atrophie) der nervösen
Substanz. Im spätern
Leben entstehen Rückenmark
skrankheiten höchst selten
als einzige primäre
Leiden,
[* 2] wie z. B.
Geschwülste, welche übrigens meist von den Rückenmark
shäuten ausgehen; in der
Regel
sind die Rückenmark
skrankheiten fortgeleitet, entweder von der nächsten Umgebung oder von den peripherischen
Nerven
[* 3] her, welche in das
Mark eintreten.
1) die Rückenmark
sentzündung
(Myelitis), welche sich im Zwischengewebe (Neuroglia) abspielt und in akuten
Fällen zur Eiterbildung,
in den weit häufigern chronischen
Fällen zur
Verhärtung
(Sklerose) führt und allgemein oder herdweise (sclérose en plaques)
auftreten kann;
2) die
Atrophie, welche auf
Verletzungen des
Rückenmarks durch
Schuß oder Wirbelbrüche, durch
Blutungen,
Embolie oder durch Fortleitung von den peripherischen
Nerven her entstehen kann. Sie betrifft bei
Verletzungen meist die graue
und weiße, bei Fortleitung von den
Nerven aus die weiße
Substanz, welche durch den
Schwund der Marksubstanz
(Myelin) grau wird.
Daher ist
Atrophie gleichbedeutend mit grauer
Degeneration, sekundärer
Degeneration und, da später die
atrophischen
Abschnitte von Bindesubstanz ausgefüllt werden, mit sekundärer
Sklerose. Die Rückenmark
skrankheiten bedingen teils Reizerscheinungen,
Schmerzen, Zuckungen,
Krämpfe, teils
Lähmungen in den von den
Rückenmarksnerven versorgten Gebieten, wie
Armen,
Beinen, Rumpfmuskulatur,
Harnblase etc. Die Behandlung der Rückenmark
skrankheiten gewährt Aussicht auf Erfolg,
sofern es sich um die Beseitigung von
Fremdkörpern, Geradehaltung der
Wirbelsäule, Bekämpfung syphilitischer
Entzündungen oder
Geschwülste handelt. Sobald erst
Atrophie eingetreten
¶
mehr
ist, kann nur von einer symptomatischen Behandlung, Linderung der Schmerzen etc. die Rede sein.
Vgl. E. Leyden, Klinik der Rückenmarkskrankheiten
(Berl. 1874-75, 2 Bde.);
Erb, Krankheiten des Rückenmarks (2. Aufl., Leipz. 1882).