Rotliegendes
,
s. Dyasformation.
Rotliegendes
177 Wörter, 1'384 Zeichen
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Rotliegendes,
s. Dyasformation.
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
Rotliegendes,
ursprünglich Rotes Totliegendes, nannten die Mansfelder Bergleute seit lange die Unterlage des von ihnen
abgebauten Kupferschieferflözes, das kein Erz mehr enthält, für sie also tot ist, das Liegende bildet und zugleich eine
rote Färbung besitzt. Diese bergmännische Bezeichnung ist dann benutzt worden zur Benennung der Schichten,
die zwischen produktiver Steinkohlenformation und dem Kupferschiefer oder der Zechsteinformation liegen. Das Rotliegendes
ist also die
untere Abteilung der Permischen Formation (s. d.); es bedeckt an vielen Stellen die Steinkohlenformation in konkordanter Lagerung
und besteht vorherrschend aus mächtigen Schichten von Sandsteinen und groben Konglomeraten, deren eisenreiches,
thonig-sandiges Bindemittel ihnen stets eine rötliche oder braunrote Färbung verleiht.
Im R. treten Porphyre und Melaphyre, Thonsteine, Kalkstein und geringe Kohlenlager auf. Es kommen in dieser Formation außer Resten ausgestorbener salamanderähnlicher Tiere fast nur solche von Landpflanzen vor, von Koniferen [* 2] (s. Tafel: Petrefakten [* 3] der Paläozoischen Formationsgruppe IV, [* 4] Fig. 7, Bd. 12, S. 815), baumförmigen Farnen und Equisetaceen. [* 5] Verkieselte Baumstämme kommen bei Chemnitz [* 6] in Sachsen, [* 7] am Kyffhäuser und im versteinerten Wald von Radowenz in Böhmen [* 8] vor; verkieselte Farnstämme nannte man Starsteine oder Madensteine.
(permische Formation, hierzu Tafel »Dyasformation«),
jüngste Formation der paläozoischen Gruppe, die Steinkohlenformation überlagernd und den Buntsandstein, die älteste der mesozoischen Formationen, unterteufend. Der Name Dyasformation ist auf Grund einer allerdings nur in Deutschland [* 10] durchführbaren Zweiteilung gewählt, die Bezeichnung permische Formation nach dem Vorkommen im russischen Gouvernement Perm. Die Abgrenzung der Dyasformation nach unten gegen die Steinkohlenformation stößt wegen Ähnlichkeit [* 11] des Gesteinsmaterials auf große Schwierigkeiten und ist noch strittig.
Mehrere Geologen haben wegen dieser engen Verwandtschaft den Vorschlag gemacht, die ganze untere Abteilung,
das Rotliegende
, noch der Steinkohlenformation zuzurechnen, mit welcher die organischen, namentlich die pflanzlichen, Reste
dieser untern Abteilung eine große Ähnlichkeit besitzen. Das Gesteinsmaterial der untern Abteilung sind vorwiegend Konglomerate,
Sandsteine und Schieferletten, meist intensiv rot gefärbt (Rotliegendes), in gewissen, gewöhnlich obern
Lagen aber entfärbt (Weiß- oder Grauliegendes), untergeordnet Steinkohle, Brandschiefer, Kalksteine, meist dolomitische.
Die obere Abteilung hat ihren Namen (Zechstein, zäch, zäh) von einem grauen, festen Kalkstein, der oft dolomitisch wird (Rauchwacke) und dann mitunter zu feinem Sand zerfällt (Asche), auch bei inniger Verquickung magnesiumreicherer und an diesem Element ärmerer Partien zur Höhlenbildung (z. B. Altenstein im Thüringer Wald) führt. Der Kupferschiefer ist ein sehr bituminöser, schwarzer Mergel, welchem Kupfererze, gewöhnlich in verlarvtem Zustand, beigemengt sind.
Endlich sind Gipse (ebenfalls Höhlen bergend, z. B. die Barbarossahöhle am Harz), Steinsalze und Kalisalze in dieser obern Abteilung reichlichst vertreten. An organischen Resten ist die Dyasformation gegenüber ältern und jüngern Formationen auffallend arm. Wo die Zweiteilung durchführbar ist, bietet die untere Abteilung Landpflanzen und Landtiere dar, während die obern Schichten eine Meeresfauna beherbergen. Unter den Pflanzen sind Kalamiten, Farne, [* 12] Koniferen und Cykadeen verbreitet, besonders häufig die verkieselten Stämme von Araucaria (Araucarioxylon) und Baumfarnen (so Psaronius, Starstein, der namentlich beim Anschleifen die Gefäßbündel [* 13] sehr schön erkennen ¶
läßt). Charakteristische Formen sind ferner die Zweige der Walchia, einer Konifere, und die Zapfen [* 15] der der Cypresse verwandten Ullmannia (sogen. Kornähren). Unter den Tierresten ist das Bryozoengenus Fenestella (s. Tafel) ein gutes Leitfossil für den Zechstein, welchem auch der ebenfalls abgebildete Brachiopode Productus [* 16] horridus und der Pelekypode Arca striata entstammen. Die Fischreste, welche typischen heterocerkalen Ganoiden angehören (Platysomus und Palaeoniscus, s. Tafel), sind in Tausenden von Exemplaren in dem Kupferschiefer enthalten.
Der zierliche Krebs
[* 17] Gampsonyx fimbriatus (s. Tafel) wird in Sphärosideriten der Lehbacher Schichten gefunden und repräsentiert
mit Limulus und kleinen, zweischaligen Krebsen den Typus der Krustaceen, während die in ältern Formationen
so reichlichen, in der Steinkohlenformation wenigstens noch vertretenen Trilobiten der Dyasformation vollkommen fehlen. In zahlreichen
Exemplaren sind endlich Labyrinthodonten im Rotliegenden
aufgefunden worden, so namentlich Branchiosaurus in mehreren Arten
und der abgebildete Archegosaurus (s. Tafel).
Als Beispiel der Gliederung diene für das Rotliegende
die Gegend von Saarbrücken,
[* 18] für den Zechstein die
des Harzes. Der Steinkohlenformation direkt aufgelagert und von dieser kaum zu trennen, gelten als unteres Rotliegendes die
Cuseler Schichten, Kalke und Schiefer mit dünnen Kohlenflözen; als mittleres Rotliegendes die Lehbacher Schichten, ebenfalls
noch Kohlenflöze führend, sowie Schieferthone, in denen die oben als Versteinerung enthaltend citierten Sphärosiderite vorkommen.
Das obere Rotliegende
ist zum größten Teil aus dem Trümmermaterial der während der Dyasperiode selbst erumpierten Porphyre
zusammengesetzt und wird deshalb als postporphyrisch bezeichnet. Den Zechstein eröffnet ein Konglomerat, darüber liegt der
wenig mächtige (gewöhnlich 0,6, selten 2-3 m), aber in horizontaler Richtung über große Flächen verbreitete Kupferschiefer;
dann folgt der eigentliche Zechstein, hierauf Rauchwacke und Asche und endlich ein Wechsel von Mergel, Anhydrit
und Gips,
[* 19] bisweilen auch Steinsalz als das oberste Glied.
[* 20] Am meisten verbreitet und am vollständigsten entwickelt ist die Dyasformation zunächst
in Deutschland am Harz, in Thüringen (Mansfeld, Saalfeld)
[* 21] und in Hessen.
[* 22]
Freilich nicht oberflächlich anstehend, aber als steinsalzführend in der Tiefe nachgewiesen ist sie
namentlich in der Magdeburger Gegend (Staßfurt)
[* 23] bis in die Mark Brandenburg
[* 24] (Sperenberg) und bis Holstein (Segeberg). In Sachsen
(Erzgebirge) und Süddeutschland (Fichtelgebirge, Odenwald, Schwarzwald, Vogesen) ist fast nur die untere Abteilung, das Rotliegende
,
entwickelt, ebenso im Saarbecken und in Böhmen. Am ehesten gestattet noch die englische Dyasformation eine Parallelisierung
mit der deutschen Entwickelung, wobei der Lower-new-red-sandstone unserm Rotliegenden
, der Magnesian-limestone dem Zechstein
entsprechen würden. Die Verhältnisse in Rußland, wo die Dyasformation ganz außerordentlich großartig entwickelt
ist (fast das ganze europäische Rußland wird von der Dyasformation gebildet), sind wesentlich andre: dort wechseln Landpflanzen
führende Schichten mit solchen, welche Meereskonchylien enthalten, vielfältig ab, also eine Art wiederholter Wechsellagerung
zwischen Rotliegendem
und Zechstein. Im westlichen Nordamerika
[* 25] endlich sind nur marine Schichten entwickelt. - Die vulkanische
Thätigkeit lieferte während der Dyasperiode Melaphyr, Porphyrite und besonders Quarzporphyre, deren Tuffe (Thonstein) an vielen
Stellen sich wesentlich am Schichtenaufbau beteiligen.
Unter dem technisch wichtigen Material gebührt dem Steinsalz (bei Sperenberg in Brandenburg 1460 m mächtig nachgewiesen, ohne die untere Grenze zu erreichen) und den dasselbe bisweilen begleitenden Kalisalzen (Staßfurt, Douglashall) die erste Stelle. Die Sphärosiderite der Lehbacher Schiefer und einzelne eisenreiche Schichten des Zechsteins (Schmalkalden, [* 26] Spessart) sind gute Eisenerze;
Nickel- und Kobalterze (Kamsdorf in Thüringen und Richelsdorf in Hessen) sowie Quecksilbererze (Rheinpfalz) treten gangförmig auf;
Manganerze (Elgersburg und Ilmenau in Thüringen, Harz) sind an die Eruptivgesteine des Rotliegenden
geknüpft;
Kupfererze endlich, oft silberhaltig, werden als Imprägnationen des Weißliegenden (sogen. Sanderze bei Sangerhausen, [* 27] Kupfersandsteine in Rußland), besonders aber als Kupferschiefer (Mansfeld, Richelsdorf) abgebaut.
Obgleich von letzterm nur eine Schicht von etwa 0,1 m Mächtigkeit bauwürdig ist, welche die Kupfererze (2-3 Proz. Kupfer [* 28] und dieses 0,5 Proz. Silber haltend) in staubförmigen Teilen beigemengt führt, ist doch der großartige Mansfelder Bergbau [* 29] (1882 gegen 12 Mill. kg Kupfer und 63,000 kg Silber) ausschließlich auf Ausbeutung des Kupferschiefers angewiesen.
Vgl. Geinitz
und v. Gutbier, Die Versteinerungen des Zechsteingebirges und Rotliegenden
(Dresd. 1849);
Geinitz, Dyas (Leipz. 1861, Nachträge dazu 1880 und 1882);
Speier, [* 30] Die Zechsteinformation des westlichen Harzrandes (Berl. 1880);
Weiß, Fossile Flora der jüngsten
Steinkohlenformation und des Rotliegenden
im Saar-Rhein-Gebiet (Bonn
[* 31] 1869-72).